Zentrale Themen feministischer Forschung im Ãœberbl

Zentrale Themen feministischer Forschung im Ãœberblick




Die feministische Exegese versucht vor allem zu erklären warum die Bibel immer wieder benutzt wurde, um die Diskriminierung von Frauen zu legitimieren. Sie versucht das feministische Interesse, Frauen in der Bibel und das Leben von Frauen zu verschiedenen Zeiten mit den Situationen der Frauen im heutigen Leben zu vergleichen. In der Geschichte wurden solche biblische Texte aber sehr oft beschädigt.


Frauengestalten im Alten Testament

Allgemein ist festzustellen, dass die Frau oft im Schatten einer patriarchalisch geführten Gemeinde, des Ehemannes oder des Sohnes gestellt wurde. Mirjam, zum Beispiel, wurde gegenüber Mose verdrängt. Der Autor dieser Stelle will den Mann ( Mose ) als die legitimierte Führergestalt herausstreichen und die Tradition einer Frau als Führerin Israels entwerten. Dies wird vor allem in Numeri 12 sehr deutlich. Mirjam und Aaron beantragen denselben Führungsanspruch wie Mose. Num 12: "Hat etwa der Herr nur mit Mose gesprochen? Hat er nicht auch mit uns gesprochen?" Dies hörte der Herr. Die beiden werden von Gott zurechtgewiesen. "Hört meine Worte! Wenn es bei euch einen Propheten gibt, so gebe ich mich ihm in Visionen zu erkennen und rede mit ihm im Traum. Anders bei meinem Knecht Mose. Mein ganzes Haus ist ihm anvertraut. Mit ihm rede ich von Mund zu Mund, von Angesicht zu Angesicht, nicht in Rätseln. Er darf die Gestalt des Herrn sehen. Warum habt ihr es gewagt, über meinen Knecht Mose zu reden? Der Herr wurde zornig auf sie und ging weg."
Der Führungsanspruch Moses erhielt also Bestätigung. Mirjam wurde mit Aussatz bestraft. Obwohl Mose sich für Mirjam einsetzt, muss sie 7 Tage vom Lager fernbleiben. Das Volk jedoch wartet ihre Rückkehr ins Lager ab. Dies zeigt von Respekt und Ehrfurcht des Volkes Mirjam gegenüber.

Im Alten Testament gab es verschiedene Arten von Frauengestalten:
1. Es gab Frauen, die von Gott beauftragt wurden ( die sogenannten Prophetinnen ):
Hulda ( 2 Kön 22, 11 - 20 )
Mirjam
2. Frauen, die von Gott direkt Verheißung erhielten:
Hagar ( Gen 16, 1 - 16; 21, 8 - 21 )
3. Frauen, die politisch wirksam waren:
Debora ( Ri 4 u. 5 )
Batseba (1 Kön 1,11 - 2,25 )
4. Frauen, die ihr Ãœberleben und das Ãœberleben des Volkes sicherten:
Rut
Noomi
    Frauen die ihr Recht durchsetzten:
Tamar ( Gen 38 )
    Frauen,. Gegen die Gewalt und vor allem sexuelle Gewalt angewandt wurde:
Tochter des Jiftach ( Ri 11 )
eine unbekannte Frau eines Leviten ( Ri 19 )

Mirjam wurde im Alten Testament sehr häufig dargestellt. Sie wurde an 7 Stellen des Alten Testaments erwähnt. ( Ex 15,20; Num 12; 20,1; 26,59; Dtn 24,8; 1 Chr 5,29; Mich 6,4 )


Die Göttin im Alten Testament

Feministische Theologinnen suchen im AT auch nach Spuren einer Göttin. Das AT liefert uns einige Hinweise auf eine Göttin, die neben JHWH verehrt wurde. 40 x ist von der Aschera und den Ascheren die Rede. Es stellt sich die Frage: Gab es eine Zeit, in der JHWH und Aschera gemeinsam verehrt wurden oder beide Kulte feindlich nebeneinander existierten. Darüber gibt uns das AT nur wenige Hinweise, Belegstellen über diesen Kult findet man vor allem in außerbiblischen Quellen, wie zum Beispiel:
    Inschriften auf Tonkrügen Grabinschriften Bildkunst Palästinas: In der Siegelkunst Palästinas wurde sie als eine nackte Göttin mit Zweigen oder Bäumchen dargestellt ( = erotische Göttin )
Die Frage, ob es nun wirklich eine Throngenossin JHWHs gab, bleibt bis heute diskutiert. Es gab vehemente Kritik gegen diese Göttin. Vor allem mit Hosea beginnt die Ausgrenzung und Forderung, JHWH alleine zu verehren (es kommt zum Monotheismus)


Matriarchatsforschung

Das AT ist nicht nur für feministische Theologinnen sondern auch für andere Feministinnen interessant geworden.
Für die Philosophin und Literaturwissentachaftlerin Heider Göttner - Abendroth gilt das Matriarchat als "... eine Gesellschaftsform, die historisch existent und nicht ein Patriarchat unter umgekehrten Vorzeichen war, sondern eine Gesellschaft, die in allen Bereichen von Frauen geschaffen und geprägt war, ohne dass diese über Männer herrschten." [1]
Die Grundstruktur stellte man sich folgendermaße vor: Die Göttin brachte Heros im Frühjahr zur Welt, im Sommer fand die heilige Hochzeit von Göttin und Heros statt, der Opfertot im Herbst und seine Wiederkehr im Frühjahr. Dies spiegelte das Werden und Vergehen der Natur wieder.
Die Patriarchalisierung Israels ist wahrscheinlich gewaltsam erfolgt. Dies wurde vor allem von Leviten durchgeführt.
Aus Mythen ist zurückzuführen, dass die Gynaikokratie (= Herrschaft von Frauen ) eine frühere Kulturstufe sei.


Die Weisheit und die ruach Gottes

Die Weisheit und die ruach Gottes sind unter all den fiktiven weiblichen Gestalten die einzigen die mit göttlicher Vollmacht wirken. Viele feministische Theologinnen beschäftigen sich mit dem Buch der Sprüche, in dem die Weisheit als eine weibliche Gestalt dargestellt wird.
Das Buch der Sprüche ist die älteste Weisheitsliteratur. An dieser Stelle werden einige Lebensregel zusammengestellt und die Weisheit wird personifiziert: "Sie wird uns dargestellt als eine Prophetin, als Richterin im Tor, als eine, die in ihr Haus einlädt. Sie verspricht



Reichtum, langes Leben und Wohlgefallen vor Gott; sie zeigt den im Leben noch unerfahren
den rechten Weg und sie führt die Mächtigen zu gerechtem Handeln. Die Weisheit spielt vor
Gott, während die Welt erschaffen wurde." [2] Viele feministische Theologinnen sind sich nicht einig wie die Weisheit hier dargestellt worden ist. Einige Theologinnen sprechen von der Weisheit als ein "Schoßkind" während sie andere Feministinnen als eine junge, reife Frau darstellen.
Vor allem der Rahmenteil des Buchs der Sprüche, also Kap 31, 10 - 31 ( " Das Lob der tüchtigen Frauen" ), wurde von Feministinnen auf unterschiedlicher Art interpretiert. Sehr oft wurde diese Stelle auch mißinterpretiert, als seien hier die Tugenden einer tüchtigen Hausfrau gepriesen.
Der Entstehungstext der Weisheitsgestalt: " Nach der Rückkehr aus dem Exil in Babylon, waren die alten politischen und religiösen Strukturen Israels, wie das Königstum, nicht mehr vorhanden. Daher wurden die Frauen zu einem wichtigen Ort der Religionsausübung.... Einen wesentlichen Teil dieser Aufgabe übernahmen die Frauen..." [3] .

All die Übersetzungsmöglichkeiten der ruach Gottes, wie "Wind", "Sturm", "Atem", "Lebenskraft"... deuten wiederum auf eine weibliche Gestalt hin. Der ruach spricht man vor allem diese Fähigkeiten zu:
    sie motiviert Männer zu charismatischen Führern zu werden sie erweckt Tote wieder zum Leben ohne sie kann kein Leben bestehen sie sorgt für Recht und Gerechtigkeit

Belegstellen für die ruach sind im Richterbuch zu finden.
Zusammenfassend möchte ich die göttliche Weisheit und die ruach Gottes miteinander vergleichen und einige Gemeinsamkeiten feststellen:
    beide waren bei der Schöpfung anwesend beide ermöglichen eine gerechte Machausübung und eine gerechte Regierung beide können als Leitfiguren für das Leben dienen



Frauen in den Schriften des Neuen Testament

Das Neue Testament ist in einer sehr androzentrischen Perspektive verfaßt. Bedeutende Frauengestalten des 1. Testaments waren vor allem Frauen wie Junia, Priska, Maria aus Magdala oder Marta.
Im Markusevangelium ist vor allem von Frauen die Rede, die Jesus dienten. Aber wenn hier von Frauen die Rede ist, die unter dem Kreuz stehen, wie Maria aus Magdala zum Beispiel, ist "dienen" keinesfalls im Zusammenhang von Hausarbeit zu verstehen. Markus verwendet das Wort "diakonein". Diese Frauen sollten Jesus nachfolgen und wie die Apostel dienen ( die Apostel wußten aber mit der Aufforderung "dienen" nichts anzufangen ).
Das Lukasevangelium enthält die meisten Frauengeschichten und dient als ein Beispiel dafür, dass die Rolle der Frau abgewertet wurde. Bei ihm werden, zum Beispiel, Frauen als Sünderin und Prostituierte dargestellt. Er erzählt von einer Frau, die Jesus die Füße salbt, und macht diese Frau zu einer großen Sünderin, das heißt: zur Protituierten. Diese Erzählung beginnt bei
Mk und Mt mit der Salbung von Betanien. Hier salbt eine Frau den Kopf Jesu mit kostbaren Öl. Während bei Mt und Mk Christus als ein König hervorgehoben wurde, geht es bei Lk um Sünde und Vergebung. In Lk 8, 2 wird Maria aus Magdala von Jesus ebenfalls von den bösen Geistern befreit. Lk 8, 2: "... Die Zwölf begleiteten ihn und außerdem einige Frauen, die er von bösen Geistern geheilt hatte. Maria Magdalena, aus der sieben Dämonen ausgefahren waren,
...".
Bei Lukas erscheint Jesus nicht zuerst den Frauen, sondern den Jüngern, die nach Emmaus unterwegs waren. Als die Frauen die Auferstehung mitteilten, halten die Jünger ihre Worte nur für leeres Gerede und glauben ihnen nicht.
Lukas' androzentrische Perspektive erkennt man auch anhand seiner Kriterien für wahres Jünger - und Jüngerinnensein. Bei Lukas können nur Männer Jünger sein, und nur solche die Frau und Kinder im Stich lassen. Lk 14, 26: "Wenn jemand zu mir kommt und nicht Vater und Mutter, Frau und Kinder... gering achtet, dann kann er nicht mein Jünger sein."
In der Apostelgeschichte treten Frauen nur selten auf.
Im Johannesevangelium haben Frauengeschichten eine dramaturgische Rolle. Das öffentliche Auftreten Jesu beginnt und endet mit einer Geschichte, in der eine Frau eine besondere Rolle spielt ( Hochzeit von Kana ). Es ist auch auffallend, dass Johannes einer Frau die Rolle gibt, die traditionell Petrus zugeschrieben wurde.


Frauen der frühen Christenheit

Im 16. Kapitel des Briefes an die Gemeinde in Rom begrüßt Paulus 10 Frauen, 8 von ihnen werden auch namentlich genannt: Priska, Junia, Julia, die Mutter Rufus, die Schwester Nereus, Maria, Ttyphäna, Tryphosa, Persis. Von diesen Frauen werde ich 3, denen besondere Rolle zugeschrieben wurde, genauer beschreiben.
Junia erhält sogar den Aposteltitel. In vielen Übersetzungen verwendet man aber die maskuline Form Junias, was natürlich die Frage aufwirft: Wie konnte es zu dieser Vermännlichung kommen? Eine mögliche Antwort gibt Bernadette Brooten: "Eine Frau könne kein Apostel gewesen sein und deshalb könne die Frau, die hier Apostel genannt werde, keine Frau gewesen sein."[4] Klar ist auf alle Fälle, dass Junia zusammen mit Andronikus große Autorität besaß.
Priska und Aquilla, eine Missionarin und ein Missionar, waren jüdischer Herkunft. Paulus trifft mit ihnen zusammen und schließt sich ihrer Hausgemeinde an.
Der Theologe Adolf von Harnack fand heraus, dass die Bedeutung Priskas abgewertet wurde.
Er entdeckte dies, als er die Handschriften des 18. Kapitels der Apg verglichen hatte. Priska wurde oft in den Schatten ihres Ehemannes gestellt. Es wird nämlich immer erst Aquilla genannt und manchmal heißt es sogar "Aquilla mit seiner Frau Priszilla" statt "und seine Frau Priszilla". Er stellt sogar die Hypothese auf, dass der Hebräer - Brief von einer Frau verfaßt wurde.
In der Grußliste wird als erste Phöbe genannt, die der Gemeinde besonders empfolen wird. Sie wird mit "diakonos" ( also. "Dienerin" oder "die im Dienst der Gemeinde Kenchrea steht" ),
"Schwester" und "Prostatis" ( bedeutet Beistand oder Hilfe ) angeredet.
Diese Anrede deutet darauf hin, dass Phöbe eine besondere Rolle in der Gemeinde gespielt hatte.


Die Haustafel des Neuen Testament


In den Haustafeln der Briefliteratur des NT werden Frauen aufgefordert, sich ihren Männern unterzuordnen. Im Kolosserbrief sollen Frauen ihren Ehemännern gegenüber gehorsam sein. Die Übergeordneten haben sich aber auch angemessen zu verhalten, das heißt die Männer sollen ihre Frauen lieben...
Die Haustafel in 1 Petr 2, 11 - 3, 12 betont, dass sich Frauen ihren Männern unterordnen müssen.
Im Epheserbrief ( 5, 21 - 6, 9 ) dient die Beziehung zwischen Kirche und Christus zum Vorbild für die christliche Ehe: "So wie Christus der Bräutigam und die Kirche die Braut ist, und so wie Christus das Haupt und die Kirche der Leib ist, so ist der Mann das Haupt der Frau. Die Unterwerfung der Frau unter ihren Mann entspricht also der religiösen Unterwerfung der Kirche unter Christus als ihren Herrn. Allerdings soll der Mann seine Frau lieben, wie Christus
die Kirche liebt."[5]



Die Kanonfrage

Für feministische Theologinnen ist die Frage der Kanonwerdung der 27 neutestamentlichen Schriften von großer Bedeutung. Dieser Prozeß der Kanonwerdung hat sich über Jahrhunderte erstreckt. Die Auswahl der Schriften wurde ausschließlich von Männern vorgenommen und der Kanon wurde in einer Zeit festgelegt, die vor allem frauenfeindliche Tendenzen aufzeigt. Man wollte Frauen aus ihren Ämtern verdrängen, und wie wir schon bei Priska und Aquilla gesehen haben wurde die Rolle von Frauen in der Gemeinde verschwiegen.
Es gab immer wieder Versuche, einen weiblichen Kanon herzustellen. Elizabeth Cady Stnton versuchte, zum Beispiel eine Woman's Bible zusammenzustellen.









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[1] Scherzberg, Grundkurs Feministische Theologie 97.
[2] Scherzberg, Grundkurs Feministische Theologie 102 f.
[3] Scherzberg, Grundkurs Feministische Theologie 104.
[4] Scherzberg, Grundkurs Feministische Theologie 113.


[5] Scherzberg, Gtrundkurs Feministische Theologie 118 f.

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