Böhmische Landschaft


Das romantische Landschaftsgemälde "Böhmische Landschaft" (ca. 1m x 1,5m, Öl auf Leinwand, Staatsgalerie Stuttgart) von Caspar David Friedrich (1774 - 1840) entstand um 1808 nach einer Fußreise durch das böhmische Mittelgebirge.

Auf ihm ist eine weite hügelige Landschaft zu sehen. Im Hintergrund ragen ein großer und ein kleinerer Berg (großer & kleiner Mittelschauer südl. von Teplitz) in den abendlichen Himmel. Die Sonne ist schon hinter ihnen verschwunden, sodass die Landschaft im Mittelgrund in ihren Schatten liegt. Diese besteht aus langestreckten Hügeln mit großen Wiesen, Wäldern und freistehenden Bäumen. Auf der linken Seite des Bildes kann man bei sehr genauer Betrachtung in großer Entfernung eine Stadt mit einem Kirchturm entdecken. Im Vordergrund stehen in der Mitte zwei große Eichbäume, die zusammen ein Tor bilden. Sie werden rechts und links von einer jungen und einer absterbenden Tanne flankiert. Ganz vorne am unteren Bildrand kann man schwach Blumen/Disteln erkennen. Außerdem liegt dort noch ein Baumstamm auf dem Boden.

Friedrich verwendet für dieses Gemälde Ölfarbe, die er mit feinen Pinseln auf die Leinwand aufträgt. Einzelheiten werden detailgetreu gemalt. Selbst Grashalme und Tannennadeln in einiger Entfernung sind realistisch dargestellt.

Das Bild ist von einem starken Hell - Dunkel - Kontrast geprägt, der sehr typisch für Friedrichs anfängliche Malerei ist. Der von der untergehenden Sonne hell erleuchtete Himmel tritt in direkten Kontrast mit dem dunklen Gebirge und mit der davor liegenden Landschaft. Außerdem entsteht zwischen dem gelben Licht der Sonne am Himmel und den bläulichen Bergen ein Kalt - Warm - Kontrast.
Ansonsten gibt es wenig Kontrast zwischen einzelnen Formen, da sie oft die gleiche Farbe in ähnlichen Nuancen haben. Dadurch werden manche Details erst bei genauem Hinsehen sichtbar. Besonders ist dies im Vordergrund der Fall.
Ein guter Eindruck von Räumlichkeit und Tiefe wird durch Farbe, Detailschärfe und Bildaufbau erreicht. Im Hintergrund werden die Gegenstände zunehmend blau, was besonders gut an den Bergen zu sehen ist (Farbperspektive). Konturen gehen in der Ferne immer mehr ineinander über und Einzelheiten verblassen, sodass sie weniger deutlich werden (Luftperspektive). Die Größenverhältnisse der einzelnen Gegenstände und deren Überschneidungen sind außerdem für den Eindruck der Tiefe verantwortlich.
Es fällt auf, dass der Gipfel des größeren Berges exakt in der Bildmitte liegt. Der Himmel nimmt somit über die Hälfte des Bildes ein. Die Eichbäume im Vordergrund, die gemeinsam ein Tor bilden und die beiden Tannen daneben sind ebenfalls symmetrisch zur Mittelachse angeordnet. Friedrich hat das Bild also streng komponiert, wobei er jedoch Einzelheiten der Topographie und der Vegetation der Landschaft, die er zuvor zu Fuß durchwandert hat, übernahm.

Die Jahre zwischen 1790 und 1820 waren in Europa stark durch Revolutionen und Kriege geprägt. Veränderungen in wirtschaftlichen, technischen aber auch in geistigen Bereichen waren die Folge. Aber sie erfüllten meist nicht die Erwartungen der Menschen. Ersatz für enttäuschte Hoffnungen fanden die Romantiker (so auch Friedrich) im Rückblick ins christliche Mittelalter und in einer mystisch - religiösen Versenkung in die Natur, in der sich Gott offenbart (Pantheismus).
Die weite Landschaft im tiefgründigen Naturbild "Bömische Landschaft" ist wohl ein Sinnbild für die Erhabenheit und Unendlichkeit Gottes. Die Berge könnten als "Altäre" der Landschaft gedeutet werden, die der helle Himmel stark in den Vordergrund treten lässt und dessen Monumentalität betont. Ein Mensch würde vor dieser gewaltigen göttlichen Schöpfung ohnmächtig und verloren erscheinen und der Weg zum Gipfel würde für ihn sehr beschwerlich sein.
Die Romantiker dachten auch, dass die Menschen vor Jahrhunderten in einem ungestörten Verhältnis zur Natur gelebt hätten, wobei man sich dieses Verhältniss als romantisch und idyllisch vorstellte.
Das Gemälde strahlt diese Art von Andacht und Ästhetik sehr stark aus. Friedrich verwendet dazu märchenhafte Symbole wie Berg, Tal, Wald & Blume. Sie erzeugen diese mystische Atmosphäre, die den Betrachter fesselt und nachdenklich werden lässt.
Friedrich wendet sich (wie die meisten Romantiker) gegen den Klassizismus und malt nicht mythologisch - antikisierend und feststehende Sinnbilder. Er behandelt mit seinen Naturbildern, in denen seine bewusste Betrachtung der Natur deutlich wird, alle den Menschen betreffende Fragen.
Durch die junge und die absterbende Tanne wird Friedrichs symbolische Bildsprache deutlich. Sie könnten z.B. eine Parabel von Leben, Tod und Erlösung verkörpern.
Die Natur wird als Spiegel der eigenen seelischen Verfassung benutzt. Eigene Stimmungen werden subjektiv - reflektierend auf sie übertragen. Dazu sagte Friedrich einmal selbst: "Die einzig wahre Quelle der Kunst ist unser Herz, die Sprache eines reinen kindlichen Gemütes. Schließe dein leibliches Auge, damit du mit dem geistigen Auge zuerst siehest dein Bild....Der Maler soll nicht bloß malen, was er sieht, sondern auch, was er in sich sieht. Sieht er aber nichts in sich, so unterlasse er auch zu malen, was er vor sich sieht." Landschaftsbilder dienen also als Vermittler zwischen dem Menschen und der Natur. Vielleicht will Friedrich uns dazu auffordern durch das Tor der beiden Eichen zu gehen um in der vollendeten Schönheit der Natur zu versinken.

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