Grundformen der Angst

Grundformen der Angst:

Schizoide Persönlichkeiten: (Angst vor der Hingabe)
Das Bestreben eines schizoiden Menschen ist es, so unabhängig und so autark wie möglich zu werden.
Deshalb braucht er eine gewisse Distanz zu den Mitmenschen. Wird diese Distanz überschritten, empfindet er es als Bedrohung seines Lebensraumes, als Gefährdung seines Unabhängigkeitsbedürfnisses, seiner Integrität und wehrt sich schroff dagegen.
Er fühlt sich am wohlsten in Gruppen oder Kollektiven, wo er anonym bleiben kann und doch über gemeinsame Interessen ein Dazugehören erlebt.
Auf die Umwelt wirken solche Menschen fern, kühl, distanziert, schwer ansprechbar, unpersönlich bis kalt. Oft erscheinen sie seltsam, absonderlich, in ihren Reaktionen unverständlich oder befremdend. Man kann sie lange kennen, ohne sie wirklich zu kennen. Hat man heute zu ihnen scheinbar einen guten Kontakt gehabt, verhalten sie sich morgen so, als hätten sie uns nie gesehen; es ist sogar so, dass je näher sie uns gerade gekommen waren, um so schroffer wenden sie sich plötzlich von uns ab. Und dies geschieht oft uneinfühlbar, mit grundlos erscheinender Aggression oder Feindseligkeit, die verletzend für uns ist.

Wie kommt es zu schizoiden Persönlichkeitsentwicklungen?
Mangel an liebender Zuwendung:
Besonders leicht kommt es zu frühen schizoidisierenden Schädigungen bei
    ungeliebten oder unerwünschten Kindern frühen Trennungen etwa durch längeren Klinikaufenthalt wegen Erkrankungen, oder dem Verlust der Mutter lieblosen oder zu gleichgültigen Müttern, bei zu jungen Müttern, die für die Mutterschaft noch nicht reif sind "goldene - Käfig - Kinder", die oft lieblosem oder gleichgültigem "Personal" überlassen werden, weil die Mutter "keine Zeit" für sie hat Müttern, die nach der Geburt zu früh wieder arbeiten und das Kind zu lange sich selbst überlassen müssen

Reizüberangebot durch
    Mütter, die das Kind nicht in Ruhe lassen und keine Einfühlung in seine Bedürfnisse haben häufigen Wechsel der Bezugspersonen ein Zuviel an Wechsel der Umgebung und an Sinneseindrücken (Lärm von Fernseher, helle Beleuchtung in der Schlafenszeit usw.) frühe Überforderung des Kindes

Solche frühkindliche Auseinandersetzungen führen zu altersunangemessenen Ängsten. Ängste vor einem "Zunahekommen" eines Menschen, vor Verlust der Integrität und Unabhängigkeit.

Beispiel: S. 44
Vater heiratete mehrere Male - 1. Mutter → 2 Jahre nach Scheidung in die Nervenklinik - lebten isoliert - kein Kontakt zu Gleichaltrigen - Vater Trinker - andere Mutter beging Selbstmord - erst mit 10 eingeschult → Kommunikationsprobleme → fühlte sich wie das 5. Rad am Wagen


Depressive Persönlichkeiten: (Angst ein eigenständiges Ich zu
werden)
Das zentrale Problem der Menschen, die man als depressiv bezeichnet ist, dass sie mehr als andere auf einen Partner angewiesen sind. Depressive Menschen sind genau das Gegenteilige der schizoiden Menschen.
Sie werden versuchen die trennende Distanz soweit wie möglich aufzuheben. Der Depressive will dem "Du" so nahe wie möglich sein und bleiben. Für ihn bedeutet Ferne: Alleingelassenwerden, Verlassenwerden, und das kann ihn in tiefe Depressionen bis zur Verzweiflung führen.
Abhängigkeit scheint ihm Sicherheit zu geben, entweder indem er sich von einem anderen, oder diesen von sich abhängig zu machen sucht. Wer von jemandem abhängig ist, braucht ihn, und Gebrauchtwerden verspricht daher scheinbar eine gewisse Garantie, die Garantie, nicht verlassen zu werden.
Der Depressive ist der Trabant eines anderen, oder er macht diesen zu seinen Trabanten.

Wie kann es zu depressiven Persönlichkeiten kommen?
Es gibt 2 charakteristische Fehlhaltungen der Mütter:
    Verwöhnung:
    Dazu gehören Mütter, die oft selbst zum depressiven Strukturkreis gehören und aus unbewusster Verlustangst und Lebensängstlichkeit, oder aus Angst vor Liebesverlust das Kind verwöhnen. Sie überschütten es mit Zärtlichkeit, wagen ihm nichts zuzumuten an gesunden und notwendigen Verzichten.

    Versagung:
    Die hier gemeinten Mütter sind meist in ihrer eigenen Kindheit liebesmäßig zu kurz gekommen und haben aus eigener Erfahrung kein Vorbild für das Mutter - Sein, wissen zu wenig über die Bedürfnisse des Kindes Bescheid.
    Sie vermitteln dem Kind sozusagen eine Hoffnungs - und Aussichtslosigkeit bzw. geben sie ihm das Gefühl, nicht liebenswert zu sein. Dies führt beim Kind zu massiven Minderwertigkeitsgefühlen.

Bei den depressiven Persönlichkeiten ist die Verlustangst die dominierende Angst. In ihren verschiedenen Ausformungen kann das Angst vor isolierender Distanz, vor Trennung, vor Ungeborenheit und Einsamkeit und vor dem Verlassenwerden sein.

Beispiel: S. 85
Junges Mädchen lernt im Café einen Mann kennen - dieser erweckt ihr Mitleid durch seine private Lage (Ehescheidung, Einsamkeit) - will sich öfter mit ihr treffen → dann Heiratsantrag - sie wollte ihn nicht verletzten - trotzdem Absage → sie hat furchtbare Schuldgefühle


Die zwanghafte Persönlichkeit: (Angst vor Vergänglichkeit)
Die zwanghafte Persönlichkeit sehnt sich nach Beständigkeit, Kontinuität und verlässliche Wiederkehr. Alles muss eine Ordnung und Gesetzmäßigkeit haben. Der Zwanghafte hat Angst vor dem Vergänglichem und vor Abhängigkeit von der Zeitlichkeit. Er will alles beim alten belassen und sträubt sich gegen jegliche Art von Veränderung.
Auch der Generationskonflikt beruht darauf, dass viele ältere Menschen zwanghaft sind, an Traditionen festhält, was zur Problematik zwischen Jung und Alt führt.
Die Liebe ist für Zwanghafte schwieriger Teil des Lebens, da sie etwas Unberechen - und Unkontrollierbares ist. Aber sie müssen alles fest im Griff haben, was zu Kontroverse führt. Sie haben in der Beziehung ein sehr starkes Verantwortungsgefühl und stehen zu ihren Entscheidungen.
Sehr oft empfinden solche Menschentypen Scham - und Schuldgefühle im Zusammenhang mit der Sexualität.
Das Zeigen von Aggressionen wäre für sie ein Zeichen dafür, dass sie sich gehen lassen, was unter ihrer Würde wäre und deswegen unterdrücken sie diese. Irgendwann wird durch dieses "Hinunterschlucken" der Aggressionen der Innendruck zu groß und es kommt zu einem Ausbruch des Unterdrückten z.B. Amoklauf, Vernichtungswille.

Wie kommt es zu zwanghafter Persönlichkeitsentwicklung?
Die Ursache der zwanghaften Persönlichkeitsentwicklung ist in der Kindheit zu finden.
Am häufigsten kommt es zu dieser Struktur, wenn die betroffenen Personen
    mit Hilfe von Strafmaßnahmen unterdrückt werden streng erzogen worden sind und mit den an sie gestellten Anforderungen hoffnungslos überfordert sind. mit ständigen Streitigkeiten innerhalb der Familie konfrontiert werden. zu wenig Spielraum für die Entwicklung der Eigenstruktur haben.
Bei zwanghaften Persönlichkeiten kommt es am ehesten zu Krisen, wenn ihre starr festgehaltenen Prinzipien, Meinungen, Theorien usf. mit neuen Entwicklungen zusammenstoßen, mit neuen Erkenntnissen und Fortschritten, die ihre bisherige Orientierung bedrohen und sie zum Aufgeben ihres Systems zwingen; oder wenn ihre Sicherheit und ihr Besitz bedroht erscheint.
Das Krankheitsbild eines Zwanghaften steigert sich bis zu psychotischen Katatonie (=Form der Schizophrenie mit Krampfzuständen der Muskulatur und Wahnideen).

Die hysterische Persönlichkeit: (Angst vor festlegende
Gesetzmäßigkeiten)
Der Hysterische hat Angst vor dem Endgültigen, Unausweichlichen, vor der Notwendigkeit und vor der Begrenztheit unseres Freiheitsdranges. Diese Angst ist das Spiegelbild der beim zwanghaftem Mensch gesprochenen Angst. Während der zwanghafte Mensch die Freiheit, die Wandlung und das Risiko scheut, geht es bei den hysterischen Persönlichkeiten um genau das Gegensätzliche. Sie streben nach Veränderung und Freiheit, bejahen alles Neue, sind risikofreudig; dementsprechend fürchten sie nun alle Einschränkungen, Traditionen und festlegenden Gesetzmäßigkeiten.
Für sie soll alles relativ, lebendig und farbig bleiben - nur die Gegenwart, der Augenblick ist wichtig. "Carpe diem" - "nutze die Gelegenheit". Vergangen ist vergangen und es interessiert nicht mehr.

Charakteristisch für hysterische Persönlichkeiten ist es, dass sie, wenn sie vor ein Problem stehen dieses so schnell wie möglich aus der Welt schaffen wollen, was sie sehr oft versuchen zu tun, indem sie lügen um sich dem Problem nicht stellen zu müssen.

Der Hysteriker braucht den Partner aus 2 Gründen:
Einerseits um sich selber als liebenswert gespiegelt zu sehen, zur Aufwertung seines labilen Selbstbewusstsein und andererseits um sich vom Partner glänzend abheben zu können und von jenem bewundert zu werden. Aus diesem Grund neigen hysterische Persönlichkeiten dazu sich unscheinbare Partner zu suchen.
Vor allem in der Liebe benötigen solche Menschen sehr viel Selbstbestätigung, da sie an Selbstzweifeln leiden.
Dieses Sich - bewähren - wollen äußert sich auch sehr stark, wenn es um Aggressionen geht, denn der Hysteriker beweist sich und den anderen gerne, dass er der Stärkere ist.

Hysterische Persönlichkeiten sind meist sehr aufgeschlossen und lebhaft. Sie sind kontaktfreudig, gesprächig und mögen es, wenn sie von anderen bestätigt und bewundert werden.
Im Gegensatz zum Depressiven, der sich für zu vieles schuldig hält, neigt der Hysteriker dazu, eigene Schuld zu vergessen, oder abzuleugnen.

Gefährlich ist die Neigung der Eltern, die Kinder zu Vorführkindern zu "erziehen"; sie sollen dann zum Ruhm der Eltern glänzen und dürfen nicht enttäuschen, da sie sonst deren Liebe verlieren. Überhaupt ist die Gefahr, das Kind in eine Rolle zu schieben, bei ihnen am größten. Teils, weil sie das Kind missbrauchen, um ihr eigenes Ansehen zu heben, teils weil es ihre eigenen nicht erfüllten Wünsche für sie erfüllen soll.

Das Krankheitsbild eines Hysterikers steigert sich bis zu seelischer und körperlicher Symptomatik, die sogar zu Lähmungserscheinungen führen kann.










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