Akupunktur

Der Begriff Akupunktur setzt sich zusammen aus lateinischen acus = Nadel und pungere = stechen.

Die Geschichte der Akupunktur ist sehr alt. Die Ursprünge reichen viele Tausend Jahre zurück. Nach heutigem Wissen finden sich

Anfänge dieser Therapie bereits in der Neusteinzeit, eventuell noch früher. Den Chinesen gebührt das Verdienst, die Akupunktur

systematisiert und verwertbar gemacht zu haben. Die wesentlichen Bestandteile der Therapie existieren seit ca. 2.700 vor Christi.

Für Westeuropäer ist die chinesische Ansicht der Akupunktur schwer zu verstehen, da sich viele religiöse und philosophische Aspekte

finden, die unseren Vorstellungen fremd sind. Durch sensationelle Berichte über die Erfolge der Chinesen bei der Anästhesie und

Schmerztherapie durch Akupunktur wurde auch im Westen das Interesse an dieser Therapie geweckt. Heute wenden über 6.000 Praxen

und viele Krankenhäuser, insbesondere die anästhesiologischen Abteilungen, regelmäßig Akupunktur an. Durch wissenschaftliche

Forschungen sind die Wirkungen der Akupunktur bestätigt worden und die Akzeptanz der Therapie ist gestiegen.

Es gibt beispielsweise den Schmerz im linken Arm bei einem Herzinfarkt oder Schulterschmerzen bei einer Gallenblasenerkrankung.

Man bezeichnet diese Hautstellen, die über Nervenverbindungen mit inneren Organen verknüpft sind, als Headsche Zonen. Aber der Weg

vom Organ zur Haut ist keine Einbahnstraße, man kann also durch Reizung der Haut direkt ein Organ beeinflussen. Die intensivste

Form dieser Beeinflussung stellt wohl die Akupunktur da.

Die Chinesen hatten sich früher die Anatomie des Menschen etwas anders zusammengedeutet. Qi ist die Lebensenergie, die aus den

Spannungsfeldern der Gegensätze (Ying und Yang) im Körper durch so genannte Meridiane, Flüsse der Energie, in die verschiedenen

Organe fließt.

Auf den Meridianen liegen dessen Akupunkturpunkte und werden von 1 an durchgezählt. Es gibt 12 Hauptmeridiane, die über den

Körper verteilt sind. Jeweils 2 Meridiane, ein Yin- und ein Yangmeridian gehören zusammen. Auf diesen Meridianen liegen insgesamt

die 361 klassischen Akupunkturpunkte. Zusätzlich gibt es weitere Meridiane, so die Tendinomuskulären, die in der Tiefe liegen und eine

enge Beziehung zur Muskulatur haben und andere, aber untergeordnete Meridiane.

Neben den 361 klassischen Akupunkturpunkten kennt man 171 Punkte, die nicht auf den Meridianen liegen, sowie weitere 110

so genannte Neue Punkte, zusammen also 642 Punkte. Durch moderne Forschungen werden aber immer wieder neue Punkte entdeckt.

Neuere anatomische Forschungen legen nahe, dass sich an der Stelle eines Akupunkturpunktes eine Lücke von 2-8 mm Größe in der

darunter liegenden Muskelhaut befindet. Durch diese Lücke tritt ein Nerven- und Blutgefäßbündel aus der Tiefe an die Oberfläche.

Feinfühlige Menschen können also evtl. eine Lücke in der Tiefe tasten.

Einige Akupunkturpunkte werden bei Störungen des zum Meridian gehörenden Organs druckschmerzhaft. Es ist also auf dem

Umkehrweg möglich, indirekt eine Diagnoe zu stellen, also über einen druckschmerzhaften Punkt auf eine Störung eines inneren Organs

zu schließen.

Die Akupunktur wirkt in der Hauptsache über vier verschiedene Mechanismen, die ihrerseits nicht völlig unabhängig voneinander sind:

1) -Bildung bzw. Verstärkung von körpereigenen morphinartigen Substanzen wie Endorphinen und Enkephaline sowie den Einfluss auf

Transmittersubstanzen an den Synapsen von Nerven- oder Muskelzellen.

2) -Aktivierung oder Deaktivierung schmerzkontrollierender oder schmerzleitender Nervenzellen.

3) -Reflexwirkung: Ein erkranktes Organ führt zu einer Reihe von teilweise schmerzhaften Veränderungen auch in ferner gelegenen

Muskel- und Hautpartien, so z.B. zu Verspannungen, Verkrampfungen und Durchblutungsveränderungen. Durch Einwirken auf diesen

Bereich ist eine Rückwirkung (Reflex) auf das erkrankte Organ möglich.

4) -Bioelektrische Regulation: Alle Nerven- und Muskelvorgänge sind u.a. elektrophysiologische Vorgänge. Die Veränderung an einer

Muskelzelle z.B. eine Depolarisation kann über die vielfältigen Verbindungen von Zellen, Gewebe und Organen zu Veränderungen z.B.

einer Durchblutungssteigerung und/oder einer Abwehrzellenvermehrung führen.

Es gibt verschiedene Wirkungen im Körper des behandelten Patienten. Insbesondere kennt man:

- Linderung oder Aufhebung von Schmerzen (durch Nervenbeeinflussung, Hormonfreisetzung, direkte und indirekte Wirkung auf die

Hirnanhangsdrüse)

- Beruhigung (=Sedierung)

- immunstimulierende Wirkung

Die Weltgesundheitsorganisation WHO hat eine Liste von ca. 40 Erkrankungen erstellt, bei denen die Akupunktur als Therapie erprobt

und empfehlenswert ist:

- Kopfschmerzen einschl. Migräne

- Neuralgien (Nervenentzündungen), auch Intercostalneuralgie

- Lähmungen, z. B. nach Schlaganfall und Poliomyelitis

- Schulter-Arm-Schmerzen

- akute und chronische schmerzhafte Wirbelsäulenerkrankungen wie Hexenschuß, Ischias...

- Tennisellenbogen

- Rheuma

- akute und chronisch Nasennebenhöhlenentzündung

- Erkältungskrankheiten

- Mandelentzündung

- Bronchitis und Asthma

- akute und chronische Rachenentzündung

- Schluckauf

- akute und chronische Magenschleimhautentzündung

- chronisches Zwölffingerdarmgeschwür

- akute und chronische Darmentzündungen

- Durchfall

- Blasenentleerungsstörungen

- Heuschnupfen

- Sehnenscheidenentzündungen

- Verschleißleiden der Gelenke (Arthrose)

und vielen anderen Erkrankungen...

Dabei sei festgestellt, dass all das, was zerstört ist, z.B. Infarktbereiche im Herzen oder zerstörte Hirnregionen nach einem Schlaganfall,

nicht behandelt werden kann.

Es gibt einige Krankheiten, bei denen eine Akupunkturtherapie nur unter strenger Abwägung oder gar nicht durchgeführt werden darf.

Insbesondere zählen hierzu:

- krankhafte Blutungsneigung

- als alleinige Therapie bei Erkrankungen, die den Ersatz eines Stoffes, z. B. Hormone, dringend erfordern (beispielsweise

Hormonsubstitution nach Schilddrüsenoperation).

- als alleinige Therapie bei bösartigen Erkrankungen, wenn eine schulmedizinische Therapie erfolgreich sein kann

- als alleinige Therapie bei Psychosen, wenn hierdurch eine schulmedizinische Therapie unterbleibt

- als alleinige Therapie bei allen unklaren Krankheitsbildern, wenn durch die Akupunktur eine notwendige Diagnostik unterbleibt

Komplikationen einer Akupunkturtherapie:

- Kollaps und Ohnmacht (bei ca. 5 % aller sitzender Patienten)

- Lokale Infektionen (extrem selten)

- Schmerzen (eine Akupunktur wird nur selten wegen der Einstichschmerzen abgebrochen)

- Verletzung innerer Organe (Lunge, Augen...) sind ebenfalls äußerst selten und treten bei unzureichenden anatomischen Kenntnissen

oder grob fahrlässiger Nadelung auf

Zur Praxis:

Bei der Akupunktur werden vom speziell ausgebildeten Therapeuten die sterilen Nadeln in einer vorgegebenen Richtung und in der

Regel mit einer Drehung in einen vorher bei der Therapieplanung ausgesuchten Akupunkturpunkt gestochen. Die Stichtiefe ist jeweils

unterschiedlich und von der Lage des Akupunkturpunktes und der Körperfälle des Patientin/des Patienten abhängig.

Es werden üblicherweise steril verpackte Einmalnadeln verwendet, die nach einer Behandlung weggeworfen werden. In manchen

Füllen benutzt man auch Silber- oder Goldnadeln, die nach der Benutzung sterilisiert und somit keimfrei gemacht werden.

Pro Sitzung werden meist 5-15 Nadeln gestochen, die dann ca. 20 Min. stecken bleiben. Pro Woche werden 1-2 Therapiesitzungen

durchgeführt. Insgesamt werden, je nach Krankheitsbild, ca. 6 - 15 Sitzungen, bei schweren chronische. Verläufen auch mehr, benötigt.

Die Nadeln können bei Bedarf erwärmt werden, dies bezeichnet man als "moxen". Bei der Ohrakupunktur werden die Nadeln nur im

Ohr gestochen. Das Ohr stellt einen Reflexbereich dar, an dem man über Nervenbahnen alle Stellen und inneren Organe des Körpers

erreichen kann. Akupunkturtherapie kann grundsätzlich nicht über Krankenschein abgerechnet werden. Die Anzahl der notwendigen

Therapiesitzungen ist individuell sehr unterschiedlich. Bei akuten Beschwerden reichen oft wenige Sitzungen aus, bei chronischen und

oft über Jahre oder Jahrzehnte bestehenden Beschwerden muss man naturgemäß mit einer längeren Behandlung, z. B. mit 15 Sitzungen,

rechnen. Es können aber auch durchaus mehr werden. Die Erfolgsquote, dass heißt Besserung oder sogar Heilung der Beschwerden, ist

ebenfalls sehr unterschiedlich und insbesondere von der Art und Dauer der Erkrankung abhängig.

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