Zur Methodik der Standortplanung

Inhalt

Einleitung

1 Zur Methodik der Standortplanung
1.1 Die Analyse-Phase
1.2 Die Ziel-Phase
1.3 Die Strategie-Phase
1.4 Die Ausführungs-Phase

2 Beispielhafte Kriterien bei Freizeitgroßprojekten
2.1 Vorbemerkung
2.2 Arenen
2.3 Freizeitparks
2.4 Ferienzentren, Center-Parks
2.5 Multiplex-Kinos

3 Kriterien aus der Sicht der Raumordnung

4 Positive und negative Auswirkungen der Standortentscheidung

5 Entwicklungslinien und Trends

Literaturverzeichnis


Einleitung

"Sich erholen" gewinnt in unserer Gesellschaft seit über zwei Jahrzehnten einen immer höheren Stellenwert. Begünstigt wird dies durch die Zunahme von Freizeit. Aufgrund der Tatsache, dass die meisten Menschen in ihrer Freizeit nicht Ruhe suchen, sondern leider genau das Gegenteil, boomt der Freizeitsektor. Traditionelle, meist öffentliche Freizeiteinrichtingen reagierten auf die geänderte Freizeitnachfrage nur unzureichend. Es gab einen Strukturwandel und kommerzielle Betreiber brachten neue Formen von Freizeiteinrichtungen hervor: großflächige Anlagen, wie z.B. Arenen, Freizeitparks, Center-Parks und Mulltiplex-Kinos. Die Standortplanung dieser Freizeitgroßprojekte soll in diesem Referat nun behandelt werden.

1 Zur Methodik der Standortplanung

Die Standortplanung ist ein komplexer Problemlösungsprozeß. Daher empfiehlt sich eine Einteilung in verschiedene Planungsphasen.

    Analyse-Phase: Bestandteile sind die Analyse und Prognose des Vorhabens und der Umwelt. Es geht also um die umfassende Bestimmung der Situation und um eine möglichst genaue Herausarbeitung positiver und negativer Entwicklungen. Schwerpunkt ist die Analyse der Standortstruktur. Ziel-Phase: Anhand von Oberzielen und der Strukturanalyse werden Standortziele definiert. Strategie-Phase: Zur Realisierung der Ziele wird hierbei die Auswahl des günstigsten Weges erarbeitet. Dazu gehören auch Maßnahmen der Standortstrukturänderung und der Standortpolitik. Ausführungs-Phase: Inhalt ist die konkrete Planung basierend auf den gewählten Strategien.Abb. 1 Grundphasen des Planungsprozesses

1.1 Die Analyse-Phase

In der Analyse-Phase werden möglichst viele für die Planung relevante Informationen systematisch erfaßt und verarbeitet. Dabei werden sogenannte Standortfaktoren bestimmt. So untersucht die Standortfaktorenanalyse relevante Standorteigenschaften für die Zielerreichung. Eine Übereinstimmung der Standortanforderungen mit den Standortbedingungen ist günstig für eine Unternehmung. Ergibt eine Standortuntersuchung, dass ein Standort über mehr Bedingungen verfügt, als ihm durch die Standortanforderungen abgefordert werden, so verfügt dieser über Standortreserven. Naturgemäß sind derartige Standorte allerdings teurer als knapper ausgestattete.

Als wichtige Standortfaktoren gelten:

    Grund und Boden (Lage, Größe, Zuschnitt, Topographie, Grundwasser) Verfügbarkeit des Geländes (Eigentumsverhältnisse, planungsrechtliche Festsetzungen, Bebauungsvorschriften, Nutzungsansprüche konkurrierender Nutzungen) Verkehr und Transport (Anschluß an das lokale Straßennetz und ÖNV, Anschluß an das lokale Schnellverkehrsstraßennetz, Schienennetz, Binnenschiffahrt) Allgemeine Infrastruktur (Wohnraum, Bildungs- und kulturelle Einrichtungen) Arbeitsmarkt (Art, Anzahl, Ausbildungsstand) Beschaffung und Entsorgung (Rohstoffe, Energie, Wasser, Abfallbeseitigung) Absatz (Bevölkerungspotential, Kaufkraft, Konkurrenz) Persönliche Präferenzen (Wohnlage, Erholungsmöglichkeiten)

Die Auswahl, Gewichtung und Bedeutung der Faktoren sind je nach Art des Vorhabens unterschiedlich. Deshalb müssen verschiedene Standortfaktorenprofile aufgestellt werden. Zu beachten ist, dass mit Standortentscheidungen meist eine langfristige Bindung einhergeht. Werden nur aktuelle Standortbedingungen berücksichtigt, führt dies zu einer statischen und vergangenheitsorientierten Analyse. Daher ist es wichtig, dass nicht nur aktuelle Anforderungen und Bedingungen erfaßt werden, sondern auch zukünftige Entwicklungen. Die Gefahr, dass sich Standortfaktoren negativ verändern, nennt man Standortrisiko. Da zukünftige Entwicklungen nie genau vorhergesagt werden können, kann ein optimaler Standort nicht geplant werden.

1.2 Die Ziel-Phase

Die Ziel-Phase orientiert sich an den in der Analyse-Phase untersuchten Situation und an den aufgestellten Oberzielen. Konkrete Ziele sollen festgelegt werden.

Ziel der Standortplanung ist die Optimierung der Standortstruktur. Des weiteren soll das Verhältnis der standortabhängigen Kosten zu den standortabhängigen Erlösen langfristig am günstigsten sein.

Da die Folgen einer Standortplanung meist einen großen Einfluß auf die natürliche Umwelt bedeuten, sind auch Umweltziele zu berücksichtigen. Allerdings sind umweltorientierte Standortentscheidungen der Unternehmen immer noch die Ausnahme. So wird die ökologische Seite der Standortplanung selten von den Unternehmen selber berücksichtigt, sondern von außen, z.B. durch Gesetzgebung, Kommune, Öffentlichkeit etc., bestimmt. Maßgeblich sind auch die Umweltziele der Stadt- und Regionalplanung, die zur Vermeidung oder Verminderung von Umweltbelastungen dienen.

1.3 Die Strategie-Phase

Trotz zahlreicher Restriktionen aufgrund der Umweltbedingungen besteht ein Handlungsspielraum. Die Aufgabe der Strategie-Phase ist es nun, den günstigsten Weg zur Realisierung der gewünschten Ziele zu erarbeiten. Potentielle Handlungsalternativen müssen gefunden werden und miteinander verglichen werden. Mit einem Maßnahmenkatalog als Hilfsmittel wird der Handlungsbedarf, der in der Analyse- und Ziel-Phase festgestellte wurde, konkretisiert.

Leitbilder von Strategien sind:

    Stärken zu erhalten und auszubauen, Schwächen zu mindern oder zu beseitigen, Chancen zu nutzen und Risiken zu vermeiden oder zu begrenzen.

Die Strategieauswahl ist meist ein komplexer Bewertungsprozeß. Als Hilfsmittel dienen Methoden und Modelle, wie z.B. Punktbewertungsverfahren, Portfoliotechniken, Simulationsmodell etc.

Die Wahl von Strategien ist häufig mit der Investition von Kapital verbunden. Daher besteht auch eine enge Beziehung zwischen der Standortplanung und der Investions- und Finanzplanung.

1.4 Die Ausführungs-Phase

Der Inhalt der Ausführungsphase ist die konkrete Planung der zuvor beschlossenen Strategien.

Die Auswahl bei der Standortbestimmung erfolgt häufig in mehreren Stufen. In der ersten Stufe wird der Makrostandort festgelegt, d.h. das Land oder die Region bestimmt. Die zweite Stufe ist die Auswahl des Mikrostandorts. So werden innerhalb des Makrostandortes möglichst viele Standorte gesucht, die den aufgestellten Anforderungen entsprechen. In einer Feinauswahl werden diese z.B. mit einem Punktbewertungsverfahren verglichen. Zudem wird die in der Strategie-Phase durchgeführte Investitionsrechnung anhand der einzelnen Grundstücksalternativen überarbeitet. Die Ausführungs-Phase endet mit der Standortempfehlung. Konkrete zeitliche und inhaltliche Vorgaben für die Umsetzung sollten dabei eingearbeitet sein.

2 Beispielhafte Kriterien bei Freizeitgroßprojekten

2.1 Vorbemerkung

Die planerische Bewertung von Freizeitgroßprojekten wirft auf der methodischen Ebene Probleme auf. Im Gegensatz zu großflächigen Einzelhandelsprojekten gibt es bei Freizeit-Großeinrichtungen keine anerkannten Beurteilungsroutinen oder Richt- und Erfahrungswerte. Zudem war von den Betreibern kaum Auskunft zu bekommen, da insbesondere amerikanische Tochterunternehmen generell an Außenstehende keine Informationen weitergeben.

2.2 Arenen

Standortorientierung

Die Wahl des Makrostandortes fällt vorwiegend auf bevölkerungsmäßig hoch verdichtete Regionen (z.B. Rhein-Ruhr-Agglomeration) oder Großstädte, die ein ausreichendes Nachfragepotential vorweisen. Ein Problem ist, dass in den Ballungszentren und Großstädten Flächenknappheit herrscht. So befinden sich Arenen häufig in Cityerweiterungsgebieten oder am Stadtrand in Angliederung an bestehenden Einrichtungen wie z.B. Sportzentren (Gelsenkirchen) oder Messegeländen (Düsseldorf). Ziel ist es, Agglomerationsvorteile zu nutzen, sowie die

    Nutzung vorhandener Verkehrsinfrastruktureinrichtungen (Erschließung, Parkplätze, ÖPNV-Anschluß etc.), die Nutzung der Gesamtattraktivität des Standortes sowie die Verfügbarkeit zusätzlicher Flächenpotentiale.

Agglomerationstendenzen

Messen, Freizeitzentren und Veranstaltungshalllen zeigen Agglomerationtendenzen. Die dabei entstehenden Komplementärnutzungen sind sehr erwünscht, denn diese steigern die Gesamtattraktivität eines Standortbereichs, was zu einem noch größeren Einzugsbereich führt (kollektiver Einzugsbereich).

Kriterien der Standortplanung

    Standortalternativen: Alternativstandorte seitens des Investors Alternative Flächenangebote durch den Planungsträger Nutzung von Brachflächen möglich?
    Standortuntersuchungen: Wirtschaftlichkeit / Plausibilität des Veranstaltung- und Betriebskonzeptes Ökologie Verkehr Städtebauliche / Funktionale Verträglichkeit
    Übergeordnete Ziele der Landesentwicklung und Raumordnung Übereinstimmung mit Landesentwicklungsprogramm und Regionalplan? Gebietsentwicklungspläne
    Auswirkungen auf die Freizeit- und Sportstätten in den angrenzenden Kommunen/ Kreisen Interkommunale bzw. interregionale Abstimmung
    Einbindung in die stadtentwicklungpolitischen Leitvorgaben möglich? Flächennutzungsplanung Freizeit- und Sportstättenplanung Kulturstättenplanung
    Läßt sich das Vorhaben in die Umgebung integrieren? Auswirkungen auf das städtebauliche Erscheinungsbild Nachbarnutzungen Architektonische Gestaltung der Gebäude (städtebauliche Integration) Funktionale Integration
    Flächenbedarf Gebäudeflächen Freiflächen Stellplatzflächen evtl. vorbehaltene Ergänzungsflächen
    Verkehrsinfrastruktureller Anschluß und Ver- und Entsorgung Bestehende Straßen für Fußgänger, Radler und MIV Bestehende ÖV-Anbindung, sowohl lokal, regional als auch überregional Maßnahmen zu umweltfreundlicheren Gestaltung des Modal-Split wie z.B. Kombiticket etc. Bestehende Ver- und Entsorgungsleitungen Erforderliche Neubaumaßnahmen im Verkehrs- und Ver- und Entsorgungsbereich

2.3 Freizeitparks

Standortorientierung

Die Standorte von Freizeitparks befinden sich vorrangig in den Außenbereichen von Gemeinden. Großräumig liegen sich im Einzugsbereich größerer Bevölkerungsagglomerationen.

Kriterien für die Standortwahl

    Große und zusammenhängende Flächen mit ausreichenden Flächenreserven Möglichst niedrige Bodenpreise Leistungsfähige Verkehrsanbindung; möglichst Autobahnanschluß Hohes Bevölkerungs- und damit Nachfragepotential im näheren Einzugsbereich Ausreichende und schnelle Verfügbarkeit von Saison- und Teilzeitarbeitskräften Freizeitwert des Standortumfeldes (Mikrostandort)

Einzugsbereich

Es wird davon ausgegangen, dass die Besucher eines Freizeitparks für den Anfahrtsweg anderthalb bis zwei Stunden in Kauf nehmen. Befragungen haben gezeigt, dass etwa die Hälfte der Ausflügler mehr als 150 km zu einem Freizeitpark fahren würden.

2.4 Ferienzentren, Center-Parks

Standortorientierung

Eine landschaftlich reizvolle Umgebung gehört zu dem Grundkonzept von Ferienzentren. Daher werden landschaftlich attraktive Regionen als Standort bevorzugt. Dazu sollen sich die Standorte im weiteren Einzugsbereich von Ballungsregionen (Anfahrtswege bis zu 3 Stunden) befinden. So ist eine bereits erschlossene Fremdenverkehrsregion (z.B. Hunsrück, Eifel, Lüneburger Heide) prädestiniert für Ferienzentren mit einem halboffenen Konzept (peripherer Standort). Anlagen mit einem geschlossen Konzept (z.B. CenterParcs) sind, aufgrund ihrer partiellen Autarkie, weniger an infrastrukturelle Voraussetzungen gebunden (isolierter Standort).

Ziel von Ferienzentren ist es, trotz großer Eingriffe in die Natur und Landschaft, den Eindruck von Naturnähe zu erwecken. Das Unternehmen CenterParcs bevorzugt daher besonders Kiefernwälder als Standorte. Denn dort können relativ schonend und einfach Bungalows errichtet, sowie zusätzliche künstliche Gewässer angelegt werden. Das Parkgelände ist somit attraktiv zum Spazierengehen und Radfahren, zumal Autos nur für die An- und Abreise zugelassen sind. In der Werbung wird dies als "unberührte Natur" angepriesen.

Die Makrostandortwahl fiel für CenterParcs bisher für Gebiete im Binnenland ohne entwickelten Fremdenverkehr aus. Bei neueren Projekten, wie z.B. Gran Dorado und Sun Parks, liegen die Standorte entweder an der Küste oder in touristisch entwickelten und attraktiven Gebieten, wie z.B. Lüneburger Heide oder Eifel. Die Attraktivität der Umgebung als Ausflugsziel und als Aktivitätsbereich gilt als zunehmend bedeutsamerer Standortfaktor.

2.5 Multiplex-Kinos

Standortorientierung

Die Standortwahl für Multiplex-Kinos orientiert sich an Siedlungsschwerpunkten von Agglomerationen sowie an Städten mit oberzentraler Funktion. Bei der Wahl des Mikrostandortes gibt es unterschiedliche Strategien. So bevorzugen die Tochterunternehmen amerikanischer Betreiber, wie z.B. UCI und Warner Bros., periphere Standorte mit Angliederung an bereits bestehende Einkaufs- oder Freizeitzentren (Bochum, Gelsenkirchen, Leipzig). Deutsche Kinobetreiber, wie z.B. der Flebbe-Filmtheaterbetrieb (Cinemaxx), Neue Constantin, Thomas-Filmtheater und die Ufa AG, wählen dagegen eher innerstädtische Standorte (Hannover, Essen, Kiel, Köln). Typisch ist die Nutzung von Synergieeffekten, wie z.B. hohes Besucheraufkommen, Bekanntheit des Standortes etc.

Tab. 1 Größe und Standort von Multiplex-Kinos

Multiplex BetreiberLein-wände Sitze StandortAus-weisung Eröffnung
1UCI Hürth Park UCI14 2.891Stadtrand (EKZ)SO 10/90
2Cinemaxx Hannover Flebbe10 3.281Innenstadt3/91
3Warner Cinema Gelsenkirchen Warner Bros.9 2.6553/91
4Ruhr-Park Bochum UCI18 4.168Stadtrand (EKZ)SO 3/91
5Cinemaxx Essen Flebbe16 5.322InnenstadtMK 12/91
6Cinedom Köln Neue Constantin13 3.183Innenstadt12/91
7UFA-Palast Dresden UFA8 2.000Innenstadt8/92
8Saale-Park Leipzig, Günthersdorf UCI10 2.272Grüne Wiese (EKZ)GE 9/92
9Maxx München Flebbe7 1.500Innenstadt9/93
10Warner Cinema Mühlheim Warner Bros.8 1.725Innenstadt10/93
11HamburgOlympic FTB Heinz Riech OHG 61.800Innenstadt 11/93
12Stadthallen Filmpalast Lübeck Kieft & Kieft71.800 Innenstadt12/93
13UFA-Palast KölnOlympic FTB Heinz Riech OHG 132.600Innenstadt 12/93
14Kinopolis Frankfurt/Sulzbach Theile Gruppe12 3.800Grüne Wiese (EKZ)10/94
15Extra Kinocenter KoblenzExtra Cinema GmbH9 2.100Gewerbege-biet10/94
16Cinemaxx KielFlebbe 103.090Innenstadt MK3/95
17UFA-Palast ErfurtUFA 92.000Innenstadt 4/95
18Omniplex AalenOmniplex Filmtheater 71.562Stadtrand 7/95
19Cinecitta NürnbergWolfram Weber12 2.987InnenstadtMK 10/95
20Cinemaxx HalleFlebbe 102.450Innenstadt 10/95
21Cinestar RostockKieft & Kieft 72.196EKZ 1/96
22UFA-Filmpassage Osnabrück Rosenhof und Universum 91.850Innenstadt 4/96
23Cinema Ober-hausen im CentrO Warner Bros.9 2.500StadtrandMI 9/96
24Cinemaxx MagdeburgFlebbe 2.800 Innenstadt10/96
25Cineplaza BayreuthThomas-Filmtheater 81.200Innenstadt 2/97

Einzugsbereich

Der mittlere Einzugsbereich wird bei Großkinos auf ca. 25-30 km geschätzt. Bei peripher gelegenen Multiplex-Kinos liegt die Maximalentfernung bei rd. 60 km. Die Besucher von innenstadtorientierten Großkinos legen im Mittel rd. 18 km zurück.

3 Kriterien aus der Sicht der Raumordnung

Die Kommunen können mit verschiedenen Instrumenten die Standortplanung von großflächigen Freizeiteinrichtungen beeinflussen. Die Instrumente befinden sich hauptsächlich im Baugesetzbuch (BauGB) und in der Baunutzungsverordnung (BauNVO). Des weiteren müssen bei der Ansiedlung von Freizeitgroßprojekten die Richtlinien der Landes- und Regionalplanung berücksichtigt werden. Weiterhin hat die Ministerkonferenz für Raumordnung Grundsätze zur Bestimmung von Standorten für großflächige Freizeiteinrichtungen verabschiedet:

Orientierungsrahmen für die Eignung von Standorten für Freizeitgroßprojekte beschlossen von der Ministerkonferenz für Raumordnung am 14.02.1992

1. In der Regel nicht in Betracht kommende Gebiete:

    Naturschutzgebiete und vergleichbare Teilgebiete von Nationalparken und von Naturparken. Vorranggebiete, z.B. für Natur und Landschaft, Trinkwasserschutz und für oberflächennahe Rohstoffe. Wald. Gebiete mit einem hohen Anteil an ökologisch und landschaftlich wertvollen oder gering belastbaren Flächen. Gebiete mit besondere Bedeutung für das ruhige Landschaftserleben sowie die landschaftsorientierte und siedlungsnahe Erholung, kulturhistorisch, geologisch und geomorphologisch besonders bedeutsame Gebiete.

2. In Ausnahmefällen in Betracht kommende Gebiete:

    Landschaftsschutzgebiete und vergleichbare Teilgebiete von Naturparken, wenn der Schutzzweck nicht in Frage gestellt wird und die landschaftlichen Gegebenheiten eine besondere Berücksichtigung finden, Gebiete mit ökologisch und landschaftlich wertvollen oder gering belastbaren Flächen, wenn diese in das Projekt integriert werden können, ohne dass eine Beeinträchtigung zu befürchten ist, struktur- und artenreiche Landschaften, wenn die landschaftstypischen Strukturen und das Artenpotential erhalten und gesichert werden können, Gebiete mit erheblichem Fremdenverkehr und Vorranggebiete für Erholung, wenn die allgemeine Zugänglichkeit gewährleistet bleibt.

3. Grundsätzlich in Betracht kommende Gebiete:

    nicht überlastete Naherholungs-/ Fremdenverkehrsgebiete, ehemals militärisch genutzte Flächen, aufgelassene Industrie- und Gewerbeflächen, Flächen, die zuvor dem großflächigen Abbau von oberflächennahen Rohstoffen dienten, landwirtschaftliche Flächen mit geringer wirtschaftlicher und lanschaftspflegerischer Wertigkeit sowie ökologisch verarmte Kulturlandschaften

4. Kleinräumige Standortkriterien

Freizeiteinrichtungen sollen nach Möglichkeit in bestehende Siedlungsbereiche integriert oder zumindest in Anlehnung an diese errichtet werden. Im Außenbereich ist der Umnutzung bereits vorhandener baulicher Einrichtungen gegenüber der Errichtung neuer baulicher Anlagen Vorzug zu geben.

Freizeiteinrichtungen mit hohem Besucherverkehr sollen an öffentliche Verkehrsmittel angeschlossen sein und/oder eine direkte Anbindung an bestehende, leistungsfähige Bundesfernstraßen haben.

(Quelle: Ministerkonferenz für Raumordnung (1992), Entschließung "Großflächige Freizeiteinrichtungen in der Raumordnung und Landesplanung" vom 14. Februar 1992.)

Bei neueren Überlegungen zur Standortwahl überwiegen die sozioökonomischen Aspekte. Empfehlungen zum Makro- und Mikrostandort sind:

zum Makrostandort

    Der Makrostandort soll in strukturschwachen Gebieten liegen, die für den Fremdenverkehr geeignet sind. Die Konkurrenzsituation mit gleichartigen Freizeitgroßeinrichtungen sollte beachtet werden.

zum Mikrostandort

    Eine Anlehnung an vorhandene Ortslagen ist unter sozioökonomischen Gesichtspunkten nicht zwingend. Je größer die Anlage, umso eher sollte ein isolierter Standort gewählt werden. Der Vorrang des allgemeinen Erholungsanspruchs sollte bei der Standortwahl berücksichtigt werden.

4 Positive und negative Auswirkungen der Standortentscheidung

Großprojekte sind sehr umstritten, sie tangieren viele Lebensbereiche und beeinflussen nachhaltig die Umwelt. Je nach Betrachtungsweise ergeben sich Vor- und Nachteile aus der Standortentscheidung.

Positive Auswirkungen

    Für die Stadt oder Gemeinde kann sich ein Freizeitgroßprojekt positiv auf die Wirtschaftstruktur auswirken und das Image fördern. Beispielsweise gewinnt der tertiäre Sektor an Bedeutung. Zudem geben die Gäste und Besucher im Ort Geld aus, auch wenn sie nur kurze Zeit im Ort selbst verweilen (Tankstellen, Gastronomie, Souvenirläden etc.). Schließlich profitiert der kommunale Haushalt von zusätzlichen Steuereinnahmen (Gewerbesteuer und Vergnügungssteuer). Brachliegende Industrie- oder Gewerbeflächen lassen sich eventuell wieder nutzen. Initialwirkungen für weitere Investitionen sind möglich. Ausbau des örtlichen Tourismussektors: besonders wetterunabhängig nutzbare Anlagen können die Saison verlängern und verbessern somit das touristische Angebot, denn auch "ferienparkexterne" Gäste und Tagesbesucher profitieren davon. Eine besonders attraktive Freizeitinfrastruktur kann zum Standortfaktor für die Ansiedlung anderer Wirtschaftsunternehmen werden. Arbeitsplatzbeschaffung durch Ausbau des Dienstleistungssektors. Vor allem begehrte Teilzeitarbeitsplätze können geschaffen werden..

Negative Auswirkungen

    Flächenverbrauch: Freizeitgroßprojekte sind großzügig dimensionert und haben zusammen mit den Parkplätzen einen enormen Flächenverbrauch. Suburbanisierung: Die jahrzehntelang durchgeführte funktionale Trennung hat sich negativ auf die Städte ausgewirkt. So lassen sich auch die aktuellen Standorte von Freizeitgroßanlagen nicht städtebaulich integrieren. Als Folge steigt der motorisierte Individialverkehr weiter an, da meist eine Anbindung an das ÖPNV-Netz fehlt. Auch wenn es eine ÖPNV-Anbindung gibt, wird sie selten angenommen angesichts riesigen kostenlosen Parkmöglichkeiten. Nachhaltig umweltbewußtes Verkehrswahlverhalten wird also verhindert. Schwächung gewachsener Stadtteilzentren: Dezentrale Freizeitgroßanlagen sind eine starke Konkurrenz für natürlich gewachsene Standorte und führen zu deren Funktionsentleerung. Zusätzlich wird aufgrund nicht angepaßter Architektur das Stadt- oder Landschaftsbild verfremdet. Zusätzlicher Freizeit-auto-verkehr ensteht aufgrund ausgedehnter Einzugsbereiche und Pkw-Orientierung. Umweltbelastungen durch hohen Flächenverbrauch und -versiegelung, Erzeugung zusätzlichen Freizeitverkehrs, Energieverbrauch, Entsorgung etc. Abhängigkeitsverhältnis der Stadt/Gemeinde zu internationalen Großbetrieben. Zukunftsunsicherheit, da für unrentable Anlagen kaum Nachfolgenutzungen möglich sind.

5 Entwicklungslinien und Trends

Die Bedeutung des Freizeitsektors hat in den letzten drei Jahrzehnten stark zugenommen und die Umsätze der Freizeitindustrie steigen. Wachstums- und Erfolgsfaktoren lassen eine Fortsetzung der expansiven Entwicklung von Freizeitgroßprojekten erwarten, jedoch wird sich voraussichtlich Ende des Jahrzehnts bzw. Jahrtausends die Wachstumsphase verlangsamen.

In den letzten Jahren haben besonders Freizeitparks in den Erhalt und die Modernisierung investiert, um verstärkt Wiederholungsbesucher anzuziehen. Ebenso wird versucht, eine Nach- oder Zwischensaison zu etablieren. Zudem zeichnet es sich ab, dass sich die Einzugsbereiche von Großprojekten weiter vergrößern. Die Betreiber versuchen z.B. durch Gruppenreisenangebote oder die Bereitstellung von Übernachtungsmöglichkeiten auch den Ferneinzugsbereich zu erschließen.

Betrachtet man die Entwicklungen von multifunktionalen Großveranstaltungshallen im Ausland, so ist auch in Deutschland eine Zunahme der Ansiedlung zu erwarten. Bei der Planung von Arenen ist zu beobachten, dass versucht wird, die hohen Kapital- und Betriebskosten durch das Angliedern von hochrentablen Komplementärnutzungen (z.B. Freizeit-, Sport-, Wohn-, Gewerbe- und Dienstleistungsnutzungen) zu decken. Eine Entwicklung vom Standort der einzelnen Arena zu komplexen multifunktionalen Arealen ist absehbar.

Bei Multiplex-Kinos wird sich eine weitere Marktdurchsetzung bemerkbar machen. Die Constantin-Warner-Cinemas GmbH plant für die nächsten fünf Jahre etwa 15 weitere Großkinos. Die Marktsättigung wird auf 50 Multiplex-Kinos in Deutschland geschätzt. United Cinemas International (UCI) hält für die nächsten fünf Jahre knapp 15 weitere Multipexe für tragfähig.


Literaturverzeichnis

Deutsche Gesellschaft für Freizeit (1993), Freizeit ´93. Aktuelle Fakten und Trends. Erkrath 1993.

Hatzfeld, U./ S. Kruse (1994), Kommerzielle Freizeitgroßeinrichtungen. Ministerium für Stadtentwicklung und Verkehr des Landes NRW (Hrsg.). Düsseldorf.

Hatzfeld, U./ B. Temmen (1994a), Raumplanung in "fun-tastischen" Zeiten. In: Der Städtetag 2/1994, S. 80ff.

Hatzfeld, U./ B. Temmen (1994b), Die "Auto"matisierte Freizeit. Kommerzielle Freizeitgroßeinrichtugen als Verkehrsproblem. In: Informationen zu Raumentwicklung, Heft. 5/6, S. 363-376.

Hauptverband Deutscher Filmtheater e.V. (1995), Geschäftsbericht 1995. Wiesbaden.

Institut für Landes- und Stadtentwicklungsforschung des Lades Nordrhein-Westfalen (ILS) (Hrsg.) (1994), Kommerzielle Freizeitgroßeinrichtungen, Düsseldorf. =Bausteine für die Planungspraxis in NRW 17.

Mielke, B./ H. Sander/ H. Koch (1993), Großflächige Freizeitzentren. In: ILS (Hrsg) (1993), Großflächige Freizeiteinrichtungen im Freiraum - Freizietparks und Ferienzentren. Duisburg, S. 9-72.

Ministerkonferenz für Raumordnung (1992), Entschließung "Großflächige Freizeiteinrichtungen in der Raumordnung und Landesplanung" vom 14. Februar 1992.

Schill, Carl Otto (1990), Industrielle Standortplanung. Frankfurt, Bern, New York, Paris: Peter Lang Verlag

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