Der Richter und sein Henker

Friedrich Dürrenmatt

Der Autor
a.) Sein Leben:
Friedrich Dürrenmatt wurde am 5. Jänner 1921 in Konolfingen (Kanton Bern)
als Sohn eines protestantischen Pfarrers geboren. Er besuchte das Gymnasium
mit mäßigem Erfolg und studierte anschließend Philosophie, Germanistik und
Naturwissenschaften in Zürich und Bern, arbeitete zunächst als Zeichner und
Graphiker und schrieb Literatur - bzw. Theaterkritiken für die Züricher
Weltwoche. Darüberhinaus entstanden erste Texte für das Kabarett.
1946 heiratete er die Schauspielerin Lotti Geißler (3
Kinder - Peter,Barbara,Ruth). Nach dem
Tod seiner ersten Frau ging Dürrenmatt 1984 eine Verbindung mit der
Filmemacherin, Schauspielerin und Journalistin Charlotte Kerr ein.
Er unternahm zahlreiche Reisen unter anderem nach Jamaika, USA,
Griechenland, Ägypten und England.
Neben vielen andern Auszeichnungen erhielt Dürrenmatt 1983 den
österreichischen Staatspreis für europäische Literatur und 1986 den
Georg - Büchner - Preis.
Der Autor starb am 14.12.1990 in Neuchâtel an einem Herzinfarkt.

b.) Dichtercharakteristik
Erste abendfüllende Dramen von Dürrenmatt erschienen nach dem Zweiten
Weltkrieg. Er versuchte als einer der Ersten die noch keine fünf Jahre
zurückliegende Vergangenheit aufzuarbeiten und dem Trauma, das der Krieg bei
den Menschen zurückgelassen hatte, durch Bewusstmachung ein Ende zu setzen.
In seinen ersten Stücken waren tragisch, groteske Elemente enthalten. z.b.
Ein Mensch erchlug seine Frau und verwurstete sie...
Ab 1966 begann eine neu Schaffensphase - Bearbeitung fremder und eigener
Weke für die Bühne (König Johann nach Shakespeare, Urfaust nach Goethe...)
Weiters schrieb er Kriminalromane, Hörspiele und Erzählungen.

c.) Werke
Insgesamt verfasste Dürrenmatt über 50 Werke unter anderem:
Die Wurst (1943)
Der Richter und sein Henker (1950)
Der Verdacht (1951)
Grieche sucht Griechin (1955)
Der Besuch der alten Dame (1956)
Es geschah am helllichten Tag (1957 - Filmdrehbuch)
Die Physiker (1962)
Urfaust (1970)

Das Buch
a.) Entstehung
Dürrenmatt geriet 1949 durch seine Zuckerkrankheit, der Geburt seines
zweiten Kindes und einigen Mißerfolgen in finanzielle Bedrängnis und begann
1950 für die Zeitung "Der Schweizer Beobachter" an einem Fortsetzungsroman
zu schreiben. Der Roman mit dem Titel "Der Richter und sein Henker" erschien
in acht Folgen und wurde zu einem großen Erfolg.
Die Handlungszeit umfasst etwa 5 - 6 Tage im November 1948.

b.) Inhalt
Ein junger Polizeioffizier (Schmied) ist bei der Ausfürung verdeckter
Ermittlungen ums Leben gekommen. Er wird an einer einsamen Landstraße in
Lamboing in seinem Auto tod aufgefunden. Sein betagter Vorgesetzter Bärlach
wird mit der Untersuchung beauftragt.
Als Assistenten wählt er den Kriminalbeamten Tschanz, den er als Mörder
verdächtigt.
Tschanz kommt bald dahinter was Schmied überhaupt in Lamboing zu suchen
hatte.Schmied nahm dort immer bei einem gewissen Herrn Gastmann an vornehmen
Gesellschaftsabenden teil. Es stellt sich heraus, dass sich Bärlach und
Gastmann kennen und vor ~40 Jahren eine Wette abgeschlossen haben, in der
Gastmann behauptete er könne Verbrechen begehen, ohne dass man sie ihm
nachweisen könne. Obwohl Bärlach weiß, dass Tschanz der Morder war
beschließt er ihn nicht dem Gericht zu übergeben, sondern ihn als Werkzeug
für seinen Plan zu verwenden. Es geht um die Vernichtung des
Gesetzesbrechers Gastmann.
Seine Möglichkeiten als Vorgesetzter und Untersuchungsführer nutzend, treibt
er den Mörder Tschanz dazu, Gastmann zu töten, in der Hoffnung, von seinem
Mordverdacht ablenken zu können. Die Pläne Bärlachs gehen auf. Es ist ihm
ein Leben hindurch nie gelungen, Gastmann für die von ihm verübten
Verbrechen zur Rechenschaft zu ziehen. Jetzt aber muss er wegen eines
Verbrechens sterben, das er nie begangen hat. Bärlachs selbstgegebenes
Richteramt ist damit ausgeübt. Der von ihm ausersehene Henker Tschanz hat
nicht versagt.


c.) Personen
Bärlach: ehemaliger Vorgesetzter Schmieds, todkrank, bejahrt, in erster
Linie ein konservativer Mensch, er jagt Verbrecher auf altmodische Art und
vertraut dabei auf Erfahrungswerte und Instinkt, er weiß mehr als der Leser,
seine äußeren Kennzeichen wie sein Vorgehen lassen ihn als Antihelden
erscheinen (Kommissar Bärlach kommt in vier weiteren Werken vor)

Gastmann: im Vergleich zu Tschanz ist er der größere Verbrecher,die meisten
seiner Taten geschehen im Verborgenen, Gastmann ist kein Mensch der aus
Prinzip Böses tut, sondern ein Nihilist (alles Bestehende ist sinnlos). Er
ist schlecht, weil er das Gute ebenso aus einem Einfall tut, wie das
Schlechte.

Tschanz: er ist immer bemüht kriminalistisch auf der Höhe zu bleiben, (jung,
ehrgeizig), steht im Schatten von Schmied, sieht in der Beseitigung Schmieds
die einzige Möglichkeit als Persönlichkeit anerkannt zu werden, er fühlt
sich ungerecht behandelt

Völlig überflüssig für den Fortlauf der Handlung agiert im Roman auch ein
Schriftsteller
Er wiederholt im Grunde nur was Bärlach selber denkt und weiß. Dürrenmatt
ist unbefangen genug sich selbst unter die Personen der Geschichte zu
reihen - sehr lebensnahe Karikatur (Wohnort, Arbeitszimmer, Kleidung,
Familienverhältnisse, das Hündchen des Schriftstellers..)

Dr. Lucius Lutz (=Untersuchungsrichter),Advodkat u. Oberst Oskar von
Schwendi
Verwendet Dürrenmatt eher als solche an denen er Kritik ausüben kann, denn
als Handelnde im Konfliktfeld

d.) Interpretation
In diesem Werk geht es um Gerechtigkeit und Recht.
Dürrenmatt sagte einmal: "Der Mensch neigt dazu, den existentiellen Begriff
zu verengen. Hätte der Mensch diese Veranlagung nicht, stünde er als
asoziales Wesen der übrigen Menschheit gegenüber in einer Position, die
meist nur vom Verbrecher eingenommen wird." Der "Richter" und der "Gehenkte"
stehen im Werk Dürrenmatts für die figurenhafte Ausprägung dieser These.
Der Kommissar ist nicht wie üblich der strahlende Alleskönner, der eine
Identifikationsperson ist, sondern ein sterbenskranker pensionierter
Detektiv. Dürrenmatt liefert das Abbild eines sehr unfachmännisch
vorgehenden Polizeibeamten, der nicht davor zurückschreckt, sein Leben aufs
Spiel zu setzen. Ein vom Tode gezeichneter, mutiger Kommissar, der bereit
ist, gegen das Böse zu kämpfen.

e.) Sprache
"Um des Geldes Willen geschrieben ist es gleichwohl ein Meisterwerk"
Ungebundene,lebendige Sprache,verwendet öfter direkte Reden
Er setz alle Gestaltungsmittel ein, die für Spannung sorgen
Das vorwinterliche Wetter mit den spezifischen Erscheinungen untermalt das
Geschehen (immer dann, wenn der Tod in Rede steht oder Leben bedroht wird,
werden verschlechterte Sichtverhältnisse registriert).
Komisch parodierende Mittel werden dem Leser nicht vorenthalten (z.B. Fahrt
nach Biel, Totenübergabe - der Tote nickt wie ein weiser Chinese; Buch S.84)
Der Roman wird in der dritten Person von einem Erzähler geschildert.

f.) Form
Roman (Kriminalroman)
In 21 Kapitel eingeteilt




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