Der Proceß

GLIEDERUNG
Kafka - Der Proceß






I. Franz Kafkas Leben


II. Wiedergabe des Inhalts


III. Gattung des Textes


IV. Charakterisierung der sprachlichen Gestaltung des Werkes


V. Detaillierte sprachliche Analyse einer typischen Passage


VI. Absicht des Verfassers


VII. Quellenangaben


VIII. Anhang


I. Franz Kafkas Leben

Franz Kafka wurde am 3. Juli 1883 als ältester von sechs Kindern eines deutschjüdischen Kurzwarenhändlers in Prag geboren. Im Herbst 1889 besuchte er die Deutsche Knabenschule. Schon damals zeigte sich seine Ängstlichkeit und Ernsthaftigkeit, die aus der elterlichen Erziehung hervorging, wenn man überhaupt von Erziehung sprechen konnte, da Kafka unter der Obhut der Köchin, später eines Kindermädchens und einer Gouvernante aufwuchs. Seine Eltern sah Kafka eher selten und somit beschränkte sich die Erziehung auf Anweisungen bei Tisch. Die Befehle seines Vaters blieben für Kafka unbegreiflich und so wurde er immer unsicherer in allem, was er tat. Von 1893 - 1901 besuchte er das altösterreichische humanistische Gymnasium in der Prager Altstadt. Seine Schulleistungen waren überdurchschnittlich. Sein ungewöhnlicher Mangel an Neugierde ist ein Beleg für das empfindliche Zurückweichen vor der Umwelt. Seine Mitschüler sprachen immer von einer gläsernen Wand, die ihn von der Welt trennte. In dieser Zeit (1897 - 98) begann Kafka zu schreiben. Durch seine Vereinsamung und weltanschaulichen Probleme erlangte das Schreiben für ihn eine immer stärkere Bedeutung. Nach seinem Abitur (1901) wollte er Philosophie studieren, dem widersetzte sich jedoch sein Vater. Von 1901 - 1906 studierte er, nach häufigem Wechsel der Studienrichtungen, an der deutschen Universität in Prag auf Wunsch des Vaters Jura. Mit dem Jurastudium schien die Schuld gegenüber dem Elternhaus abgetragen. Nach seiner Promotion, am 18. Juni 1906 zum Dr. jur., trat er zunächst als Versicherungsangestellter in die "Assicurazioni Generali" (1907) ein. Seine Berufswahl war ihm relativ gleichgültig, doch wollte er sich die Unabhängigkeit vom Elternhaus sichern, weiter weg von zu Hause sein und trotz des Berufes genügend Zeit zum Schreiben haben. 1908 wechselte er zu der halbstaatlichen Arbeiter - Unfall - Versicherungs - ge - sellschaft in Prag und wurde Hilfsbeamter für das Königreich Böhmen. Er erweist sich als tüchtiger Beamter. Kafka steigt von der Aushilfskraft zum Obersekretär auf und wird später frühzeitig entlassen. Er leidet unter dem Beruf, da er die Kraft zum Schreiben verzehrt. Während dieser Zeit schließt er Freundschaft mit dem durchaus erfolgreichen Autor Max Brod, der ihn bewundert. Er ist der einzige engere Freund aus dem Kulturleben Prags, während er zum örtlichen Dichterkreis nur lockere Kontakte pflegte. Er machte Vergnügungsreisen wie andere junge Leute: nach Helgoland, Paris, Berlin, Venedig, Verona, Lübeck und Wien.
Anfang Mai 1912 lernte er die Berlinerin Felice Bauer (geb.1887) kennen. Einige Wochen später schon bat er in einem Brief an ihren Vater um die Verlobung. Ungeduldig wartete er auf eine Antwort und schrieb währenddessen einen neuen Brief an ihren Vater, den er aber nie abschickte. In diesem Brief schreibt er, dass seine Tochter mit ihm nicht glücklich werden wird, da für ihn die Literatur alles sei. Auch eine Ehe würde daran nichts ändern. Während er diesen Brief schreibt, kommt die zustimmende Antwort. Im September gibt es den ersten Bruch zwischen den beiden. Kafka fährt allein auf Reisen. Nach seiner Rückkehr nimmt er wieder Kontakt zu Felice auf, im November besucht er sie auch. Der Schriftsteller Ernst Weiss und eine Freundin von Felice, Grete Bloch, vermitteln zwischen den beiden. Am 1. Juni 1914 kommt es in Berlin zur offiziellen Verlobung. Durch diese Verlobung fühlt sich Kafka gebunden wie ein Verbrecher und sieht seine Arbeit durch die Ehe gefährdet. Am 12. Juli 1914 löst Kafka in Berlin die Verlobung.
Mit Grete Bloch entsteht ein ausführlicher Briefwechsel, und auch ein intimes Verhältnis. Kafka erfuhr niemals, dass Grete Bloch von ihm schwanger war und dass sein Sohn im Jahre 1915 geboren wurde, der jedoch nach sieben Jahren verstarb. Sie verschwieg ihm seine Vaterschaft aus Schuldgefühlen gegenüber Felice. Auch wußte sie, dass Kafka in einer Ehe keine Kinder wollte. Im Januar 1915 trifft er erstmals wieder mit Felice zusammen. Vor Kriegsende will er sich wieder mit ihr verloben. Anfang Juli findet die zweite Verlobung statt. Doch auch diesmal funktioniert es nicht. Im Sommer 1917 wird Kafka lungenkrank. Seine Krankheit war eine Befreiung von allen Verpflichtungen für ihn. Ende Dezember 1917 trennen sich die beiden endgültig. Es wird gesagt, dass seine Krankheit nur Vorwand für die Lösung von Felice war. In diesem Zeitraum schreibt er die Erzählungen: Das Urteil (entstanden: Sept. 1912), Die Verwandlung (Nov./Dez. 1912), In der Strafkolonie (Okt. 1914), Der Verschollene (1912 und 1914) sowie Der Prozeß (1914).
Anfang Juli 1923 lernt Kafka, bei einem Besuch einer Ferienkolonie, die 25jährige ostjüdische Köchin Dora Diamant in Muritz kennen. Sie arbeitete dort als eine der Helferinnen - ein naives, hilfsbereites Mädchen. Kafka fühlt sich zu ihr hingezogen. Er verlässt Prag ein Jahr vor seinem Tod, um mit ihr seine letzten Monate zu verbringen. 1923/24 lebte Kafka mit ihr in Berlin.
Er stirbt am 3. Juni 1924 an Kehlkopftuberkulose im Sanatorium in Kierling bei Klosterneuburg.


II. Wiedergabe des Inhalts

Josef K. wacht eines Morgens auf und wartet darauf, dass ihm die Köchin der Frau Grubach sein Frühstück ans Bett bringt. Doch anstatt des Mädchens tritt ein fremder Mann ein, der alle Fragen Ks über seinen Erscheinungsgrund übergeht. K betritt das Nebenzimmer, wo drei weitere Herren auf ihn warten. Sie erklären K. für verhaftet. Über den Grund der Verhaftung können sie keine Auskunft geben und drängen K. darauf, wieder zurück in sein Zimmer zu gehen, sich ordentlich anzuziehen und auf ihren Vorgesetzten zu warten. K. muss nachgeben und zieht sich in sein Zimmer zurück bis die Ankunft des Vorgesetzten gemeldet wird. Er wird von zwei Wächtern aus seinem Zimmer in ein für ein Verhör vorbereitetes Zimmer gebracht, wo er sich zu einem kleinen Tisch setzt. Auch der Vorgesetzte kann K. über den Grund der Verhaftung keine Auskunft geben, teilt ihm aber mit das ein Proceß gegen ihn läuft. Die Herren verabschieden sich und verlassen die Wohnung. K. darf sich frei bewegen obwohl er verhaftet wurde, er muss sich aber um seinen Proceß kümmern.
Den Proceß nicht sehr ernst nehmend, führt K. sein Leben als Angestellter einer Bank fort bis er einen Anruf erhält, das er sich beim Gericht einzufinden hat. Die Adresse des Gerichts führt ihn in ein verwahrlostes Viertel. Mit Mühe findet er den Gerichtssaal in einem heruntergekommenen Haus, in einer für den Proceß hergerichteten Wohnung. K. erscheint das Auftreten des Gerichts als lächerlich und fühlt sich überlegen, was er auch in einer Rede an den Richter und die vielen anderen Beamten des Gerichts ausdrückt. Dir Türe des Gerichtszimmers zuschlagend verlässt er die Verhandlung, in der er auch nicht den Anklagepunkt seines Processes erfahren hat.
Nach einer Woche begibt sich K. wieder zu dem Gerichtszimmer, findet es aber leer vor. Er trifft einen Gerichtsdiener, der ihm anbietet, ihn durch die Verwaltungsräume des Gerichts zu führen. K. folgt ihm eine Treppe hinauf zum Dachboden des Hauses, in dem sich die Zimmer der Gerichtsbeamten befinden. Entlang der Gänge sitzen andere Angeklagte, die auf die Erledigung eines ihrer Anträge warten. Eingeschüchtert, starr und ruhig warten sie. Manche kommen schon seit vielen Jahren hierher. K. beginnt sich ernste Sorgen um seinen Proceß zu machen.
Ks Onkel kommt zu Besuch. Er hat von seinem Proceß erfahren und bringt ihn zu einem alten Freund der Familie, dem Advokaten Dr. Huld. Dieser verspricht, sich für K. einzusetzen und seine Beziehungen zu den Beamten des Gerichts spielen zu lassen, denn nur damit sei ein Proceß zu gewinnen. Monate vergehen und K. wird es leid die ewigen Vertröstungen und Selbstverherlichungen des Advokaten anzuhören. Nach Ks Meinung bringt der Advokat den Proceß nicht in Gang, es geschieht nichts. So beschließt er, seinen Advokaten zu entlassen und selbst für den Fortgang seines Processes zu sorgen. Der Advokat teilt K. aber noch mit, das es um seinen Proceß nicht gut steht.
Eines Tages, es ist K. Geburtstag, kommen zwei dicke, schwarz gekleidete Männer in K. Zimmer und nehmen ihn mit. Sie gehen gemeinsam aus der Stadt zu einem alten Steinbruch. Dort erfährt K. den Ausgang seines Processes. Er wird hingerichtet.


III. Gattung des Textes

In diesem Text handelt es sich um einen Roman, dessen Kennzeichen sind:
In einem Roman werden menschliche Begebenheiten dargestellt, deren Hauptzweck Charakterzeichnung und Sippenschilderung ist. Die Entwicklungs - und Bildungsgeschichte und das Lebensschiksal einzelner Menschen wird im Roman großflächig aufgezeigt.

Wenn man noch weiter unterteilt, kommt man auf die Schlussfolgerung, dass es sich um eine Parabel handelt: Eine Wahrheit wird in Form einer Gleichniserzählung durch einen Vorgang aus einem anderen Vorstellungsbereich veranschaulicht ( vorder - und hintergründig ). Folgende Formen werden unterschieden:
- Biblische Parabel
- Didaktische Parabel
- Verrätselte Parabel ( Kafka )
- Absurde Parabel


IV. Charakterisierung der sprachlichen Gestaltung des Werkes

Die Sprache im "Prozeß" lässt sich mit sachlich und genau, nüchtern und präzise charakterisieren. Kafka bevorzugte eine knappe, kühle, unbeteiligte und wortarme Sprache, welche auch als "Kanzleistil" bezeichnet wird. Alltägliche Ausdrücke, umgangssprachliche Begriffe oder zu emotional wirkende Beschreibungen fehlen weitgehend. Kafka verwendet konsequent das Sprachmaterial: sachlicher Ausdruck und klar konstruierte Sätze. "Jedes einzelne Wort, jede sprachliche Fügung, jede Metapher, jedes Bild, jeder Ausdruck gewinnt eigenständige Bedeutung. Die Sprache lässt sich leichter wortwörtlich nehmen und ist trotz der größeren Abstraktheit greifbarer, konkreter durch den vertieften Sinn...". Damit ist die Doppeldeutung der einzelnen Wörter gemeint, die man wörtlich oder abstrakt sehen kann. Der Sinn bei Kafkas Stil liegt darin, dass nichts so ist, wie es scheint. So ist z.B. das im Roman auftauchende Gericht auf der einen Seite real und auf der anderen Seite irreal.
Kafkas Schreibstil wurde als kafkaesk bezeichnet. "Ein Schlagwort, das Grauen, Angst, Entfremdung und Scheitern zum Ausdruck bringen soll. Es weckt die Vorstellung des Ausgeliefertseins an ein undurchschaubares, sinnloses Schicksal und erinnert an Terror, Schuld und Verzweiflung, an die Bedrohung des Menschen durch bürokratische Organisationen und anonyme Machtstrukturen, die ihn seine Nichtigkeit und Machtlosigkeit fühlen lassen."
"Literatur war für Kafka auch eine Fluchtmöglichkeit und die Sprache ein Vehikel, dem Bereich des Vaters zu entkommen.... Gerade im "Prozeß" ist der Kampf um die genaue, reine und vollendete Sprache ausschlaggebend."


V. Detaillierte sprachliche Analyse einer typischen Passage

In einer für die Sprache typischen Passage begegnet Josef K. im Gang der Kanzleien einem wartenden Mann, der ebenfalls Angeklagter ist. Er unterhält sich mit ihm:

"Sie glauben wohl nicht, dass ich angeklagt bin ?" fragte K. "Oh bitte, gewiß", sagte der Mann, und trat ein wenig zur Seite, aber in der Antwort war nicht Glaube, sondern nur Angst. "Sie glauben mir also nicht ?" fragte K. und faßte ihn, unbewußt durch das demütige Wesen des Mannes aufgefordert, beim Arm, als wolle er ihn zum Glauben zwingen. Aber er wollte ihm nicht Schmerz bereiten, hatte ihn auch nur ganz leicht angegriffen, trotzdem schrie der Mann auf, als habe K. ihn nicht mit zwei Fingern, sondern mit einer glühenden Zange erfaßt. Dieses lächerliche Schreien machte ihn K. endgültig überdrüssig; glaubte man ihm nicht, dass er angeklagt war, so war es desto besser; vielleicht hielt er ihn sogar für einen Richter. Und er faßte ihn nun zum Abschied wirklich fester, stieß ihn auf die Bank zurück und ging weiter."

Diese scheinbar emotionslos erzählte Passage lässt eine Spannung erkennen, die sich während des Vorgesprächs auf Grund Josef K.s Verhalten, das sich z.B. in Ungeduld äußert, aufgebaut hat. Die Frage : "Sie glauben wohl nicht, dass ich angeklagt bin ?", kann als eine rhetorische Frage bezeichnet werden, denn Josef K. will bestätigt bekommen, kein Angeklagter zu sein. Der Mann jedoch bejaht diese Frage und Josef K. äußert seine Enttäuschung durch Aggression. Obwohl er glaubt, den Mann nur leicht berührt zu haben, verrät die Sprache mit dem Wort "angegriffen" sein gewaltsames Vorgehen. Die Beschreibung "angefaßt" wäre wahrscheinlicher und vom Leser erwartet worden. Dieser deutliche Widerspruch zwischen K.s bewußtem Verhalten und seinem unbewußten Vorgehen ist also auch in der Sprache wieder - zufinden. Die geheime Absicht, durch Gewalt den Mann dazu zu bringen, seine Antwort rückgängig zu machen, wird durch den folgenden Satz verstärkt: "..., als habe K. ihn nicht mit zwei Fingern, sondern mit einer glühenden Zange erfaßt." Das Wort "als" kann man durch "wie wenn" ersetzen und man erhält so einen Vergleichssatz, der mit K.s Tat gleichgestellt werden kann. Außerdem wird K.s Aggression durch das Bild der "glühenden Zange" verstärkt.
An dieser Stelle kann man auch sehr gut erkennen, welche Erzählhaltung Kafka in diesem Roman benutzte. Er verwendete das personale Erzählen, bei dem zwar in der dritten Person erzählt wird, aber ausschließlich aus der Sicht des Josef K. Es handelt sich um eine besonders ausgeprägte Form dieser Erzählweise, denn der Erzähler ist identisch mit der Hauptfigur. Der Erzähler teilt nur die Gedanken und Vermutungen des Josef K. mit. Dieses Vorgehen nennt man einsinniges Erzählen. Man erfährt in diesem Roman nicht mehr als die Hauptperson weiß und preisgibt. Das ist auch der Grund, dass nichts in seiner Abwesenheit geschieht und er durchgehend anwesend ist.

VI. Absicht des Verfassers

Franz Kafka will mit diesem Roman dem Leser seine Innenwelt zugänglich machen. Vor allem will er jedoch vor den Problemen mit seinem Vater fliehen. Ich glaube, dass Kafka immer, wenn er irgendwelche Probleme hatte, in eine Traumwelt flüchtete, wo er alles vergessen konnte, das ihn bedrückte. Ich denke, dass er das am besten tun konnte, indem er anfing zu schreiben.


VII. Quellenangabe

Franz Kafka - Der Prozess, Roman ( Herausgegeben von Max Brod ), Fischer Verlag
Franz Kafka - Kritik und Rezeption zu seinen Lebzeiten - 1912 - 1924, Fischer Verlag

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