Die verlorene Ehre der Katharina Blum

DIE VERLORENE EHRE DER KATHARINA BLUM





von Heinrich Böll








Die Erzählung "Die verlorene Ehre der Katharina Blum" handelt von einer
jungen, attraktiven Frau mit dem schon im Titel erwähnten Namen. Sie stammt
aus ärmlichen Verhältnissen, doch sie ist sehr ehrgeizig und arbeitet neben
ihrer Hauptanstellung bei Frau und Herrn Blorna als Haushalts - gehilfin noch
bei verschiedenen Banketten, Festen und Partys mit, um sich ihre Wohnung und
obendrein noch ihr Auto leisten zu können.

Auf einer Party lernt sie den Verbrecher und Dieb Ludwig Götten kennen und
lieben. Er verbringt die Nacht mit ihr und weil das Haus von Polizisten
umstellt ist, verhilft sie ihm zur Flucht. Kathari - na gibt ihm auch noch
einen Schlüssel zu einem Haus mit, das ihrem Geliebten Alois Sträubleder
gehört.

Am nächsten Morgen wird das Haus gestürmt, doch die Beamten finden den
gesuchten Verbrecher nicht. Statt dessen wird Katharina Blum aufs
Polizeirevier mitgenommen und dort verhört, damit steht sie im Blickpunkt
des öffentlichen Interesses. Die Fragen, die ihr gestellt werden, dringen
sehr tief in ihre Privatsphäre ein. Beispielsweise wird sie nach einigen
"Herrenbesuchen" gefragt, weil man vermutet, dass Katharina schon seit
längerem ein Verhältnis mit Götten hatte. Doch auf diese Fragen bekommen der
Kommissar Beizmenne und der Staatsanwalt Hach keine Antwort, denn Katharina
deckt mit ihrem Schweigen Alois Sträubleder, dessen Frau nicht weiß, dass er
ein Ver - hältnis mit einer anderen Frau hat, würde dies publik werden, wäre
dies das Ende seiner Karriere.

Nicht genug damit, dass Katharina Blum von der Polizei verdächtigt wird,
versucht auch noch eine MassenZEITUNG die öffentliche Meinung gegen das, von
ihnen so genannte, "Räuberliebchen" zu richten. Mit vernichtenden Artikeln,
Beiträge und Kommentaren wird die unschuldige Katharina von der Bevölkerung
als Helfershelferin von Ludwig Götten angesehen. So dauert es auch nicht

lange, bis sie sich Telefonterror ausgesetzt sieht. Am Boden zerstört zieht
sie sich immer mehr aus der Öffentlichkeit zurück. Die einzigen
Ansprechpartner die ihr noch bleiben sind die Familie Blorna, ihre
Arbeitgeber, die ihren Urlaub sofort abbrechen um Katharina zu helfen und
ihre Pa - tentante Else Woltersheim.

Der Journalist Tötges schreckt nicht davor zurück, Katharinas Mutter, die
schwerkrank in einem Krankenhaus liegt, zu interviewen und ihr jedes Wort im
Mund umzudrehen. Letzten Endes wird sogar vermutet, dass der Besuch des
Berichterstatters zum Tode der kranken Frau geführt haben soll.

Katharina Blum hält nun dem psychischen Druck nicht mehr stand und
beschließt ein Interview mit Tötges durchzuführen. Als dieser anzügliche
Bemerkungen macht, zieht sie eine Pistole aus ihrer Tasche und erschießt
ihn. Ludwig Götten wird ebenfalls gefunden und verhaftet. Katharina ist laut
ihren Angaben froh, dort zu sein, wo auch ihr Ludwig ist.

Die Erzählung schildert die Zerstörung eines Individuums durch ein
Massenblatt, im Buch nur ZEITUNG genannt. Jedoch steht am Anfang als
Einleitung, dass "Personen und Handlungen dieser Erzählung sind frei
erfunden. Sollten sich bei der Schilderung gewisser journalistischer
Praktiken Ähnlichkeiten mit den Praktiken der "Bild" - Zeitung ergeben haben,
so sind diese Ähnlichkeiten weder beabsichtigt noch zufällig, sonder
unvermeidlich." Böll klagt die Sensationsgeilheit der deut - schen Presse an.
Menschen werden vorverurteilt und diese vorgefasste Meinung bleibt einem
ewig erhalten.

Die Menschen, die solche ZEITUNGEN käuflich erwerben, entstammen meist aus
den unteren und mittleren Schichten der Gesellschaft. Deswegen wird er
Wahrheitsgehalt des Gelesenen nicht über - prüft, sondern als richtig
angesehen, womit die Gefahr von Vorurteilen entsteht. Meist sind die
Re - cherchen der Journalisten, die bei diesen Zeitungen arbeiten,
unvollständig. Die Überschriften las - sen auch viel Freiraum für die
Phantasie und Spekulationen über die Person, über die geschrieben wird,
werden Tür und Tor geöffnet.

Wir müssen uns jedoch auch selbst die Frage stellen, ob wir nicht selbst
schuld an dieser Situation sind. Seien wir ehrlich, wer hat nicht die
Geschichten vom Tod Prinzessin Di's gelesen und ge -

wünscht, mehr Informationen zu erhalten. Sind diese Paparazzi, die Lady Di
angeblich in den Tod gejagt haben, nicht nur ein Endprodukt unserer eigenen
Sensationslust und Gier nach immer neue - ren, aufregenderen, skandalöseren
und vor allem intimeren Bildern von berühmten Persönlichkei - ten? Jeder von
uns muss sich mitschuldig fühlen. Diese ZEITUNGEN haben ja nur deswegen hohe
Auflagenzahlen, weil wir, die Gesellschaft, es sind, die die neuesten
Exemplare kaufen und lesen und nach mehr schreien, weil wir geil sind auf
Skandale, Enthüllungen, Sensationen und Mord - und Totschlag. Die Sensations -
und Boulevardpresse wird es solange geben, bis wir erkennen, dass die
Intimsphäre jedes Menschen nur ihm gehört und keinem anderen. Doch ich habe
keine große Hoff - nung, was diese Sache angeht.



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