Chemische Schädlingsbekämpfung

Chemische Schädlingsbekämpfung

Der Einsatz von chemischen Pflanzenschutz - und Schädlingsbekämpfungsmitteln ist von besonderer Bedeutung für die Sicherung der Ernteerträge. Rund ein Drittel der Welternteerträge werden durch Schadorganismen, wie Insekten, Pilze, Bakterien und Viren vernichtet. Dieser Betrag wäre doppelt so hoch, wenn man auf den chemischen Pflanzenschutz verzichten würde. Die chemischen Schädlingsbekämpfungsmittel umfassen drei Hauptklassen: die Insektizide, die Herbizide und die Fungizide.
Ein "Allheilmittel" gegen alle tierischen und pflanzlichen Feinde gibt es nicht, obgleich man sich bemüht, durch Mischung verschiedener Stoffe eine möglichst vielseitige Wirkung zu erzielen.


1. Insektizide:

Insektizide ist die Bezeichnung für Pflanzenschutz - und Schädlingsbekämpfungsmittel, die besonders gegen Insekten und ihre Entwicklungsformen wirken. Weltweit existieren ca. 1 Mio. Insektenarten, von denen etwa 10000 Schädlinge sind. Zu den Schädlingsbekämpfungsmittel gehören Mittel gegen Hygieneschädlinge wie Fliegen, Bremsen, Mücken, Wanzen oder Flöhe, die Krankheiten auf Menschen und Tiere übertragen können, Pflanzenschädlinge, Vorratsschädlinge, wie Mäuse, Ratten, Käfer oder Motten und Forstschädlinge.
Die Anforderungen an ein Insektizid sind nicht gering. Es soll schädliche Insekten töten, nützliche Insekten schonen, für die entsprechenden Nutzpflanzen verträglich und ungiftig für den Menschen sein.


1.1. Einteilung:

Die Insektizide lassen sich in verschiedene Gruppen aufteilen, wobei jedoch ein - und derselbe Wirkstoff durchaus mehreren Gruppen angehören kann. Die Aufnahme der Wirkstoffe kann über die Atemwege (Atemgifte), über den Magen - Darm - Trakt (Fraßgifte) oder durch Berührung (Kontaktgifte) erfolgen.
Die Fraßgifte wirken ausschließlich gegen Schädlinge mit beißenden Mundwerkzeugen, die also die mit Gift bespritzten Pflanzenteile essen. Die Insektizide gelangen mit der Nahrung in den Darm und in die Blutbahn, wo sie tödlich wirken (Rotenoide).
Die Kontaktgifte zerstören die Haut und dringen von dort ins Innere des Insekts vor. Sie wirken sowohl bei Schädlingen mit beißenden als auch mit stechenden - saugenden Mundwerkzeugen (z.B.: Pyrethrum, E605).
Die Atemgifte gelangen als Gas in die Luftwege. Dies sind bei Insekten die Tracheen (z.B.: Blausäure).
Insektizide können aber auch auf die Eier und die Larven ausgerichtet sein. Man nennt sie dann Ovizide bzw. Larvizide.

Man unterscheidet bezüglich der Verteilung des Wirkstoffs in der Pflanze zwischen systemischen und nicht - systemischen Verbindungen. Systemische Gifte sind solche, die von den Planzen durch die Blätter und Wurzeln aufgenommen und in den Leitungsbahnen transportiert werden. Sie bleiben in den Pflanzen ca. 3 - 4 Wochen, ohne diesen zu schaden. Fressende und saugende Insekten, die sich auf diesen Pflanzen aufhalten, werden durch das Gift getötet, während bei Menschen bisher kein Krankheitsfall bekannt ist.

Die Anwendung kann gasförmig (als Räuchermittel, in Form von Sprays), flüssig (in der Regel als verdünnte wässrige Lösung) oder pulverförmig erfolgen.

In der Chemie unterscheidet man zunächst zwischen natürlichen und synthetischen Insektizide.


1.2. Natürliche Insektizide:

Zu den natürlichen Insektiziden gehören die Rotenoide und Alkaloide und das Pyrethrum:

1.2.1. Rotenoide

Dies sind Verbindungen, die in Wurzeln und Samen von Derrisarten vorkommen. Diese Pflanzen werden in tropischen Ländern bereits seit Jahrhunderten zur Ungezieferbekämpfung verwendet. Die Stoffe sind im allgemeinen farblos und nur in organischen Lösungsmitteln löslich, nicht aber in Wasser. Sie sind Fraßgifte und ihre Wirkung beruht auf einer Störung des Elektronentransports in den Mitochondrien.

1.2.2. Alkaloide

Dies sind Naturstoffe, die vorwiegend in Pflanzen auftreten und eine basisch, stickstoffhaltige funktionelle Gruppe besitzen. Es können auch ein oder mehrere N - Atome in Heterocyclen eingebaut sein, d.h., dass Stickstoff - Atome als Ringglieder enthalten sind. Diese gelten auch als funktionelle Gruppen.

Außer dem natürlichen Vorkommen aller Alkaloide, lassen sich keine gemeinsamen Eigenschaften finden. Es ist somit unmöglich, diese Stoffklasse eindeutig von chemisch ähnlichen stickstoffhaltigen Substanzen (z.B.: Aminosäuren) abzugrenzen. Man findet somit Einteilungen aufgrund der Herkunft und aufgrund ihrer chemikalischen Struktur (welche funktionelle Gruppen sind enthalten).

In den Alkaloiden liegen fast alle bekannten Stickstoff - Heterocyclen vor. Es gibt jedoch auch einige mit nichtheterocyclischem Stickstoffatom. Sie leiten ihre Namen von der Pflanze ab, in der die Alkaloide vorkommen oder von ihren physiologischen Eigenschaften, wie z.B. Morphin (griech.: Morpheus = Gott des Schlafes).
Die meisten Alkaloide sind farblos und in Wasser und Alkohol gut löslich. In Wasser bilden sie oft leicht lösliche Salze. Diese werden wegen ihrer Löslichkeit in der Medizin angewendet (z.B.: Morphium).

Da die meisten Alkaloide Nervengifte sind, kommen sie im Tierreich nicht in größeren Mengen vor. Nur wenige stammen aus dem Tierreich (z.B.: Krötengifte). Die meisten gehören dem Pflanzenreich an, wo sie in Blättern, Wurzeln und Rinden (selten im Holz) abgelagert werden. Besonders Alkaloid - reich sind einige höhere Pflanzenfamilien wie z.B. die Hahnenfußgewächse, Mohngewächse und Nachtschattengewächse. Dagegen sind niedere Pflanzen (Nadelhölzer, Farne, Moose, Algen) meist Alkaloid - frei. Üblicherweise enthält eine Pflanzengattung nicht nur ein einziges Alkaloid, sondern eine ganze Gruppe verwandter Stoffe. So sind z.B. im Opium außer Morphin mehr als 25 Neben - Alkaloide enthalten.

Wegen ihrer Wirkung auf das Nervensystem werden viele Alkaloide in der Pharmazie (=Wissenschaft von Arzneimittel) verwendet, z.B. Morphin (als Schmerz - u. Betäubungsmittel). Es befinden sich in dieser Gruppe aber auch die stärksten Suchtmittel und Gifte, z.B.: Heroin, Cocain bzw. Strychnin,.... Natürlich gehören auch die Genußmittel wie Coffein und Nicotin hierher.



1.2.3. Pyrethrum

Die Blüten verschiedener Chrysanthemum - Arten enthalten ca. 1% Pyrethrine. Das sind komplizierte organische Verbindungen, die für die Insekten außerordentlich giftig sind, für Menschen, Vögel und Säugetiere aber relativ harmlos. Jedoch sind synthetische Pyrethrine sehr toxische gegenüber Fische.

Charakteristisch für Pyrethrine ist u.a.:




* ein 5 - er Ring:




* ein 3 - er Ring (Cyclopropanring):





Die jeweiligen Ringe sind über die Estergruppe: verbunden.




Jene Pflanzen wachsen vorwiegend in Kenia und Japan. In Asien wird Pyrethrum seit langer Zeit als natürliches Insektenvernichtungsmittel verwendet und auch heute noch ist es in vielen Mitteln besonders gegen Hygiene - und Vorratsschädlinge enthalten. Wegen der geringen Stabilität des Pyrethrum (bei Licht, Luft und Nässe verliert es schnell seine Wirkung) und den hohen Herstellungskosten kann es in der Landwirtschaft nur sehr sparsam oder gar nicht angewendet werden.

Es ist ein Kontaktgift, das rasch in das Nervensystem gelangt und bei dem Insekt starke Erregung, Koordinationsstörungen, Lähmung und schließlich den Tod hervorruft. Die Anfangswirkung setzt dabei sehr schnell ein, d.h. das Insekt ist innerhalb weniger Minuten bewegungsunfähig. Da die Wirkstoffe des Pyrethrum im Insekt schnell entgiftet werden, ist die Wirkung meist nicht tödlich, so dass sich einige Tiere wieder erholen.

1.3. Synthetische Insektiziden:

Zu den synthetischen Insektiziden gehören folgende Verbindungsklassen:

1.3.1. Chlorkohlenwasserstoffe

Schädlingbekämpfungsmittel dieser Gruppe wurden weltweit für Jahrzehnte mit großem Erfolg verwendet. In tropischen Ländern sind sie für die Malariabekämpfung auch heute kaum zu entbehren. Chlorierte Kohlenwasserstoffe ist ein Sammelbegriff für Verbindungen, die außer Kohlenstoff und Wasserstoff auch Chlor enthalten. Sie werden nicht nur im Agrarbereich, sondern auch in Haushalt, Industrie und Medizin verwendet. Alle Chlorkohlenwasserstoffe sind wenig wasserlöslich, aber gut fettlöslich. Dies bewirkt, dass diese Stoffe im Fettgewebe von Organen gespeichert werden und viele Lebewesen dadurch gefährdet werden. Somit ist ihre Anwendung in vielen Länder verboten worden.
Zu dieser Gruppe gehören Aldrin, Endosulfan,Lindan und auch das DDT.


Lindan: C6H6Cl6







DDT (Dichlor - Diphenyl - Trichlorethan):










Dieses Kontaktinsektizid fand sehr schnell weltweite Anwendung, da es gegen Insekten aller Art in der Landwirtschaft eingesetzt werden konnte. Aber man hat das Gift auch dort verwendet, wo es harmlosere Ausweichmöglichkeiten gegeben hätte. So kam es mit der Zeit, dass man überall auf der Welt, sogar in der Antarktis, Spuren von DDT feststellen konnte. Untersuchungen haben ebenfalls ergeben, dass das DDT auch im Körperfett von Tieren und Menschen gespeichert wurde. Ein weiterer Grund für diese weite Verbreitung ist die hohe Stabilität des DDT gegenüber äußeren Einwirkungen wie z.B.: Witterung. Es wird zu langsam zu ungiftigen Verbindungen abgebaut und kann deswegen über die Nahrung zu den Tieren oder zum Menschen kommen. Somit wurde das DDT in vielen Ländern verboten bzw. dessen Anwendung wurde stark eingeschränkt.

1.3.2. Phosphororganische Verbindungen

Es handelt sich hierbei vor allem um Ester der Phosphorsäure. Ester entstehen, wenn sich Alkohole mit organischen Säuren unter Wasseraustritt verbinden. Phosphororganische Verbindungen wirken als Kontakt -, Fraß - und Atemgifte.
Bekanntester Vertreter ist Parathion (E_605®), welches heute eines der wichtigsten Schädlingsbekämpfungsmittel ist. E605® ist um ein Vielfaches wirksamer als DDT, umfaßt einen größeren Schädlingskreis und ist im Boden und in den Pflanzen schnell abbaubar. Nachteilig ist jedoch die hohe Giftigkeit und der extreme Geruch nach Knoblauch. Für die Pflanzen selbst ist E605® unschädlich.



Parathion ist ein
Ester der Thiophosphorsäure:




Thiophosphorsäure: Alkohole: 2 x C2H5OH









Der Chemiker Schrader entwickelte 1936 die ersten wirksamen Verbindungen der insektiziden Phosphorsäureester. Dadurch kam es aber auch zu synthetischen Phosphorverbindungen, wie z.B.: Tabun und Sarin, die vor und während des zweiten Weltkrieges in Deutschland für eine chemische Kriegsführung entwickelt wurden. Die Gefährlichkeit dieser chemischen Kampfstoffe liegt darin, dass sie reizlos auf dem Wege der Atmung aufgenommen werden und schon eine sehr geringe Menge (ca 1 mg) tödlich ist. Die Wehrmacht verfügte am Ende des Zweiten Weltkrieges über etliche hundert Tonnen Sarin.
1.3.3. Carbamate

Dies sind Ester und Salze der Carbaminsäure:







Sie gewannen als Ersatz für die Chlorkohlenwasserstoffe immer mehr an Bedeutung und besitzen den gleichen Wirkungsmechanismus wie die Phosphorsäureester: beide blockieren lebenswichtige Enzyme. Viele Carbamate wirken systemisch, d.h. sie werden in der Pflanze zum Wirkungsort transportiert. Somit können auch Schädlinge, die sich schwer erreichbar am Sproß oder an den Wurzeln befinden, bekämpft werden. Carbamate sind ebenfalls gut abbaubar.


1.4. Wirkung:

Die Wirkungsweise der Insektizide ist uneinheitlich. Phosphorsäureester und Carbamate blockieren die Cholinesterase, ein Enzym, das nach der Übertragung eines Nervenimpulses den Überträgerstoff abbaut. Die Blockierung führt zu einer Dauererregung und schließlich zum Tod. Für beide Substanzklassen stehen Gegenmittel zur Verfügung (z.B.: Atropin).
Pyrethroide wirken ebenfalls als Nervengifte. Es hemmt die Erzeugung von Chitin, das zum Aufbau des Schutzpanzers bei Insektenlarven benötigt wird. Diese sind dadurch nach der Häutung nicht mehr überlebensfähig.

Die Wirkung der Insektizide kann im Laufe der Zeit eingeschränkt werden. Dies passiert, wenn Insekten einen Entgiftungsmechanismus (Resistenz) entwickeln und somit unempfindlich (immun) gegen Pflanzenschutzmittel sind. Hier kann der Zusatz von Synergisten hilfreich sein. Dies sind Substanzen, welche die Wirkung von Insektiziden um ein Vielfaches steigern können, ohne selbst gegen Insekten zu wirken. Sie werden vor allem zusammen mit Pyrethrum eingesetzt. Seine Wirkung beruht darauf, dass es die Oxidation des Wirkstoffs verhindert und so dessen Wirkungsdauer verlängert.
In der Pflanzenschutzmittel - Industrie versucht man auch, sogenannte Antiresistants (Resistenz - Brecher) zu entwickeln, welche die Resistenz der Organismen überwinden können.

1.5. Gefahren:

Mit der Verwendung der meisten insektentötenden Chemikalien ist leider auch eine Gefährdung der Bienen verbunden. Somit muss man bei der Anwendung jedes Insektizides darauf achten, ob und welche Vorsichtsmaßnahmen notwendig sind. Zu den gefährlichen Produkten zählen die Phosphorsäureestermittel, z.B.: Dichlorvos (DDVP).


1.6. Holzschutzmittel:

Bauholz wird zum Schutz gegen Insekten häufig mit Holzschutzmitteln bestrichen. Solche sind z.B.: Carbolineum, Fluorverbindungen und Chromsalze. Durch die Anwendung von Holzschutzmittel kann die Lebensdauer von Holz um ein Mehrfaches erhöht werden. Dies ist bei dem weltweiten Holzmangel von besonderer Bedeutung.

1.7. Fliegenbekämpfung:

Unter den Fliegen gibt es eine Reihe von Pflanzenschädlingen. Präparate gegen Fliegen enthalten z.B.: Pyrethrum, Dichlorvos oder Lindan. DDVP (Dichlorvos) wirkt automatisch und geruchlos. Diese Produkte werden oft als Sprüh - und Verneblungsmittel oder als Wirkstoffblättchen, die mit Hilfe eines Elektrogerätes ihre Wirkstoffe freisetzen, verkauft.


1.8. Bekämpfung von Wollschädlingen:

Wollschädlinge sind Insekten, deren Larven in der Lage sind, die Doppelschwefelbrücken der Proteinmoleküle des Keratins zu spalten. Sie besitzen somit die Fähigkeit, Wolle, Federn und Haare zu verdauen. Hierzu gehören einige Vertreter der Motten (z.B.: Kleidermotten, Pelzmotten) und der Speckkäfer (z.B.: Teppich - und Pelzkäfer).

Am bekanntesten ist die Kleidermotte, deren Larven etwa 1 cm lange, weiße Raupen sind. Diese zerfressen Wolle, Pelze, Federn, Seide (selten jedoch Baumwolle, Kunstseide und Nylon) und bauen aus den abgenagten Stoffteilchen kleine, sackartige Gehäuse, in denen sie sich verpuppen und zu Schmetterlingen entwickeln. Nur diese Raupen sind direkt schädlich, während die Schmetterlinge durch Fehlen der entsprechenden Mundwerkzeuge keine Schäden mehr verursachen können. Aber natürlich pflanzen sie sich weiterhin fort. In den USA schätzt man die jährlichen wirtschaftlichen Verluste durch Kleidermotten und Teppichkäfer auf mehrere 100_Mio_$, weshalb sie intensiv bekämpft werden.



Im Haushalt werden Atemgiftstoffe ("Mottenpulver, Mottenkugeln") verwendet, z.B.: Hexachlorethan: C2Cl6






Diese wirken eher als Insektenabwehrmittel, d.h. mehr temporär vertreibend als tötend. Wirksame Kontaktgifte haben für den Haushaltsgebrauch oft eine zu hohe Toxizität (Giftigkeit) und können deshalb nic ht angewandt werden.

In der Textilerzeugung werden oft Fraßschutzmittel verwendet. Dabei handelt es sich um Textilschutzmittel, welche direkt auf die Faser oder nachträglich als wässrige Lösungen aufgetragen werden. Sie wirken auf der Basis von Fluoriden, Ammonium - Verbindungen oder Harnstoffderivaten.



Harnstoff:





Bekannter Vertreter dieser Gruppe ist z.B. Eulan. Das Mittel basiert auf Sulfonamide und schützt gegen Fraßschäden durch Larven von Motten, Teppich - und Pelzkäfern. Es gibt auch den Begriff des Eulanisieren, welcher Mottenfestausrüstung bei Teppichen, Kleider -, Mantel - und Anzugstoffen bedeutet.

Zu den Motten zählen aber auch die schlimmsten Vorratsschädlinge wie z.B. die Mehl - und Kornmotte und verschiedene Fruchtmotten.



2. Fungizide:

(von lat.: fungus = Pilz); Auch einige Kleinpilze können den Pflanzen schaden. Diese Pilze durchsetzen die Pflanzen mit einem feinen Fadengeflecht und saugen diese damit aus. Äußerlich sieht man an den pilzkranken Pflanzen Blattflecke, Fäulniserscheinungen und Schimmel.
Fungizide ist die Bezeichnung für solche Präperate, die Pilze und deren Sporen abtöten oder ihr Wachstum hemmen. Einige pilzbildeten Krankheiten sind zum Beispiel: der falsche und der echte Mehltau, die Krautfäule bei Erdäpfeln, der Kakaokrebs, der Schorf des Obstes, die Moniliakrankheit und der Reisbrand.
















SCHORF MEHLTAU MONILIA


Fungizide sind auch Chemikalien, die das Wachstum von Schadpilzen auf Lebensmitteln, Textilien, Wänden, Papier, Holz, Leim, Farben, Schmiermitteln und Treibstoffen verhindern sollen. Insbesondere Schimmelpilze, die durch Mykotoxine entstehen, können ein ernsthaftes Problem werden: Mykotoxine sind vorwiegend von Pilzen ausgeschiedene Stoffwechselprodukte, die für Menschen, Tiere und Pflanzen toxisch, d.h. giftig sind. Da sie vorwiegend auf Nahrungs - und Futtermitteln gebildet werden, sind sie häufig die Ursache von Lebensmittelvergiftungen. Zu den am stärksten befallenen Lebensmitteln gehören verschiedene Getreidesorten, Backwaren, Nüsse, Käse, Reis und Fruchsäfte.
Außer Brot und anderen Lebensmitteln können auch viele technische Produkte, wie z.B.: Textilwaren, Holz, Seile, Farben, Leim und Papier, von Schimmelpilzen befallen werden und dadurch Schaden erleiden.
Zur Bekämpfung des Schimmelpilzes im Hygiene - und Lebensmittelbereich dienen Desinfektions - und Konservierungsmittel, im technischen Bereich die Fungizide.
2.1. Einteilung:

Bei den als Pflanzenschutzmittel eingesetzten Fungiziden unterscheidet man je nach Anwendungsort zwischen Blatt - Fungiziden, Boden - Fungiziden und Beizmitteln (=Saatgutbehandlungsmitteln), wobei jedoch ein Wirkstoff zu mehreren Gruppen gehören kann.
* Die Blatt - Fungizide werden als Spritzmittel auf der Pflanze verteilt.
* Die Boden - Fungizide werden flüssig oder als Pulver in den Boden eingebracht.
* Beizmittel haben die Aufgabe, die auf den Samen, Knollen oder Zwiebeln lebenden Erreger abzutöten und vor allem junge Pflanzen vor Krankheiten zu schützen.

Die Wirkung von Fungiziden kann systemischen oder nicht - systemischen sein.
Fungizide führen auch nach dem Sichtbarwerden von Symptomen noch zu einem Heilungserfolg.

Ebenfalls lassen sich die Wirkstoffe in anorganische, metallorganische und organische Verbindungen unterteilen:


2.2. Anorganische Fungizide:

Zu den anorganischen Fungiziden gehören einige Verbindungen aus Schwefel, die Kupferkalkbrühe und die Kupfersodabrühe.

2.2.1. Schwefel:

Der Schwefel ist ein gutes Vorbeugungs - und Bekämpfungsmittel für den Mehltau der Reben, der Rosen und der Äpfel.
Zur Verbesserung der Wirkung verwendet man heute äußerst feinen Schwefel in Verbindung mit Haftmitteln.

2.2.2. Kupferkalkbrühe, Kupfersodabrühe:

Auf den Blättern der Weinrebe sehen wir häufig blaugrüne Flecke, welche durch die Kupferkalkbrühe, auch Bordeauxbrühe genannt, entstehen. Dies ist eine Mischung aus gebranntem Kalk, Kupfersulfat und Wasser. Der Kalkzusatz ist notwendig, weil sonst das Kupfersulfat die Blätter angreifen würde. Auch könnte es infolge seiner guten Wasserlöslichkeit vom Regen weggespült werden.
Wird an Stelle des Kalkes Soda verwendet, entsteht die sogenannte Kupfersodabrühe. Hier wird das Kupfersulfat mit Hilfe von Soda neutralisiert und in unlösliches Carbonat verwandelt:

CuS04 + Na2CO3 - - -> CuCO3 + NaSO4

Um die mühsame Herstellung der Kupferkalkbrühe zu vermeiden, versuchen viele Pflanzenschutzfirmen, gebrauchsfertige kupferhaltige Präparate auf den Markt zu bringen, die man bei Bedarf einfach mit der vorgeschriebenen Wassermenge auflöst und verspritzt.


2.3. Metallorganische Fungizide:

Zu den metallorganischen Fungiziden gehören Verbindungen aus Kupfer und Zinn.

Mit Kupferverbindungen bekämpft man den Falschen Mehltau, Krautfäule der Erdäpfel sowie den Schrot der Äpfel, Birnen und des Steinobstes.


2.4. Organische Fungizide:

Die meisten Fungizide sind jedoch organisch und kommen aus verschiedenen Substanzklassen mit sehr unterschiedlicher Wirkung.

In den letzten Jahren wurden auch eine Reihe von synthetischen Fungiziden hergestellt, von denen viele bienenunschädlich sind. Oft werden diese synthetischen Mittel auch mit Schwefel - bzw. Kupferpräparaten oder auch mit Insektiziden kombiniert.









3. Herbizide:

( lat.: herba = Kraut, Gras)
Herbizide sind Mittel, die zur Vernichtung von Unkraut verwendet werden. Unter Unkräutern versteht man im allgemeinen alle Wildpflanzen, die an ihrem jeweiligen Standort unerwünscht sind. Diese Schadpflanzen nehmen den Kulturpflanzen Wasser, Licht und Nährstoffe weg, verringern deren Lebensraum und reduzieren somit die Ernteerträge. Herbizide sind deshalb in der Landwirtschaft nicht mehr wegzudenken. Die Verwendung kann flüssig (in der Regel als verdünnte wässrige Lösung), oder pulverförmig erfolgen.


3.1. Einteilung:

Die Herbizide lassen sich bezüglich des Zeitpunktes der Anwendung, der Aufnahmeart und der Wirkungsweise jeweils in verschiedene Gruppen einteilen, wobei jedoch ein - und derselbe Wirkstoff durchaus mehreren Gruppen angehören kann.
Bezüglich des Zeitpunktes unterscheidet man zwischen der Vorsaat, dem Voraustrieb (d.h. bevor die ersten Blätter an die Oberfläche gelangen) und dem Nachaustrieb der Kulturpflanzen.

Wirkstoffe, die über die Wurzeln von den Schadpflanzen aufgenommen werden, bezeichnet man als Boden - Herbizide. Erfolgt die Aufnahme über die oberirdischen grünen Teile der Pflanze, spricht man von Blatt - Herbiziden. Entfalten diese ihre Wirkung direkt am Benetzungsort, werden sie zur Gruppe der Kontakt - Herbizide gezählt. Bezüglich der Verteilung innerhalb der Pflanze unterscheidet man zwischen systemischen und nicht - systemischen Wirkstoffen.

Ein weiteres Kriterium ist die Selektivität. Bei Anwendung totaler Herbizide vernichten diese die gesamte Vegetation, also auch die Nutzpflanzen. Sie werden insbesondere auf Industriegeländen, Gleisanlagen, Wegen und Plätzen angewendet. Bei der selektiven Unkrautbekämpfung wendet man Chemikalien an, die nur gegen die Unkräuter wirken, für Kulturpflanzen aber gut verträglich sind. Diese Herbizide werden vorwiegend im Obst - und Weinbau, in der Forstwirschaft und in den Parkanlagen angewendet.
Die Substanzen greifen auf verschiedenste Weise in den Stoffwechsel der Pflanzen ein:
* Photosynthese - Hemmer stören die Umwandlung der von der Sonne aufgenommenen Lichtenergie in chem. Energie.
* Atmungshemmer blockieren die Umwandlung von Proteinen, Kohlehydraten und Fetten in eine biochemisch nutzbare Form.
* Wuchsstoff - Herbizide führen dazu, dass sich Schadpflanzen bei entsprechender Dosierung "zu Tode wachsen".
* Keimhemmer verhindern die Zellteilung.
* Andere Wirkstoffe greifen in die Stoffwechselvorgänge ein.

Bei vielen Herbiziden, vor allem den anorganischen Vetretern, ist der Wirkungsmechanismus noch weitgehend unbekannt.

Die Herbizide lassen sich anorganische und organische Verbindungen unterteilen:


3.2. Anorganische Verbindungen:

Dies sind zum Beispiel Eisen - und Kupfersulfate, Schwefelsäure und Natriumchlorate. Sie wurden in der zweiten Hälfte des vorigen Jahrhunderts verwendet, werden aber heutzutage nur noch in Spezialfällen und als Totalherbizide verwendet.


3.3. Organische Verbindungen:

3.3.1. Phenolverbindungen:

Phenolderivate gehören zu den ältesten Herbiziden überhaupt. Sie wirken als Zellgifte gegen alle Pflanzen, weswegen sie nur in der Winterzeit angewendet werden können. Ein weiteres Problem ist, dass ihre Abbauzeit in der Erde bis zu 5 Jahre dauern kann.
Schon im vorigen Jahrhundert wurde das erste Präparat dieser Wirkstoffgruppe hergestellt.


3.3.2. Penoxycarbonsäuren:

Dies sind die bekanntesten und am häufigsten verwendeten Unkrautvernichtungsmittel. Diese Wuchsstoffherbizide werden überall dort angewendet, wo "kein Gras mehr wachsen soll": für Park - und Gleisanlagen, für Wege und Straßen. Sie werden aber auch in der Landwirtschaft angewendet. Im Getreidebau hat z.B. das Präparat 2,4 - D eine große Bedeutung erlangt. 2,4 - D ist die Abkürzung für 2,4 - Dichlorphenoxyessigsäure.








C6H3Cl2 - O - CH2 - COOH


Dieses selektive Wachstumsherbizid ist ein weißgraues Pulver. Sie verursacht eine Störung des Hormonhaushalts der Unkäuter und stört das Gleichgewicht zwischen Nährstoffversorgung und Nährstoffverbrauch. Somit wachsen sich die Pflanzen zu Tode.
Die Getreidearten widerstehen dieser Verbindung, jedoch darf man 2,4 - D nicht für Kartoffeln, Rüben, Reben und Obst und dergleichen verwenden. 2,4 D wird in den USA schon seit vielen Jahren in großem Umfang verwendet, was zu einer enormen Steigerung der amerikanischen Ernteerträge geführt hat.

In den Sechziger Jahren erreichte die Produktion von Herbiziden in den USA sehr hohe Werte. Der Grund dafür ist, dass im Vietnamkrieg solche Verbindungen in großen Mengen als chemisches Entlaubungsmittel eingesetzt wurden, um die Wälder von Vietnam zu verwüsten. Beispielsweise wurde bei dieser ökologischen Kriegsführung vielfach eine Mischung der 2,4 - Dichlorphenoxyessigsäure und der 2,4,5 - Trichlorphenoxyessigsäure, das sogenannte "Agent Orange" verwendet.











C6H3Cl3 - O - CH2 - COOH
3.3.3. Harnstoffverbindungen:

Die pflanzenschädigende Wirkung dieser Stoffe beruht auf ihre Fähigkeit, die Photosynthese zu hemmen. Die meisten Harnstoffderivate sind Bodenherbizide. Sie werden in die Erde ausgebracht, von den Wurzeln des Unkrauts aufgenommen und weitergeleitet, bis zum Absterben der Pflanze. Ihre Verweildauer im Boden kann bei einmaligen Spritzungen über ein Jahr dauern. Bei wiederholter und regelmäßiger Anwendung besteht die hohe Wahrscheinlichkeit, dass sich bleibende Rückstände im Boden bilden.

3.3.4. Heterocyclische Verbindungen:

Die Triazine sind von ihrer Einsatzmenge her wohl die bedeutendste Gruppe der Heterocyclischen Verbindungen. Triazine sind Heteroaromaten mit 3 N - Atomen im Ring:


1,2,3 - Triazin 1,2,4 - Triazin 1,3,5 - Triazin


Die verschiedenen Triazine unterscheiden sich durch die "Anhängsel" an den "freien" Positionen.

Der massive Einsatz dieser Wirkstoffgruppe führte zu einer erheblichen Umweltbelastung - einzelne Substanzen benötigen eine Abbauzeit über mehrere Jahre. Auch für den Menschen stellen diese Verbindungen ein Problem dar, da die meisten die Fähigkeit besitzen, sich im Fett anzureichern.

Da nicht alle Wirkstoffe alle Unkräuter gleich gut bekämpfen, werden in der Praxis oft Kombinationen eingesetzt.



Generell ist der Einsatz von chemischen Schädlingsbekämpfungsmittel wegen der steigenden Bevölkerungszahl und der schlechten Ernährungslage unbedingt notwendig. Es ist heutzutage unmöglich, zufriedenstellende Ernteerträge ohne chemische Planzenschutzmittel zu erreichen. Selbstverständlich müssen diese Mittel richtig verwendet werden, um die Umweltbelastung durch giftige Chemikalien so gering wie möglich zu halten. Dies kann zum Beispiel durch die Entwicklung von umweltfreundlichen, chemischen Pflanzenschutzmittel erreicht werden. Wichtig ist ebenfalls das Mittel in der richtigen Dosis anzuwenden und die ständige Kontrolle, ob sich schädliche Rückstände in der Umwelt anreichern. In einem gewissen Umfang können die chemischen Schädlingsbekämpfungsmittel auch durch biologische Alternativen ersetzt werden, zum Beispiel durch den Einsatz von Nutzinsekten zur Bekämpfung der Schadinsekten.



























Quellennachweis:

* Velvart, Josef, Toxilogie der Haushaltsprodukte, Aus der Kasuistik des Schweizerischen Toxikologischen Informationszentrum, 2. Auflage,
Verlag: Hans Huber, Bern, 1989;
* Römpp / Raaf, Chemie des Alltags, Von Alkohol bis Zündholz,
26. Auflage, Franckh’sche Verlagshandlung, W.Keller & Co., Stuttgart, 1985;
* Neubauer, Alfred, Chemie? Chemie!, Aulis Verlag, Köln, 1981;
* Ernst, Andrea, Langbein, Kurt, Weiss, Hans, Gift - Grün,
Chemie in der Landwirtschaft und die Folgen,
Verlag Kiepenheuer & Witsch, Köln, 1986;
* Falbe, Jürgen, Prof. Dr., Regitz, Manfred, Prof. Dr.,
CD Römpp Chemie Lexikon, 9. Auflage, Georg Thieme Verlag, Stuttgart,1995

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