Max Frisch

Literarischer Lebenslauf

Kindheit

Max Frisch wurde am 1911 in Zürich-Hottingen geboren. Sein Vater war Architekt und seine Mutter als Kinderfräulein in Russland tätig. Seine zwei Geschwister und er hatten keine schwierige Jugend, wuchsen aber in ärmlichen Verhältnissen auf. Seine Mutter, an der ihm die Reise- und Abenteuerlust faszinierte, und sein älterer Bruder standen ihm näher als sein Vater, der sehr früh starb.

Schulzeit

Von 1924 bis 1930 besuchte er die Oberschule, das Kantonale Realgymnasium in Zürich. Er war kein besonders guter Schüler, absolvierte aber die Klassen ohne Probleme. Zu dieser Zeit hatte er einen Freund, der Name ist nicht bekannt, der später eine sehr wichtige Rolle in seinem Leben spielte. Frisch war kein Stubenhocker und großer Leser.
Nach Abschluss der Matura besuchte er zwei Jahre eine Rekrutenschule und, obwohl er danach eine Stelle als Offizier bekommen hätte, verweigerter er, um Schriftsteller zu werden.

Erste Werke

Das Studium Germanistik enttäuschte ihn sehr, weil er nicht über den Beruf des Schriftstellers lernte. Seine ersten literarischen Ansätze sind verschollen. Die ersten Stücke, die überliefert sind, sind eine Einakterkomödie und eine Farce einer Mondlandung.
Seine erste schriftliche Veröffentlichung war ein Beitrag über eine Theaterkunst Ausstellung "Mimische Partitur" in einer Zeitung.
1932 starb sein Vater und Max brach trotz Stipendium sein Studium ab und schrieb nun regelmäßig für Zeitungen.

Erste Reise

Seine erste Reise machte er nach Prag zu einer Eishockey-Weltmeisterschaft, um darüber für die Zeitung zu schreiben. Er blieb länger als geplant und reiste weiter nach Belgrad, Sarajewo, Dubrovnik, Zagreb, Istanbul, Athen, Korinth und Delphie. Zurück reiste er über Dubrovnik, Bari und Rom.
In Dubrovnik lernte er eine 33-jährige Frau kennen. Als er zurückkam, ist sie schon tot. Dieses Ereignis hat ihn zu dem Stück "Jürg Reinhart. Eine sommerliche Schicksalsfahrt" veranlasst.
1935 machte er seine erste Reise ins Deutsche Reich und schrieb für die Neue Züricher Zeitung "Kleines Tagebuch einer deutschen Reise".
Zu dieser Zeit hatte er eine Freundin namens Käte (seit 1933). Obwohl sie Jüdin war, fuhren sie sehr oft nach Deutschland. Käte trennte sich aber sehr bald von ihm, weil sie statt Liebe nur Fürsorge bekam.
Inzwischen war "Antwort aus der Stille" erschienen (1937): eine Geschichte eines Ausbruchs aus bürgerlicher Enge.

Architekturstudium

Zu dieser Zeit wollte er das Schreiben aufgeben. Doch nach einiger Zeit schrieb er Hesse einen Brief und legte sein neues Büchlein bei.
Frisch wollte nun Architekt werden und wurde zum Studium durch seinen früheren Schulkameraden ermutigt.
1936 schrieb er sich bei der Eidgenössischen Technischen Hochschule in Zürich ein. Diese Entscheidung führte ihn wieder näher an die bürgerliche Lebensform heran.
1939 leistete er den Fahneneid im Tessin bei Arbedo und begann ein Tagebuch zu schreiben.

Tagebücher

Angesichts der Kriegsgefahr für die Schweiz ließ er von seinem Vorsatz, nie wieder zu schreiben, ab.
Er musste in den Krieg und schrieb offiziell das Tagebuch des Grenzdienstes.
1939 war sein Dienst zu Ende und es wurde "Aus dem Taschenbuch eines Soldaten" in einer Zeitschrift veröffentlicht. 1940 erschien dies als Buch mit dem Titel "Blätter aus dem Brotsack".
1940 musste er wieder in den Dienst und es erschien "Blätter aus dem Brotsack. Neue Folgen".
1941 bekam er Urlaub vom Wehrdienst für sein Studium und lernte Constanze von Meyerburg kennen.

Lebenswandel

1942 gibt es zwei wesentliche Wendungen in seinem Leben.
Er gewann den ersten Preis bei einem Wettbewerb der Architektur und bekam einen Auftrag für das Freibad Letzigraben. Durch diesen Erfolg konnte er sich selbständig machen.
Der zweite Höhepunkt war die Heirat mit Constanze von Meyerburg am 30. Juli 1942.
1943 wird er Vater einer Tochter und schreibt sein Werk "Nichts kehrt uns wieder" später der Titel "Jádore ce qui me brule oder Die Schwierigen". Die Gestalt von Reinhart tauchte wieder auf.
Bis 1945 gab es keine Anzeichen des Krieges in seinen Werken.
1944 schrieb er "Bin oder Die Reise nach Peking". Darin wird der Krieg nur kurz erwähnt. Es handelt von einer imaginären Reise. Peking ist das Ziel - und eine Chiffre: für das Glück, für das Leben vermeintlich Verfehlter. Es zeigt auch ein altes Thema von Frisch: die unerfüllbare Sehnsucht nach dem wirklichen Leben.
Kurt Hirschfeld hat Prosa von Frisch gelesen und machte ihm Mut, es mit dem Theater zu versuchen.

Dramen

Darauf folgen die Dramen "Nun singen sie wieder" und "Santa Cruz".
"Nun singen sie wieder" erregte großes Aufsehen. Das Stück hatte damals die Kraft des moralischen Appells. Es ist eine der ersten Reaktionen des Theaters auf den Zweiten Weltkrieg.
1946 begann Frisch wieder Tagebuch zu schreiben. Darin finden wir Eindrücke von Reisen durch Europa und Deutschland.
Zu dieser Zeit wurde das Projekt des Schwimmbades endgültig genehmigt.
"Die chinesische Mauer" entsteht. Thema: Bedrohung durch die nukleare Weltkatastrophe und die Hilflosigkeit der Intellektuellen, der Warner, sprengt den traditionellen Theaterrahmen - Figuren sind Masken, die Handlung eine Force.
1947 lernt er Brecht kennen.
Ein neues Theaterstück entsteht: Zuerst der Titel "Ihr Morgen ist die Finsternis" dann "Judith" und schließlich "Als der Krieg zu Ende war". Von dieser Dichtung bekam Brecht das Manuskript zu sehen. Brecht war sehr zurückhaltend und war der Meinung, dass Frisch nicht die adäquate Form gewählt hatte und dem Theater als Institution zu wenig zumute.
"Als der Krieg zu Ende war" ist Frischs konventionellstes Stück.
1949 hörte er vorläufig mit seinem Tagebuch auf und nach einem Jahr wurde "Tagebuch von 1946 bis 1949" veröffentlicht.
Er war nun dreißig Jahre und zweifach erfolgreich - als Architekt und Schriftsteller - und Vater von drei Kindern.
Er schrieb zu dieser Zeit "Graf Öderland". Es beginnt mit einem Mord ohne Motiv. Ausgerechnet der örtliche Staatsanwalt fühlt sich von der Tat angesprochen, greift zur Axt und zieht tatsächlich blutgierig als Graf Öderland durch die Gegend. Dieses Stück wurde bald vom Spielplan abgesetzt.

Amerikaaufenthalt

1951 erhielt er das amerikanische Stipendium "Rockfeller Grant for Drama" - einjähriger Aufenthalt in Amerika.
Dort arbeitete er an einem Roman, den er aber bald aufgab. Diese Manuskript wird er später in "Stiller" verarbeiten.
Den dreihundert Jahre alten Don Juan Stoff verarbeitete er in "Don Juan" am originellsten und phantasievollsten.
1954 schrieb er "Stiller" und trennte sich auch von seiner Familie. Er lebte nun auf einem Bauernhof und arbeitete sehr viel.

Erneuter Wandel

1955 löste er sein Architekturbüro auf und widmete sich nur mehr dem Schreiben.
1957 schrieb er den Roman "Homo faber. Ein Bericht" und das Drama "Biedermann und die Brandstifter. Ein Lehrstück ohne Lehre" - Frisch hat sich nicht das Ziel gesetzt, dass man aus seinen Stücken eine Lehre ziehen kann. Darin setzte er den Chor im Sinne der antiken Tragödie ein. Von diesem Stück gab es sehr viele Interpretationen. Das "Nachspiel" charakterisierte die Biedermann Figur als Nazi-Mitläufer.
Das Stück wurde mit dem Einakter "Die große Wut des Phillip Hozt" gekoppelt. Frisch war mit dem "Nachspiel" nicht zufrieden und ließ es weg.
Auch "Andorra" ist ein Werk dieser Zeit. Es zeigt mörderische Konsequenzen von rassistischer Gesinnung.
Es gibt eine Reihe von Reiseberichten, die, zunächst in Zeitschriften gedruckt, durch die "Gesammelten Werke" wieder zugänglich geworden sind.
Anfang der sechziger Jahre zog es Frisch ganz aus der Schweiz fort. Von 1960 bis 1965 wohnte er in Rom. Er lebte dort zunächst mit Ingeborg Bachmann zusammen, bis er 1962 Marianne Oellers kennen lernte, die später seine zweite Frau wurde. Über diese Liebesbeziehungen hat Frisch sich viele Jahre danach (in der autobiographischen Erzählung "Montauk") offen und doch zurückhaltend geäußert.
1968 entstand "Biographie: Ein Spiel".
Obwohl ihn Brecht schon vor 25 Jahren drängte, ein Tell-Stück zu schreiben, wurde erst 1971 "Wilhelm Tell für die Schule" veröffentlicht. Ein Landesmythos wird gegen den Strich erzählt, hineinmotiert in Anmerkungen und Zitate.
Zwei Jahre danach rechnete er literarisch mit einem anderen eidgenössischen Mythos ab, jenem von der Schweizer Unanfälligkeit gegen den Faschismus. Im "Dienstbüchlein" trägt er seine Erinnerungen an die Zeit bei der Armee zusammen.
1975 erscheint "Montauk" - dieser erste umfassende autobiographische Text Frischs ist keineswegs eine Lebenserinnerung, sondern ein kaleidoskopartiger, fragmentarischer Abriss.
Im Theaterstück "Triptychon" versucht Frisch ein Gespräch zwischen den Lebenden und den Toten in Szene zu setzen. Die Dramaturgie von "Triptychon" setzt die Personen auf der Bühne nicht mehr einfach miteinander in Beziehung, sondern stellt Dialogpartner zueinander, die von anderen Paarungen abgelöst und zum Schweigen verdammt werden, bis sie ihren Gesprächsfaden aufnehmen dürfen und ihrerseits anderer Rede unterbrechen.
Die Nähe des Todes und die Isolation des Alters werden auch in dem Buch danach beschworen, jener Erzählung mit dem eigenartigen Titel "Der Mensch erscheint im Holozän", die bei Kritik und Publikum nicht viel Ansehen gefunden hat.
1982 entstand "Blaubart" ein Identitätsprozess.

Stoffwahl

Max Frisch setzt sich mit dem modernen Existentialismus (jeder Mensch muss für sich selbst seiner Existenz den Sinn erst setzen, was nur in einem "totalen Engagement" möglich ist) und der Schizophrenie unserer Zeit auseinander. Die Flucht des heutigen Menschen vor der Wirklichkeit, die man nicht sehen will, vor der eigenen Stimme in eine Welt leerer Geschäftigkeit, in das Spießertum eines satten Bürgerlebens bildet das Hauptthema seiner Dichtung. Ein weiteres bevorzugtes Thema ist die Identitätssuche. In dieser werden die Menschen von einem anonymen "Es" jenseits ihrer Selbst getrieben. Sie werden zu bloßen Marionetten ("Andorra") eines unbekannten Spielers, dem sie nicht entrinnen können. Doch sind sie vom Verlangen nach Wahrheit, Sittlichkeit und Freiheit erfüllt. Diese scheitert aber meist an ihrer Verbindung an Fremdes und Unbekanntes, an Schicksal und Zufall.
Diese Abgründe und Hintergründe will der Dichter aufdecken, um so den Weg zu einem neuen Menschenbild freizumachen.
Seine Stücke bringen Gesellschafts- und Kulturkritik. Gleich wie Brecht, der im Technischen sein Lehrmeister ist, erhofft sich Frisch den Aufstieg eines neuen Menschen.
Brecht glaubt: erst eine nach der marxistischen Ideologie veränderte Gesellschaft könne den Menschen ändern und bessern.
Frisch erwartet sich von der Änderung des Menschen, von dessen Selbstbesinnung auf echte Humanität eine Besserung auch der Gesellschaft und eine Vermeidung zukünftiger Vernichtungskriege.

Technik

In seinen Dramen verwendet Frisch alle technischen Möglichkeiten, die das moderne Theater Europas ausgebildet hat. Es finden sich Anachronismen, Zeit- und Raumdurchbrechungen, ein Ineinander von Wirklichkeit und Surrealistischen, häufig auch schizophrene Figurenspaltungen. Für den eingebauten Kommentar bedient er sich des Chores, wie ihn das griechische Theater zuerst entwickelt hat. Er verwendet auch die direkte Anrede an das Publikum.

1663 Worte in "deutsch"  als "hilfreich"  bewertet