Thomas Mann

Thomas Mann


    Biographischer Ãœberblick

    * 6.Juni 1875 in Lübeck
Û Vater Johann Heinrich Mann: Großkaufmann und Senator
Û Mutter Julia Mann (geb. Da Silva - Bruhns)
Û älterer Bruder: Heinrich; geb. am 27.03.2871
    Kindheit: glücklich, wirtschaftlich gesichert 1882 Eintritt in Lübecker Privatschule 1889 Aufnahme in die realgymnasiale Abteilung des Katharineums/ Lübeck; erste Lit. Versuche 1891 Tod des Vaters; Liquidierung der väterl. Firma, die er übernehmen sollte 1893 Mitherausgeber und Autor der Schülerzeitschrift "Frühlingssturm. Monatsschrift für Kusnt, Literatur und Philosophie" 1894 Umzug nach München Û Volontär in der "Süddeutschen Feuerversicherungsbank" (nur bis Herbst dieses Jahres) 1895/96 bis 1898 Aufenthalt mit Bruder Heinrich in Italien Mitglied des akademisch - dramatischen Vereins 1898 - 1900 Redakteur bei "Simplicissimus"; Oktober bis Dezember Soldat 11.02.1905 Heirat mit Katja Pringsheim
( Û 09.02. Tochter Erika; 18.11.1906 Sohn Klaus; 27.03.1909 Sohn Gottfried; 07.06.1910 Tochter Monika; 21.04.1919 Sohn Michael)
    Thomas und Heinrich leben sich aufgrund unterschiedlicher Weltanschauungen auseinander Dez. 1929 Nobelpreis für Literatur Feb. 1933 Thomas und Katja verlassen Deutschland wegen polit. Verhältnisse
Û Amsterdam; Herbst: Küsnacht bei Zürich
    1934/35 Reisen in die USA; Ehrenpromotion der Harvard University 1936 tschechoslowakische Staatsbürgerschaft; Dez. Aberkennung der dt. Staatsbürgerschaft + Ehrendoktorwürde der Uni Bonn 1938 Übersiedlung ins amerik. Exil; Ehrendoktor an verschiedenen amerik. Unis 1944 Staatsbürgerschaft der USA 1947 1. Nachkriegsreise nach Europa; Teilnahme am 14. Internationalen PEN - Kongreß 1949 Besuch Deutschlands; Goethe Reden in Frankfurt/M. und Weimar 1952 endgültige Rückkehr nach Europa (Schweiz) 1955 Besuch der beiden deutschen Staaten; Schiller Reden in Stuttgart und Weimar ? 12.08.1955 in Zürich



2) Zeit in München

    reiste am 16.03.1894 nach München zur Mutter, die bereits 1892 mit seinen Geschwistern übersiedelte Voluntär bei Versicherung; Mitglied des Akad. - Dramat. Vereins 1. Novelle "Gefallen" in Leipziger Zeitschrift "Die Gesellschaft" erschienen ab Herbst 1894 bis 1896: Gasthörer an Techn. Hochschule München (Berufsziel: Journalist), Vorlesungen: Volkswirtschaft, Kunst - und Literaturgeschichte u.a
von nun an ununterbrochene lit. Tätigkeit
( - Italienreisen)
( - Verbindung zum S. Fischer Verlag Berlin, Ziel: Vorbereitung eines ersten Novellenbandes)
    nach Rückkehr: Studium von Schopenhauers philosophischen Hauptwerk "Die Welt als Wille und Vorstellung"
Û Begegnung mit einem Denker, der einen starken Einfluß auf die Weltanschauung des jungen Th. hatte
    1898 "Der kleine Soldat" - 6 Novellen
Eintritt in "Simplicissimus" bis 1900
    1900 ¼ Jahr Wehrdienst, Sehnenscheidenentzündung Û konnte entrinnen; "Geschrei, Zeitvergeudung und eiserne Schmucklosigkeit quälen mich über die Maßen ...", wollte sich an "ideale und männliche Gangart" nicht gewöhnen, "die Parademarsch heißt" äußere Geschehnisse griffen auch ins Dasein des Künstlers ein Revolution und Ermordung des bayr. Ministerpräsidenten Kurt Eisner beeinflußte öffentliches Leben, weil der heroische Kampf d. Münchner Arbeiter, von opportunistischen sozialdemokr. Führern veraten, von anarchistischen Wirrköpfen irregeleitet, in einem unbeschreiblichen Terror der Konterrevolutionären weißen Garde erstickte Eingreifen von Kollegen Ernst Toller (einem der Führer der Münchner Räterepublik) war es zu verdanken, dass Thomas Manns Haus in der Poschingerstr. nicht geplündert und er selbst mißhandelt wurde März nächsten Jahres erkrankte Frau Katja schwer Inflation: immer größere materielle Sorgen
"Ohne fremdes Geld könnte man bei einer Familie wie der meinen ja heute schon nicht mehr leben. Wie jedermann bin ich bedacht, welches herbeizuschaffen ... So wird man zum tätig sich tummelnden Erwerbsmann auf seine älteren Tage ... Jetzt wende ich mich dem "Zauberberg" wieder zu, muss aber ... zugleich amerik. Briefe schreiben, was natürlich aufhält."
(klagte er seinem Verleger S. Fischer 1922)
    11.03.1923 Tod der Mutter, deren letzte Jahre (von Leid bestimmt) T.M. sehr bedrückte; er hatte dennoch Zeit für Sammlungen, Lektüren, Theater - und Konzertbesuche, Gespräche unter Freunden, Vortragsverpflichtungen ( Ûbewundernswert) 1923 "Goethe und Tolstoi" Û Vortrag "von dt. Republik" Û Rede 1924 "Zauberberg" 1925 "Bemühungen", neue Folge der gesammelten Abhandlungen und kleinen Aufsätze



    Die Wandlung des Unpolitschen

    während d. 1.WK durchlief er eine Phase d. Konservativen Denkens und nationalen Fühlens, was er nie geleugnet hat wurde für Landsturm gemustert Û blieb verschont Vortragsreisen in einige Etappenorte waren seine einzigen "Kriegerischen" Erlebnisse Mobilmachung; er schrieb Heinrich:
"Ich bin noch immer wie im Traum, - und doch muss man sich jetzt wohl schämen, es nicht für möglich gehalten und nicht gesehen zu haben, dass die Katastrophe kommen musste. Welche Heimsuchung! Wie wird Europa aussehen, innerlich und äußerlich, wenn sie vorüber ist?"
besaß noch keine Klarheit über die wirkliche Rolle des kaiserl. Deutschlands und dessen Mitschuld am Ausbruch des Krieges
Heinrich Mann: bürgerlich - demokratischer Schriftsteller, kompromißloser politischer
Denker
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Thomas Mann: glaubte irrtümlich (1914) noch an einen "großen grundanständigen,
ja feierlichen Volkskrieg Deutschlands in seiner Kultur oder
Gesittung
Û fühlte sich durch die "Zola" Essays von Heinrich persönlich ange -
griffen, reagierte mit "Betrachtungen eines Unpolitschen" :
    kurz vor Kriegsende: erscheinen seiner kulturphilosophischen Essays (absichtsvoll wie anspruchslos bezeichneten "Betrachtungen eines Unpolitischen")
Û verzweifelter Versuch, die untergehende bürgerliche Gesellschaft moralisch zu rechtfertigen und Angriffen entgegenzutreten, die auf eine gründliche Veränderung des Bestehenden hinzielten
Û wesentliches Dokument für eine Krise einer überlieferten nationalen dt. Bürgerlichkeit, die zugleich liberal und human sein wollte und sich hier im Gewissensspiegel eines so rechtlich wie geistigen Menschen in ihrer ganzen unauflösbaren Zwiespältigkeit enthüllt
Û deshalb mehr als eine individuelle Konfession
Û umfassende Bestandsaufnahme der herrschenden Idee d. ausgehenden bürgerlichen Zeitalters
Û 2 Jahre Arbeit
    unter seelischem Druck des Krieges erlebte er wohl die tiefste Krise seines Lebens (=Krise seines Zeitalters)
Û rückschauend spricht er von "ausweglosen sich - durchs - Gestrüpp - schlagen" und von einer Plage, mit der er allein war
Û einziger Vertrauter seiner politisch - antipolitischen Grübeleien ist Ernst Bertram
"Das Gefühl einer zeitalter - scheidenden Wende, die auch in mein persönliches Leben unweigerlich tief eingreifen musste, war von Anfang an sehr stark in mir gewesen - es war der Grund des Schicksalsrausches, der meinem Verhältnis zum Kriege den deutsch - positiven Charakter verlieh."
Û "Schicksalsrausch" - tief sinniges Wort
    1918 hat seine melancholische Verteidigung protestantisch - romantisch - antipolit. dt. Geistesbürgerlichkeit weitgehend überwunden, während des Schreibens sich selbst erzogen und von Mal zu Mal sein Wissen um geschichtliche Zusammenhänge erweitert Wendung des Unpolitischen zur Politik, einer aktiven Politik des Geistes Entscheidung gegen Politik wäre/ist ja auch eine politische Oktober 1922 Berliner Rede "Von deutscher Republik", literarischer Hochverrat, von Reaktionären aller Schattierungen angekreidet, in Wirklichkeit stellte ideologische Überwindung der "Betrachtungen" dar Bekenntnis zur demokr. Republik (gesprochen 1 Jahr vor Hitlers geplantem Marsch auf Berlin) Nahestehende und Gegner glaubten nicht an eine Wendung


    Die 2. große Schaffensperiode

    bis Ausbruch des Faschismus, Höhepunkt: "Der Zauberberg" gekennzeichnet durch die Verpflechtung von lit. Schaffen, essayistischer Aussage und analysierenden Gespräch; kritischer Beobachtung des polit. Tagesgeschehen der Weimarer Republik bestimmt durch "stürmische" Erlebnisse und verwirrenden Weltdarng 12.11.1929 Nobelpreis für Literatur in Schweden 04.03.1922 ihm zu Ehren wurde im Buddenbrook Haus in der Mengsstraße eine Buchhandlung eröffnet Ende '22 Teilnahme an einer spiritistischen Sitzung Û Essay "Okkulte Erlebnisse" Gespräche in Berlin: "Buddenbrooks" sollte verfilmt werden
"ein strohdummes und sentimentales Kino - Drama, für das sich aber in Skandinavien, Holland, Amerika viel Interesse kund gibt."
    März 1925 Mittelmeerreise: Venedig, Port Said, Kairo, Luxor, Karnak, Königsgräber von Theben, Konstantinopel, Athen Anfang 1926 Vortragsreise nach Frankreich: Veranstaltungen, Gespräche, Empfängen, vielfache Ehrungen Û führte aller Welt vor Augen: bedeutsame Rolle Manns als Bote des Friedens und der Völkerverständigung; als Repräsentant der dt. Kultur; Zeugnis davon gibt sein 100 seitiges Tagebuch "Pariser Rechenschaft" 1926 Festvortrag "Lübeck als geistige Lebensform" mit Anschließender Verleihung d. Professor Titels und erste Sitzungen des vom preuß. Kultusminister Dr Becker einberufenen Gremiums der Urwähler d. Sektion für Dichtkunst in preuß. Akademie der Künste in Berlin November 1926 Kundgebung "München dt.s Kulturzentrum" mit Ansprachen von Thomas und Heinrich Mann, Wille Geiger, Leo Weismantel, Walter Courvoister, Pat Renner
"Gestern Abend hatten wir in der Tonhalle vor einem Riesenpublikums ‚kulturpolitische Kundgebung‘ - sechs Reden gegen die Münchner Reaktion unter frenetischen Beifall. Es war eine Explosion"
    März 1927 Warschau (Buchausschnitt) April 1928 in "Preußischen Jahrbüchern" erschien ein bedeutsamer Essay "Kultur und Sozialismus":
"Was Not täte, was endgültig deutsch sein könnte, wäre ein Bund und Pakt der konservativen Kulturidee mit dem revolutionären Gesellschaftsgedanken, zwischen Griechenland und Moskau, um es pointiert zu sagen..."
    17.10.1930 im Berliner Beethovensaal: Rede "Dt. Ansprache - ein Apell an die Vernunft": wachsende Gefahr der Faschisierung Deutschlands (Warnung) Û Nazis hatten bei Reichtagswahlen vom 14.09.1930 ungewöhnliche Stimmengewinne erzielt
Û rechtsradikale Schreier und SA Schläger störten, Versuch ihn zum Schweigen zu bringen, redete ungestört weiter
    1932 (=Goethejahr) Reden und Ansprachen Gerhart Hauptmann 70. Geb. + Richard Wagners 50. Todestag Û zusätzliche Arbeit, nicht so gesund
Ü
ging aber allen Verpflichtungen nach wegen stark ausgeprägtem gesell. Verantwortung
Bsp. dafür ist die Rede vor Arbeitern in Wien
    "Bekenntnisse zum Sozialismus" Û Ansprache sollte ’33 im sozial. Kulturbund in Berliner Volksbühne stattfinden, aber Nationalsozialisten an Macht, aber Erscheinen im Februarheft der Zeitung "Sozialistische Bildung" Machtantritt Hitlers 30.01.1933 Û Familien Th. Mann verlor ihr Haus, Vermögen und Heimat reiste mit Frau nach Amsterdam, Brüssel und Paris Beginn der harten Jahre des erzwungenen Exils, physische und psychische Belastung Û trieb ihn durch die halbe Welt Mai: Erika Mann heimlich von Schweiz nach München, schlich sich in das von SS beschlagnahmte Vaterhaus Poschingerstraße und holte die Teile d. Joseph Manusskripts; zuvor hatte Golo Mann bereits einige Bücher, Exzerpte und Quellenmaterial geholt Aufenthalt in Sanary - sur - Mer (Südfrankreich), bevorzugter Treff fortschrittlicher dt. Schriftsteller Herbst ’33 Rückkehr in die Schweiz, lebte die nächsten 5 Jahre mit der Familie in Küsnacht bei Zürich Ende ’38 Ãœbersiedlung nach Amerika ’35 erschien im Verlag S. Fischer letztes Mal ein Buch in Deutschland ("Leiden und Größe der Meister" - Aufsatzband) bis ’47 blieb es still um ihn, Werke nur heimlich von Hand zu Hand weitergegeben (bis Ende des 3. Reiches) Februar ’36 unwiderruflicher Bruch mit nationalsozialistischen Machthabern; Öffentlich verbreiteter Brief: erklärte sich solidarisch mit der dt. Exilliteratur vom schweizer Literaturhistoriker Eduart Korrodi (Auszug des Briefes vorlesen) Nazi Regime dachte daran, Thomas zur Rückkehr zu veranlassen, hofften dessen Weltgeltung es für seine Zwecke propagandistisch auszunutzen Korrodi Brief Û Aufsehen Û Abwarten Hitlers vorbei Annahme der tschechoslowakischen Staatsbürgerschaft; Verlust der dt.; Aberkennung der Ehrendoktorwürde der Bonner Uni Ereignisse in Europa erfüllen ihn mit Abscheu und Unruhe
Û Nazis von Jahr zu Jahr mehr Schrecken, Ausrottung der Gegner, Einrichten von Todeslagern (KZs), gewaltsames Einmischen in Angelegenheiten andere Länder
Û Juli 1934 Ermordung d. österreichischen Bundeskanzlers Dollfuß
und Oktober die Ermordung von Kg Alexander von Jugoslawien
Û seit ’36 faschist. Söldnertruppen in Spanien
Û März ’38 Ãœberfall Österreichs + Einverleibung zu Deutschland
    Gerüchte: Hitler will wegen Sudetenland Tschech. unter Druck setzen
© immer bedrohlichere Lage in Europa © Verdichtung der Pläne, aus Küsnacht auszuwandern
    23.09.1938 Eintreffen in New York an Bord der Nieuw Amsterdam 01.10.1938 Dt. Wehrmacht in Tschech.
( vorher: Hitler hat sich von Mussolini, Chamberlain, Daldier im "Münchner Abkommen" einen Freibrief für seinen völkerrechtswidrigen Überfall auf das wehrlose Nachbarland geben lassen
Û Mann ist über diesen unerhörten Rechtsbruch empört Û zum Ausdruck in "Dieser Friede" (Essay)
    01.09.1939 Überfall dt. Truppen in Polen Û 2. WK Mai 1940 Holland, Belgien, Frankreich in der Hand der Nazis seit brutalen Annektierung Österreichs + Einverleibung halb Europas durch dt. Faschisten Û er erhob ununterbrochen Stimme gegen Nazibarkeit
Û Zeugnisse dafür: "Dieser Friede" Sammlung pol. Essays im Band "Achtung Europa"; Ansprache auf dem Weltkongreß d. Schriftsteller in New York; 55 Radiosendungen nach D.; Vortrag "Deutschland und die Deutschen" (Mai ’45 in Library of Congress in Washington)
    1938 - 41 Vorlesungen an Princeton Uni im Staat New Jersey März 1941 Princeton Û Kalifornien
widmen der schriftstellerischen Arbeit (ohnehin durch polit. und gesell. Pflichten stark belastet)
    1941 - 53 = die angenehmsten Jahre: eigenes Häuschen (gute Arbeitsatmosphäre), viele Freunde in der Nähe Û Ausflüge und Konzerte 06.06.1945 Ende des Krieges, Deutschland frei von faschistischem Joch 1947 unverdiente Schmähungen seitens einiger dt. Schriftsteller und Journalisten, feindselige Äußerung Meinung Manns: Nazitum beherrscht noch immer das Denken der Mehrheit (deswegen war ein Besuch Deutschlands noch nicht sinnvoll) 04.06.1947 14. Internationaler PEN Kongreß in Zürich begeistert angenommene Ansprache vor Studenten, darauffolgende Vorlesung Begegnung mit Herman Hesse in Luzern, Franz Masereel in Zürich und aufgeschlossenen Journalisten im Haus seines ital. Verlegers Mondadori am Lago Maggiore Û Dankbarkeit 05.10.1947 "Academia Nazionale die Lincei" in Rom Û Wahl Û Mitglied (hohe Ehre, denn nur wenig nichtitaliener) 29.06.1952 mit Frau von New York über Amsterdam nach Zürich (USA nicht mehr betreten)



    Mann und Goethe

    Verhältnis zu Goethe ist von Beginn an eng und schöpferisch gewesen, das offenbarte sich schon Anfang der 20er Jahre: bedeutsame Rede "Goethe und Tolstoi" und danach Vorwort zu Goethes "Wahlverwandtschaft"
Û Aufmerksamkeit und Anerkennung
    1932 (anläßlich des 100. Todestags Goethe) beschwor er in Ansprachen die Gestalt ihres größten Nationalautors 18.03.1932 Festvortrag "Goethe als Repräsentant des bürgerlichen Zeitalters" in Preuß. Akademie der Künste in Berlin
"Ich rufe die Empfindungen auf, die mich bestürmten, als ich vor Jahren zum erstenmal zum ersten Mal durch Goethes Elternhaus am Hirschgraben u Frankfurt ging. Diese Treppen und Zimmer waren mir nach Stil, Stimmung, Atmosphäre urbekannt. Es war die ‚Herkunft‘, wie sie im Buche, im Buch meines Lebens steht, ... und zugleich der Anfang des Ungeheueren. Ich war ‚zu Hause‘ und dennoch ein scheuer und später Gast in der Ursprungssphäre des Genius."
    1936 im Züricher Exil erstmals Plan einer "Goethe Geschichte" aufgetaucht, mit deren Niederschrift er noch in der Schweiz begann und in den USA zu Ende führte, 1939 unter dem Titel "Lotte in Weimar" als Roman erschienen 1939 lass er an der Princeton Uni über Goethes "Faust" und "Die Leiden des jungen Werthers" 1948 erschien in New York in englischer Sprache die gemeinsam mit Sohn Klaus getroffene Auswahl aus Goethes Werken "The permanent Goethe" 1949 sprach Thomas in NY über "Goethe and Democrazy" Goethe Reden in Frankfurt/M. und Weimar während Festaktes im Weimar Nationaltheater überreichte d. dt. Goethe Ausschuß mit den Worten der Verehrung und Freundschaft die Urkunde d. Goethe Nationalpreises
Schenkungssumme (20000 DM) Û Wiederherstellung d. Herderkirche
Johannes R. Brecher über Mann: allein würdig einen solchen Preis entgegenzunehmen, da er in seinem Lebenswerk wie kaum ein anderer das humanistische Vermächtnis Goethes schöpferisch weitergeführt habe
    Oberbürgermeister von Weimar überreichte ihm den Ehrenbürgerbrief Ansprache im Goethejahr


    Werke

6.1. Allgemein


Jahr

Werk

Art
1894
Gefallen
Novelle
1898
Der kleine Herr Friedmann
6 Novellen
1901
Buddenbrooks. Verfall einer Familie
Roman
1903
Tristan
6 Novellen
1906
Fiorenza
Drama

Bilse und ich
Essay
1909
Königliche Hochzeit
Roman
1912
Der Tod in Venedig
Novelle
1913
Tonio Kröger
Novelle
1914
Das Wunderkind
Novelle
1918
Betrachtungen eines Unpolitischen
Essay
1921
Wälsungenblut
Novelle
1922
Rede und Antwort
gesammelte Abhandlung und kleine Aufsätze

Bekenntnisse des Hochstablers Felix Krull. Buch der Kindheit
Roman
1924
Der Zauberberg
Roman
1926
Pariser Rechenschaften
Essay
1930
Mario und der Zauberer
Novelle
1932
Goethe und Tolstoi. Zum Problem der Humanität
Essay
1933
Die Geschichte Jakobs
Roman
1934
Der junge Joseph
Roman
1935
Leiden und Größe der Meister
neue Aufsätze
1936
Joseph in Ägypten
Roman
1938
Achtung Europa
Aufsätze zur Zeit

Dieser Friede
Essay

Schoppenhauer
Essay
1939
Lotte in Weimar
Roman
1940
Dieser Krieg!
Essay
1943
Joseph der Ernährer
Roman
1944
Das Gesetz
Erzählung
1945
Adel des Geistes. 16 Versuche zum Problem der Humanität
Essay
1946
Leiden an Dtl. Tagebücher aus den Jahren 1933 und 1934

1947
Doktor Faustus
Roman
1948
Neue Studien
Essay
1949
Die Entstehung des Doktor Faustus. Roman eines Romans
Roman
1950
Michelangelo in seinen Dichtungen
Essay
1951
Der Erwählte
Roman
1953
Die Betrogene
Erzählung
1954
Die Bekenntnisse des Hochstablers Felix Krull, Die Memorien erster Teil
Roman
1955
Versuch über Schiller
Essay


6.2. Buddenbrooks

    Vorbereitung in Italien (Palestrina) erzählt in verschlüsselter Form von seinen Vorfahren, seiner Familie und der Umwelt seiner Kindheit in Lübeck dennoch weit mehr als eine Verwandtenchronik
Û es ist die über den familiären Bereich ins allgemein Menschliche erhobene Geschichte eines typischen Geschlechts lübeckscher Großkaufleute, dargestellt am Werdegang von 4 Generationen zwischen 1835 und 1876
    Handlung setzt im Zeitraum des beginnenden Verfallsprozesses der heimischen Handelsbougeoise ein endet bei deren Übergang vom Kapitalismus zum Monopolsimus gibt besten Einblick in die Jugendjahre und in das Milieu, in dem er groß geworden ist getragen von satirischer Charakteristik und pessimistischer Metaphysik rhythmische Prosa wird zur subjektiven Poesie, wird leitmotivisch intonierte Melodie auktorialer, anonymer Erzähler

Inhalt:

    Johann Buddenbrook: Inhaber einer angesehenen Lübecker Getreidehandelsfirma 1835 bezog er das neuerworbene Patrizierhaus Geschäfte mit erfolgreicher und heiterer Gelassenheit Tod Û Sohn Konsul Johann Buddenbrook Firma
Û Geschäftsintensität sank
Û Erbteilung des Kapitals
Û verstärkter Konkurrenzkampf m. fortschreitender Industrialisierung
Û es fehlt die Überlegenheit des Vaters
Û familiär Sorgen (Sohn Christian ist labil, hypochondrisch, wenig ernsthaft und strebsam; Tochter Tony fügt sich dem Interesse der Familie und heiratete Bendix Grünlich - unglückliche Ehe - Scheidung - kehrt mit Tochter Erika nach Lübeck zurück)
    Unterstützung durch Sohn Thomas (Û 1855 Geschäft) Tony heiratet in 2. Ehe den Münchner Permaneder - Ehe scheitert - Rückkehr nach Lübeck; Tochter Erika hat auch kein Glück in der Ehe Thomas heiratet die künstlerisch begabte Gerda Arnoldsen - Sohn Hanno Thomas erbaut ein prächtiges neues Haus Jedoch fehlte auch Thomas die Gschäftssicherheit des Großvaters leidet unter dem zwang den Anschein, einer soliden bürgerlichen Existenz wahren zu müssen
findet Zuflucht in Schoppenhauers lebensverneinender Philosophie
hinzu kommt, dass er von Hanno enttäuscht ist, der voll Lebensangst und Menschenfurcht ist
    Weitere familiäre Sorgen: Eskapaden des Bruders Christian, Tod der Mutter, Verkauf des vom Großvater erworbenen Hauses an seinen stärksten Konkurrenten Thomas Buddenbrook stirbt nach einer Zahnextraktion gemäß seines letzten Willens wird die Firma liquidiert Hanno erliegt im Alter von 15 Jahren widerstandslos einer Krankheit

Leser:
In Lübeck: - sahen darin den Niederschlag von 50 jahren Stadtklatsch
- Buch wurde von Hand zu Hand mit einer Entschlüßlungsliste
(Romanfiguren und die entsprechenden vermeintlichen
Vorbilder) weitergegeben
Allgemein: man war entzückt von dem biedermeierlichen Familienalbum, von den
üppigen, ja schwelgerschen Schilderungen des Milieus und übersah die
Dekadenz (Verfall, Niedergang, Ãœberfeinerung, Entartung) und die
immanente Kritik an der bürgerlichen Gesellschaft



7) Meinung anderer

Johannes R. Becher, Akademiepräsident (dt. Akademie der Künste/Berlin) bezeichnet ihn als
"den Meister dt. Sprache, den Sprecher für die Unteilbarkeit deutscher Kultur, den Dichter der ‚Buddenbrooks‘, des ‚Zauberbergs‘, des ‚Felix Krull‘ und anderer von den Idealen der Humanität erfüllter großer Werke unserer Nationalkultur."


    Quellen

    Theo Piana - "Thomas Mann, 1968 Arnold Bauer - "Köpfe des XX. Jahrhunderts. Thomas Mann", 1960 Thomas Mann - "Über mich selbst" Bertelsmann Lexikon

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