Neofaschismus und Rassismus heute

Neofaschismus und Rassismus heute

Rund 50 Jahre nach der Besetzung Österreichs durch das Nationalsozialistische Deutsche Reich und mehr als 40 Jahre nach der militärischen Niederlage dieses Regimes stellen neofaschistisch beeinflußte Jugendliche noch immer, in den letzten Jahren sogar mehr als zuvor, ein Problem für Eltern, Lehrer und Erzieher dar.
Die Wurzeln neofaschistischer Gruppierungen reichen bis in die Nachkriegszeit zurück, denn unmittelbar nach Kriegsende versuchten fanatische Jugendliche die Tradition des 3. Reiches aufrecht zu erhalten.

In den 50er Jahren entstanden wieder deutschnationale Vereine, zu denen die waffen - tragenden Studentenverbindungen ebenso wie der Österreichische Turnerbund, eine Nachfolgeorganisation des Deutschen Turnerbundes, gehören.
Heute verzeichnet das Dokumentationsarchiv des Österreichischen Widerstandes in Wien mehr als 50 rechtsextreme Gruppen und Vereine.
Man muss aus wissenschaftlichen und juristischen Gründen zwischen "Rechtsextremismus" und "Neofaschismus" unterscheiden.

Rechtsextreme Organisationen wären folgendermaßen Einzuteilen:
    gemäßigte Organisationen deren Mitglieder nicht alle dem rechtsextremem Spektrum zuzuordnen sind. (z.B.: öst. Turnerbund) traditionsorientierte Vereine (z.B.: "Kameradschaft 4" der ehem. SS - Angehörigen) kulturell orientierte Gruppen, die sich der Pflege deutschnationaler Literatur und Kunst widmen. (z.B.: öst. Landsmannschaft) militante Kleingruppen (z.B.: NDP, ANR)
Zentrale Elemente der Ideologie des Rechtsextremismus sind die Volksgemeinschaft und ein biologisch begriffener Deutschnationalismus. In der Idee der Volksgemeinschaft finden Interessen einzelner Gruppen keinen Platz. Der Wert des Einzelnen wird über seinen Dienst an der Gemeinschaft definiert. In die Volksgemeinschaft wird man nach Vorstellung Rechtsextremer "hineingeboren". Aus diesem Konzept ergeben sich Ablehnung von Liberalismus, Marxismus und Emanzipationsbestrebungen Benachteiligter.
Der Deutschnationalismus prägt rassistische Ansätze sowie das Geschichtsbild dieser Gruppen.

Neofaschistische Gruppen zeichnen sich durch ein deutliches, ideologisches Näheverhältnis zum nationalsozialismus aus, der als vorbildhaft dargestellt und gutgeheißen wird. Die Abwertung anderer Völker und die Ablehnung von Ausländerintegration werden offen biologisch begründet. Die Gruppen treten in NS - ähnlichen Uniformen auf und veranstalten paramilitärische Schießübungen. Sie lehnen auch die Mehrparteien - Demokratie ab.
Der Ursprung der heute in Österreich auftretenden neonazistischen Gruppen liegt in den 60ern, als Studentenverbindungen die Fpö verließen und mit ehemaligen Nationalsozialisten die Nationaldemokratische Partei (NDP) gründeten, deren Ziele unter anderemdie Wiedereinführung der Todesstrafe und die Ablehnung der Ausländerbeschäftigung waren.
Ende der 60er änderte sich das politische Klima zu deren Ungunsten und man gründete Anfang der 70er eine zweite Organisation namens ANR = Aktion Neue Rechte.
Diese zwei, NDP und ANR, arbeiteten eng mit der 1980 behördlich aufgelösten "Kameradschaft Babenberg" zusammen.
Von denen, denen diese Gruppierungen noch immer zu gemäßigt erschienen wurde der NBN, der Nationalistische Bund Nordland gegründet.
Anfang der 80er konstituierten sich die vier Organisationen als "Ausländer - Halt - Bewegung" und brachten ab 1981 die Zeitung "HALT" heraus.
Da ihre Bewegung aber bei den Wahlen weit unter der 1% Marke zurückblieben änderten sie ihre Taktik und ihren Namen in "Nationale Front" (NF).
Sie forderte die Beseitigung des Staatsvertrages, die Brechung der Macht der multinationalen Konzerne, die Beseitigung der parlamentarischen Demokratie, die Ausbürgerung der Gastarbeiter und die Einschränkung der Pressefreiheit.
Der NF wurde aufgrund ihrer Parallelen zur NSDAP vom Ministerium kein Rechtspersönlichkeit zugestanden.

Das Bundesministerium beginnt die Broschüre "Wissen macht 'HALT' halt" zu verteilen, um der Propagandazeitschrift "HALT" der NF, die Deutschnationalismus, Gutheißung des NS - Regimes, Leugnung de Holocaust, Verunglimpfung der Demokratie, Ausländerhaß und Antisemitismus propagiert, entgegenzuwirken.
Die Broschüre bietet den Jugendlichen Möglichkeiten zur Gegenargumentation.
Neben Verbalradikalismus wird den Anhängern auch Gelegenheit zum praktischen Ausleben aggressiver Stimmungen geboten. Im Gebiet von Langenlois hielt eine Gruppe, unter der Führung von Hans Jörg Schimanek, militärische Übungen zum Schutz gegen Kommunisten ab.

Neben der NF in Wien und Niederösterreich gibt es noch die Vorarlberger Gruppe um Walter Ochsenberger, die die antisemitische Zeitschrift "SIEG" publiziert. Ein Mitarbeier der "SIEG" namens Robert Dürr wechselte zur freiheitlichen Partei und zog als Vertreter der FPÖ in den burgenländischen Landtag ein.

Von der Mitgliederzahl her stellen neonazistische Gruppen keine Bedrohung dar. Bedenklich sind allerdings die Erfolge in der Sympathisantenwerbung unter Jugendlichen.
Hier liegt die Aufgabe im Elternhaus, bei Lehrern und Erziehern Toleranz und Demokratie als Gegenpole zu Faschismus, Autoritätsdenken und Rassismus weiterzugeben.



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