Ovid

Inhalt:

I. Zur Person

II. Zum Dichter

1. Frühwerk

1.1 Amores

1.2 Medea

1.3 Heroides

2. Erste Reife

2.1 Medicamina faciei femineae

2.2 Ars amatoria

2.3 Remedia amoris

3. Meisterschaft

2.1 Metamorphosen

2.2 Fasti

4. Verbannung

4.1 Trista

4.2 Epistula ex Ponto

III. Auswirkungen Ovids auf die Nachwelt

IV. Stellungnahme

Der Mensch und Dichter Ovid

I. Zur Person

Puplius Ovidius Naso wird 43v. Chr. in Sulmno, dem heutigen Sulmona, geboren. Seine Familie gehört zu einem alten, begüterten Rittergeschlecht. Sein betagter Vater, schickt Ovid und seinen älteren Bruder früh zu den besten Rednern Roms in die Schule.

Dort zeigt sich Ovids dichterische Begabung, welche der Vater nur ungern duldet. Er wünscht, dass Ovid die römische Ämterlaufbahn einschlägt.

Nachdem Ovid von einer Studienreise nach Griechenland, Kleinasien und Sizilien zurückkehrt, ist er durch die Eindrücke und Erlebnisse in seinem Vorhaben bestärkt, Dichter zu werden. Bald nach dieser Reise findet Ovid Anschluß an den Messallakreis, in welchem sich Dichter zusammenschließen, um ihre Werke und Gedanken auszutauschen. Ovid hält darauf bereits mit 18 seine erste Lesung. Kurze Zeit später lernt er die Dichter Horaz, Vergil, Tibull und Properz kennen. Nun beschließt Ovid, kurz vor der Quaestur (römisches Amt), endgültig die dem Vater zuliebe begonnene Ämterlaufbahn abzubrechen. Durch das gesamte väterliche Vermögen, das ihm nach dem Tod des Bruders zusteht, widmet sich Ovid nun sowohl ganz der Dichtung als auch dem gesellschaftlichen Leben in Rom.

Ovid heiratet dreimal und hat eine Tochter aus zweiter Ehe. Durch seine dritte Ehefrau bekommt er Zugang zum Hause Augustus und den höchsten Adelskreisen. Bald ist er der Günstling, um dessen sprühenden Geist sich andere Dichtertalente scharen.

Ovid genießt das Leben in Rom und dichtet sehr viel in dieser Zeit. Durch die Leichtigkeit mit der er heikle Themen bearbeitet nimmt seine Popularität und somit auch sein Ansehen in der Gesellschaft zu.

Um so härter trifft es ihn, als er auf einer Nachricht in Form eines Schreibens)¬Erholungsreise ein kaiserliches Dekret ( erhält, welches ihn aus seinem geliebten Rom, nach Tomis am schwarzen Meer verbannt, an dessen Stelle heute die rumänische Hafenstadt Costanta liegt. Den Grund für diese Verbannung darf Ovid nicht näher erläutern, jedoch umschreibt er ihn als "carmen et error".

Das carmen (poetisches Gedicht) war die leichtfertige 'Ars amatori', über die sich Augustus acht Jahre vorher gründlich geärgert hatte. Den errror (das Abweichen vom richtigen Wege) durfte er nicht näher benennen. Man nimmt jedoch an, dass Ovid ein unbequemer Mitwisser und Augenzeuge des für die Dynastie gefährlichen Sittenskandals um die Kaiserenkelin Iulia war. Gravierend können die Vorwürfe gegen Ovid jedoch nicht gewesen sein, da er nur die mildeste Art der Verbannung erhält, die Person, Bürgerrecht, Besitz und Briefwechsel nicht antastet. Noch im Dezember des Jahres 8n.Chr. muss Ovid Rom verlassen. Die Gattin bleibt jedoch auf seinen ausdrücklichen Wunsch zurück, um auf seine Begnadigung hinzuwirken.

Nach gefahrvoller und unangenehmer Reise kommt Ovid im Frühjahr des Jahres 9n.Chr. in Tomis an. Tomis ist für den Dichter ein Ort ohne jede geistige Anregung. An die Fertigstellung der 'Fasti' ist hier nicht zu denken. Schließlich gibt er die 'Metamorphosen' übereilt heraus, um als Dichter in Rom im Gespräch zu bleiben. Ovid beginnt nun doch in Tomis zu schreiben. Bald lernt er griechisch zu dichten. Der Verbannte Briefe) an den Kaiser, in denen er von seinen¬schreibt Klage- und Bittelegien ( Sehnsüchten zur Heimat und Familie berichtet. Aber weder Augustus noch sein Nachfolger Tibernius lassen sich erweichen ihn zu begnadigen. Seine Schriften werden aus den öffentlichen Bibliotheken entfernt. Trotzdem bleibt Ovids Dichterruhm ungebrochen. Ein letzter Hoffnungsschimmer zeigt sich im Jahre 17n.Chr., als der literarisch begabte Kaiserneffe Germanicus ein Sonderkommando über den Osten des römischen Reiches erhält. Ovid hofft, durch Germanicus Einfluß auf Tibernius zu nehmen können. Kurz darauf stirbt Ovid jedoch im Jahre 18n.Chr in Tomis.

(Quelle: Hrsg. Senoner: Römische Literaturgeschichte, Meyers Konversations-Lexikon, Bild der Jahrhunderte)

II. Zum Dichter

Im Vergleich mit anderen Dichtern seiner Zeit fällt Ovid durch seine ungewöhnlichen Themen auf. Während andere Poeten wie Horaz die Gesetzgebung des Augustus, seine Eroberungen und Außenpolitik preisen, beschäftigt Ovid sich oftmals auf frivole Weise mit der Liebe. Ovid hat mehr gedichtet als Vergil, Horaz, Tibull und Properz zusammen.

Seine Werke werden in vier Bereiche unterteilt:

1. Frühwerk: 'Amores' 'Medea' 'Heroides'

1.1 Amores

Die drei Bücher der Armores umfassen zusammen 50 Liebeselegien. Viele dieser Verse erscheinen einem bekannt, wie das Thema Liebe-Krieg oder die Klage um den toten Papagei (vergleiche Catulls 'Carmina'). Jedoch versteht es Ovid Altes mit feinem Humor und heiterem Anmut zu versetzen und zu erneuern. Er fügt auch eigene, originelle Ideen hinzu (wie die Klage an die Göttin Aurora, weil sie die liebenden Menschen zu früh aus dem Bett treibe). Ovid will in seinen Versen auch nicht das eigene Liebesleben enthüllen. Vielmehr möchte er in geschliffener, vielfältiger Form eine Fülle von Einzelsituationen mit den Empfindungen der Liebenden ausmalen.

1.2 Medea

Mit der Medea, wendet er sich der Tragödie zu. Die verlorene, im Altertum sehr gelobte Tragödie 'Medea' wetteiferte mit einem Meisterwerk des griechischen Tragikers Euripides ,welcher von 484-406 v.Chr. lebte. Im Gegensatz zu Euripides kalter, beherrschter Medea, stellt Ovid die von ihrem Gatten verratene Kindermörderin als eine in den Wahnsinn Getriebene dar. Dies gilt auch als Beispiel, dass Ovid schon früh wagte, angesehene Dichter und Tragiker zu hinter fragen und eigene Gedanken zu erneuern.

1.3 Heroides

Das Buch 'Heroides' (grie. Heldinnen) umfaßt 21 Briefelegien. In den Briefen 1-15 lässt Ovid verlassene Frauen der Heldensage an ihre entfernten Ehemänner oder Liebhaber schreiben. In den Schriftstücken 16-17, welche er später hinzufügte, handelt es sich um je einen Liebesbrief von drei Männern der Heldensage, sowie um je einen Antwortbrief der betreffenden Frauen. Jeder Brief schildert die gegenwärtige Lage, erinnert an die Vorgeschichte, lässt den Ausgang ahnen und verdeutlicht den Charakter der schreibenden sowie der angeschrieben Person. Dabei zeichnet sich Ovid sowohl als Kenner der männlichen- als auch der weiblichen Seele aus.

Durch die Gleichheit verschiedener Situationen, versteht es Ovid gekonnt, die Charaktere psychologisch zu unterscheiden, wobei ihm die Kenntnisse der Rhetorenschulen, die Schüler in allen Charakterrollen sprechen zulassen, zu gute kommt.

2 Erste Reife: 'Medicamina faciei femineae' 'Ars amatori'

'Remedia amoris'

2.1 Medicamina faciei femineae

Das Buch 'Medicamina faciei femineae' ('Mittel für das Antlitz der Frau') liegt nur in Ausschnitten vor. Ovid behandelt darin mit großer Sachkenntnis die Gesichtspflege der Frau. Die Einleitung überrascht mit einer Preisung des cultus, der menschlichen Kultur, die es versteht, das Unschöne schön und das Schöne noch schöner zu machen. Ovid teilt nicht die von Augustus verordnete Verklärung der altrömischen Einfachheit, sondern bejaht den Luxus der Gegenwart. Dennoch ist Ovid kein reiner Materialist, denn er ermahnt die Leser neben der äußeren, auch die innere Schönheit zu pflegen.

2.1 Ars amatoria

Die 'Ars amatoria' umfaßt zunächst nur zwei Bücher. Sie beschreiben den römischen Männern wie man eine liebenswerte Frau finden, erobern und an sich fesseln kann. Die Begeisterung und der große Erfolg bei den Lesern veranlasst Ovid, ein drittes Buch zu schreiben. Diese schreibt er jedoch für Frauen, um das weibliche Geschlecht nicht zu benachteiligen.

Die 'Ars amatoria ist laut Literatur weder Aufklärung noch Pornographie, sondern ein Werk voller witziger Einfälle und kluger Lebenserfahrungen. Ovid treibt in seinen Veröffentlichungen ein geistreiches und frivoles Spiel, welches die Grenzen des guten Geschmacks aber nie überschreitet. Er weiß nur zu gut, dass jegliche Kontrolle über Liebe und Leidenschaft unmöglich ist. Jedoch scheint ihm gerade hier der kontrollierte 'cultus' dringend nötig zu sein. Mit 'cultus' meint er aber nicht nur die Körperpflege, Umgangsformen, Einfühlungsvermögen und die Fähigkeit eine Situation richtig zu erfassen und geschickt zu reagieren, sondern auch innere Werte, nämlich die Herzens- und Geistesbildung. Eine bloße Liebestechnik jenseits von Gefühl und Sitte würde den Menschen zum Objekt erniedrigen. Das möchte Ovid nicht, wohl aber strebt er eine Verfeinerung der Liebesbeziehungen an. Ovid hält die Begriffe Liebe und Ehe weit auseinander, was in der Antike nicht weiter ungewöhnlich ist.

2.2 Remedia amoris

Das Buch 'Remedia amori' ('Heilmittel gegen die Liebe') gibt Ratschläge, wie man sich selbst aus einer unglücklichen, verzehrenden Leidenschaft befreien kann. Er will die 'Ars amoratia' nicht widerrufen, sondern seelenärztlich ergänzen.

3 Meisterschaft 'Metamorphosen' 'Fasti'

3.1 Metamorphosen

Das Epos 'Metaphoses' ('Verwandlungen') erzählt in 15 Büchern, in chronologischem Aufbau und mit durchgehender Handlung rund 250 Verwandlungssagen, von denen etwa 50 regelrechte Kleinepen sind. Das Werk beginnt mit der Weltentstehung aus dem Chaos, den vier Weltzeitaltern, der Sintflut und der folgenden Neubelebung der Erde, führt von den Mythen liebender und rächender Götter über die Leidenschaften und Leiden griechischer Helden und dem troischen Sagenkreis zu den verewigten Gründern und Kultstiftern der römischen Vorzeit und endet in der dichterischen Gegenwart mit der Verwandlung Caesars in einen Stern.

Mit den 'Metamorphosen' gelang Ovid ein Meisterwerk in der römischen- und geschichtlichen Dichtkunst. Zwar hatte es Verwandlungssagen schon in der hellenistischen und neoterischen Dichtung gegeben, jedoch war niemand auf die Idee gekommen, aus einer Masse von Einzelsagen ein geschlossenes 'carmen peretuum' zu verfassen, einen Versroman unter dem Gesichtspunkt der dauernden Verwandlung der Welt. Ovid schmückt die Verwandlungssagen mit unerschöpflicher Phantasie aus und findet flüssige Übergänge, um sie miteinander zu verketten.

Im Mittelpunkt jeder Geschichte stehen die Verwandlungen.

Die metamorphorische Erzählweise des Dichters unterliegt einem permanentem Wechsel der Stilmittel (rhetorische Figuren), der Perspektiven (Sicht des Erzählers) und des Tempos (Zeiten). Ovid gelingt es, in die 'Metamorphosen' inhaltliche und stilistische Elemente aller Gattungen der griechischen und römischen Literatur einzubauen - von der Epik und Lyrik zur Tragödie und Komödie, von den hellenistischen Kleinformen Elegie, Idylle, Iambos und Epigram zur Satire und Novellistik, zu Märchen und Fabeln, vom philosophischen Vortrag und geschichtlichen Exkurs zum rhetorischen Duell. Ovid wählt seine Stoffe nicht nach ihrer Seltenheit, sondern nach ihrer künstlerischen Eignung aus. Manche Stoffe behandelt er sogar mehrmals, z.B. die Geschichte von Daedalus und Ikarus ('Ars amatoria' und 'Metamorphoses'). Die Sagen in seinem Epos macht Ovid zu einem Spiegel der Gesellschaft. Er demaskiert sie hierbei ihrer alten religiösen Bedeutung, dichtet aber dennoch nicht ohne heroischen Glanz.

Ovids Hauptthema in den 'Metamorphosen' ist wieder die Liebe in ihren Variationen. Er erweist sich als Seelenkenner, der seine handelnden Person stets einen inneren Konflikt austragen lässt. Dieses Werk sichert Ovid neben Vergil den Meisterstatus in der römischen Epik.

Im Epilog der Metamorphosen schreibt Ovid über sich folgendes:

Epilog: Des Dichters Ruhm

(Ov. met. XV, 871-879)

Iamque opus exegi, quod nec Iovis ira nec ignis

Des Dichters Ruhm so ist mein Werk vollbracht das weder Jupiters Ingrimm

Nec poterit ferrum nec edax abolere vestustas.

Noch den Zahn der Zeit, noch Feuer und Eisen vernichtet

Cum volet, illa dies, quae nil nisi corporis huius

Mag nach Belieben der Tag, der nur diesem Körper gebietet,

Ius habet, incerti spatium mihi finat aevi:

Mir beenden die Frist des so Vergänglichen Lebens:

Parte tamen meliore mei super alta perennis

Wird doch mein besser Teil sich für ewig über die hohen

Astra ferar nomemque erit indelebile nostrum.

Sterne schwingen, es bleibt doch unzerstörbar mein Name.

Quaque patet domitis Romana potentia terris,

Wo sich die römische Macht erstreckt in bezwungenen Ländern,

Ore legar populi perque omnia saecula fama,

Werde ich gelesen im Volk und trügt die Ahnung des Sängers

Si quid habent veri vatum praesagia, vivam.

Nicht so werde ich durch alle Jahrhunderte leben.

3.2 Fasti

Ovid stellt in seiner 'Fasti' ('Fasti' ist der Ausdruck für den römischen Jahreskalender) das Leben, die Feste, die Sagen, die Bräuche und Erinnerungen in Rom dar. Sein Ziel ist es 12 Bücher, für jeden Monat eins, zu schreiben. Seiner Verbannung wegen nehmen nur sechs Bücher Gestalt an, die für die Monate Januar bis einschließlich Juni. Eine durchgehende Handlung ist auf Grund der Konzeption nicht möglich. Ovid bringt bei diesen Werken seine ganze Begabung auf, um den spröden, fast langweiligen Stoff zu beleben und zu einem Werk voller interessanter Erzählungen und farbiger Bilder zu gestalten. Auch die 'Fasti' spiegeln das Wesen der menschlichen Seele wieder, aber weicher, schlichter und humorvoller als die 'Metamorphosen'. Den religiösen Bräuchen, für die Ovid der Glauben fehlt, begegnet er mit freundlicher Skepsis und Heimatstolz. Trotzdem gelten die 'Fasti' als Quelle für die römische Religion.

4 Verbannung 'Trista' 'Epistula ex Ponto'

In der 'Trista' und der 'Epistula ex Porto' klagt Ovid sein Leid des Verstoßenen in poetischen Briefen und Bittschriften, die vordergründig der Gattin, den Freunden und Gönnern und dem Kaiser gelten, im Verborgenen aber der gesamten Öffentlichkeit und der Nachwelt.

In fast allen Werken klagt Ovid in drei Ebenen:

A. Selbstdarstellung des Menschen und Dichters Ovid.

B. Beobachtung der neuen Umwelt.

C. Die Erinnerung an das Verlorene, an die Gattin, die Freunde, das Künstlerleben, an Rom, Italien und Sulmo.

4.1 Trista

In den fünf Büchern der 'Trista' vermeidet Ovid, außer der Gattin und dem Kaiser, namentliche Anreden, um niemanden zu gefährden. Im ersten Buch schildert er in erschütternder Art und Weise Erinnerungen an Rom und beschreibt das Erlebnis seiner Reise. Im zweiten Buch verteidigt er mit Würde das Eigenrecht der Kunst gegenüber dem Anspruch staatlicher Macht. Das dritten Buch verarbeitet der Dichter die Ankunft in Tomis, den Winter und Frühling in neuer Umgebung und die Krankheit und Todesangst, wobei das Bild seiner Gattin ihn tröstet. Buch vier ist Ovids bedeutsame Biographie geschrieben in einer neuen dichterischen Form. Das fünfte Buch handelt von einer wehmütigen Widmung an seine Frau.

In Buch vier findet sich folgender Abschnitt:

(Trista, IV 25-26)

et quod temptabam

und was ich versuchte

dicere, versus erat

zu sagen war ein Vers

Dieser Satz zeigt, dass Ovid sich in seiner Autobiographie selbst als Dichtgenie ansieht, das vor Versen nur so sprüht.

4.2 Epistula ex Ponto

Die vier Bücher 'Epistula ex Ponto' sind eine Fortsetzung der 'Trista'. Sie verstärken jedoch den Charakter von offenen, poetischen Briefen. Obwohl die Hoffnungen immer blasser werden, kann Ovid nun die Adressaten ohne Furcht ansprechen. Man empfindet es sogar als Ehre von dem berühmten Dichter genannt zu werden.

(Quelle: Hrsg. Senoner: Römische Literaturgeschichte, Meyers Konversations-Lexikon, Bild der Jahrhunderte, Roms Aufstieg und Fall)

III. Auswirkungen Ovids auf die Nachwelt

So beliebt Ovid bei seinen Leser gewesen ist, so schwer taten sich schon seine antiken Kritiker mit einem mit einem angemessenen Urteil. Man tadelte seine Selbstgefälligkeit und Frivolität und bedauerte, dass er sein dichterisches Genie an Nichtigkeiten verschwendet habe; in diesem Sinne äußerten sich z.B. Seneca der Ältere, Seneca der Jüngere und Quintilian.

Merkwürdigerweise hat gerade das christliche Mittelalter Ovid aufrichtig bewundert und eifrig nachgeahmt. Von keinem römischen Dichter außer Vergil gibt es so viele Klosterhandschriften. Die mittellateinische Lyrik und der provenzalische Minnesang standen ganz in seinem Bann.

Sein starkes Fortwirken auf die neuzeitliche Literaturen Bezeugen unter anderem die Werke von Giovanni Boccaccio, Ludovico Ariosto, William Shakespeare, Jean de La Fontaine, Christoph Martin Wieland, Johann Wolfgang von Goethe und Franz Grillparzer.

Unerschöpfliche Anregungen gab Ovid der Malerei der Renaissance, des Barock und des Rokoko sowie der Welt der Oper.

Mit dem Geniekult und dem Wirken des Johann Gottfried Herders begann der Stern Ovids zu sinken, dem 19. Jahrhundert sagte er wenig.

In unserem Jahrhundert konnte sich ein neues, tieferes Ovidverständnis herausbilden: Die Entwicklung der Psychoanalyse schärfte den Blick für den Schilderer der Seelenregungen und Gestaltwandlungen; die äußere und innere Emigration so vieler moderner Schriftsteller und das wachsende geistige Gewicht ihrer Exilliteratur verliehen dem Dichter der Verbannung eine bemerkenswerte Aktualität.

(Auszug aus: Hrsg. Senoner: Römische Literaturgeschichte)

IV. Stellungnahme

Ich habe Ovid zum Thema meines Referats gewählt, weil er oft untypische und aus Sicht seiner Zeitgenossen anstößige Themen bearbeitet. Ungewöhnlich ist auch sein Leben durch die Verbannung und die damit einhergehenden Entbehrungen. Trotz dieser Umstände hat Ovid niemals die Loyalität zu seinem Kaiser verloren. Grund genug hätte er gehabt. Dass er bis an sein Lebensende in der Verbannung leben musste und nicht seine schöpferische Kraft verlor, macht ihn zu einem Vorbild. Für ihn war die Dichtung wahrscheinlich ein Rettungsanker, der ihn das persönliche Leid ertragen ließ. Womöglich ist so die Vielzahl der Briefe und Bücher zu erklären. Für mich war die Auseinandersetzung mit dem Dichter und Menschen Ovid sehr interessant. Deshalb werde ich mich auch weiter mit diesem Dichter sowie seinen Zeitgenossen beschäftigen.

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