Engel

Engel gehören seit vielen Jahrhunderten zum festen Bestandteil des jüdisch-christlichen Glaubens. Auch wenn heute kaum noch jemand an sie glaubt oder sich noch ernsthaft mit ihnen auseinandersetzt, existieren sie dennoch in Sprichwörtern und der Kunst, ebenso wie in Filmen und Filmtiteln weiter. Zum Beispiel in dem Sprichwort "mit Engelszungen reden..." oder in Filmtiteln wie "Stadt der Engel".

Der neueren Theologie wird auch immer wieder vorgeworfen, dass sie die Engel vergessen hätte und sich nicht mehr mit der Frage der Engel auseinandersetzen würde. Diese Behauptung kann allerdings widerlegt werden.

Engelsdarstellungen

Die meisten Menschen haben konkrete Bilder und Vorstellungen von Engeln und können genaue Beschreibungen von ihren Engelsvorstellungen geben. Zumeist haben sie Bilder von schimmernden Figuren, oft mit Flügeln und manchmal auch mit gezücktem Schwert vor sich.

Vor allem 3 Punkte beeinflussten unsere Vorstellungen von Engelsdarstellungen besonders:

Der Engel ist das vollkommene und perfekte Wesen. Er tritt in Menschengestalt auf und hat zumeist prächtige weiße Schwingen, eine Form der Engelsdarstellung, die man ins griechisch-römische Altertum zurückverfolgen kann. Ein Teil führt mit Sicherheit zur römischen Siegesgöttin Nike zurück, die in der Athener Akropolis ebenfalls mit Flügeln zu finden ist.

Im Gegensatz dazu findet man bei den ältesten christlichen Engelsdarstellungen in den Katakomben keine geflügelten Wesen, wohl deshalb, weil in der Bibel nie auf ein Merkmal dieser Art verwiesen wird.

Besonders in der Kunstgeschichte begegnet man diesem Flügel-Merkmal, die besonders in der Spätgotik und der Renaissance großen Anklang fanden.

Im 13. Jahrhundert wurden besonders im Rokoko die erotischen Elemente in den Engelsdarstellungen verstärkt und es wurde auch viel Wert auf die Niedlichkeit der Darstellungen gelegt.

Zu Beginn des 16. Jahrhunderts wurde in Spanien das Schutzengelfest (1608 ins Römische Messbuch aufgenommen) eingeführt und so nahmen besonders die Schutzengeldarstellungen zu. Es entstanden unzählige Darstellungen von Engeln beiderlei Geschlechts.

Die Situation der Engel heute

Engel wurden ebenso wie Geister und Dämonen durch Naturwissenschaften und durch die Technik "erledigt". Sie wurden als altmodisch und Aberglaube eingestuft und gehören damit zu einem bereits überholten Weltbild. Auch die katholische Theologie blieb von diesen Entwicklungen nicht unbeeinträchtigt.

In der katholischen Exegese finden wir die Aussage: "Das AT ist nicht an Geistern und Engeln, sondern am Einen und Einzigen Gott interessiert;... Im NT ist Satan nie Gegenstand der Verkündigung Jesu, noch hat Jesus sein Wirken als Kampf gegen den Teufel verstanden. Erst nach Jesu Tod machen sich Engel und Satan in der christlichen Tradition breit."

Engel an sich werden in den meisten Fällen als körperlose, keine Sexualität besitzende, sich nicht fortpflanzende, unsterbliche und daher ewig lebende Wesen charakterisiert. Daher rührt vermutlich auch die Empfehlung der Kirche, in Ehelosigkeit zu leben als Vorwegnahme des Charakteristikums für ein engelgleiches Leben.

Diese Idee ist geprägt durch den unüberwindlichen Gegensatz zwischen Körperlichkeit - Sexualität - Fruchtbarkeit - Tod und dem kompletten Gegenteil der engelsgleichen Existenz, ausgedrückt durch die Körperlosigkeit - Asexualität - ewiges Leben. Diesen Vergleich kann man in verschiedenen Lehrbildern antreffen. Es ist auch historisch erwiesen, dass das engelgleiche Dasein in früheren Zeiten immer wieder als Gegenpol gegen Materialismus und gegen Triebhaftigkeit verwendet wurden. Menschliches Versagen soll durch Engelhaftigkeit verhindert werden.

Es gibt nicht wenige Menschen, die der festen Ãœberzeugung sind, dass ihnen eine Botschaft, Vision oder Erleuchtung zuteil geworden ist. Auch wenn nicht alle dieser Menschen Christen sind, ist dennoch deren Anteil bei solchen Erscheinungen erstaunlich hoch.

Auch von Engelsbegegnungen wird häufig berichtet, allerdings kann man aus dem Mitteilungsverlangen dieser Menschen meist schließen, dass sie in erster Linie Aufmerksamkeit erregen wollen. Menschen, die tatsächlich mystisch begabt sind, haben wohl kaum das Bedürfnis, sich mit solchen Wichtigtuereien aufzuspielen.

In manchen Fällen meinten die Menschen die Verpflichtung sich einer "Weihe" zu unterziehen, herauszuhören, wobei man sich allerdings erst klar werden muss, was es mit einer solchen Weihe auf sich hat. Die "Weihe" sollte eine Entscheidung sein, die nur aus vollkommener Liebe heraus getroffen wird und nicht möglicherweise wegen eines falsch ausgelegten Traumes. Man sollte allen Erlebnissen dieser Art prüfend gegenüber stehen und in sich selbst den Ursprung dieser Visionen suchen.

Die religiösen Schriften zum Thema Engel

In den Spätschriften des NT (der Kolosserbrief, die Johannesoffenbarung) wird allerdings sogar vor einer Engelsverehrung gewarnt. Augustinus, zum Beispiel, lehnte solche Verehrungen ab und es gab ebenso Regionalsynoden, die im 4. und danach wieder im 8. Jahrhundert, die kultische Verehrung von Engeln gar verboten. Augustus wollte auch die Tatsache nicht dulden, dass man Kirchen zu Ehren von Engeln weihte. Besonders seit dem 2. Vatikanischen Konzil entwickelt sich der Trend innerhalb der Religion immer mehr auch den geistig-transzendenten Dimensionen des Glaubens zu. Diese Entwicklung beruht auf der immer stärker werdenden Ungläubigkeit der Menschen, die ein vermeintliches Tor zu Gott aufstoßen wollen, indem sie die Visionen und Ideen besonders "Begnadeter" nicht nur fördern, sondern auch glauben, nachdem eine besondere Art von "Beweisen" erbracht wurde.

Fanatismus im Bezug auf Engel

So entstand beispielsweise 1947 das "Engelswerk", nachdem eine Frau aus Innsbruck von "Erscheinungen" erfüllt worden war. Dessen sogenannte "Engelsweihen" wurden 1951 vom Innsbrucker Bischof vorgenommen und er schuf wenig später, 1961, auch die Basis zur Gründung der "Schutzengelbruderschaft". Bereits im Jahr 1969 folgt in der Diözese Augsburg die "Priestergemeinschaft vom heiligen Kreuz im Werk der heiligen Engel".

Es folgten ähnliche Priestergemeinschaften in Rom und 50 anderen Bistümern im deutschsprachigen Bereich, ebenso wie in Brasilien.

1983 wurde in Brasilien eine Hochschule errichtet, die Priester des "Engelswerkes" ausbildete, eine Konsequenz gegen die verstärkten Missstände innerhalb dieser Gründung. Das "Engelswerk" wird zumeist auch als katholische Sekte bezeichnet. Nach der Ansicht des Ordens sind Engel Vertreter einer geistig-dynamischen Überwelt, die in Strahlungen, Strömungen und Kraftfeldern sichtbar werden. Man kann auch Einfluss auf Engel und Dämonen gewinnen, indem man auf ihre Strahlungen zugreift und sich des Namens des gewünschten Engels oder Dämons bemächtigt.

Diese Vorstellungen sind im Kabbala einer jüdischen, religiösen Schrift, begründet. In dieser Schrift werden Hunderte von Engels- und Dämonennamen genannt, deren riesige, hierarchisch gegliederte Armeen ständig im Kampf gegeneinander stehen. Den Leitern des "Engelswerkes" sind unzählige Namenslisten, ebenso wie Ritualvorschriften bekannt. Ein Bischof und erbitterter Gegner des Werkes fasste dessen Überzeugungen so zusammen:

"Das endzeitliche Kampfgeschehen zwischen Engeln und Dämonen, in das das Mitglied des "Engelswerks" mit seiner geheimnisvollen Strahlenbewaffnung einbezogen ist, steht in den Lehren des "Engelswerks" derart im Mittelpunkt, dass das Gottesbild in das Dunkel des Unnahbaren gedrängt wird. (...) Im "Engelswerk" wird die These vertreten, dass auch Engel zum Corpus Christi Mysticum gehören (Eph1,1 - 10.20 - 23; Kol. 1, 15 - 18 ; 2,10). Daraus folgt die Meinung, dass bei jeder heiligen Kommunion der Empfänger sich auch mit den Engeln verbindet.

Engel - eine Glaubenswahrheit

Dass es Engel, nämlich körperlose, geistige Wesen gibt, ist von der Heiligen Schrift als Tatsache angesehen, also eine Glaubenswahrheit.

Die Frage, wer oder was sie genau sind, kann nicht genau erklärt werden. Im Katechismus der katholischen Kirche wird der hl. Augustinus angeführt, der meinte, dass das Wort "Engel" ein Amt bezeichne, nicht aber die Person beschreibe. Auch er meint, dass Engel Geistwesen sind. Das Amt, das das Wort Engel beschreibt, soll so viel wie Diener Gottes bedeuten. Sie sind "Vollstrecker seiner Befehle, seinen Worten gehorsam." (Ps 103,20)

In der Bibel kann man im allgemeinen dieses Bild finden:

Engel sind nur geistige Wesen, absolut körperlos und haben einen eigenen Verstand und Willen. Sie sind auch personale Wesen, ebenso unsterblich. Außerdem überragen sie alle sichtbaren Geschöpfe dieser Welt an Vollkommenheit.

Christus kann als das Zentrum der Engelwelt verstanden werden, denn sie sind seine Geschöpfe, von ihm und auf ihn hin erschaffen, sie sind auch dienende Geister, die Gott aussendet, um anderen zu helfen.

Sie verkünden Heil und ihre Aufgabe ist es auch, dafür zu sorgen, dass der göttliche Plan verwirklicht wird. Sie existieren seit der Welterschaffung und ihr Wirken sich zieht durch die ganze Heilsgeschichte. Sie beschützten auch Jesus sein Leben lang und verkündeten die Frohbotschaften.

Auch die Wiederkunft Christi sollen sie ankündigen und ihm dann bei seinem Gericht dienen.

Bis dahin dienen sie der irdischen Kirche, daher feiert die Kirche bestimmte Engel besonders, nämlich die Erzengel Michael, Gabriel, Raphael, sowie eine Reihe von Schutzengeln.

Der Katechismus vertritt auch die Meinung, dass wir unser Leben lang von eigenen Schutzengeln umgeben sind und von ihnen auch geleitet werden.

Die Engel in biblischen Texten

In den biblischen Büchern sind die Engel zwar nie Gegenstand von Erzählungen des lebendigen Gottes, allerdings bedeutet das nicht, dass es sie nicht gibt. Sie sind einfach nur da. Sie treten häufig auf, überbringen ihre Nachricht, oder was auch immer ihr Auftrag ist. Aus diesen Texten hat sich langsam eine Studie, die Angelologie entwickelt, dessen bekanntester Autor Herbert Vorgrimler ist, der auch einige Bücher zu diesem Thema geschrieben hat.

Engel im Alten Testament

Das deutsche Wort für Engel kann man auf das griechischen Wort "Angelos" zurückführen, das mit Bote übersetzt wird. Es wird also nur das Amt bezeichnet, dies hat auch schon Augustus festgestellt. Es gibt keine eigene Wesensbezeichnung für Engel, da alles, was diese Wesen sagen und tun, von Gott abhängt und nicht eigenmächtig ist.

Engel sind auch Fürsprecher und Lehrer der Menschen. Besonders zur Zeit der Apokalypse werden sie den Menschen beistehen.

Aus der Bibel erfährt man von drei Engeln, deren Namen ihre Aufgaben und Funktionen bezeichnen. Michael bedeutet "Wer ist Gott?", Gabriel "Starker Gottes" und Raphael "Gott hat geheilt". Jeder dieser Namen macht den starken Einfluss Gottes im Gebiet der Engel deutlich.

In außerbiblischen Texten, besonders den Schriften der Kabbala, findet man viele Namen von verschiedenen Engeln, die in verschiedene Gruppen geteilt sind. Diese finden heute in erster Linie bei den Anhängern des Engelswerkes Verwendung.

Als ihren Lebenssinn findet man, genau wie bei allen geistigen Geschöpfen, den Wunsch nach dem Lob Gottes.

Engel im Neuen Testament

Im Neuen Testament ist deutlich eine Zurückhaltung gegenüber diesem Thema zu bemerken. Sie kommen in erster Linie in Bezug auf das Leben Jesu vor, besonders im Zusammenhang mit der Auferstehung. Es ist eine nüchternere Haltung zu dem Thema der Engel zu bemerken.

Man versucht eine Überschätzung der Engel zu verhindern, die sich besonders im Alten Testament ergeben hat.

Zwar erwies sich das Neue Testament gegenüber Engeln relativ desinteressiert, dennoch begann bereits damals eine systematische Erarbeitung des Gebiets durch Geistliche.

Einer der wichtigsten Beiträge dazu ist die Schrift des Pseudo-Dyonisius, der über die himmlische Hierarchie schrieb (um 500 n.Ch.). In dieser Welt ist alles in drei verschiedene Sektoren unterteilt. Es kommt zu den insgesamt neun Chören der Engel. Seraphim, Cherubim, Throne - Herrschaften, Mächte, Kräfte - Fürstentümer, Erzengel, Engel.

Durch die Unergründbarkeit dieses Themas und die ungenauen Aussagen der Bibel, wurden immer wieder Menschen angeregt, neue Spekulationen und Theorien aufzustellen. Allerdings bewegen wir uns bei dem Thema Engel, bei Fragen nach ihrer Existenz und nach ihrem Einfluss und genauen Aufgaben immer noch im Dunkeln.

Da die Existenz der Engel immer Voraussetzung war, wurde sie nie durch eine dogmatische Lehraussage definiert, außer bei dem 4. Laterankonzil (1215) wurde bestätigt, dass Gott am Anfang der Zeit die Menschen, ebenso wie die Engelwelt, erschaffen hat. Diese Feststellung bezweckt allerdings eher, die Herrlichkeit Gottes darzustellen, als die Existenz der Engel zu belegen.

Wirklichkeit der Engel im Glauben

Da die Bibel die Existenz der Engel mehr voraussetzt als Vorschläge für Beweise zu bringen, bleibt die Frage offen, wie weit man darauf eingehen muss, wie weit die beiden Welten miteinander verbunden sind.

Dieses Gebiet der Religion beweist uns allerdings auch, wieweit Gottes Größe und Herrlichkeit unsere Fähigkeiten und Vorstellungskraft übersteigt und das Reich Gottes unendlich ist, also mehr umfasst, als die für uns erkennbare Wirklichkeit. Von Engeln ist also auch immer die Rede, wenn die Sprache - in erster Linie in der Liturgie - auf die Herrlichkeit und Größe Gottes kommt.

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