Jugend ohne Gott

    Die Ereignisse in der Schule

Im Roman "Jugend ohne Gott" beschreibt der österreichische Schriftsteller Ödön von Horváth wie ein Gymnasiallehrer in Konflikt mit seiner Schulklasse kommt, die dem Nationalsozialismus verfallen ist und in einen Mord verwickelt wird.
Diese Erzählung spielt während der Naziherrschaft, in der Lehrkräfte ihre eigene Meinung nicht vermitteln dürfen, sondern sich an strenge pädagogische Regeln zu halten haben. In einem Aufsatz über das von der Aufsichtsbehörde vorgegebene Thema "Warum müssen wir Kolonien haben" schreibt ein Schüler: "Alle Neger sind hinterlistig, feig und faul." Während der Durchsicht und Beurteilung des Aufsatzes möchte der Lehrer den Satz zuerst durchstreichen, entschliesst sich dann aber, dies doch zu unterlassen. Er wird sich nämlich bewusst, dass es ihm nicht erlaubt ist, sich gegen Aussprüche im Radio zu widersetzen, und um einen solchen handelt es sich hier zweifelsohne. Beim Zurückgeben der Arbeiten kann er sich aber doch nicht verkneifen, diesem Schüler anzumerken, dass seine Aussage eine Verallgemeinerung darstelle und überdies nicht stimme. Anschliessend wird der Lehrer von seinen Schülern genau beobachtet und jedes einzelne seiner Wörter wird stenographiert und analysiert. Als er sich über die Bespitzelung beschwert, überreicht ihm der Klassenvertreter einen Brief, in dem sämtliche Schüler die Forderung nach einem neuen Lehrer unterzeichnet haben. Es wird ihm damit bewusst, dass er sich ein grundsätzliches Problem geschaffen hat. Offensichtlich spricht er eine ganz andere Sprache und hat andere Ansichten als seine Schüler. Die Klasse scheint seine Überlegungen von Toleranz und Gleichberechtigung überhaupt nicht zu teilen. Durch seine Meinung, dass auch ein Neger ein Mensch sei, kommt er auch in Konflikt mit den Eltern des Schülers N. Der Direktor verwarnt ihn daraufhin, und weist ihn an, fortan auf die Vermittlung seiner eigenen Überlegungen zu verzichten und der offiziellen Linie zu folgen.

2. Im Ferienlager

Kurz nach diesem Zwischenfall, der zu einem sehr angespannten Verhältnis zwischen dem Lehrer und den Schülern führt, fährt die ganze Klasse für eine Woche in ein Zeltlager. Doch in Tat und Wahrheit wird dort nichts anderes als vormilitärische Ausbildung betrieben. Der Lehrer ist im Innern immer ganz aufgewühlt, wenn er sieht, wie seine Schüler stramm marschieren oder mit Waffen hantieren müssen. Da die Folgen absehbar wären, hält er sich mit Kommentaren zu diesen Gegebenheiten zurück. In diesem Lager lernt der Lehrer den Dorfpfarrer kennen, der ihm erklärt, dass die Menschen der kommenden Generation so starr und gefühllos wie Fische sein werden. Später wird er auch Zeuge eines Überfalles von zwei kleinen Buben und einem grösseren Mädchen auf eine alte, blinde Frau. Weil trotz Wachen, die aus Angst vor dieser Bande aufgestellt werden, einmal etwas aus dem Lager abhanden kommt, kontrolliert der Lehrer zusammen mit dem Feldwebel eines Nachts die Wachen. Er sieht, wie ein fremder Junge abends zu einem der Wächter, dem Z, kommt und ihm einen Brief überreicht und wieder verschwindet. Am nächsten Morgen wird ihm von einer Rauferei zwischen N und Z gemeldet. In der Rauferei sei es darum gegangen, dass Z nachts immer in sein Tagebuch schreibe. Der Lehrer erfährt davon und auch, dass der Z sein Tagebuch immer in einem verschlossenen Kästchen aufbewahre. Da er neugierig ist, schleicht er sich am Tag, als alle Buben schiessen lernen, in das Zelt des Z, und bricht dieses Kästchen mit einem Draht auf. Er liest im Tagebuch, dass der Z ein Liebesverhältnis mit Eva habe, die eine jugendliche Räuberbande anführt. Am Schluss steht, dass jeder, der das Tagebuch lese, sterben werde. Als die Buben wieder zurückkommen, vermag der Lehrer in der Eile das Kästchen nicht mehr zu schliessen und muss es geöffnet liegen lassen. Es kommt zu einer heftigen Auseinandersetzung zwischen N und Z. Der Z verdächtigt N, sein Kästchen aufgebrochen zu haben. Der Lehrer fühlt sich schuldig und bedauert seine Handlung, gibt sie aber nicht zu. Er bemerkt auch, dass der Schüler T ihn beobachtet, als ob er etwas ahne. Einige Tage später wird N, der Zeltkamerade des Z, ermordet aufgefunden. Es stellt sich heraus, dass Eva und der Z am Mord beteiligt sind.

3. Der Prozess

Die erste Überraschung im Verlaufe des Prozesses ist, dass Z den Mord gesteht und auf eine Verteidigung verzichtet. Im weiteren Verlauf der Verhandlungen beginnt die Vernehmung der Zeugen. Im Mittelpunkt steht dabei die Mutter des Z. Ihre wichtigste Aussage ist, dass der Kompass, der bei der Leiche gefunden worden ist, nicht der ihres Sohnes sei. Sie will ihren Sohn dazu bringen, zuzugeben, dass er gar nicht der Mörder sei. Es kommt zu einem Streit zwischen Z und seiner Mutter. Man erfährt dabei, dass sich Z von seiner Mutter vernachlässigt fühlt. Anschliessend wird der Lehrer in den Zeugenstand gerufen. Er sagt, dass er das Kästchen aufgebrochen habe und nicht, wie der Z meint, der N. Eva wird danach befragt. Sie sagt, dass er und sie unschuldig seien, und ein fremder Bub, von dem sie nur weiss, dass er Fischaugen hat, plötzlich aufgetaucht sei und den N von hinten mit einem Stein erschlagen habe. Sie bekennt auch öffentlich, Z nie geliebt zu haben, was diesen zutiefst verletzt. Ausserdem beschreibt sie das Aussehen des fremden Jungen. Der Lehrer ist sofort alarmiert, weil T in diese Beschreibung passt. Er vermutet, dass der Z die Tat nur aus Liebe zu Eva gestanden hat, weil er sie für die Mörderin hält.

4. Die Jagd nach dem Mörder

Eines Morgens bekommt der Lehrer Besuch von einem Schüler seiner Klasse. Er erzählt dem Lehrer, dass er zusammen mit ein paar anderen Jungen einen Klub gegründet habe. Dieser Klub will dem Lehrer helfen, den T zu überführen. Der Schüler B hat T einmal sagen hören, dass er gerne einmal sehen möchte, wie jemand sterbe und wie ein Kind auf die Welt komme. Die Mitglieder des Klubs treffen sich einmal wöchentlich und lesen verbotene Schriften. Sie werden T Tag und Nacht beobachten und Bericht erstatten.
Etwa eine Woche später besucht ihn der Pfarrer, den er im Zeltlager kennengelernt hat, und bietet dem Lehrer eine Stelle in einer Missionarschule in Afrika an. Der Pfarrer fordert ihn auf, alles der Mutter von T zu erzählen, was er dann auch tut. Er trifft jedoch nur den T und unterhält sich kurz mit ihm, da seine Mutter offenbar keine Zeit hat.
In der darauffolgenden Nacht wird der Lehrer von zwei Kriminalkommissaren geweckt und zum Haus des T gebracht. Die Polizisten wollen wissen, was er bei der Mutter des T wollte, denn der T hat unterdessen Selbstmord begangen. Die Mutter gibt dem Lehrer die Schuld daran, dass sich T das Leben genommen hat. Als Beweis hat sie ein abgerissenes Papier, auf dem T gesteht: "Der Lehrer hat mich in den Tod getrieben." Somit will die Mutter den Lehrer anklagen. Die Mutter erleidet jedoch einen Nervenzusammenbruch. Im selben Moment fällt ihr aber die zweite Hälfte des abgerissenen Zettels zu Boden. Auf diesem Teil des Zettel steht geschrieben: "Denn der Lehrer weiss es, dass ich den N mit dem Stein erschlagen habe."
Damit ist der Mord des N aufgeklärt. Der Lehrer geht nach Afrika zu den "Negern" um dort zu unterrichten, da er seinen Beruf in seiner Heimat nicht mehr ausüben darf. Oder anders gesagt: "Der Neger geht zu den Negern."
Um welche Probleme geht es in diesem Buch ?

Das Buch "Jugend ohne Gott" wurde im Jahre 1937, das heisst kurz vor dem Zweiten Weltkrieg, geschrieben. Ödön von Horváth will mit diesem Roman die faschistisch - nationalsozialistische Ideologie des dritten Reiches kritisieren. Um seine Kritik am Faschismus besser aufzeigen zu können, habe ich die wichtigsten Schwerpunkte des Romans aufgearbeitet:

1. Allgemeine Kritik am Faschismus und dessen Menschen

Dem Faschismus ergeben leben in diesem Roman eine ganze Reihe von Leuten, wenn nicht sogar sämtliche. Der Lehrer gehört aber zu den wenigen, die sich mit dieser neuen Ideologie auseinandersetzen. Der Faschismus wird in diesem Werk als Krankheit oder sogar als Seuche dargestellt, die in jedem einzelnen Körper steckt. Alle leben ein sehr passives Dasein. Sie realisieren überhaupt nicht, was der Faschismus aus ihnen gemacht hat. Viele der Romanfiguren werden als dumm und lächerlich dargestellt. Als vom Nationalsozialismus befallene Menschen agieren in diesem Roman vor allem die Schüler und deren Eltern. Das Denken ist ihnen verhasst. Sie werden als Hauptopfer der Ideologie dargestellt, sie erwecken dadurch oft auch Erbarmen.
Der Lehrer ist der einzige wirkliche Kritiker des ganzen Geschehens. Horváth benutzt diese Gestalt, um dem Leser seine Gedanken zu vermitteln. Der Lehrer distanziert sich von dieser Gesellschaft, ist sich aber im Klaren, dass er mitten drin lebt und nichts verändern kann. Er muss sich dauernd zurückhalten und darf seine Meinung nicht aussprechen. Dies macht ihm auch der Direktor des Gymnasiums klar, als er ihn in sein Büro bittet. Der Direktor ist im Grunde genommen auch eine sehr kritische Person, die ähnliche Gedanken wie der Lehrer vertritt, denn er ist früher auch Gegner der Ideologie gewesen. Mit der Zeit hat ihn die nationalsozialistische Bewegung aber gezähmt. Der Direktor sagt, dass er sich dem Zeitgeist, das heisst der Ideologie, widersetzen könnte, jedoch mit der Konsequenz, dass er sofort eingesperrt würde. Er möchte aber die Altersgrenze erreichen, um die volle Pension beziehen zu können. Deshalb findet ihn der Lehrer feige und charakterlos. Gleichzeitig aber mischt sich in diese Gesellschaftskritik auch Selbstkritik, da sich der Erzähler, also der Lehrer, ja nicht ausklammert.
Die Menschen, die im Roman dem Faschismus ausgesetzt sind, lassen sich in ihrem Verhalten gegenüber der Ideologie in zwei Gruppen einteilen:
Die erste Gruppe, und zugleich die grösste, besteht aus denen, die die Ideologie schlichtlos akzeptieren, verinnerlichen, ja sogar verteidigen, aber keinerlei Widerstand leisten. Zu dieser Gruppe von Menschen gehören, denke ich, die meisten Gestalten des Romans. Das beste Beispiel für diese Gruppe ist vor allem der N und dessen Vater.
Die zweite Gruppe besteht aus Handlungsfiguren, die sich gegenüber der Ideologie passiv verhalten oder sogar gleichgültig. Es sind Gestalten, die sich im Staatssystem einrichten, ohne die Ideologie wirklich zu übernehmen und zu vertreten. Zu dieser Gruppe gehören aber auch Gestalten, die im Grunde genommen gegen die Ideologie sind, jedoch aus Angst vor dem Faschismus ihre Bedenken nicht nach aussen zeigen und ihre Gedanken nicht veröffentlichen. Dazu gehört ein grosser Teil der Lehrerschaft am Gymnasium, aber auch ein Teil der Jugend und deren Eltern. Ein gutes Beispiel für diese Gruppe ist der Direktor des Gymnasium, der durch das Erreichen der Altersgrenze die volle Pension erhalten will. Das beste Beispiel sind jedoch der Lehrer und der Dorfpfarrer, die eine starke ablehnende Haltung gegenüber der neuen Ideologie demonstrieren. Sie verweigern sich dem System und wünschen nichts damit zu tun haben. Aber auch sie leisten nur passiven Widerstand.
So kommt man zum Schluss, dass keine Gestalt des Romans offenen Widerstand gegen das System leistet. Da überall die nationalsozialistische Ideologie herrscht und keiner etwas Aktives gegen diese Ideologie unternimmt, hat die Jugend logischerweise keine Chance, etwas anderes als diese Ideologie zu entdecken. Da es keine Alternative zu dieser Ideologie gibt, hat der Faschismus keinen Gegner und zeigt sich als erfolgreicher Machthaber.

2. Die Jugend im Faschismus

Die Jugend spielt die zentrale Rolle in diesem vom Faschismus beherrschten Staat. Die Gesellschaft hat ihr nie die Gelegenheit gegeben etwas anderes kennenzulernen als die radikale Ideologie. Es ist verboten, ihr aufirgend eine Weise etwas beizubringen, das gegen die Ideologie sein könnte. Im Klartext heisst das, dass die Gesellschaft alles von der Jugend fernhalten muss, was in irgendeiner Weise ihre zukünftigen militärischen Fähigkeiten beeinträchtigen könnte. So wird die Jugend moralisch zum Krieg erzogen. Dies wird unter anderem mit einer vollmilitärischen Ausbildung, von der im Roman die Rede ist, erreicht. Während einer bestimmten Woche wird besonderer Wert auf Abhärtung, Gehorsam und Opferbereitschaft gelegt. Dies wird mit Sport, Fahnenappell, Geländemarsch, wehrkundlichen Spielen und Schiessen erreicht. In diesen Zeltlagern wird versucht, den Individualismus der Knaben abzubauen und sie zu künftigen Kampfmaschinen auszubilden. Am Klarsten wird dies mit der Aussage des Lehrers: "Sie pfeifen auf den Menschen! Sie wollen Maschinen sein, Schrauben, Räder, Kolben, Riemen. Doch noch lieber als Maschinen wären sie Munition, Bomben, Schrapnells, Granaten. Wie gerne würden sie krepieren auf irgendeinem Feld! Der Name auf einem Kriegsdenkmal ist der Traum ihrer Pubertät." Dass die Jugend so geworden ist, kann ihr aber nicht vorgeworfen werden. Die Schuld für die Grundhaltung der Jugend liegt ganz alleine bei der Elterngeneration. Die Familie wird in diesem Buch als nutzlos dargestellt, weil sie der Jugend keine Wärme oder Zuneigung schenkt. Die Jugend bleibt somit auf sich alleine gestellt. Das Schlimmste ist aber, dass sie mit dem Begriff "Liebe" nichts anfangen kann. Man hat ihr nie Liebe gegeben und somit wird sie nie wissen können, was Liebe wirklich ist.
In diesem Staat haben der Glaube und damit Gott keinen Platz, weil der autoritäre Staat einen so grossen Druck auf seine "naiven" Bürger ausübt, dass ihnen die Kirche fremd bleibt. Die Gesellschaft kann im Buch schlicht in arm und reich unterteilt werden. Der Staat wird von den Reichen beherrscht und diese kontrollieren und manipulieren die Armen. Da der kirchenfeindliche Staat die volle Macht über das Erziehungswesen besitzt, ist auch für die junge Generation die Chance gering, dass Gott in ihrer Seele ein "Zuhause" finden wird.

3. Gott und die Neger

Horváth erwähnt sehr oft Gott, als ob er wie eine Person im Roman mitspielen würde. Der Lehrer ist sich selbst nicht immer im Klaren, ob er an Gott glaubt oder nicht. Auf der einen Seite glaubt er in vielen Situationen, Gott plötzlich vor sich zu sehen. Zum Beispiel erscheint ihm Gott in der Person eines kleinen Buben im Lager, der die Wahrheit über den Mord kennt, doch er wird von niemandem beachtet. Auf der anderen Seite schafft er es nicht, seinen besorgten Eltern, die von seinem Geld abhängig sind und nicht wissen, wie sie weiter leben sollen, wenn ihr Sohn seinen Beruf verloren hat, zu schreiben "Gott wird euch beschützen". Er setzt immer wieder an, doch diesen Satz schreibt er erst in betrunkenem Zustand zu Ende.
Der Satz "Auch die Neger sind doch Menschen", den der Erzähler gegenüber dem Schüler N äussert, ist der eigentliche Auslöser für die Schwierigkeiten, in die der Erzähler mit sich und mit der Staatsmacht kommt. Dieser Begriff wird zunächst ganz konkret benutzt, findet dann aber sehr schnell Anwendung für die Aussenseiter der Gesellschaft, auf die es nach der geltenden Ideologie nicht ankommt und die man besser beseitigt. So wird in diesem Sinne auch der Lehrer zum "Neger".


Einordnung in den geschichtlichen Hintergrund und Biographisches

Ohne Zweifel deutet der geschichtliche Hintergrund auf die schrecklichen Dreissiger Jahre, in denen der Nationalsozialismus in Deutschland herrschte. Das Buch beschreibt sehr genau, welche politischen und sozialen Verhältnisse während dieser Zeit im Dritten Reich herrschten. Horváth streift kaum die militärischen Aspekte dieser Zeit, sondern konzentriert sich vielmehr auf das Leben des Volkes in Deutschland während der Machtergreifung der NSDAP. In diesem Buch auch offensichtlich zu erkennen sind die rassistischen und antisemitischen Strömungen, die damals aus dem Nationalsozialismus entsprungen sind. Der einzige, aber dafür eindeutige Beweis dafür ist die rassistische Bemerkung, die ein Schüler in einem Aufsatz macht, in dem er die Neger als Nichtsnutze bezeichnet. Auch ist oft die Rede von verbotenen Schriften, die Jugendliche zusammen im Geheimen lesen. Dies deutet auf die verschiedenen kleinen und grösseren Klubs hin, die mit der Zeit der Ideologie Widerstand leisteten.
Nach der Machtübernahme Hitlers am 30. Januar 1933 werden Horváths Stücke an den Deutschen Theatern verboten. Damit wird das Leben für Horváth immer erschwerlicher. Er wird gezwungen, immer öfters von Land zu Land und von Stadt zu Stadt zu ziehen. Auch wird seine Freiheit immer mehr eingeengt, weil er als Gegner der Ideologie erkannt ist. 1934 werden seine Stücke auch in Österreich verboten, nachdem er gegen die faschistische Zeitung "12 - Uhr - Blatt" wegen Ehrbeleidigung prozessiert hat. Noch im gleichen Jahr kehrt er wieder nach Deutschland zurück und tritt dem "Reichsverband Deutscher Schriftsteller" bei. Er versucht, sich durch Dialog mit den Nationalsozialisten zu arrangieren und vermeidet jegliche öffentliche Kritik an ihnen. Die Nazis zeigen sich jedoch unbeeindruckt und seine Bühnenstücke bleiben weiter verboten. Nach 1934 lebt Ödön in Pensionen und billigen Hotels in Österreich. Der 1937 erschienene Roman "Jugend ohne Gott" vermittelt die Eindrücke, die der Autor aus dieser Zeit mitgenommen hat. Im März 1939 marschieren die deutschen Truppen in Wien ein, Österreich wird an Deutschland angeschlossen. Horváth muss Österreich verlassen und emigriert über folgende Stationen: drei Wochen Budapest, fünf Wochen Teplitz - Schönau (Tschechoslowakei), dazwischen einige Tage Prag, ein kurzer Aufenthalt in Mailand, dann zwei Wochen Zürich, zwei Stunden Aufenthalt in Brüssel, acht Tage Amsterdam und schlussendlich erreicht er Paris. Dort kommt Ödön von Horváth unter ungewöhnlichen Umständen um: am ersten Juni 1938 wird er auf den Champs - Elysées bei einem Gewitter von einem herunterfallenden Ast erschlagen.


Was will der Autor mit dem Buch zeigen ?

Ödön von Horváth stellt mit der Hauptperson in diesem Buch eine Gestalt dar, die mit sich nicht klar kommt und Identitätsprobleme hat. Der Gymnasiallehrer lebt in einer ihm fremden, sogar feindlichen Umgebung und muss leider erkennen, dass er nicht die gleiche "Wellenlänge" wie seine Schüler besitzt. Nach dem Erhalt des unterzeichneten Briefes der Klasse wandelt sich das bereits gespannte Verhältnis in offene Feindschaft, die der Lehrer als Existenzbedrohung empfindet. Er fasst die Haltung der Klasse fast als Hass auf. Als Schutz vor ihrem Vernichtungswillen versucht er sie zu verachten, doch es gelingt ihm nur sehr schwer. Aufgewühlt durch die Ereignisse der Schultage hält es der Gymnasiallehrer abends in seinem Zimmer kaum mehr aus und landet oft in einer Bar und betrinkt sich. In sich selber ist der Lehrer sehr sensibel und dadurch leidet er oft an Depressionen. Es geht manchmal so weit, dass er gar nicht mehr weiss, ob er an Gott glaubt oder nicht. In Tat und Wahrheit glaubt er aber immer an Gott, aber er mag ihn nicht, weil er das ganze Elend erlaubt.
Der Schriftsteller will aber auch sicherlich zeigen, wie einfach es war, die Jugend in den Dreissiger Jahren zu beeinflussen und somit moralisch zu "deformieren". Man konnte mit ihr ziemlich alles erreichen, denn sie leistete keinen Widerstand und hatte keine eigene Meinung. Das Gleiche gilt auch für die Eltern dieser Jugend, die sich schon längst an den Faschismus angepasst hatten. Diese Manipulation der Gefühle wurde hauptsächlich durch die Medien Radio und Propaganda - Zeitung erreicht. Natürlich gab es auch viele Leute, die diese Ideologie nicht akzeptierten, jedoch aus Angst nichts dagegen unternahmen.


Persönliche Stellungnahme und Kritik

Auffallend ist, dass Horváth nie einen vollen Namen schreibt. Anstatt den Namen verwendet er nur die Anfangsbuchstaben, die Namen von Dörfern oder anderen Orten nennt er überhaupt nicht. Damit will er, glaube ich, ausdrücken, dass solche Ereignisse, wie sie sich in Hitlerdeutschland abspielten, sich irgendwo auf der Welt abspielen könnten, in irgend einer Schulklasse oder Gesellschaft dieser Erde, auch heute noch, nur vielleicht in einer anderen Form, da wir in einer anderen Zeit leben.
Mir persönlich missfällt das Ende des Werkes etwas. Ich finde, dass der Schluss sich zu stark auf das Schicksal des Lehrers konzentriert. Es wird nicht noch einmal auf die Jugend eingegangen, die eigentlich eine zentrale Rolle in der ganzen Geschichte spielt. Man empfindet schlussendlich so viel Mitleid mit dem Lehrer, dass man das traurige Schicksal der "hypnotisierten" Jugend vergisst.

Mir hat das Buch sehr gefallen. Man kann gut nachfühlen, wie der Erzähler die verschiedenen Situationen erlebt. Es gibt einen grossen Einblick in die politischen und sozialen Aspekte der Naziherrschaft in Hitlerdeutschland. Das Buch ist auch sehr verständlich geschrieben, grosse Vorkenntnisse dieser Zeit sind nicht unbedingt Voraussetzung, um dem Erzähler in seinen Überlegungen zu folgen und die grosse Tragik dieser Zeit nachzufühlen.







Literaturverzeichnis

    Biographie von Horváth: Dieter Hildebrandt / Rowohlts Bildmonographien Interpretation des Buches: Ulrich Schlemmer / Oldenbourg Interpretationen Meyers Taschenlexikon

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