Wir amüsieren uns zu Tode

Neil Postman
Wir amüsieren uns zu Tode



Urteilsbildung im Zeitalter der Unterhaltungsindustrie




Zum Autor:

Neil Postman, geboren 1931, ist Professor für Media Ecology an der New York University. Er ist Autor und Herausgeber zahlreicher Veröffentlichungen zu Fragen der Erziehung. 1975 erhielt er den "Earl Kelly Award" für seine Arbeiten über Semantik.
1983 erschien sein Buch Das Verschwinden der Kindheit,
1988 sein Aufsatzband Die Verweigerung der Hörigkeit.


Titel:

Der Titel "Wir amüsieren uns zu Tode" ist ein Satz, der eigentlich ein Widerspruch in sich selbst ist. Der Tod steht doch für etwas negatives und amüsieren ist hingegen ein äußerst positives Wort.
Und genau deshalb gibt einem der Titel sofort zu Denken auf: Wie kann man sich zu Tode amüsieren?
Neil Postman beantwortet einem dieses Frage in dieser sachlichen Abhandlung über die Unterhaltungsindustrie.


Gliederung:

In seiner Einleitung weist Postman auf zwei Bücher hin:
"1984" von George Orwell und
"Schöne neue Welt" von Aldous Huxley.
In den folgenden elf Kapiteln, die er in zwei Teile unterteilt, geht auf das Problem der Massenmedien auf verschiedenste Art und Weise ein.
Im dritten Kapitel zum Beispiel beschreibt er Amerika im Zeitalter des Buchdrucks, welcher damals ähnliche Auswirkungen hatte, wie der Fernseher im späten 20.Jhdt.
Im zehnten Kapitel spricht er davon dass heutzutage sogar schon der Unterricht als Unterhaltung präsentiert werden muss um die Schüler überhaupt noch anzusprechen.
Im letzten Kapitel geht Postman noch einmal auf Aldous Huxley ein und reflektiert über seine Theorien und Zukunftsvorstellungen.


Thema:

"Problematisch am Fernsehen ist nicht, dass es uns unterhaltsame Themen präsentiert, problematisch ist, dass es jedes Thema als Unterhaltung präsentiert."
Mit diesem Zitat des Autors ist die Grundidee dieses Buches eigentlich schon
umrissen: Er zeigt die Gefahren der Unterhaltungsindustrie, insbesondere des
Fernsehers, wobei er nur die Situation in den USA beschreibt. So schlimm wie dort ist es in Europa wohl noch nicht.

George Orwell und Aldous Huxley stellten mit ihren Büchern Zukunftstheorien auf. Orwell warnt vor der Unterdrückung durch eine äußere Macht. In Huxleys Vision bedarf es dagegen keines Großen Bruders, um den Menschen ihre Autonomie, ihre Einsichten und ihre Geschichte zu rauben. Er rechnete mit der Möglichkeit, dass die Menschen anfangen, ihre Unterdrückung zu lieben und die Technologien anzubeten, die ihre Denkfähigkeit zunichte machen.
Orwell befürchtete diejenigen, die Bücher verbieten.
Huxley befürchtete, dass es eines Tages keinen Grund mehr geben könnte, Bücher zu verbieten, weil keiner mehr da ist, der Bücher lesen will.
In "1984", sagt Huxley, werden die Menschen kontrolliert, indem man ihnen Schmerz zufügt. In "Schöne neue Welt" werden sie dadurch kontrolliert, dass man ihnen Vergnügen zufügt.
Kurz, Orwell befürchtete, das, was uns verhaßt sei, werde uns zugrunde richten. Huxley befürchtete, das, was wir lieben, werde uns zugrunde richten.
Postmans Buch handelt von der Möglichkeit, dass Huxley und nicht Orwell recht hatte.
Im Fernsehen haben wir es ungefähr alle halbe Stunde mit einem separaten Ereignis zu tun, das seinem Inhalt, seinem Kontext und seiner Gefühlslage nach mit dem Vorangegangenen und dem Folgenden nichts gemein hat. Einmal, weil das Fernsehen seine Zeit nach Sekunden und Minuten verkauft, und, weil das Fernsehen Bilder und nicht Wörter verwenden muss, und schließlich, weil sich die Zuschauer dem Fernseher ganz nach Belieben zuwenden oder von ihm abkehren können, sind die Sendungen so strukturiert, dass jedes Acht - Minuten - Segment als in sich geschlossenes Ereignis für sich stehen kann.
Nur selten wird von den Zuschauern verlangt, einen Gedanken oder eine Empfindung von einem Segment ins andere mit hinüberzunehmen.
Und genau das ist das "Problem" am Fernsehen: Wir können komplett abschalten und uns berieseln lassen.
Es ist der schönste Zeitvertreib; wo wir uns nicht mit lästigen Gedanken quälen, oder voll bei der Sache sein müssen.
Wir amüsieren uns ganz einfach zu Tode.


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