Demian

Entstehungsgeschichte

Wie kaum ein anderes Werk Hesses hat dieses Buch eine Geschichte. Die Schülergeschichte in der Art eines Entwicklungsromans ist geprägt von den Ängsten und Nöten des Autors in dieser Zeit. Neben beruflichen Problemen kommen auch persönliche Sorgen hinzu: Der Tod seines Vaters, die gefährliche Erkrankung seines jüngsten Sohnes Martin und die zunehmende seelische Erkrankung seiner Frau, die für sie einen Aufenthalt in Heilanstalten erforderlich macht. Diese „Bessesenheit durch Leiden" erzwang eine große Wandlung seines Lebens. Der Versuch, sein psychisches Tief zu überwinden gelingt ihm mit Hilfe Doktor Langs in Luzern. Die wesentliche Frucht dieser Krise war Demian. In wenigen Monaten war das Werk niedergeschrieben. Diesen Neubeginn markiert Hesse mit einem neuen Autorennamen. Er sendet das Romanmanuskript der Ich-Erzählung unter dem Namen Emil Sinclair mit seiner Empfehlung sogleich an den Verlag S. Fischer und teilt in seinem Begleitschreiben mit, dass es sich um die Arbeit eines jungen, kranken Schweizer handle. Ein halbes Jahr später erscheint die erste Auflage von 3.300 Stück. „Emil Sinclair" erhält den mit 800 Reichsmark dotierten Fontanepreis für talentierte Nachwuchsautoren. In Hesses Zeitschrift „Vivos voco" bekennt er sich als wahrer Autor. Die vierte Auflage des Demian erscheint erstamls unter dem Verfassernamen Hermann Hesse.

Inhaltsangabe

Früh schon geht dem 10jährigen Lateinschüler Emil Sinclair die Ahnung davon auf, dass neben der heilen Welt des Elternhauses auch eine rauhe, kalte besteht. Er ist auf dem Weg zu sich selbst und löst sich von den unglaubhaft gewordenen Normen, wie Religion und Moral und vom Elternhaus. Der Junge sucht die Berührung mit der ihm fremden Welt und gerät durch harmlose Prahlereien in die Abhängigkeit von Franz Kromer. Getrieben zu kleinen Lügen und Diebereien sieht er seine heile Kinderwelt zusammenbrechen. Gerettet aus diesen Qualen wird er durch einen Mitschüler namens Max Demian, der gerade in seine Schule eingetreten ist. Er ist ein selbstdenkender und freier Mensch, der ihn von Franz Kromer schon bald befreit. Von dieser Abhängigkeit gelöst, flüchtet Sinclair in seine Kinderwelt zurück und geht somit Demian aus dem Weg. Die Kindheit ist jedoch bald vorbei, und er steht in einer fremden Welt. In der neuen Schule ist er ein Sonderling, gilt als Zyniker und ist innerlich voll Trauer.

Durch die Begegnung mit einem Mädchen findet er zu sich zurück. Als er versucht, sie ständig zu malen, bemerkt er, dass das Bild Max Demian gleicht. Voller Sehnsucht schickt er Demian eine von ihm gemalte Zeichnung. „Abraxas" lautet die Antwort, die ihm eines Tages in die Hände fällt. Ein junger Orgelspieler, Pistorius, weit ihn näher in das Wissen um Abraxas ein. Die Achtung vor sich selbst zu bewahren sei diese Religion. Der Orgelspieler, der ihm seine Träume deutet, erzählt ihm von diesem mystischen Gott, der Menschliches und Tierisches, Gutes und Böses, Göttliches und Teuflisches in sich vereint. Doch bald löst sich Sinclair von den Interessen seines Freundes Pistorius und versucht, seinen eigenen Weg zu finden. Er trifft auf Demian, der ihn schon erwartet in dem Bewußtsein, dass sich Sinclair ihm nähern werde.

In Frau Eva, Demians Mutter, erkennt er seine Traumgeliebte, die ihm einen neue Art des Lebens zeigt. Er verbringt ein paar schöne Monate, die jedoch mit dem Ausbruch des Krieges ihr Ende nehmen. Er wird weggerissen von Frau Eva und seinem besten Freund. Noch einmal sieht Sinclair Demian als Schwerverwundeten und empfängt von ihm den Kuß von Frau Eva, seiner Mutter.

Der Weg zu sich selbst

Die Geschichte von Emil Sinclairs Jugend knüpft strukturell an einen Bildungsroman an, in dem die Handlung aus dem Konflikt zwischen Helden und Umwelt besteht. In diesem Roman findet diese Polarisierung nur in der Psyche des Helden statt. Bei der Begegnung mit Franz Kromer gerät er zwar in eine Abhängikeit, gleichzeitig jedoch bekommt er das Gefühl der Unabhängigkeit gegenüber dem Elternhaus. In ähnlicher Weise mischen sich Angst und Bewunderung in seinem Umgang mit Max Demian. Durch ihn erfährt er zum ersten Mal die Umwertung allegemein akzeptierter Normen. Die Szene mit Kain und Abel hat mich in dieser Hinsicht vor allem beeindruckt. Eine Meinung, die sich seit der Niederschrift der Bibel in der Gesellschaft manifestiert hat, wird auf einmal in Frage gestellt. Eine Denkensweise, die mir gefällt und mich zum Denken anregte.

„‘Und dann glaubst du, dass auch das mit dem Totschlag gar nicht war ist?’ fragte ich ergriffen. ‘Oh doch! Sicher ist das wahr. Der Starke hatte einen Schwachen erschlagen. Ob es wirklich sein Bruder war, daran kann man ja zweifeln. Es ist nicht wichtig, schließlich sind alle Menschen Brüder.’"

Die Absicht des Autors war es seinen „Weg nach Innen" zu finden, der ihn zur Konfrontation mit seinen Kindheitskonflikten führte. Der „Weg zu sich selbst" führt zur Entgrenzung des Ich und zum Aufbau eines neuen Selbst. Druch die Erfahrung der „zwei Welten", der hellen Alltagswelt und der dunklen Welt der Abenteuer entfremdet er sich selber. Dies führt zu einem Doppelleben, in dem einmal die „heile" Welt und einmal die „Schattenwelt" dominiert. Die vorher vertraute Realität wird unheimlich, denn sie konfrontiert ihn mit verdrängten Impulsen seiner Psyche.

Durch die Begegnung mit anderen Menschen kommt er seinem Ziel, zu sich selbst zu finden, immer näher. Hier zeigt sich ganz deutlich die Parallele zu Hesses Leben, der diesen Roman schreibt, um sich selbst zu finden und sich seines eigenen Ichs klar zu werden.

Demian, der ihn von Anfang an führt, verkörpert das Ideal der allseitigen entfalteten Persönlichkeit. Sinclairs Weg führt zur Verschmelzung mit seinem Vorbild. Vorerst ist Sinclair durch Demians Radikalität überfordert und wendet sich von ihm ab. Nach einiger Zeit öffnet er sich den Gedanken Demians und sieht sie als eigenen innere Möglichkeiten. Durch Pistorius, der wesentliche Züge Dr. Langs trägt, gelingt es Sinclair, seine Welt zu ordnen und zu beherrschen.

Die Polarität spiegelt sich auch in den wichtigsten Einflußfiguren. Demian und Frau Eva tragen zugleich männliche und weibliche Züge und weisen so auf die Fähigkeit zur Überwindung der Gegensätze. Auch der Gott Abraxas ist die Verschmelzung extremer Gegensätze, wie Mann und Weib, Wonne und Grauen. Mit der Zeit gewinnt Sinclair die Erkenntnis der eigenen Gegensätze und überwindet die Polaritäten. Sein endgültiges Ziel in der Entwicklung findet Sinclair in der symbolischen Vereinigung mit Demian:

„Aber wenn ich manchmal den Schlüssel finde und ganz in mich selbst hinuntersteige da wo im dunkeln Spiegel die Schicksalsbilder in mir schlummern, dann brauche ich mich nur über den schwarzen Spiegel zu neigen und sehe mein eigenes Bild, das nun ganz Ihm gleich Ihm, meinem Freund und Führer"

Das Thema, das mich sehr anspricht ist der Kampf um die Individualisierung, um das Entstehen einer Persönlichkeit. Es besteht überall das Streben die Menschheit gleichförmig zu machen und ihre Natur zu unterdrücken. Dagegen wehrt sich Sinclair und es entstehen die Demian-Erlebnisse. Viele Jugendliche, wie auch ich, können sich mit dem Roman identifizieren. Leider hat nicht jeder so einen Führer wie Sinclair, der einem hilft zu sich selbst zu finden. Ich glaube aber, dass das Buch etwas dazu beitragen kann, sich so gegen die Welt zu wehren, dass die eigenen Ideale und Träume nicht verloren gehen.

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