Kommunikation beim Menschen und ihre Verbindung zum Tierreich

Grundlagen

Kommunikation setzt die Abstimmung von Sender und Empfänger voraus. Der Mensch besitzt als stammesgeschichtliche Anpassung eine vorgegebene Reihe von Signalen, und er kann sie aufgrund angeborener Auslösemechanismen (AAM) auch verstehen. Diese Signale sind für die Steuerung sozialen Zusammenlebens sehr wichtig, und durch sie kann sich der Mensch auch über kulturelle Barrieren hinweg verständigen.

Die Antwort auf soziale Signale (z.B. das Lächeln eines Mitmenschen) ist oft reflexhaft. Die Ausdrucksbewegungen können aber auch bis zu einem gewissen Grad willentlich beherrscht werden, um ein bestimmtes Ziel zu erreichen. Man kann jedoch feine Unterschiede zwischen tatsächlichen und vorgetäuschten Gefühlsausdrücken erkennen (bei einem ehrlichen Lächeln wird z.B. der Orbitalmuskel stärker kontrahiert).

Die Interaktionen des Menschen werden von einem hierarchisch organisierten Regelsystem kontrolliert. Er lernt auf verschiedenen Ebenen seines kommunikativen Systems. Zu den stammesgeschichtlich vorgegebenen Regeln kommen kulturelle Konventionen, und durch die Wortsprache kann er über nicht Vorhandenes, Vergangenes, Zukünftiges und Vorgestelltes sprechen. Auch Wissen kann allein mit Hilfe dieses Signalsystems weitergegeben werden, und sehr wichtig ist das verbale Handeln (bitten, streiten, werben). In diesem Fall wird das verbale Verhalten nach den gleichen Regeln strukturiert wie nichtverbale Handlungen. Die Vielfalt der Ausdrucksmöglichkeiten erlaubt Meldungen über verschiedene Kanäle zu senden, wodurch widersprechende Mitteilungen gemacht werden (z.B. eine schlechte Nachricht durch ein Lächeln mildern) können.

Sender und Empfänger bilden eine funktionelle Einheit. Das heißt aber nicht, dass beides stammesgeschichtliche Angepasstheit betreffend angeboren sein muss. Es besteht die Möglichkeit, dass die Bedeutung einer angeborenen Ausdrucksbewegung individuell jedes Mal neu gelernt werden muss. Auf der Empfängerseite läge dann eine erworbene Passung vor. Es kann aber auch umgekehrt sein, dass die stammesgeschichtliche Anpassung in der Wahrnehmung des Empfängers sitzt und, als Vorurteil der Wahrnehmung, bestimmten Reizen Signalbedeutung zuweist. So kann man die modische Betonung der männlichen Schultern in verschiedenen Kulturen auf die Existenz eines angeborenen Auslösemechanismus, der ursprünglich auf bestimmte morphologische Merkmale des Mannes passte, die aber später einer Rudimentation erlagen, zurückführen.

Ausdrucksbewegungen sind Indikatoren emotioneller Zustände und spezifischer Handlungsbereitschaften. Sie können sich in vielfältiger Weise überlagern und bilden so zahlreiche Mischformen der Hauptkategorien (Freude, Angst, Wut, Überraschung, Schmerz, Interesse, Scham, Ekel und Verachtung).

Der Mensch kommuniziert hauptsächlich über akustische und visuelle Signale. Taktile und geruchliche Signale sind in persönlichen Beziehungen und möglicherweise als tonische (dauerwirksame) Signale wichtig.

Geruchliche Kommunkation

Bereits im Alltag kann man die Bedeutung der geruchlichen Kommunikation erkennen. Wenn man z.B. jemanden nicht mag, sagt man oft: "Ich kann ihn nicht riechen"

Die Wirkung der männlichen Pheromone Androstenon und Androstenol auf Frauen und Männer wurde von verschiedenen Wissenschaftern untersucht. Diese Stoffe kommen im Urin, Fettgewebe und Achselschweiß vorwiegend bei Männer vor. Androstenol, das nicht unangenehm riecht (es kann als Geruch nach Moschus oder Sandelholz interpretiert werden), findet man in frischem Urin und Achselschweiß. Bakterien und Luft oxidieren es zu dem mehr urinartig riechenden Androstenon. Kirk-Smith entdeckte, dass Männer unbewusst mit Androstenon besprühte Stühle mieden, während sie Frauen bevorzugten. Außerdem ließ er Versuchspersonen beiderlei Geschlechts Fotografien von Frauen und Männern beurteilen. Personen, die dem Androstenol ausgesetzt waren, bewerteten sie positiver und sexuell attraktiver als Kontrollpersonen. Frauen stuften die Personen sogar verteidigungsbereiter ein. Daraus kann man schließen, dass Androstenol Einfluss auf das sexuelle Verhalten, die Aggression und auf die Bindebereitschaft (Freundlichkeit) hat. Gustavson hingegen fand heraus, dass Männer negativ auf Androstenol reagierten. Denn sie mieden in einem Waschraum die damit besprühten Schränke zur Kleiderablage, während Frauen unbeeinflusst davon waren. Grammer meinte, dass Frauen Androstenon negativ beurteilen. Allerdings wird dies zum Zeitpunkt der Ovulation aufgehoben, womit die distanzierende Wirkung entfällt, und Androstenol als männliches Sexualpheromon Nahwirkung entfalten könnte.

Die Hauptquelle des Individualgeruchs ist die Achselhöhle. Die Schweißdrüsen geben sehr eiweißreichen Schweiß ab, der durch spezielle Bakterien eines jeden Menschen zu dem persönlichen Geruch umgewandelt wird. Man nimmt an, dass genetische Faktoren dafür verantwortlich sind, da eineiige Zwillinge für Spürhunde fast ununterscheidbar riechen. Die Achselhaare verteilen die Duftstoffe, denn enthaarte Achselhöhlen riechen deutlich weniger stark. Die Menschen können sich untereinander am persönlichen Geruch erkennen. Schaal entdeckte, dass sowohl bereits zwei Tage alte Säuglinge ihre Mütter als auch die Mütter ihre Säuglinge am Geruch erkennen. Ebenso können Geschwister einander und Eltern die Geschwister untereinander am Geruch unterscheiden. Auch Männer und Frauen sind durch den Geruch unterscheidbar.

Die menschlichen Gerüche sind dauerwirksame Signale, die einstimmen und binden oder abweisen. Sie werden in der anonymen Gesellschaft durch Desodorantien (Parfum) maskiert, wodurch vor allem die geruchlichen Geschlechtsunterschiede wegfallen.

Der Mensch hat ein ausgezeichnetes Langzeitgedächtnis für Gerüche. Daran kann man die bindende Wirkung von Gerüchen erkennen. Außerdem spielt der Geruchsinn durch vorwiegend unbewussten Einfluss und starken Bezug zur Emotionalität eine große Rolle auf den verschiedenen Bindungsebenen des Menschen, z.B. Mutter-Kind-Bindung, Partner-Bindung, Heimat- oder Ortsbindung.

Die kommunikative Funktion des Körpergeruches wird unter anderem durch Schweißrituale belegt. Eibl-Eibesfeldt berichtet folgendes: "Bei den Gidjingali in Arnhem Land (Australien) beobachtete ich, wie ein Mann, der sich von einem anderen verabschiedete, mit beiden Händen unter seine Achselhöhlen griff, Schweiß abrieb und ihn dann mit den Handflächen auf die Körperseiten des Grußpartners wischte. Bei den Trancetänzen der Gwi filmte ich, wie Trancetänzer ihren Achsel- und Gesichtsschweiß auf einen Kranken übertrugen. Sie rieben sich auch ihren Kopf mit den Handflächen und übertrugen so auch den Haargeruch. Das Gleiche taten die Frauen in Trance untereinander." Schiefenhövel beobachtete, dass eine Frau eine Gebärende durch wiederholtes Durchziehen eines Farnwedels unter ihrer eigenen Achselhöhle und Bestreichen der Gebärenden unterstützte. Bei diesen Schweißritualen wird durch die Übertragung des eigenen Geruchs Kraft gespendet, denn es findet eine starke Identifikation über den Geruch statt.

Taktile Kommunikation

Universelle tonische Signale wie Streicheln, Tätscheln, Kraulen, Auflegen der flachen Hand und Umarmen wirken beruhigend und stimmen freundlich. Sie sind Mutter-Kind-Signale, werden aber (in dieser Funktion) ins Repertoire der Erwachsenen übernommen (um z.B. Trost zu spenden). Allgemein gewährt der Ranghöhere dem Rangniederen Schutz und Kontakt. Bereits bei Schimpansen kann man dies finden. So ersuchen niederrangige Schimpansen Ranghohe als eine Art von Anfrage um Handkontakt. Ebenso nähern sich Weibchen, die gerade geboren haben, der Gruppe mit dem Jungen unter dem Arm und strecken dem Partner die offene Hand hin. Sie fürchten, dass es angegriffen werden könnte, da es gruppenfremd ist. Wird die hingestreckte Hand vom Partner berührt, beruhigen sie sich.

Körperliche Berührung drückt Rang und Herzlichkeit zugleich aus. Dazu führten Major und Heslin einen Versuch durch: sie ließen Schauspieler von Zuschauern beurteilen. Dabei hielten die Zuschauer solche, die ihre Partner berührten, für selbstbewusster, dominanter und herzlicher als die, die berührt wurden. Weibliche Zuschauer bewerteten die berührenden Schauspieler sogar als attraktiver als die berührten, Männer hingegen sagten genau das Gegenteil aus. Auch wurden Berührer verschiedenen Geschlechts herzlicher empfunden als gleichgeschlechtliche. Daraus kann man folgern, dass bei der einseitigen Berührung dem, der berührt, mehr Ansehen entgegengebracht wird als dem Empfänger der Berührung. Dies wird auf die ursprünglich beschützende Funktion der Berührung zurückgeführt (Mütter schützen ihre Kinder z.B. durch Umarmen). Ein Beispiel dafür sind die Schimpansen. Bei ihnen gewähren Ranghöhere ihren Gruppenmitgliedern durch Auflegen der Hand oder nur durch Berührung der bittend ausgestreckten Hand des Partners beruhigenden Körperkontakt.

Es gibt verschiedene Formen des Handkontaktes, die beim Menschen in Rituale mit bindender Funktion einbezogen worden sind. Die Mitteleuropäer z.B. reichen zum Gruß einander die Hand und verbinden so freundliches Kontaktgewähren mit einem abschätzenden Händedruck. In verschiedenen Grußritualen ist auch das Fassen am Unterarm oder Handauflegen auf Körperregionen (Lenden, Schultern, Kopf) üblich. Die Gebärden des Segnens (Handauflegen auf Distanz) leiten sich davon ab. Betätscheln, Streicheln und Umarmen wird entweder als Verhalten freundlichen Grüßens oder als Muster heterosexueller Kontaktaufnahme empfunden.

Eine Befragung von 208 Studenten in den USA zeigte, wann Berührungen als angenehm oder unangenehm aufgefasst werden. So werden Berührungen eines nahen Freundes des Gegengeschlechts immer angenehm empfunden, bei Berührungen eines Fremden des Gegengeschlechtes gibt es unterschiedliche Meinungen bei Männern und Frauen. Männern ist diese Berührung ebenso angenehm, Frauen hingegen empfinden sie als unangenehm und zudringlich. Bei Frauen ist also der Bekanntheitsgrad für die Bewertung ausschlaggebend, bei Männern das Geschlecht.

Die als Tabuzonen empfundenen Körperregionen hängen sehr vom Geschlecht ab. Dies zeigt sich auch in der Beziehung von Vätern und Müttern zu ihren Kindern. Allerdings wechseln sie auch kulturell. In unserer Kultur ist die Berührung der Genitalregion von Kindern nur im Zuge der Körperpflege gestattet. Yanomami-Mütter und -Väter hingegen streicheln auch die der Kinder des Gegengeschlechtes und küssen diese Region als Ausdruck der Zärtlichkeit.

In bestimmten Situationen fördert häufige Berührung mit der Hand oder häufiger Augenkontakt die Hilfsbereitschaft eines fremden Ansprechpartners. Wird aber beides angewendet, bewirkt es das Gegenteil, da es als aufdringlich empfunden wird.

Soziale Körperpflege ist ein bindendes Ritual geworden. Bereits bei nichtmenschlichen Primaten spielt soziale Hautpflege eine bedeutende gruppenbindende Rolle. Sie wird mit der Hand oder mit dem Mund durchgeführt. Davon leiten sich Verhaltensweisen zärtlicher Kontaktpflege ab. In der Öffentlichkeit unterliegt die soziale Körperpflege kulturellen Tabus. Bei den Eipo lausen nur Gleichgeschlechtliche einander öffentlich. Bei den Yanomami und Buschleuten (San) lausen sich auch Erwachsene unterschiedlichen Geschlechts, aber nur, wenn eine Intimbeziehung besteht.

Orale Formen der Zärtlichkeit sind der Kuss, eine betreuende mütterliche Verhaltensweise, und das Saugen, ein Infantilismus.

Visuelle Kommunikation

Allgemeines

Visuelle Signale haben große Bedeutung, weil Gesicht und Gehör die leitenden Sinne des Menschen sind. Er spricht auf körperliche Merkmale, Mimik und Gestik der Mitmenschen an und beachtet deren Auftreten und Kleidung.

Einige Körpermerkmale sind zur Signalsendung entwickelt worden (z.B. Pausbacken). Andere Merkmale (z.B. Proportionsmerkmale des Kleinkindes) wurden nicht als Signale entwickelt, sondern erlangten durch Anpassungen in der Wahrnehmung der Betrachter Bedeutung. Dadurch spricht der Mensch auf sie an. Bei den sexuellen Merkmalen gilt Ähnliches. Allerdings gibt es auch Merkmale, die nicht eigens als Auslöser entwickelt wurden, dennoch spricht der Geschlechtspartner darauf an. Dies kann über sexuelle Zuchtwahl zur Betonung der wesentlichen Merkmale führen und damit zur Bildung von Auslösern (z.B. konturenbetonende Fettverteilung im weiblichen Körper, Schulterbetonung beim Mann).

Ziernarben, Schmuck und Kleidung haben kommunikative Funktion. Sie heben unter anderem sekundäre Geschlechtsmerkmale hervor und zeigen die Gruppen- und Klassenzugehörigkeit an.

Ausdrucksbewegungen

Bei Tieren entwickelten sie sich meist im Laufe der Stammesgeschichte, beim Menschen sind auch kulturell entwickelte und überlieferte Ausdrucksbewegungen sehr wichtig. Damit Verhaltensweisen im Laufe der Stammesgeschichte zu Signalen entwickelt werden können, müssen sie regelmäßig einen bestimmten Erregungszustand begleiten, wodurch man die Gestimmtheit und Handlungsabsichten des Partners erkennen kann. Dies können nur Begleiterscheinungen des Zustandes sein oder Verhaltensweisen, die ein bestimmte Funktion erfüllen. So entstehen durch Ritualisierung des Fütterungsverhaltens freundliche, bandstiftende Signale. Verhaltensweisen des Angreifens werden dagegen als gefährlich verstanden. Sie warnen Feinde und weisen sie ab (z.B. Beißdrohung, Überfallsdrohung).

Das Zungezeigen ist eine Gebärde der Ablehnung und leitet sich von der Verweigerung der Nahrungsaufnahme ab. So befördern Kleinkinder und Säuglinge, die nicht mehr weiter essen oder überhaupt nicht essen wollen, die Nahrung mit herausgestreckter Zunge (in Verbindung mit einer Spuckbewegung) aus dem Mund oder stoßen sie bereits vorher mit der Zunge weg. Das Züngeln hingegen drückt freundliche Kontaktbereitschaft aus (z.B. beim heterosexuellen Flirt) und leitet sich vom Lecken ab.

Das Gähnen ist ein sehr merkwürdiges Verhalten. Da viele Säugetiere ein dem Gähnen ähnliches Kieferstrecken zeigen, ist es vermutlich stammesgeschichtlich sehr alt. Gähnen steckt an, und dies ist wahrscheinlich auch die Funktion dieser Ausdrucksbewegung. Es soll das Schlafengehen synchronisieren.

Bei der Ritualisierung von Verhaltensweisen zu Signalen treten viele Veränderungen auf. Die Bewegungen werden vereinfacht, rhythmisch wiederholt, und sie variieren nach Intensität. Die Reizschwelle sinkt allgemein. Außerdem werden oft unterstützende organische Strukturen entwickelt (z.B. Mähnen bei Tieren). Beim Menschen erfüllen auch Kleidung, Schmuck und Bemalung diese Funktion. Oft kann die Motivation wechseln (z.B. Sexual- Imponieren hat aggressive Motivation).

Ausdrucksbewegungen sind Indikatoren einer Handlungsbereitschaft. Am Gesichtsausdruck streitender Kinder kann man meist den Gewinner erkennen. Hält einer den Kopf leicht in den Nacken gelegt, sodass sein Kinn etwas angehoben ist, sieht er den Gegner an und hält die Brauen in der Mitte angehoben, dann geht er mit großer Wahrscheinlichkeit als Sieger hervor. Der Verlierer hingegen hält das Kinn senkrecht, die Brauen herabgezogen und vermeidet den Blickkontakt. Bis zum zehnten Lebensjahr sind diese Gesichter ein guter Indikator für den Streitausgang. Sie treten mit zunehmendem Alter weniger auf und werden durch abgekürzte Formen ersetzt. Mit zunehmendem Alter kann der Mensch seine Ausdrucksbewegungen von den Emotionen abkoppeln. Dadurch kontrolliert er die meisten willentlich, obwohl sie meist unwillkürlich aktiviert werden. Dies war eine Voraussetzung für die Entwicklung der Wortsprache.

Mimik

Das Gesicht ist einer der wichtigsten Bezugspunkte in der zwischenmenschlichen Kommunikation, denn man erkennt Mitmenschen vor allem am Gesicht. Die rechte Hemisphäre spielt beim persönlichen Erkennen eine große Rolle, da besonders Schäden in diesem Bereich die Fähigkeit dazu beeinträchtigen. Der Mensch sendet über sein Gesicht Signale (z.B. Stirn in Falten legen, Mundwinkel hochziehen) mit denen er Zustimmung, Ärger und mehr ausdrückt.

Der Blickkontakt hat bereits in der frühen Mutter-Kind-Beziehung große Bedeutung. Der Kontrast von Augenweiß und Iris begünstigt die visuelle Kommunikation, damit kann jede Augenbewegung des Partners wahrgenommen werden. Neben den Augenbewegungen wird aber auch die Änderung der Pupillenweite registriert. Wird etwas wahrgenommen, das positives Interesse auslöst, erweitert sich die Pupille kurzfristig (über den vom Beleuchtungsgrad bestimmten Adaptionswert), bei Ablehnung verengt sie sich. Hess ließ auf Fotografien des gleichen Mädchens die Pupillen verkleinern und vergrößern (durch Retusche). Die Aufnahmen mit den vergrößerten Pupillen löste bei Männern eine stärkere Pupillenerweiterung aus als die mit den verkleinerten Pupillen. In Gesichter mit schematisierten Ausdrücken werden in ein verärgertes Gesicht kleinere Pupillen eingezeichnet als in ein fröhliches.

Es gibt unzählige Gesichtsbewegungen, die durch Kontraktion verschiedener Gesichtsmuskeln gebildet werden. Forscher (Ekman, Friesen, Hjortsjö) beschäftigten sich damit sie zu schematisieren und gewissen Muskeln bestimmte Bewegungen zuzuordnen, z.B. Facial Action Coding System.

Am Beispiel der Ausdrucksbewegung der Augenbrauen kann man die Vielfältigkeit der mimischen Ausdrucksbewegungen sehen. Nach Ekman sind am Zustandekommen der Brauenbewegungen drei Aktionseinheiten beteiligt, die duch Kombinationen sieben verschiedene Ausdrücke ergeben, denen Emotionen zugeordnet sind (Trauer, Überraschung, Interesse, Angst, Ärger,...). Das Augenöffnen bei Aufmerksamkeit (Neugier) mit Brauenheben hat verschiedene Ausdrucksfunktionen:

    Ausdruck der Neugier Brauenheben beim Fragen Brauenheben bei Ãœberraschung:
    Bei ärgerlicher Überraschung ist es Ausdruck von Unmut, Arroganz und Ablehnung (auch sachliches Nein in Griechenland). Bei freudiger Überraschung tritt es oft als Augengruß auf. Dieser ist Ausdruck sozialer Kontaktbereitschaft (in allen Kulturen) und setzt sie auch voraus. Nach hergestelltem Blickkontakt wird der Kopf meist kurz angehoben, die Brauen werden ebenfalls kurz gehoben, gleichzeitig breitet sich ein Lächeln über das Gesicht aus und oft wird abschließend genickt. Das schnelle Brauenheben tritt aber auch beim Flirten, Schäkern mit Kleinkindern, Zustimmen (sachliches Ja bei den Samoa), Danken und Betonen auf.

Der Augengruß kann bei Mutter-Kind-Interaktionen und in Situationen freundschaftlicher Begegnung, wobei es kulturelle Unterschiede gibt, beobachtet werden. Man vermutet, dass er ein ritualisierter Ausdruck freudigen Erkennens ist. Er kommt in Situationen freundlicher Zuwendung und als sprachbegleitende Ausdrucksbewegung (verleiht der verbalen Äußerung Nachdruck) vor. Das schnelle Brauenheben muss vom anhaltenden Brauenheben (als Ausdruck der Ablehnung und Entrüstung) unterschieden werden. Vermutlich handelt es sich um eine angeborene Ausdrucksbewegung (Universalität, Bewegungsablauf und Kontext sprechen dafür). Das langsame Brauenheben drückt Aufmerksamkeit aus. Das Gesichtsfeld erweitert sich und daraus leitet sich das Brauenheben bei Neugier, Überraschung und Frage ab. Aus Zusatzzeichen (z.B. erwartungsvolles Stillhalten) erkennt man, worum es sich handelt. Langsames Brauenheben kann aber auch Entrüstung, Arroganz und soziale Ablehnung ausdrücken (wieder Zusatzzeichen), nur im Mittelmeerraum ist es ein Zeichen des sachlichen Neins. Außerdem ist es ein Ausdruck von Überraschung (man ist z.B. über ein Missverhalten eines Mitmenschen überrascht-entrüstet). Das Zusammenziehen der Brauen drückt Zweifel, Schwierigkeiten oder als Zuhörerreaktion Anfrage um weitere Informationen aus.

Durch Kulturenvergleiche fand man heraus, dass bestimmte Gesichtsausdrücke in verschiedenen Kulturen (auch bei Naturvölkern) weitgehend übereinstimmen und auch verstanden werden. Die Übereinstimmungen gehen bis ins Detail. Obwohl die Gesichtsmuskulatur bei den Rassen unterschiedlich ausdifferenziert ist, gleichen die Gesichtsbewegungen in verschiedenen Kulturen und verschiedenen Rassen einander. Bei Schwarzen, Australiern, Chinesen und Papuas sind die Muskeln grob, gebündelt und wenig differenziert, bei Europäern sind sie hingegen feiner gebündelt und differenziert. Trotzdem sind die Gesichtsausdrücke so ähnlich, dass sie kulturenübergreifend verstanden werden. Zu den meisten Gesichtsmuskeln des Menschen gibt es ähnliche, gleichwertige Homologa bei den Menschenaffen. Individuell variiert die Gesichtsmuskulatur erheblich (z.B. Lachgrübchen"). Weitgehend kulturenübergreifende Übereinstimmungen (sowohl nach Bewegungsablauf als auch nach Bedeutung) zeigen, dass es sich bei vielen der mimischen Ausdrucksbewegungen um stammesgeschichtliche Anpassungen handelt. Dies ergaben auch Untersuchungen an taubblind geborenen Kindern und Neugeborenen. Neugeborene regieren auf süßen, sauren und bitteren Geschmack mit typischen Ausdrucksbewegungen wie Erwachsene.

Es gibt verschiedene Formen des Lächelns (entstehen durch Kontraktion unterschiedlicher Muskeln), die als positives Signal oder als gespieltes Lächeln (meist asymmetrisch), das beschwichtigen soll, vorkommen. Lächeln ist also nicht nur ein Ausdruck guter Laune, sondern auch ein soziales Signal. Kraut und Johnston beobachteten das Verhalten von Personen in einer Kegelbahn. Diese lächelten, wenn sie sozial engagiert waren, also andere Kegelbrüder anschauten oder einen Erfolgstreffer erzielten. Einige Gesichtsausdrücke des Menschen haben bedeutungsgleiche Ausdrücke bei Schimpansen und anderen nichtmenschlichen Primaten, z.B. das Lachen und Lächeln. Bei den nichtmenschlichen Altweltprimaten tritt ein Spielgesicht, das so genannte entspannte Mund-offen-Gesicht, in dieser Situation auf. Es leitet sich von einer Intentionsbewegung spielerischen Zubeißens ab und ist ein Vorläufer des Lachens, das sich beim Menschenkind kontinuierlich aus dem entspannten Mund-offen-Gesicht entwickeln kann. Da dieser Ausdruck sehr dem Lächeln ähnelt, vermutet man, dass beides auf die Beißintention zurückgeht. Dieses kommt als stummes Zähnezeigen schon bei nichtmenschlichen Primaten vor. Entgegen dem freundlichen, submissiven Lächeln ist das Lachen nicht angstmotiviert, sondern freundlich-aggressiv. Die Lautäußerung des Lachens leitet sich von einer alten Verhaltensweise sozialen Drohens ab, bei dem mehrere Gruppenmitglieder gleichzeitig einen gemeinsamen Feind bedrohen. Dieses aggressive Verhalten behält seine ursprüngliche Bedeutung, z.B. gemeinsames Auslachen eines anderen. Es verbindet die Lachenden.

Der Mensch kann vorgegebene Ausdrücke künstlich betonen. So verstärkt er den Gesichtsausdruck der Wut, bei dem die Mundwinkel seitlich geöffnet und herabgezogen werden, durch Auseinander- und Herabziehen der Mundwinkel mit den Fingern. In mitterlalterlichen Gemälden ist es eine aggressive Spottgebärde, die oft mit Zungezeigen verbunden ist. Das Bartweisen ist eine Gebärde des Drohens. Bei Ärger werden mit beiden Händen die Bartenden ergriffen und auseinandergezogen. Als Ausdruck der Verachtung streicht man mit dem Handrücken den Bart von unten her in Richtung der betreffenden Person.

Die willentliche Beherrschung der Mimik und die damit mögliche Maskierung des Ausdrucks erleichtern das reibungslose Zusammenleben von Menschen in Gruppen, aber sie ist auch nicht perfekt.

Gesten, Körperhaltungen und Fortbewegungsweisen

Gebärden untermalen, bilden ab, weisen hin und halten den Konversationsfluss aufrecht. Efron bezeichnete symbolische Darstellungen, bei denen ein Zeichen eine ganz bestimmte Bedeutung hat, als Embleme, wie z.B. Händeausbreiten mit Achselzucken als Ausdruck der Ratlosigkeit, ermahnen mit erhobenen Finger, Lange-Nasezeigen" und Vogelzeigen". Viele Embleme sind rein kulturell gestaltete Bewegungsmuster und kennzeichnen die Bevölkerung bestimmter Gebiete wie Dialekte. Ein Beispiel für das konservative Beharren solcher Merkmale: In Italien fällt die Grenze zwischen Kopfschütteln und Verneinen durch Zurückwerfen des Kopfes mit der alten griechischen Besiedlungsgrenze zusammen.

Zur Erregungsabfuhr kann man bei allen Menschen (in verschiedenen Kulturen) Bewegungen beobachten, die man als Übersprungsbewegungen" deuten kann, z.B. bei Verlegenheit am Kopf kratzen oder Fingernägel oder Lippen beißen. Verhaltensweisen können auch zu Ausdrucksbewegungen mit besonderer Funktion werden. So zeigen die Medlapa ihre Anteilnahme bei Trauerfeiern durch Haareraufen.

Sprachbegleitende Gesten, so genannte Illustratoren, verleihen Nachdruck und sind eng an Inhalt und Fluss der Rede gebunden. Die verbale (durch Lautstärke, Tonhöhenänderung) und nichtverbale (Brauenheben, Nicken) Betonung laufen gleichzeitig ab. Der Gesprächsverlauf wird unterteilt und die Interaktion zwischen den Partnern gesteuert (es wird mitgeteilt", wann einer die Sprechrolle zu übernehmen oder zu übergeben wünscht bzw. sie behalten möchte).

Auch Körperhaltung und Orientierung haben Mitteilungswert. Wenn man beeindrucken will, gibt man sich aufrecht". Körpergröße wird mit Kraft und Macht gleichgesetzt. Daher unterstreichen Männer ihre Körpergröße z.B. durch Federschmuck, Pelzmützen und anderen Kopfputz. Wenn man sich aber demütig gibt, senkt man den Kopf, nimmt die Kopfbedeckung ab, lässt die Schultern hängen, macht sich allgemein kleiner. Das kommt überall vor, die ausgedrückte Unterwürfigkeit variiert allerdings kulturell. Man kann sich verbeugen, auf die Knie sinken oder sich im Fußfall unterwerfen.

Das weibliche Sexualpräsentieren kann als beschwichtigende Geste, Spottgebärde oder als Drohen verstanden werden. Das anale Drohen hat ausschließlich aggressive Bedeutung (Verhöhnen, Verspotten, Herausfordern) und ist weltweit zu finden. Das Brustweisen ist ebenfalls eine beschwichtigende Gebärde, die Böses abhalten soll.

Bei Konversationen ist die Orientierung der Personen sehr wichtig. Die miteinander sprechenden Personen bieten normalerweise einander die Vorderansicht und haben somit die Dyade geschlossen. Sie wird einem Dritten gegenüber geöffnet, wenn er willkommen ist. Allerdings kann man zu solchen Dyaden oder Triaden nicht einfach dazustoßen und sich durch einfaches Weggehen lösen. Der Zutritt muss gestattet sein und das Verlassen soll durch wegblicken oder ändern der Orientierung vorbereitet werden. Ein abruptes Wegdrehen würde Kontaktabbruch bedeuten, der beim freundlichen Auseinandergehen nicht erwünscht ist.

Ranghohe schreiten bei zeremoniellen Anlässen gemessenen Schrittes". Paradeschritte demonstrieren Kraft und Disziplin der Truppe. Kleine Buben gehen oft mit ausholenden Schritten und Arme schwingend im Imponiergang. Vielleicht sind dies Atavismen oder rudimentäre alte Imponierformen. Frauen haben dagegen einen wiegenden Gang durch die weitere Eingelenkung der Oberschenkel in die Hüften.

Interaktionsstrategien

Struktur komplexer Rituale

Strategien führen zu bestimmten Zielen, z.B. Selbstdarstellung (Imponieren) kann die eigene Rangstellung verbessern oder eine Aggression abblocken.

Grußrituale sind Verhaltensmuster, die bei einer Begegnung zur Eröffnung einer freundlichen Interaktion ausgeführt werden. Wenn ein Yanomami als geladener Festgast das Dorf seiner Gastgeber betritt, macht er einen kriegerischen Tanz. Ein Kind tanzt mit ihm und schwenkt grüne Palmwedel. So wird das ziemlich aggressive Verhalten mit einem freundlichen Appell verbunden. Ein Staatsgast in Europa wird mit Aufmärschen und Salutschüssen, aber auch mit Blumen, durch ein Kind überreicht, begrüßt. Mitteleuropäer begrüßen einander, indem sie sich die Hände reichen, mit kräftigen Druck in einer Art Abschätzung schütteln, gleichzeitig aber auch lächeln, nicken und Nettigkeiten sagen. In all diesen Fällen tritt Selbstdarstellung gegensätzlich mit Appellen der Beschwichtigung und Bandstiftung auf. Sie sind wichtige strukturelle Elemente der Begrüßung bzw. freundlichen Kontaktaufnahme. Dabei gibt es Variationen, bei denen die eine oder andere Komponente in den Vordergrund tritt. Bei Vertrauten befindet sich das Bindende im Vordergrund, die Selbstdarstellung ist nicht so wichtig. Ranghohe werden auf unterwürfige Art gegrüßt, fast ohne Selbstdarstellung. Man gibt sich aber stark gegenüber Menschen auf gleicher Stufe um das Gesicht zu wahren und keine Schwäche zu zeigen, die eventuell ausgenützt werden könnte. So wird Rangstreit von vornherein abgeblockt. Durch Appelle über freundliche Akte (z.B. Geschenke überreichen, Lächeln, Grußworte) wird mitgeteilt, dass freundliche Beziehungen gesucht oder bewahrt werden möchten. Die zugrundeliegenden Regeln bleiben gleich, wie man sich aber darstellt oder ein Band knüpft wechselt (z.B. kulturell).

Rituale freundlicher Begegnung (z.B. Grußrituale, Feste) bestehen allgemein aus drei Phasen:

Eröffnungsphase (Begrüßung): Die Aufgabe liegt in der Selbstdarstellung, Bandstiftung, Beschwichtigung und Eröffnung freundlichen Kontakts ohne Unterwerfung. Imponiert wird durch Imponiertänze, Händeschütteln oder militärischen Salut, beschwichtigt durch das Überreichen von Geschenken, Lächeln, Nicken Augengruß, Umarmung, Kuss oder Appell über das Kind.

Phase der Bandkräftigung: Die Beziehung soll bekräftigt werden, und eine emotionelle Vertiefung der Bindung ist oft eine Vorbereitung für sachliche Kontrakte (Geschäfte, Kriegsbündnisse). Auftretende Verhaltensweisen sind Bekundung von Übereinstimmung, Anteilnahme in Dialogen und Bekundung von Gemeinsamkeit durch gemeinsames Handeln, Speisen, Tanzen, gemeinsamen Kampf gegen vorgestellte Feinde und gemeinsame Trauer.

Phase des Abschieds: Sie hat die Erhaltung des Bandes für die Zukunft und Beschwichtigung zum Ziel. Es werden Geschenke oder Wünsche ausgetauscht und die Verbundenheit einander gegenseitig versichert.

Auch Strategien zur Aggressionsabblockung erfolgen in verschiedenen Kulturen nach dem gleichen Muster. Kleine Kinder handeln dabei eher in Körperbewegungen, Erwachsene mit Worten - es gelten aber die gleichen Regeln. Eine beobachtete Situation: Ein Yanomami-Junge versucht zunächst die Aggression eines Spielpartners durch ein betontes Lächeln abzublocken, der andere Junge schlägt aber trotzdem zu. Der Angegriffene schaut weg, schmollt" und obwohl der andere nun erst recht zuschlagen könnte, geht dieser weg. Der angegriffene Junge hat durch Androhung des Kontaktabbruches seinen Platz behauptet. Diese Androhung ist sehr wirkungsvoll, denn als geselliges Wesen legt der Mensch auf persönliche Bindung größten Wert. Das Verhalten, das sie gefährdet, wird schnell eingestellt. Aggression lässt sich auch mit Gegendrohung, Unterwerfung, oder Anbieten von Objekten (bei Annahme des anderen) abblocken. Bei Gegendrohung und Unterwerfung gibt es aber keine Alternativen, und es kann in einen Kampf eskalieren.

Bei Strategien des Bittens muss zum Ausdruck kommen, dass der Besitzer des gewünschten Objekts respektiert wird. Geschieht dies nicht (z.B. durch einfaches Wegnehmen), ist es ein aggressiver Akt, und bei schwachem Ranggefälle wird die Abgabe verweigert. Soll eine gute Beziehung erhalten bleiben, muss man behutsam vorgehen. Verbale und nichtverbale Botschaften verbinden sich. So wird eine indirekte Aufforderung (Du hast einen schönen Ball") z.B. durch längeren Blickkontakt ausgeglichen, und eine direkte Aufforderung durch ein Lächeln oder Fragestellung befriedet. Es wird auch eher abgegeben, wenn man in submissiver Haltung bittet. Brown und Levinson fanden heraus, dass bei kleinen Bitten die Gruppenzugehörigkeit oder Gemeinsamkeit betont wird (so genannte intime Höflichkeit). Größere Bitten erfordern formelle Höflichkeit durch konventionelle indirekte Sprechakte und Entschuldigung (Könnten Sie vielleicht..."). Außerdem wird dem Adressaten die Möglichkeit zu verweigern offen gelassen. Bitten, die eventuell abgeschlagen werden könnten (es besteht ein hohes Risiko des Gesichtsverlustes), werden indirekt (verblümt) vorgetragen. Es werden Hinweise gegeben, die Interpretation wird aber dem Adressaten überlassen. Auch der soziale Abstand bestimmt, wie vorgegangen wird. Außerdem hängt es davon ab, wie gesichtsgefährdend der Sprecher die Situation einschätzt.

Wenn Kinder andere zum Spielen einladen oder bei einer Gruppe mitspielen wollen, bedienen sie sich verschiedenster Strategien. Selten wird direkt gefragt, denn die Entscheidung wäre dann eindeutig (auch wenn sie zu großer Wahrscheinlichkeit positiv ist). Wenn ein Kind ein anderes auffordert, läuft es weg, wenn das andere folgt, wieder zurück, wartet und so weiter. Grundsätzlich läuft es so ab, dass einer etwas vormacht und der andere ahmt es nach. Dies wird durch Wiederholung deutlich. Danach kommt es erst zu einem variationsreicheren, flexibleren Zusammenspiel. Diesem Prinzip liegen sehr viele bindende Rituale zugrunde. Oft gesellen sich Kinder als Randspieler zu einer Gruppe und lassen sich allmählich in das Spiel einbeziehen. Es werden zunächst Strategien eingesetzt, die die meisten Möglichkeiten offenlassen.

Bei jeder Interaktion riskiert einer der Partner sein Gesicht, wenn er sein Ziel nicht erreicht. Für das Gelingen einer Strategie ist der Interaktionspartner wesentlich. Die Rangverhältnisse zwischen Interakteuren beeinflussen die Wahl der Zielpersonen, z.B. beim Eingreifen in Konflikte. Ein weiteres Prinzip ist das der Gegenseitigkeit. Dies gilt nicht nur für freundliche Interaktionen, sondern für Auseinandersetzungen jeglicher Art. Das ursprüngliche Gesetz heißt Gleiches mit Gleichem zu vergelten. Besonders Kinder handeln im Streit danach.

Bei Interaktionen, bei denen der Fortbestand eines partnerschaftlichen Verhältnisses gesichert bleiben soll, soll man sich voraussagbar verhalten. Bei Zweikämpfen, usw. sind zwar Listen, Täuschung und Vorspielen falscher Absichten gestattet, sie müssen aber im Rahmen der Voraussagbarkeit bleiben. Deshalb sind Verträge sehr wichtig. Man kann sie kündigen, darf sie aber nicht brechen. Lüge und Täuschung sind sehr wichtige Waffen im zwischenartlichen Verkehr (Räuber-Beute-Beziehung), beginnen sich aber partnerschaftliche Beziehungen zu entwickeln, muss es Bereiche der Verlässlichkeit geben.

Eine Grundregel jeder freundlichen Interaktion ist, wie bereits erwähnt, dass das eigene Ansehen und das des Partners nicht gefährdet wird. Es darf kein Zwang ausgeübt und der Partner nicht in Verlegenheit gebracht werden. Notfalls wird die eigene Leistung herabgesetzt. So sagt man auf den Dank eines Beschenkten: Nicht der Rede wert." und bei den Yanomami sagt z.B. der Schenker eines schönen Hundes: Nimm diese armselige Kreatur."

Angeborene Auslösemechanismen bestimmen in spezifischer Weise die Antworten auf bestimmte Reize oder Reizkonstellationen, und durch universale Beweggründe werden die auslösenden Situationen aufgesucht oder durch Aversionen gemieden. Normen registrieren die Abweichung vom Soll (ohne Norm der Tötungshemmung gäbe es keinen Gewissenskonflikt beim Töten und keine Sühnerituale). Die Angst des Menschen davor, mit dem Mitmenschen in Konflikt zu geraten, gestaltet die Rituale der Begegnung, usw.

Elementare Interaktionsstrategien beruhen bestenfalls teilweise auf bewussten Handlungsplänen. Ein um ein Mädchen werbender Mann macht ihr bewusst Geschenke um sie zu erfreuen, aber er will unbewusst sein Gesicht wahren und nähert sich vorsichtig ohne alle Register zu ziehen. Auf jeden Fall erfolgen alle Interaktionen nach einem Regelsystem.

Funktionelle Aspekte ritualisierten Verhaltens

Auch wenn Bräuche in unserer Zeit oft kritisiert werden, sind sie sehr wichtig für das menschliche Zusammenleben, denn Rituale dienen der Kommunikation (Gute Nacht", Salut bei Staatsbesuch, Wiener Opernball). Sie vermitteln außerdem Sicherheit, weil sie das Verhalten der Partner füreinander voraussagbar machen. Säuglinge, deren Mütter sich durch das gewohnte Abschiedsritual für 15 Sekunden von ihnen trennten, begrüßten sie freudig. Mütter, die ohne Ritual (Vorbereitung) gingen, wurden beim ersten Mal noch freudig begrüßt, taten sie es mehrmals, lehnten die Kinder den Kontakt ab und zwar in Trotzreaktion.

Strategien und Rituale kann man nach Handlungszielen einteilen und in übergeordneten Kategorien, wie Bindung und Aggression, zusammenfassen:
Strategien der Bandstiftung und Gruppenbindung dienen sowohl der Herstellung, Erhaltung und Reparatur sozialer Bindungen als auch der Erhaltung der Gruppenharmonie und Gruppeneinheit.
Strategien freundlicher Kontakteröffnung: Grußrituale, Werben, Strategien der Spielaufforderung;
Strategien der Bandbestärkung: Rituale der Einigkeitsbezeugung (z.B. Pflege gemeinsamer Werte), Rituale wechselseitiger Betreuung (Schenkrituale, Bewirtung);
Strategien zur Erhaltung der Gruppenharmonie: Strategien zur Erhaltung der Gruppennorm (Spotten), der Befriedung (Schlichten, Trösten), des Beistehens (Helfen, Unterstützen), der Bandreparatur, der Aggressionsabblockung und zur Vermeidung von Herausforderung.
Strategien sozialen Lernens und Lehrens
Strategien sozialen Erkundens (Imitation, explorative Aggression), der Unterweisung (Ermunterung und erzieherische Aggression, Vormachen) und des Zusammensspielens.
Strategien des Rangstrebens
Strategien der Selbstdarstellung, der Rangverteidigung und Rituale der Gehorsams.
Strategien der Feindbekämpfung
Strategien des Imponierens, des Herausforderns, des Angreifens und Kämpfens, der Verteidigung, des Rückzugs, der Versöhnung und der Unterwerfung.

Störungen kommunikativen Verhaltens

In der anonymen Gesellschaft wird es gemieden Gefühle zu zeigen, da man dadurch das Gesicht verlieren und eine Schwäche ausgenutzt werden könnte. Dies kann dazu ausarten, dass manche Menschen zur Kommunikation unfähig werden und sich nicht einmal innerhalb der Familie frei geben können.

Ein Sonderfall gestörten kommunikativen Verhaltens ist der Autismus. Bereits im frühesten Kindesalter lehnen Menschen den Kontakt, besonders den Blickkontakt, zu den Mitmenschen ab. Auch ständig in Erwartungen Getäuschte ziehen sich in sich selbst zurück. Manche Beschreibungen der Entstehung des frühkindlichen Autismus weisen in diese Richtung. Davon ausgehend gäbe es zwei Arten des Autismus: Einer, der vom Kind ausgeht, sich in einer großen Angst des Kindes begründet und einer, der von einer Fehlhaltung der Mutter (Erwartungen des Kindes werden nicht erfüllt) ausgeht.

Ethologie sprachlicher Kommunikation

Allgemeines

Die akustische Kommunikation beim Menschen zeichnet sich hauptsächlich durch die Sprache aus. Es gibt aber auch nicht sprachähnliche Laute wie Schreie bei Angst und Aggression, Kontaktrufe von Säuglingen, das Pfeifen, das Schnalzen und die Verständigung durch Buschtrommeln. Mit der Wortsprache hebt sich der Mensch deutlich vom Tier ab, denn er kann damit Signale frei kombinieren, lügen, Wissen über Dinge, die nicht gegenwärtig sein müssen, weitergeben, über Vergangenes und Zukünftiges reden.

Sprachwurzeln

Über den Ursprung der Sprache wird viel diskutiert. Beim Menschenaffen findet man nichts der Wortsprache Vergleichbares. Unter experimentellen Bedingungen können Affen allerdings sprachähnlich kommunikative Fähigkeiten entwickeln. Einer Schimpansin wurde eine vereinfachte Form der amerikanischen Taubstummensprache beigebracht. Nach einem Jahr belegte sie nicht nur Dinge mit Zeichen, sie verfügte auch frei über Zeichensymbole und äußerte so Wünsche, machte Aussagen, führte einfache Dialoge, drückte Emotionen aus und stellte sogar Fragen.

Um die Anstöße zur Entwicklung der menschlichen Sprache zu ergründen, beobachtete man die Eipo und Kung-Buschleute. Dabei erkannte man, dass bei alltäglichen Tätigkeiten (z.B. Gartenarbeit) sehr viel gesprochen wird. Allerdings redet man nicht über den Arbeitsprozess, sondern über Nahrung (wo man etwas findet, wer wem etwas abgibt) und das Kommen und Gehen von Personen (man will die Bindung erhalten). Demnach vermutet man, dass die Erfüllung sozialer Funktionen für die Sprachentwicklung entscheidend war. Soziale Inhalte dominieren auch heute noch in Alltagsgesprächen der vorindustriellen Gesellschaften. Es wird auch sachliches Wissen übermittelt, aber dies ist nicht von so großer Bedeutung. Mit der Entwicklung der technischen Zivilisation verschob sie sich, denn ab nun nimmt die Vermittlung von Sachwissen in Wort und Schrift einen großen Raum ein.

Die Fähigkeit sich emotionell zu distanzieren ist eine der wesentlichen Voraussetzungen für die freie Rede und Argumentation. Soziale Auseinandersetzungen werden dadurch auf eine sachlichere Ebene verschoben. Sie sind zwar nicht ganz vom Emotionellen abgehängt, aber es ist eine gewisse Entspannung vorhanden. Wenn eine Person zu stark emotionell reagiert, verliert sie die Beherrschung und die Sprechkoordionation.

Bausteine der Sprache sind Klangeinheiten, die für sich keinen Sinn haben, so genannte Phonomene. Die Möglichkeit der Verbindung von Phonomenen zu Worten ist begrenzt, und alle Sprachen haben eine Silbenstruktur. Das Lallsprechen, wie in der frühen Mutter-Kind-Beziehung, dürfte ein Vorläufer der Wortsprachen sein, wobei Lallworte (mama, papa) als Zuwendung auslösende Signale universal auftreten.

Universalien, Vorprogrammierungen

In der Sprachmelodie, vermutlich auch im Rhythmus, ist Information über die Emotionalität enthalten, die der Mensch offenbar aufgrund eines angeborenen Ausdruckverhältnisses entschlüsseln kann. Freudige Emotionen sind durch deutliche Erhöhung der Stimmlage gekennzeichnet, während negative Gefühlstönung durch Senkung der Stimmlage ausgedrückt wird. Die Melodie bleibt monoton, leicht absinkend in den tiefen Regionen. Bei belebtem melodischem Verlauf in tiefer Lage entsteht der Eindruck der Ironie. Lächelt eine Person, während sie spricht, hebt sich zugleich die Tonlage an. Die Stimmlage kann Ärger, Freude, Angst, Trauer, Langeweile und anderes ausdrücken. Sie markiert zusammen mit Sprechrhythmus neben kulturspezifischen Sprechstilen soziale Stellung, Geschlecht, Persönlichkeit, usw. Entschiedenheit ist gekennzeichnet von niedriger und abfallender Tonlage am Satzende. Ansteigende und hohe Tonlage am Satzende drückt Unentschiedenheit, Unsicherheit, auch bei Fragen, aus. Die Tonhöhenvariation scheint universal einem ziemlich einheitlichen Muster zu folgen. Intonation entwickelt sich beim Kind als erstes linguistisches Kommunikationsmittel. Bereits mit 7 bis 8 Monaten, also im Lallstadium, hört man von Kindern die Intonation, die man mit der Erwachsenensprache verbindet.

Begriffsbildung und sprachliches Handeln

Stammesgeschichtliche Anpassungen spielen sowohl bei der Wortbildung als auch bei sprachlichen Interaktionen eine bedeutende Rolle. Sie lenken die Wahrnehmung und das Denken des Menschen in bestimmte Bahnen. Dies erklärt aber sicher nicht alle Universalien in der Begriffsbildung.

Bei der Hoch-Tief-Symbolik wird, dass jemand die anderen symbolische überragt, in Worten ausgedrückt (z.B. ein Häuptling genießt hohes Ansehen"). Die Rechts-Links-Symbolik wird auf die Rechtshändigkeit (in der Werkzeugkultur, Ritualen) zurückgeführt, rechts wird dabei immer mit gut und richtig verbunden. Auch bei der Hell-Dunkel-Symbolik wird hell immer mit Positivem assoziiert. Man vermutet, dass es mit dem Tag als aktivste Zeit und der Nacht als Zeit der Ruhe (und Schutzsuchens) zusammenhängt.

Begriffe spiegeln Vorstellungen, Normen, Empfindungen des Menschen wider, die offenbar universell sind. Der Mensch muss sich Dinge vorstellen, Zusammenhänge erfassen können, sonst bleibt ein Geschehen unbegreiflich. Die höchsten geistigen Operationen sind mit dem Anschaulich-Begreiflichen verbunden.

Sätze können im Verlauf einer Interaktion ein Verhalten beschreiben, z.B. Kontaktabbruch. Worte können als verbale Klischees wie Schlüsselreize eingesetzt werden um ein bestimmtes Verhalten auszulösen (durch bestimmte Appelle). Der Mensch kann mit der Zunge kämpfen (verbale Duelle, die meist traditionell festgelegt sind), spotten, den anderen übertrumpfen, sich freundlich erniedrigen und sein Ansehen behaupten.

Grooming talk (die bindende Funktion des Miteinander-Redens) zeichnet sich durch die beständige Antwort des Gesprächspartners aus (Wiederholung von Sätzen und Worten, Nicken). Dies hält das Gespräch in Fluss.

Sprache ersetzt Handeln und kann mit Worten alles auf ritualisierte Weise ausdrücken. Sie kann Aggressionen subtiler handhaben, soziale Distanzen durch verschiedene Formen der Anrede ausdrücken und zur Definition und Abgrenzung der Gruppe benutzt werden (z.B. durch Dialekt).

Es gibt bestimmte Regeln für den Dialog. man lässt den anderen sprechen und unterbricht ihn nicht, denn das gilt als unhöflich. Das Wort wird übergeben, indem man mit Intonation und anderen nichtverbalen Gesten mitteilt, dass man bereit ist zuzuhören. Mit entsprechender Entschuldigung kann man ein Gespräch unterbrechen oder sich einschalten (mit besonderer Begründung und Vorgehensweisen). Will eine Person nicht unterbrochen werden, weil sie noch nicht fertig ist, macht sie pausen füllende Lautäußerungen.

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