Wattenmeer als Lebensraum

Damit Flora und Fauna im Watt einen Lebensraum finden konnten, mussten sie sich einem extremen Bedingungsgefüge anpassen. Es ist nicht, dass in diesem ein Gezeitenwechsel vorliegt, bei dem ein Tiedenhub von ca. 1,7 bis 3,4 Metern als normal zu bezeichnen ist, sondern auch der relativ niedrige (für Salzgewässer) Salzgehalt, die den Unterschied zu sämtlichen Festland Biotopen bilden. Im Gegensatz zu Süßwasser Gewässern ist hier ein Salzgehalt im Schnitt von 3,5% vorhanden, wobei dieser durch die Süßwasserzuleitungen aus Flüssen ein wenig gesenkt werden kann (auf 2,5 bis 3,0%). Bei diesen Salzen liegt der größte Anteil bei den Natrium- und den Chlorid-Ionen. Bei starker Sonneneinstrahlung kann es vorkommen, dass in kleinen Gewässern oder Pfützen der Salzgehalt bei Ebbe auf über 20% ansteigt oder nach starken Regenfällen sich um ein vielfaches verdünnt.

Zu den Schwankungen beim Salzgehalt kommen auch Temperaturunterschiede zustande die zwischen 35°C und 40°C liegen. Während der heißen Sommermonate mit ihrer hohen Sonneneinstahlung kann sich das Watt bei Ebbe auf bis zu 35°C aufwärmen und im Winter auf -5°C absinken. Auch beim täglichen Überspülen bei Flut kommt es zu Temperaturdiskrepanzen, da der heiße Wattboden mit dem deutlich kühleren Wasser (ca. 15°C) in Berührung kommt.

Ein weiterer Faktor der für das Leben im Watt von prägendem Charakter ist, ist der Sauerstoffgehalt. Schon in geringen Schichten des Sediments kommt es nur noch zu einem geringen Gas- und Wasseraustauschquotienten. Hier finden unter nahezu anaeroben Bedingungen Fäulnisprozesse statt, die den Boden dann mit Schwefelwasserstoff (H2S) durchsetzen. Durch dieses hoch giftige Gas sind die Bewohner des Bodens gezwungen sich mittels eines sog. Siphos mit frischem Wasser und somit mit Sauerstoff vom freien Wasserkörper über sich zu besorgen. Die typische graubraune Färbung der oberen Bodenschichten wird durch das vorkommende Fe(OH)3 hervorgerufen. In tieferen Schichten kommt es zu einer Reduktion der Eisen(III)-Ionen, die zu Eisen(II)-Ionen werden, und mit dem aus den Fäulnisprozessen stammenden H2S zu Eisensulfit reagieren. Dieses Eisensulfit gibt dem Boden seine typische schwarze Färbung. Zu den lebensfeindlichen Bedingungen, die auf Grund des Sauerstoffmangels herrschen, kommt noch, dass das Wasser wegen seines hohen Anteils an Schwebstoffen sehr trübe ist. Durch diese Trübheit kommt es zu einem frühen Abfangen der Sonnenstrahlen, so dass eine Primärproduktion nur in den obersten Zentimetern stattfinden kann und auch einzellige Algen und Cyanobakterien im Boden nur in den obersten Millimetern Stoffe aufbauen können.

Auch für die Gebete, die sich eigentlich außerhalb des Meeres befinden ist der Salzgehalt von großer Wichtigkeit, da sich diese je nach Lage 50 - 200 mal pro Jahr in einem Zustand der Überflutung befinden. Die Salzwiesen des Sublitorals werden nur bei Spring- und Sturmfluten mit Wasser überdeckt und haben verfügen dadurch über eine hohe Salz und Nährstoffzufuhr. Gleichzeitig sorgen sie durch ihre Wurzeln und ihre Körper, dass mitgeschwemmtes Sediment nicht sofort wieder zurück ins Meer gelangt und sich dort anhäufen kann. Durch diese Sedimentanschwemmung wird die Bodenart und die Bodenfeuchtigkeit des Gebietes stark beeinflußt.

Im Eulitoral kommen heute kaum noch irgend welche Blütenpflanzen vor, nachdem in den 30er Jahren nahezu der ganze Bestand an echtem Seegras (Zostera marina) durch eine Pilzkrankheit ausgerottet wurde. Durch diesen Verlust bedingt kam es dann auch zu einer Rückentwicklung der Ringelgänsepopulation.

Weiterhin beherbergt das Watt bis zu 20 Grünalgenarten und über 400 Arten von Kieselalgen, Dinoflagellaten, Flagellaten und Blaualgen. Bei den Grünalgen sind besonders häufig vorkommende Arten der Meersalat, Darmtang und die Meersaite. Sie siedeln auf normalem Wattboden, wohin gegen die Blaualgen ein hartes Substrat zum Anheften benötigen, wie z.B. Steine, Muschelschalen oder Buhnen. Der gemeine Blasentang ist häufig an Muschelschalen zu finden und kann sich, auch wenn er einmal fort gespült werden sollte, auch weiterhin ernähren, da er seine Nahrung über den ganzen Körper aufnimmt.

Einige Planktonarten der Nordsee kommen nicht im Wattenmeer vor, da es dieses einen niedrigeren Salzgehalt als die restliche, offene Nordsee besitzt. Hier sind besonders Kalkflagellaten, Dinoflagellaten und Brackwasserphytoplankton zu nennen. Letzterer kommt zwar in den Mündungen der großen zuleitenden Flüsse noch vor, stirbt aber im offenen Salzwasser des Wattenmeeres ab.

Es sind zwei Phytoplanktonblüten im Jahr zu verzeichnen. Die eine Zeit ist der Raum im März/April, wo bereits ein hohes Nahrungsangebot vorliegt und durch die Sonneneinstrahlung günstige Wachstumsfaktoren vorliegen. Nach dem Verbrauch der Nährstoffe, besonders der Kieselsäure, kommt es zu einer Populationsstaknation und einem vermehrten Wachstum des Zooplanktons, das das Phytoplankton dezimiert. Nachdem diese Primärkonsumenten von räuberischen Sekundärkonsumenten ebenfalls dezimiert wurden, kommt es im Juli bis September zu einem erneuten starken Wachstumsschub, da durch die starke Sonneneinwirkung und in der Zwischenzeit neu heran transportierte Nährstoffe gute Umstände vorliegen.

Den größten Anteil an assimilierender Tätigkeit vollzieht das Mikrophytobenthos, einzellige am Boden lebende Algen. Sie assimlieren während der Ebbe. Sie liegen in einer sehr hohen Populationsdichte vor (über 2 Millionen pro cm2). Jedes Substrat verfügt über seine eigenen spezifischen Diatomeenarten, diese sind auch an der braunen Farbe des Wattbodens verantwortlich.

Da das Licht nur bis in Tiefen von ca. drei bis vier Millimeter in das Substrat eindringt, kann auch hier nur Assimilation stattfinden. Es können jedoch auch Algen in einer Tiefe von bis zu zehn Zentimetern gefunden werden, die sich dann heterotroph ernähren. Gelangen diese jedoch an die Oberfläche können sie bei Lichteinfall gleich wieder mit der Assimilation beginnen. Diatomeen der obersten Schicht wandern bei Niedrigwasser an die Oberfläche und bei Hochwasser in die tieferen Schichten des Wattenmeeres. Bei dieser Vertikalwanderung sondern sie einen Schleim ab, auf dem sie wandern können und der die Sedimentteilchen zusammen klebt und fest wird.

Das eigentliche Watt

Das eigentliche Watt ist nicht so einheitlich wie es einem erscheint. Es ist eine Einteilung in fünf Kategorien möglich:

- Schlickwatt (mittlere Hochwasserlinie)

- Sandwatt (gröbere Zusammensetzung; mittlere Niedrigwasserlinie)

- Mischwatt (Bereich zw. Schlick- und Sandwatt)

- Seegraswiesen (zw. Schlick- und Mischwatt)

- Muschelbänke (im Sandwattbereich)

Jeder Wattyp beherbergt seine eigene Artenzusammenstellung, wobei dieses nicht auf das Vorkommen von eigenen Arten, sondern sich eher auf die Population dieser in dem genannten Bereich bezieht. Demnach gibt es kaum Spezialisten für bestimmte Wattypen, die dann nur in diesem Bereich vorkommen. Bei Wattwürmern kann eine solche Populationsschwankung zwischen 3 und 300 Tieren pro m2und bei Ringelwattwürmern zwischen 3 und 30.000 Tieren liegen.

Symbionten gibt es im Watt ca. 270 verschiedene Arten, wobei der größte Teil endobiontidch im Boden lebt. Dieses bringt folgende Vorteile mit sich: Schutz vor Feinden, Austrockung, Salzgehalts- und Temperaturschwankungen und Verdriftung. Ein Problem stellt in diesem Fall jedoch die Versorgung mit Sauerstoff dar.

Bei Epibionten wird der Gefahr der Verdriftung durch einbinden an ein Substrat verhindert, in das sie sich in derTrockenzeit zurückziehen.

Einen weiteren besonderen Lebensraum stellen die Priele dar. An ihren Kanten befinden sich häufig Muschelbänke, wobei die weitere Besiedelung durch das Sediment größten Teils vorbestimmt ist. In den von Wasser durchzogenen Rinnen befinden sich dann die Anteile der Fauna, die keine Trockenlegung mehr verträgt.

by School2000.de

1115 Worte in "deutsch"  als "hilfreich"  bewertet