Klassizismus in Europa

Gliederung:

1. Einführung

2. Architektur

3. Malerei

4. Plastik

5. Kunsthandwerk

1. Einführung

- allg. Bezeichnung all jener Kunstströme, die sich bewusst auf antike Vorbilder bezogen

- im 16. Jhd. architektonische Richtungen in Frankreich ("Classicisme"), England und den Niederlanden ("Palladianismus") sind als klassizistisch zu bezeichnen

- Neoklassizismus und Historismus Ende des 19. Jhd. haben klassizistische Tendenzen

- ebenso die ironisch zitierende Architektur der Postmoderne

- Klassizismus ist eine in Europa und Nordamerika vorherrschende Stilepoche zwischen 1750 und 1830

- Zu ihr gehören der Biedermeier, Directoire, Empire und Louis-seize-Stil

- Ziel war es, die intime Verspieltheit des Rokoko und die Überladenheit des Spätbarock zu überwinden, zugunsten einer klassischen Formstrenge

- Wollten einen Ausgleich zu der Unkontrolliertheit der Gefühlsseligkeit der Romantik

- Der Klassizismus stellt sich gleichermaßen gegen das heroische Pathos des "Sturm und Drang" wie gegen die sinnentleerten Formen des Rokoko

- Mit mehr als nur der Wiederbelebung der Antike steht dieser Klassizismus u.a. mit den Ereignissen der frz. Revolution und Nordamerika in Zusammenhang

- Hatte somit auch ideologische Funktion

- Sah das demokratische Ideal der griech. Antike, welches in der antiken Kunst aufgegriffen wurde, reflektiert

- Auch absolutistische Fürsten fanden in der Architektur des Klassizismus repräsentative Monumentalität vor

2. Architektur

- Wichtigste Leistung des Klassizismus

- Lässt im Grundriss nur noch die Gerade, den rechten Winkel und bei Zentralbauten die Kreislinie gelten

- Diese linear-geometrische Ordnung führt im Aufriss zu glatten Flächen

- Typisch ist eine auf Symmetrie angelegte Konzeption mit durch Säulenformen geprägten Vorderfronten

- Sog. Kolossalordnungen

- In der Frühphase des Klassizismus schuf Jacques-Ange Gabriel zwischen 1769 und 1773 das "Petit Trianon" in Versailles

- Pariser Panthéon ist herausragendes Beispiel für frühklassizistischen Kirchenbau

- Ist erster großer Bau des Klassizismus

- Von Jacques-Germain Soufflot entworfen

- Dieser hatte 5 Jahre vorher die griech. Tempel von Paestum vermessen und studiert

- Schlägt sich in diesem Bau unmittelbar nieder

- Die tempelartig gestaffelte Säulenvorhalle gibt dem Zentralbau eine weihevolle Würde

- Die glatten Wandflächen erhalten durch die verlängerten Kreuzarme und die konsequente geometrische Gliederung eine feste Formbegrenzung

- Ganz im Gegensatz zu den dynamischen Wandformen des Barock

- Die 117m hohe, von einer Laterne getragene Kuppel wird von einem geschlossen wirkenden Säulenkranz getragen

- Ist in seiner konstruktiven Festigkeit maßgeblich für den statischen Charakter des Bauwerkes verantwortlich

- Frankreich folgte den römische Vorbildern, wie es die korinthische Kapitelle der Panthéon-Säulen zeigen

- England, Deutschland und Skandinavien neigen eher zur griech. Antike

- Zeitgleich mit Gabriel setzt sich in England der klassizistische Baustil durch die Landhausarchitektur von William Chambers und Robert Adams durch

- Mit seiner reichhaltige Ornamentik blieb der sog. Adam Style weiterhin des Rokoko verhaftet

- Adam baute u.a. das "Osterley Park House"

- Beispiele für den Frühklassizismus in Deutschland sind das von Friedrich Wilhelm Freiherr von Erdmannsdorff 1769 - 1773 geschaffenen Schloss Wörlitz in der Nähe von Dessau

- Friedrich Gillys Entwurf 1796 für ein Denkmal "Karl des Großen"

- Das "Brandenburger Tor" in Berlin, das von 1788 bis 1791 Carl Gotthard Langhans erbaut wurde

- Als städtebauliches Gesamtkonzept ragt Simon Louis Du Rys neues Kassel mit dem Museum Fridericianum (1769 - 1776) heraus

- In Frankreich entwarf Claude Nicholas Ledoux im Jahre 1771 den Pavillion der Comtesse du Barry in Louveciennes

- Außerdem zwischen 1785 und 1789 eine Reihe von Pariser Stadttoren

- Typisch für die frz. Revolutionsarchitektur Ende des 18. Jhd. ist die an seiner stereometrischen Formensprache ausgerichteten Plan der idealen Salinenstadt Chaux

- Dies leitet die 2. Phase des Klassizismus ein

- Orientierte sich nach 1800 noch stärker an der Antike

- Städtebauliche Objekte traten weiter in den Vordergrund

- Nach der Kaiserkrönung Napoleons 1804 arbeiteten Charles Percier und Pierre François Fontaine an der Umgestaltung Paris zur Hauptstadt Europas

- Imitierten nicht nur in ihren Schloss - und Palastanlagen die Opulenz der Architektur der römischen Kaiserzeit

- Im so genannten "Empirestil" ist der "Arc de Triomphe",welcher von Jean-François-Therèse Chalgrin nach griechischem Muster konzipiert 1806 begonnen wurde

- Ebenso die "Champs-Elysées",entworfen von Fontaine 1806

- Auch in anderen europäischen Metropolen wurde das Stadtbild im Sinne des Klassizismus verändert

- In München von Leo von Klenze, in Karlsruhe durch Johann Jakob Friedrich Weinbrenner oder St. Petersburg durch Andrejan Dmitrijewitsch Sacharow

- Einer der bedeutesten deutschen Architekten dieser Zeit ist Karl Friedrich Schinkel

- Baute die Nikolaikirche in Potsdam

- In England führte John Nash den Klassizismus in die Städteplanung ein

- "Regency Style" ist deutlich griechisch inspiriert

- z.B. die Fassadengestaltung in der Londoner Regency Street, die 1812 begonnen wurde

- ebenso sein "Royal Pavillion" in Brighton (1815 - 1823)

- Robert Smirke erbaute zwischen 1823 und 1847 das "British Museum"

- Ist ein weiteres bedeutendes Beispiel klassizistischer Baukunst in England

- In den USA ist der klassizistische "Federal Style" zwischen 1780 und 1820 vorherrschend

- An Robert Adams orientiert entwarf etwa Charles Bulfinch sein "Massachusetts State House" in Boston

- Vollendet 1798

- "Maison - Carrée", welches ein römischer Tempel aus dem 1. Jhd. im frz. Nimes war, war Vorbild für das "Thomas Jefferson State Capitol Building" in Richmond/ Virginia

- 1785 - 1789

- Neben Jefferson ist Pierre Charles L'Enfant für die städtebaulichen Erweiterungen von Washington D.C. im Sinne des Klassizismus verantwortlich

- In den 20er des 19. Jhd. integrierte der klassizistische Baustil verstärkt Elemente der italienischen Renaissancearchitektur

- Grenzen zwischen Spätklassizismus, Neorenaissance und Historismus verwischten zunehmend

- Durch Einsatz neuer Baumaterialien begann eine Phase neuer architektonischer Vielfalt, die bisher unbekannt war

- Zeit nach 1820 wurde stark durch Architekten wie Gottfried Semper (Dresden), Friedrich von Gärtner (München), Georg Ludwig Friedrich Laves (Hannover), Kaspar Frederik Harsdorff (Kopenhagen) und Charles Robert Cockerell (England) dominiert

3. Malerei

- Ein Zentrum der klassizistischen Malerei war Rom

- Johann Joachim Winckelmann der Künstler wie Anton Raphael Mengs um sich versammelte

- Dieser schuf mit seinem Deckenfresko in der Villa Albani "Parnass" (1762) erstes richtungweisendes Werk, unter Anregung Winckelmanns, für die klassizistische Malerei

- Beeinflusste Maler wie H. F. Füger und Angelica Kaufmann

- A. Kaufmann zeichnete um 1795 das "Bildnis einer sitzenden Dame"

- Zwischen 1760 und 1765 vollendete Gavin Hamilton 5 Gemälde nach Homers "Ilias"

- Brachte damit Klassizismus nach England

- Romaufenthalt des amer. Malers Benjamin West (1760 - 1763)

- Sein Gemälde "Agrippina landet in Brundisium" 1766 zeugt davon

- Integriert antike Architekturrudimente in die Darstellung

- Als klassizistische Landschaftsmaler taten sich u.a. Jacob Philipp Hackert und Joseph Anton Koch hervor

- Eines der bedeutesten Exponenten der klassizistischen Malerei

- Typisches Beispiel seiner Historiengemälde ist "Der Schwur der Horatier"

- Dieses war Wegbereiter für die klassizistische Malerei

- Es zeigt David, der eine römische Geschichte darstellt

- In ihr greifen republikanische Bürger ungeachtet der Tränen ihrer Frauen als freie Menschen zu den Waffen

- Sie treffen selbst die Entscheidung, nicht Fürsten und Könige

- Wohl der Nation ist Angelegenheit des Bürgers geworden

- Ist auch von der künstlerischen Darstellung gegen die Kunst des Rokoko

- Dieser glorifiziert in einem heroischen Patriotismus den staturarisch-patheistischen Gestus

- Klassizistische Forderung nach Logik und Klarheit in der Bildkomposition

- Klassizistische Strenge und klare Farbgebung charakterisieren das Werk Jacques-Louis Davids

- Licht dient zu der Steigerung des heroischen Pathos

- Gebärden der Männer sind bestimmt

- Setzt ihn exemplarisch ins Bild

- Davids Klassizismus ist gemalte Ideologie, politisch engagierte Kunst

- Der frz. Klassizismus war auch durch das Werk des Amerikaners John Vanderlyn geprägt, der 1808 von Napoleon eine Auszeichnung für sein Gemälde "Marius meditiert auf den Trümmern von Karthago" (1807)

- Nach 1790 ließen sich die Maler des Klassizismus von den flächigen Figurensilhouetten der griech. Vasenmalerei inspirieren

- Neben Asmus Jakob Carstens war der Engländer John Flaxman ein bedeutender Vertreter dieser Richtung

- Dieser schuf 1793 schlichte, zweidimensional wirkende Umrissillustrationen für Aufgaben von Homers "Ilias" und "Odyssee"

- Verzichteten gänzlich auf Tiefe und illusionierende Lichtmodellierung

- Er beeinflußte besonders die Nazarener, William Blake oder Ingres

- Dies belegt Ingres Werk "Achill empfängt die Abgesandten Agamemnons"

- Der Schweizer Johann Heinrich Füssli ist formal auch dem Klassizismus verpflichtet

- Obgleich der von Irrationalismus und Visionen geprägte Inhalt seiner Bilder den Idealen (z.B. Klarheit, Rationalismus) dieser Epoche häufig zuwiderläuft

4. Plastik

- Mitte des 18. Jhd. entfernten sich die frz. Bildhauer Edmé Bouchardon, Michel-Ange Slodtz und Guillaume Coustou der Jüngere zunehmend von der durch die Barockskulptur Gian Lorenzo Berninis geprägten Tradition

- Rückbesinnung auf Antike erweckt selbstverständlich auch Interesse für klassische Skulpturkunst

- Klassizistische Skulpturen entstanden auch in dem Kreis um Winckelmann herum

- dazu gehörten u.a. der Schwede John Tobias Sergel sowie der Engländer Thomas Banks und Soseph Nollekens

- verbreiteten Klassizismus in ihrer Heimat

- herausragender Vertreter der klassizistischen Bildhauerkunst war der Italiener Antonio Canova

- schloss sich 1780 Winckelmanns Kreis an

- schuf bedeutende Mamorplastiken, wie die anmutige Skulpturengruppe "Amor und Psyche" (1793) oder "Venus"

- dort stellte er bezeichnenderweise die Ruhe des Sieges anstatt der Dynamik des Kampfes dar

- Canovas einflussreichster Schüler war der Däne Bertel Thorvaldsen

- Gehörte ebenfalls zum Freundeskreis der Deutschrömer

- Trug durch zahlreiche internationale Aufträge zur Verbreitung des Klassizismus bei

- Durch die Vermittlung Horatio Greenoughs bis in die USA

- Und durch Mithilfe Iwan Petrowitschs bis nach Rußland

- Zu den wichtigsten Vertretern der klassizistischen Skulptur in Deutschland gehörten Johann Heinrich von Dannecker, Johann Gottfried Schadow und Christian Daniel Rauch

5. Kunsthandwerk

- Zahlreiche klassizistische Künstler taten sich auch im Kunsthandwerk hervor

- Robert Adam stellte um 1760 Möbel nach griech. Bzw. röm. Muster her

- Als "Style étrusque" fand Adams Formensprache am Hof Ludwig XV. großen Anklang

- Wurde zum eleganten "Louis-seize-Stil" weiterentwickelt

- John Flaxman entwarf klassizistisches Geschirr in blauem Wedgwood - Porzellan

- Percier und Fontaine wurden von Napeleon I. mit der Innendekoration der alten Königsresidenzen beauftragt, für die sie u.a. Möbel, Porzellan und Tapisserien entwarfen

- Wirkten stilbildemd in ganz Europa

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