iustitia

Bedeutung des Begriffs Gerechtigkeit (lat.: iustitia / griech.: dikaiosyne) bei:

    Hesiod von Askra ( ca. 700 v. Chr.)
    Lehre der Abwehr eines Angriffs auf die Gerechtigkeit durch Taten. δíκη ist "weisender" Ausspruch eines richtenden Menschen und damit willkürlich und fehlbar ≠ römisches "ius", das zwar von Obrigkeiten kontrolliert wird, aber unabhängig von ihnen ist und eigene, unpersönliche "Macht" hat. durch δíκη kann sich der Mächtige Vorteile verschaffen ⇒ "gerades" und "ungerades, krummes" δíκη. jeder Ausspruch unterliegt aber höherem Urteil ( ≅ auch δíκη, aber nur im Sinne von Gerechtigkeit !!). Recht und Gerechtigkeit ( δíκη ) sind dem ungerechten Ãœbergriff ( ) überlegen. Mißhandlung / Nichtbeachtung (≅ Ungerechtigkeit / ungerechter Ãœbergriff ) des Rechts / der Gerechtigkeit wird mit Unheil bestraft. Zeus bürgt  für den Sieg der Gerechtigkeit.

    Sophisten (Gorgias,Protagoras,Prodikos,Hippias,Trasymachos,Kallikles,Euthydemos)
    geistiger Angriff auf die Gerechtigkeit (Erkenntnisse des empirischen Geistes) Mensch hält sich an die Gerechtigkeit aus Schwäche ⇒ Glaube an Ãœberlegenheit der Gerechtigkeit ist in Gefahr. Gerechtigkeit als Mittel für die Mächtigen, ihre Vorteile zu sichern, und als Mittel für die Schwachen gegen das natürliche Recht des Stärkeren, aber auch Schwäche / Unvermögen seine Vorteile gegen seinesgleichen durchzusetzen. ⇒ geistige Rechtfertigung der Mächtigen / Starken These des Hesiod ( Zeus bürgt für Gerechtigkeit ) vielfach widerlegt

    Platon (Gorgias, Politeia)
    geistig - sittliches Leben höher als physisches andere Denkweise über Mensch, Leben, Heil / Unheil, Glück / Unglück ... "Entdeckung" des wesentlichen, wichtigen "oberen" Bereichs, Reich der geistigen Formen und Ideen. Vorstellung der Sophisten sind aber nur im "unteren", unwichtigen Bereich richtig ⇒ Entlarvung der scheinbar logischen Lehre der Sophisten als Trug und Schein. Umdenken in Platons "Politeia" (Gleichnis der Gefangenen in der Höhle) Gerechtigkeit ist ein besonderer Aspekt der richtigen, geordneten Gefüges aus Verschiedenartigem und - wertigem und der verschiedenartigen Schichten des menschlichen Wesens ⇒ Gerechtigkeit ist kein materielles, inhaltlich, äußerlich bestimmbares Verhalten mehr, sondern eine innere Ordnungsform (α) / Struktur in Menschen in Hinsicht auf Befehlen und Gehorchen ohne Ãœbergriff auf Fremdes. Platon verspricht durch gewahrte geistige Ordnung Glück und Heil trotz Ungerechtigkeit.
    Cicero (De Re Publica)
    Idee der iustitia ist mit der der richtigen Staatsform (Mischverfassung) verbunden. Unterscheidung zwischen Recht und Gerechtigkeit Pro und Contra für Gerechtigkeit als Basis der vollendeten "res publica" Philus - Rede (gegen die Gerechtigkeit, von Karneades) es gibt keine natürliche Gerechtigkeit Gerechtigkeit verträgt sich nicht mit Politik ( iustitia ⇔ sapientia ) nur der Dumme ist gerecht (aus Schwäche) Beweis: römischer Imperialismus Laelius - Rede ( für Gerechtigkeit ) Gerechtigkeit ist Gehorsam dem ewigen, unveränderlichen, unabschaffbaren, eindeutigen, der Natur entsprechenden Gesetz gegenüber Gott hat dieses Gesetz erschaffen Nichtgehorsam ≅ Leugnen des eigenen Menschseins ≅ Selbstbestrafung nur der gute Mensch gehorcht (wegen Logos) Ãœbernahme wesentlicher Teile Platons Philosophie

    hl. Augustin(us) (De civitate Dei)
    nur Recht und Gerechtigkeit (sittliche Würde) sind am Staatswesen lobenswert Gerechtigkeit ist, wenn Gott über den Menschen, der Mensch über den Körper und Begierden herrscht (≅ Cicero) ohne Recht und Gerechtigkeit gibt es keinen Staat (≅ Cicero) nach Bekehrung Roms zum Christentum sind die Reste des Heidentums für seinen Untergang verantwortlich (Eroberung Roms durch die Goten 410) leitet vom antiken Rom zur überirdischen Gemeinschaft der "civitas Dei" über δíκη ist höchste, göttliche Instanz gesellschaftliche und staatliche Ordnung ist einer göttlichen Norm untergeordnet



Quelle: Klinger, Römische Geisteswelt
Gerechtigkeit
Verlag Hermann Rinn, München, 1956
3. Auflage

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