Der Fall Barbarossa

Der Fall Barbarossa

Aufbau :


    Einleitung

    Die Vorgeschichte des Ostfeldzuges Der Hitler - Stalin Pakt Hitlers Blick nach Osten
2.3 Molotows Besuch in Berlin
2.4 Der Irrtum Stalins
2.5 Die Vorbereitung des Falles Barbarossa

3. Der Verlauf des Ostfeldzuges



    Einleitung

Dieses Referat befaßt sich mit den Fragen, weshalb Hitler trotz des noch nicht gewonnenen Krieges mit England das verbündete Rußland angriff, weshalb Stalin unerschütterlich an den deutschen Friedenswillen glaubte, warum die deutsche Offensive anfänglich so immense Erfolge verbuchen konnte, wie Hitlers Pläne mit einer besiegten SU aussah und schließlich, warum der Ostfeldzug scheiterte .


    Der Hitler - Stalin Pakt

Seit Abschluß des Hitler - Stalin Pakts vom 22.8.1939 waren Deutschland und die SU Verbündete. In dem Vertrag verpflichteten sich beide Seiten den jeweiligen Vertragspartner unter keinen Umständen anzugreifen und im Falle des Angriffs einer dritten Macht Neutralität zu wahren. Ein geheimes Zusatzprotokoll grenzte Interessenssphären der beiden Staaten in Osteuropa ab. Die sowjetische Interessensphäre umfaßte Finnland, Estland, Lettland und Bessarabien .
Deutschland und die SU teilten sich Polen, die Grenzlinie bildeten die Flüsse Pissa, Narev, Weichsel und San .
Folgende Kalküle bewegten die Führer der ideologischen Todfeinde zum Abschluß des Paktes :
Hitlers Kalkül war
    Bei dem geplanten Angriff auf Polen einen Zweifrontenkrieg zu vermeiden
( Britisch - Französische Garantieerklärung für Polen )
    Die Isolierung Polens Die drohende britische Seeblockade im Rückblick auf die Hungersnöte des ersten Weltkrieges durch garantierte Rohstofflieferung ( insbesondere kriegswichtiger Güter ) zu umgehen .
Stalin hatte vor allem das Ziel, die SU aus dem drohenden Krieg zwischen den kapitalistischen und faschistischen Mächten herauszuhalten, um dadurch folgende Möglichkeiten zu erhalten :
    Die durch die Säuberung seit dem Frühjahr 1937 in der Führung stark geschwächte rote Armee wiederaufzubauen ( bis Ende 1940 wurden 50000 Offiziere ermordet und mehr als 60000 verhaftet bzw. nach Sibirien verbannt ). Die Vormachtstellung in Europa zu erlangen, da die anderen Mächte sich durch den Krieg gegenseitig schwächten ( Mögliches Offensivziel war es, das geschwächte Westeuropa als "lachender Dritter" zu überrennen. Die Kleinstaaten, die in der ihm von Hitler zugesicherten Interessenssphäre lagen, gefahrlos zu annektieren, da die Westmächte nicht mehr als Schutzmacht auftreten konnten .

Bei Stalin lässt sich also ein ambivalentes Kalkül mit defensiven als auch offensiven Elementen erkennen. Kurzfristig plante Stalin den militärischen und wirtschaftlichen Wiederaufbau der SU, sowie den gefahrlosen Ausbau des eigenen Machtbereiches in Osteuropa. Langfristig erhoffte er sich die Möglichkeit einer Expansion nach Westeuropa und damit zu den Meerengen .
Mit dem Abschluß des geheimen Zusatzprotokolls, das Hitler schließlich den Angriff auf Polen ermöglichte, trägt Stalin eine Mitschuld für den Zweiten Weltkrieg .
In seiner außenpolitischen Planung übersah Stalin jedoch, dass Hitler Verträge nur so lange einhielt, wie sie seinen Zielen dienlich waren. Zudem überraschte ihn der schnelle Sieg Hitlers über Frankreich ( Stalin hatte einen 1 - 2 Jahre dauernden kräfteverzehrenden Stellungskrieg ähnlich wie dem im Ersten Weltkrieg erwartet ) .
Bereits im dritten Punkt des Vertragstextes des geheimen Zusatzprotokolles waren zukünftige Spannungen zwischen den beiden Mächten verankert :

"3. Hinsichtlich des Südosten Europas wird von sowjetischer Seite das Interesse an Bessarabien betont. Von deutscher Seite wird das völlige Desinteressement an diesen Gebieten erklärt."

Die unexakte Formulierung Ribbentrops im obigen Zitat machte mehrere Interpretationen des Vertrages möglich :
Die SU legte es als völliges Desinteresse Deutschlands am gesamten Balkan aus, während Deutschland der Auffassung war, nur das Desinteresse an Bessarabien bekundet zu haben .
Nach dem schnellen Sieg über Frankreich trat dieses Mißverständnis zwischen den beiden Vertragspartnern offen zu Tage. Stalin annektierte die Baltenstaaten und Bessarabien, aber auch die im Vertrag nicht erwähnte, zum damaligen Rumänien gehörige Bukowina, sowie die Ukraine in der Deutsche lebten. Für die deutsche Rüstungsindustrie waren die rumänischen Ölfelder zudem unabdingbar. Das deutsch - russische Verhältnis zu diesem Zeitpunkt charakterisierte der russische Vizeaußenminister Dekanossow wohl am treffendsten : " Unsere Freundschaft mit Deutschland gleicht der zwischen zwei hungrigen Kötern, die den selben Knochen haben wollen ."


    Hitlers Blick nach Osten

Bereits Ende Juni 1940 begann Hitler mit dem Gedanken zu spielen, zunächst die SU anzugreifen, noch bevor der Krieg mit England gewonnen war. Sein Traum, nach dem raschen Sieg über Frankreich einen Ausgleich mit England zu erreichen und sich doch noch die Welt mit dem Empire zu teilen ( Deutschland sollte Kontinentalmacht in Europa und Kolonialmacht in Afrika werden, während England seine Herrschaft in Übersee behalten sollte ), schlug angesichts der Kampfentschlossenheit Churchills fehl. Aus Angst vor einem Mißerfolg scheute Hitler jedoch die Invasion Englands ( "Operation Seelöwe" ) und auch an einen entscheidenden Erfolg der kommenden Luftschlacht glaubte er nicht. Statt dessen erklärte er sich die Widerstandskraft Englands durch dessen Hoffnung auf einen baldigen Kriegseintritt der U.S.A. bzw. der SU. Da die U.S.A. durch den Krieg mit Japan gebunden war, blieb als einzig möglicher Bündnispartner die SU. Hitler hoffte, doch noch einen Frieden mit England aushandeln zu können, nachdem man England die Hoffnung auf baldige Unterstützung genommen hatte ( Sieg über die SU ). Hitler wollte England also "den letzen Degen auf dem Festland" wegnehmen .
Sicherlich hatte bei Hitler auch der schnelle Sieg über Frankreich ( die stärkste Militärmacht Europas ) zu diesen Überlegungen geführt. Auch seine Generäle, deren Haltung sich durch den raschen Sieg positiv gegenüber weiteren Eroberungen gewandelt hat, bestärkten ihn in seinen Plänen .
Zudem war die Rote Armee durch die noch immer anhaltteden Säuberungen im Führungskorps stark geschwächt. Für die nächsten Jahre war jedoch mit dem Aufbau eines neuen Führungskorps und dem wirtschaftlichen Aufbau ein Wiedererstarken der SU zu erwarten. Je früher der Zeitpunkt des Angriffs auf die SU festgelegt wurde, der gemäß der Lebensraumideologie der Nazis notwendig war, desto größer waren die Chancen auf einen Sieg. So ist die folgende Einschätzung des Marshalls Wassilewskij richtig : "Ohne 1937 hätte es vielleicht kein 1941 gegeben" .
Gemäß dieser Überlegung wandelte sich Hitlers Politik gegenüber der SU zu einer Politik der Provokation :
So wurde Hitler mit den wirtschaftlichen Gegenlieferungen an die SU säumig, konsultierte die SU nicht, als er im Spätsommer 1940 einen Krieg zwischen Ungarn und Rumänien verhinderte ( Er garantierte die Grenze Restrumäniens und schickte Truppen in das Land ) und er belieferte die Finnen ( ehemaliger Kriegsgegner der SU ) mit Waffen. Am 26.Sept.40 schloß Deutschland mit Italien und Japan einen Dreimächtepakt ab, wobei der Kreml erst am Abend vor der Unterzeichnung in Kenntnis gesetzt wurde. Dieser Dreimächtepakt, der auf dem 1936 abgeschlossenen Anti - Kominternpakt basierte, sollte die U.S.A. nach deutschen Aussagen vom Kriegseintritt abhalten. Die SU reagierte trotzdem heftig, da sie in dem Pakt eine mögliche Bedrohung der eigenen Grenzen sah ( evt. Zusammenarbeit von Deutschland und Japan gegen die SU ). Da Deutschland der SU wegen des kommenden Winters nicht drohen konnte, wurde der russische Außenminister Molotow nach Berlin eingeladen, um die aufgetretenen Konflikte zu klären und evtl. einen Beitritt der SU zum Dreimächtepakt zu verhandeln. Angesichts der Überlegungen Hitlers muss dieses Angebot wohl als Finte angesehen werden, die die SU in Sicherheit wägen sollte.
Hitlers Kriegsziel war die Gewinnung des Baltikums, des österreichischen Gallicien, der Bialystoker Forsten, der Wolgakolonien, der Krim mit großem Hinterland, der erdölreichen Gebiete um Baku, der Halbinsel Kola im Norden ( Nickelvorkommen ), Finnland und Norwegen sollten deutsche Bundesländer werden ( praktisch sollten alle Gebiete bis zum Ural erobert werden ) .
Die eroberten Gebiete sollten gemäß der "Lebensraumtheorie" von deutschen Siedlern besiedelt werden. Voraussetzung war dafür jedoch die Dezimierung bzw. Ausweisung aller bisher dort lebenden Völker. Insgesamt sollten
30 000 000 Slawen durch Seuchen ( keine Impfungen ), Geburtenkontrollen, Hunger ( aus der Ukraine sollte jährlich 8 - 10 Millionen Tonne Getreide gewonnen werden, was eine mangelnde Versorgung der einheimischen Bevölkerung voraussetzte ) und Versklavung getötet werden. Außerdem wollte Hitler die Metropolen Moskau und Leningrad vollkommen zerstören. Der Generalplan Ost beinhaltete folgende Ziele :
    Platz schaffen für 100 000 000 germanische Siedler durch Ausrottung bzw.
Ausweisung breiter Bevölkerungsteile, "wertvolle Bestandteile" ( Blonde und
Blauäugige ) der einheimischen Bevölkerung sollten "eingevolkt" werden .
2. Ca. 300 km östlich des Urals sollten deutsche "Wehrbauern" eine ewig
bewegliche Wehrgrenze unterhalten, um die "Wehrhaftigkeit" der Deutschen
auch für die Zukunft zu erhalten.
    Bei der Besiedlung sollten ehemalige Frontsoldaten und SS - Leute bevorzugt werden .
Der Plan der Ausrottung der einheimischen Bevölkerung zeigte sich bereits in der brutalen Kriegsführung der Wehrmacht und dem geplanten Massenmord an russischen Kriegsgefangenen ,was schließlich zum kollektiven und rücksichtslosen Widerstand der Roten Armee und auch der nichtrussischen Bevölkerungsteile führte .

2.3 Molotows Besuch in Berlin

Am 12.11.40 traf Molotow in Berlin ein um das konfliktgeladene Verhältnis zwischen den beiden Großmächten zu entspannen. Im ersten Gespräch versuchten Hitler und Ribbentrop von den eigentlichen Problemen ( sich überschneidende Interessensphären in Südosteuropa ) abzulenken, indem sie einen baldigen Sieg über England und die darauf folgende Aufteilung Afrikas unter Deutschland und Italien, sowie Japan als Macht in Südostasien ankündigten und der SU als neuen Expansionsraum Britisch - Indien zu Verfügung stellten. Im zweiten Gespräch gelang es Molotow jedoch, die sowjetischen Interessen zur Sprache zu bringen :
    Freie Hand in Finnland und Rumänien Schutzherrschaft über Bulgarien Stützpunkte am Bosporus.

Für die deutsche Rüstungsindustrie waren das rumänische Öl und die finnischen Nickelvorkommen absolut notwendig, außerdem wurden die mit der SU verfeindeten Staaten Finnland und Rumänien, wo bereits deutsche Truppen stationiert waren, als zukünftige Bündnispartner im geplanten Ostfeldzug angesehen .
Dass Hitler die russischen Forderungen propagandistisch nutzte, um sich als Retter des Abendlandes vor dem ( expansiven ) Bolschewismus zu präsentieren, sowie seine Weigerung, die russischen Forderungen ernsthaft zu diskutieren und sein undiplomatisches Auftreten ( er erschien nicht zum Empfang in der russischen Botschaft ) hätten Molotow eigentlich am deutschen Friedenswillen zweifeln lassen müssen .
Im dritten und letzten Gespräch, das Molotow allein mit Ribbentrop führte, forderte Molotow die russische Vorherrschaft auf dem Balkan und Stützpunkte in dem vom Deutschen Reich besetzten Dänemark, außerdem bekundete er russisches Interesse an Ungarn und stellte die schwedische Neutralität in Frage. Da die deutsche Seite nicht auf diese Forderungen einging, blieben die Gespräche ohne Ergebnisse .


    Der Irrtum Stalins

Trotz der unergiebigen Gespräche in Berlin setzt Stalin weiterhin auf einen Ausgleich mit Deutschland. Wie wichtig ihm die friedliche Beziehung zu Deutschland war, zeigte er damit dass er seinen Vize - Außenkommissar ( Dekanossow )
als Botschafter nach Berlin schickte und neue Verhandlungen über wirtschaftliche Abkommen führte. Der Höhepunkt dieses einseitigen Verständigungskurses war das Memorandum der SU an Hitler vom 25.11.40, in dem Stalin die abgemilderten Bedingungen für einen Beitritt zum Viermächtepakt nennt :
    Rückzug der deutschen Truppen aus Finnland, geknüpft an das Versprechen der SU, Finnland nicht erneut anzugreifen. Zustimmung zur Entsendung sowjetischer Truppen nach Bulgarien Einrichtung militärischer Stützpunkte am Bosporus Die SU sollte das Gebiet von Baku und Batum in Richtung des Persischen Golfes erhalten .
Der Punkt 4 des Memorandums war ein kaum verhülltes Angebot an D für ein gemeinsames Bündnis, da sich die SU mit einem Vorstoß zum persischen Golf unweigerlich die Feindschaft der U.S.A. und England zugezogen hätte, deren Wirtschaft vom persischen Öl abhängig war .
Göring sah in diesen Angebot die Chance, die SU in einen direkten Konflikt mit England bringen zu können, indem man dessen Vorstoß in Richtung Finnland und Dardanellen ( Inseln vor dem Bosporus ) duldete. England hätte auf einen sowjetischen Versuch, den seit Jahrhunderten angestrebten Zugang zu den Meeren zu erlangen, unbedingt reagieren müssen um die eigene Seeherrschaft für die Zukunft zu behaupten .Hitler ignorierte jedoch die Möglichkeit eines deutsch russischen Zusammengehens und antwortete gar nicht erst auf das Memorandum .
Diese Reaktion Hitlers zeigte nur zu deutlich, dass der Angriff auf die SU für ihn beschlossene Sache war. Doch diese beleidigende Reaktion bzw. Nichtreaktion Hitlers hätte Stalin eigentlich aufschrecken müssen, aber die Verbissenheit in seine außenpolitische Konzeption ( "als lachender Dritter" in den Krieg eingreifen, nachdem Wirtschaft und Militär wiederaufgebaut sind ), die darauf basierte, die SU zunächst unbedingt aus dem Krieg herauszuhalten, machte ihn blind gegenüber deutlichen Hinweisen und Gerüchten über einen deutschen Angriff. Für das Festhalten an seinem Kalkül war Stalin bereit, weitgehende Konzessionen gegenüber den Deutschen zu machen, wie die Reaktion der SU auf die im April 1941 beginnenden Streitigkeiten mit Deutschland um den Balkan zeigt .
Auslöser für den Konflikt, dessen Keim bereits im Punkt 3 des geheimen Zusatzprotokolles des Hitler Stalin Paktes verankert (siehe 2.1 ) war, war der fehlgeschlagene italienische Angriff auf Griechenland und Albanien, der Deutschland zu militärischen Eingreifen zwang:
Am 1.März.1941 beginnt der deutsche Einmarsch in Bulgarien, das die SU als Teil seiner "Sicherheitszone" ansieht .
5.April.1941 Beginn des deutschen Angriffs auf Jugoslawien als Reaktion auf die Unterzeichnung eines sowjetisch jugoslawischen Neutralitäts - und Freundschaftsvertrag .
Bereits am 12.April siegte die Wehrmacht über Jugoslawien, wenige Tage später fällt auch Griechenland .
Stalin, der die Wehrmacht erneut unterschätzt hatte, war von dem Blitzsieg der Deutschen auf dem Balkan schockiert und reagierte mit einer Beschwichtigungspolitik ( Ausweisung der norwegischen, belgischen und griechischen Exilregierungen ; Widerrufung des Vertrages mit Jugoslawien ; Anerkennung, der mit deutscher Hilfe an die Macht gekommenen Putschregierung im Irak und Entsendung eines Botschafters zur französischen Kolaborationsregierung in Vichy ). Der Abschluß eines sowjetisch - japanischen Neutralitätsvertrages stärkte hingegen die strategische Lage Rußlands, das von nun an keinen japanischen Einfall in Sibirien fürchten musste .
Stalin hatte die sowjetischen Interessen auf dem Balkan aufgegeben, um die für seine außenpolitische Planung unbedingte Notwendigkeit, die SU für die kommenden Jahre aus einem Krieg herauszuhalten, zu erfüllen .
Dass die sowjetische Führung, die Gerüchte und Hinweise auf einen baldigen deutschen Angriff ignorierte bzw. als Desinformation Englands bzw. Deutschlands auslegte, falls sie sie überhaupt wahrnahm, hat mehrere Gründe :
    Für Stalin war sein außenpolitisches Kalkül zum Dogma geworden, er paßte das auf Jahre ausgelegte Programm nicht den aktuellen Gegebenheiten an, sondern hielt unbedingt daran fest. Stalins heftige Reaktionen, auf ihm überbrachte, negative Informationen, hatte zur Folge, dass seine Mitarbeiter die Information filterten bzw. beschönigten, Stalin war somit falsch und unvollständig informiert. Dadurch hatte Stalin gar nicht die Voraussetzungen, die außenpolitische Lage richtig einzuschätzen. Stalin dachte noch immer in ideologischen Dimensionen : Er fürchtete eher einen Angriff Englands bzw. ein deutsch - britisches Bündnis als einen deutschen Überfall, da er fest daran glaubte, dass Hitler aus dem Fehler der deutschen Heeresleitung im 1. Weltkrieg gelernt hatte und keinen Zweifrontenkrieg riskieren würde, obwohl ihm Hitlers Ziel der "Lebensraumgewinnung im Osten" bekannt war. Diese Annahme war für Stalin und seine Untergebenen Fakt, wie folgender Ausspruch des sowjetischen Innenministers beweist :
" Für uns alle ist es ein Gesetz, dass es 1941 keinen Krieg geben wird".
    Die Desinformation der sowjetischen Führung wurde durch die deutschen
Verschleierungstaktiken noch erhöht ( s. 2.5 ) .
Bezeichnend für die starre Haltung des Kremls, alle Kriegsgerüchte als Desinformationen zu werten, die Rußland zu unbedachten Schritten verleiten sollten, war die Reaktion des stellvertretenden sowjetischen Außenministers Dekanossows als auch Stalins auf die Eigeninitative des deutschen Botschafters Schulenburg. Dieser versuchte Stalin durch konkrete Hinweise zu Verhandlungen mit Hitler zu veranlassen und so einen Krieg zu vermeiden. Bei diesem Landesverrat ging Schulenburg im Gespräch mit Dekanossow sogar soweit, dass er den drohenden Krieg fast direkt ankündigte : " Man muss mit den ( Kriegs - ) gerüchten wie mit einer Tatsache umgehen ". Dekanossow glaubte nicht an die Aufrichtigkeit der Initiative Schulenburgs, da er sich nicht vorstellen konnte, dass dieser sein Leben für die Erhaltung des Friedens riskiere, Statt dessen glaubte er, dass Schulenburg im Auftrag Hitlers handele, um Stalin zu verunsichern .

    Die Vorbereitung des Ostfeldzuges

Während Stalin alle Anzeichen eines deutschen Überfalls ignorierend, nichtsahnend den Krieg im Westen beobachtete, wurde der Ostfeldzug auf deutscher Seite bereits vorbereitet .
Am 18.12.1940 ( nur 23 Tage nach Eingang von Stalins Memorandum ) unterschrieb Hitler die Weisung 21, die die Vorbereitung des "Falles Barbarossa" befahl .
Die durch die schnellen Siege gegen Frankreich und auf dem Balkan entstandene Selbstüberschätzung der eigenen militärischen Stärke, sowie die Unterschätzung der Stärke der Roten Armee führten zu einer mangelhaften Vorbereitung des Ostfeldzuges. Hitler meinte nach dem Sieg über die stärkste Armee Europas ( Frankreich ) nun spielend mit der führungslosen Roten Armee fertig werden zu können. Am Vorabend des deutschen Überfalls fehlten der Roten Armee 66000 Offiziere, die meisten neuen Offiziere waren noch sehr unerfahren, außerdem hatte sich unter den Offizieren Denunziantentum, Verantwortungsscheu und Mißtrauen breitgemacht.
Die grenzenlose Unterschätzung der militärischen Stärke Rußlands durch Hitler und der Generialität gründete nur auf dem schlechten Abschneiden der Roten Armee im Finnlandkrieg 38/39 und dem Wissen um die Säuberungen. Konkrete Informationen über Stärke, Qualität und Ausrüstung der Roten Armee fehlten jedoch. Somit wurden mögliche Rückschläge und die Möglichkeit eines Winterkrieges nicht berücksichtigt :
Für den Sieg über die SU wurden 180 Divisionen ( 3 000 000 Soldaten ) veranschlagt .
Bis zum September 1941 wurden 475 000 Mann Verlust einkalkuliert, denen aber nur eine 385 000 Mann starke Reserve gegenübergestellt wurde .
Die Ostarmee wurde nur mit Munition für ein Jahr und Waffen und Geräte für 3 Monate ausgerüstet .
Fehlende Kapazitäten in der Rüstungsindustrie wurden durch den Einsatz von im Westfeldzug erbeuteter und nicht vollständiger Ausrüstung ausgeglichen ( Von einer Ausweitung der Kapazitäten der Rüstungsindustrie wurde aus Angst vor wachsender Unzufriedenheit unter der Bevölkerung abgesehen, wegen des noch nicht gewonnen Krieges gegen England konnte die Rüstungsindustrie jedoch nicht ausschließlich für den Ostfeldzug produzieren ) .
In der Rüstungsindustrie arbeitende Frontsoldaten wurden durch unerfahrene und nicht geschulte Soldaten ersetzt .
Die Folgen des Mangels an Ausrüstung zeigten sich am Vorabend des Ostfeldzuges :
    40 % der Infanterie und 25 % der Panzerdivisionen waren nicht einsatzbereit Nur 26 von 152 Division hatten ausschließlich deutsche Fahrzeuge, die übrigen Divisionen nutzen Beutefahrzeuge unterschiedlicher Fahrzeugtypen ( Ersatzteilproblem ). LKW und Panzer hatten Treibstoff für 2 Monate ( Dieser Treibstoffmangel zwang die Wehrmacht zur Eroberung der Ölfelder von Baku, was schließlich zur Katastrophe von Stalingrad führte ) .
Die mangelnde Vorbereitung des Ostfeldzuges ist neben dem wachsenden Widerstand der SU der Hauptgrund für das Scheitern des Ostfeldzuges, da die Wehrmacht im Winter durch das Fehlen adäquater Ausrüstung in ihren Handlungsmöglichkeiten stark eingeschränkt war und deren Taktik durch den auch den Russen bekannten Treibstoffmangel berechenbar war. Der Ostfeldzug war somit bereits verloren, bevor er überhaupt begonnen hatte .
Propagandistisch wurde der Ostfeldzug seit Beginn 1941 durch diverse von Göbbels erdachte Täuschungsmanöver vorbereitet :
Durch Abwehrspione wurden im Ausland gezielt Falschmeldungen über geplante Angriffe auf englische Mittelmeerstützpunkte bzw. die Invasion Englands verbreitet. Zur Untermauerung dieser Falschmeldungen wurde Dover am 1.Mai.41 mit Fernartillerie beschossen. Die Verlegung von Truppen nach Polen wurde mit den englischen Luftangriffen auf Deutschland begründet. Höhepunkt der Täuschungsaktionen ist der 13. Juni, an dem Göbbels den Völkischen Beobachter bis auf wenige Exemplare beschlagnahmen ließ. Der dort abgedruckte Artikel "Kreta als Beispiel" sollte die SU glauben lassen, dass das nächste Kriegsziel die Invasion Englands sei .


3. Die Verlauf des Ostfeldzuges


In den ersten Wochen des Krieges konnten die Deutschen immense Erfolge verbuchen. Gründe hierfür waren sicherlich nicht nur das Überraschungsmoment des Angreifers, sondern auch die sich bemerkbar machende Führungsschwäche der Roten Armee, die anfängliche Unterstützung der Deutschen durch Balten und Ukrainer, die die Deutschen zunächst als Befreier ansahen, als auch die Millionen übergelaufener Rotarmisten ( Unzufriedene Kulaken, Freunde hingerichteter Offiziere und von Stalin enttäuschte Jungkommunisten ). Die deutschen Erfolge waren so groß, dass Stalin sogar einen Frieden nach dem Muster von Brest - Litowsk erwogen haben soll .
Das Auftreten der Deutschen in den besetzten Gebieten als auch die Tatsache, dass Überläufer trotz des deutschen Versprechens von guter Behandlung nicht anders als gefangene Soldaten behandelt wurden ( von den 1941 3 350 000 Gefangenen lebten am 1.2.1942 nur noch 40 %, die übrigen waren entweder an Hunger, Durst oder Erschöpfung gestorben bzw. erschossen oder in KZ getötet wurden ), verstärkte den Widerstand. Nachdem die einheimische Bevölkerung erkannt hatte, dass die Deutschen nicht als Befreier, sonder als brutale Besatzer auftraten, wandelte sich ihre Haltung zu offener Feindschaft und es bildeten sich Partisanengruppen, die hinter der Front Sabotage durchführten. Die sowjetischen Soldaten leisteten von nun an unerbittlichen Widerstand, da ihre Angst vor der Gefangenschaft, die den Tod bedeutete, groß war. Grund für die Brutalität der Wehrmacht war die Wehrmachtspropaganda, die den russischen Soldaten als hinterhältig, sadistisch, animalisch, gefühllos und unberechenbar charakterisierte. Vermutlich sollte bereits durch die brutale Kriegsführung die Voraussetzung für die Besiedlung der eroberten Gebiete geschaffen werden. Die eskalierende Grausamkeit des Krieges zeigte sich in dem deutschen Befehl, russische Offiziere und Kommissare zu erschießen, in dem Recht deutscher Offiziere alle als Partisanen verdächtigte hinrichten zu lassen, in dem Recht der Battalionskommandeure, Kollektivstrafen verhängen zu können ( Massenerschießungen und Vernichtung ganzer Dörfer ), sowie in der Tatsache, dass deutsche Soldaten bei Vergehen gegen die Bevölkerung nicht bestraft wurden .
Der sowjetische Widerstand verhärtete sich nicht nur aufgrund der sich gewandelten Einstellung von Soldaten und Bevölkerung gegenüber den Deutschen, sondern auch durch Stalins rücksichtslose Kriegsführung. So wurden auch halb ausgebildete Soldaten eingesetzt, Generäle, die versagt hatten, wurden erschossen und sich zurückziehende wurden von "Sperrdivisionen" aufgehalten. Folge davon waren die ungeheuren Verluste auf sowjetischer Seite, die offiziell mit 18 500 000 Toten unter der Bevölkerung und 8 500 000 gefallenen Soldaten, von den 3 300 000 in deutscher Gefangenschaft umkamen, angegeben wurden .

3475 Worte in "deutsch"  als "hilfreich"  bewertet