Hugo von Hofmannsthal

Hugo von Hofmannsthal

Hugo von Hofmannsthal (1874 - 1929)


Biographie

Er wird 1874 in Wien als Sohn eines wohlhabenden Rechtsanwaltes geboren, ist ein Wunderkind an Frühreife und veröffentlicht bereits als siebzehnjähriger Gymnasiast formvollendete Gedichte und kleine Dramen. Ohne finanzielle Sorge kann er sich früh ausschließlich dem Studium europäischer Literaturen und der abendländischen Kunst widmen, so dass er sich große Belesenheit und umfassende Bildung erwirbt. Er studiert zunächst Rechtswissenschaften, legt die erste Staatsprüfung ab und widmet sich dann der romanischen Philologie. 1898 promoviert er zum Dr. phil., will die Universitätslaufbahn einschlagen und lebt dann als freier Schriftsteller. Er unternimmt Reisen nach Italien, Frankreich, Griechenland und Nordafrika und richtet sich in Rodaun bei Wien ein gepflegtes Heim ein, in dem er mit vielen berühmten Zeitgenossen geselligen Umgang pflegt.
Während des Ersten Weltkrieges ist er zunächst Reserveoffizier in Istrien, dann macht er Dienst im Kriegsarchiv bzw. Pressehauptquartier. Für die Jugend schreibt er in dieser Zeit "Prinz Eugen, der edle Ritter" und gibt über die Kultur und Geschichte der Monarchie 26 Bändchen als sogenannte " Österreichische Bibliothek " heraus. Für die Salzburger Festspiele, an deren Gründung nach dem Ersten Weltkrieg er zusammen mit dem Regisseur Max Reinhardt maßgeblich beteiligt war, schrieb Hofmannsthal die Dramen "Jedermann" und "Das Salzburger große Welttheater". Etliche seiner Tragödien und Komödien errangen im Zusammenspiel mit dem Komponisten Richard Strauß Weltruhm. So gehört etwa "Der Rosenkavalier" zu den meistgespielten Opern.
Er stirbt 1929 in Rodaun aus Gram über den Selbstmord seines Sohnes und liegt dort auf dem Friedhof begraben.
Hofmannsthal durchläuft drei Entwicklungsstufen bei seinem Weg zum Dichter.

Werke

Erste Entwicklungsstufe:
In dieser Stufe entstehen Gedichte und kleine lyrische Dramen. Seine Gedichte zeichnen sich durch eine unnachahmliche Bild - und Sprachkraft und hohe Musikalität aus.
Gedichte:
Terzinen über die Vergänglichkeit
Ballade des äußeren Lebens
Vorfrühling
Seine lyrischen Versdramen (kurze Einakter) entstehen aus unerfüllter Sehnsucht, Entsagung, Eifersucht oder Enttäuschung.
Dramen:
Gestern (1891)
Tod des Tizian (1892)
Frau am Fenster (1897)
Der weiße Fächer (1897)

Zweite Entwicklungsstufe:
In dieser Stufe entstehen altgriechische Tragödien und musikalische Komödien.
Griechendramen:
Elektra (1904 )
Ödipus und die Sphinx (1906)
König Ödipus (1909)

Libretto:
Der Rosenkavalier (1911)
Die Frau ohne Schatten (1919)

Dritte Entwicklungsstufe:
Hofmannsthal versucht zu zeigen, dass die ewig gültigen Wahrheiten des Christentums allein imstande sind, das Streben der Menschen nach festen sittlichen Geboten zu befriedigen.
Mysterienspiel:
Jedermann (1911)
Das Salzburger große Welttheater (1922)
Der Unbestechliche (1923)
Lustspiele :
Der Schwierige (1922)

Jedermann. Das Spiel vom Sterben des reichen Mannes

Entstehung

Hofmannsthal kam die Idee zu diesem Stück, als er 1903 zufällig auf das anonyme englischsprachige Spiel "The Somonynge of Everyman" vom Ende des 15. Jahrhunderts stieß. Der Dichter verwendete die Grundidee teilweise in seinem Stück "Dominic Heintl". Erst im September 1909 wandte sich Hugo von Hofmannsthal wieder dem "Jedermann" Stoff zu. Das Stück wurde am 1. Dezember 1911 in Berlin uraufgeführt. Neben dem "Rosenkavalier" ist es zu seinem bekanntesten Werk geworden, vor allem seit es am 22. August 1920 erstmals vor dem Salzburger Dom und von da an bei allen Salzburger Festspielen in Szene ging.
Mit seiner Bearbeitung wollte Hofmannsthal die alte "Geschichte von Jedermanns Ladung vor Gottes Richterstuhl", die er als ein zeitloses, allgemein menschliches und daher "nicht einmal mit dem christlichen Dogma unlöslich" verbundenes "Märchen" auffaßte, dem "toten Wasser des gelehrten Besitzstandes" entreißen.

Inhalt

Das Stück beginnt vor Gottes Thron. Gott der Herr kann es nicht länger ertragen, dass die Menschheit den Glauben an ihn verliert und ihn nicht mehr fürchtet, da sie dem Geld mehr Vertrauen entgegenbringt. Er ruft darum den Tod, um Jedermann zu holen und nur dann vor die Himmelspforte zu bringen, wenn Almosen und Mildtätigkeit mit ihm kommen. Jedermann ist ein Mensch, der an die Kraft des Geldes glaubt. Er besitzt ein großes Haus, viele Knechte, eine große Truhe mit Geld, und nebenbei gehören ihm noch einige Ländereien mit Höfen und Vieh, die er verpachtet.
Jedermann und sein Knecht wollen hinaus vor die Stadt gehen, um ein Grundstück zu begutachten, Jedermann will nämlich einen Lustgarten anlegen. Auf dem Weg dorthin begegneten ihnen der Nachbar von Jedermann. Der arme Mann bittet um Almosen, erhält sie aber nicht. Auch ein Schuldknecht, der Jedermann noch Geld schuldet, läuft ihnen über den Weg. Er wird gerade zum Schuldturm abgeführt, weil er nicht bezahlen kann. Die Frau des armen Schuldners bittet Jedermann, ihren Mann zu begnadigen, aber Jedermann bleibt hart. Da es schon spät ist und Jedermann seine Verlobte noch besuchen will, schickt er seinen Knecht vor die Stadt, um das Grundstück zu kaufen. Kurz darauf kommt Jedermanns Mutter des Weges und ermahnt ihren Sohn, sich Gott zuzuwenden, da er sich von heute auf morgen leicht vor Gottes Gericht wiederfinden kann.
Jedermann beachtet diesen Rat jedoch nicht, und verabschiedet sich. Wenig später trifft er seine Verlobte und bringt sie zu sich nach Hause. Dort wird nämlich ein Fest anläßlich des Kaufes des Grundstückes, auf dem ein Lustgarten für Jedermanns Verlobte entstehen soll, gefeiert. Es sind viele Gäste geladen, die es sich auch gut schmecken lassen. Jedermann ist jedoch überraschend melancholisch und fragt plötzlich seine Verlobte, ob sie bei ihm bleiben würde, wenn er sterben müsste. Diese bejaht seine Frage, und Jedermann ist wieder gut aufgelegt.
Plötzlich hört man Stimmen nach Jedermann rufen. Der Tod nähert sich, um Jedermann vor Gottes Gericht zu bringen. Jedermann bittet um Aufschub bis Mitternacht und erhält diesen, um sich einen Begleiter zu suchen, der vor Gottes Gericht für ihn aussagt. Jedermann bittet nun seinen Gesellen, mit ihm zu gehen. Dieser weigert sich jedoch und bricht somit ein auf dem Fest gegebenes Versprechen.
Jedermann sucht jetzt seine Verlobte, um sie zu fragen, findet sie jedoch nirgends. Auch seine beiden Vettern gehen nicht mit ihm mit. Nun bittet er seine Knechte, die Schatztruhe zu holen und mit ihm eine Reise zu unternehmen. Als jedoch der Tod erscheint und Jedermann ermahnt, endlich Vernunft anzunehmen, verschwinden die Knechte. Plötzlich springt die Truhe auf, und der Reichtum erscheint. Als Jedermann sein Geld dazu zwingen will mitzukommen, muss er erfahren, dass nicht der Mensch das Geld besitzt, sondern das Geld den Menschen. Jedermanns Reichtum weigert sich einfach mitzukommen und verschwindet wieder in seiner Truhe. Nun tauchen plötzlich Jedermanns Werke in der Gestalt einer alten, gebrechlichen Frau auf. In seiner Not bittet jedermann seine Werke, mit ihm zu kommen. Da die kranke Alte aber alleine nicht voran kommt, ruft sie ihre Schwester, den Glauben. Jedermann wird vom Glauben bekehrt, und die alte Dame wird gesund. Die beiden Schwestern begleiten Jedermann nun zu Gottes Gericht und legen so gute Worte für ihn ein, dass sie ihm sogar den Teufel, der schon auf Jedermann wartet, vom Leib halten können.

Aussage

Nicht eine theologische Neuformulierung, sondern eine künstlerische Neugestaltung des alten Mysteriums wollte Hofmannsthal geben. Dabei hat er den mittelalterlichen Grundzug des überlieferten Spiels bewahrt, aber ihm zugleich den Charakter des allegorisierenden Traktats und das konfessionell - dogmatische Gepräge genommen. Er meidet die moralisch - didaktischen Weitschweifigkeiten seiner Vorbilder, befreit die Figuren und deren Sprache von abstrakten Zügen und findet auch für die Verknüpfung der einzelnen Szenen eine bei aller Stilisierung doch der Lebenswirklichkeit entsprechende Form der dramaturgischen Motivierung. Auch im thematischen Gefüge des Mysterienspiels hat Hofmannsthal die Akzente neu verteilt. So gehört der personifizierte Mammon zwar zum ursprünglichen Bestand des überlieferten Stoffs; aber Hofmannsthal rückt diese Allegorie des Dieners Mammon in den Mittelpunkt der Problematik.



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