Tristan

Ort und Zeit der Handlung: England und Irland im frühen Mittelalter (um 1200)

Vorlage: der anglonormannische Dichter Thomas von Britannien (nach 1170) lieferte mit seinem Epos "Tristan" die Vorlage.

Tristan: In keinem anderen Epos dieser Zeit ist der intelektuellen Erziehung so viel Raum gegeben wie in Gottfrieds "Tristan".

Die künstlerische Eigenart des "Tristan" liegt darin, dass die Geschichte auf zwei Ebenen gestaltet ist, der Handlungsebene und der Exkursebene. Gottfried bewertet in seinem Werk List und Klugheit höher als Kraft und Mannhaftigkeit. Damit ist eine kritische Darstellung der adeligen Gesellschaft verbunden.

Dem Bemühen, das Werk als Ganzes zu begreifen, stellt sich schon die Tatsache entgegen, dass der "Tristan" unvollendet geblieben ist. Wir wissen nicht, warum Gottfried die Arbeit abgebrochen hat.

Inhalt: Auf dem Frühlingsfest König Markes lernt der junge Fürst Riwalin Markes Schwester Blanscheflur kennen, und sie verlieben sich. Als Blanscheflur ein Kind erwartet, verlassen sie heimlich das Land. Bald darauf fällt Riwalin im Kampf, und Blanscheflur stirbt bei der Geburt Tristans. Tristan wächst als Ziehsohn bei dem treuen Marshall Rual auf und erhält eine sorgfältige Erziehung. Als 14jähriger wird er von fremden Kaufleuten entführt und an der englischen Küste ausgesetzt. Seine höfischen Fertigkeiten verschaffen ihm Zugang zum Königshof, wo er rasch die Zuneigung König Markes gewinnt. Als der König in ihm seinen Neffen erkennt, bestimmt er ihn zu seinem Nachfolger.

England war damals dem irischen König zinspflichtig. Als Morolt, der Bruder der irischen Königin, kommt, um den Tribut einzufordern, wird er von Tristan im Zweikampf erschlagen. Dabei trägt Tristan eine Wunde von Morolts Schwert davon. Tristan fährt als Spielmann verkleidet nach Irland und erregt durch seine musikalischen Künste die Aufmerksamkeit der Königin. Sie heilt ihn, dafür unterrichtet Tristan die Königstochter Isolde. Dann kehrt er nach England zurück. Aus Mißgunst gegen Tristan drängen die englischen Hofbarone den König, eine Frau zu nehmen. Isolde von Irland wird vorgeschlagen, und Tristan übernimmt die Werbung. Als Kaufmann verkleidet fährt er wieder nach Irland, tötet einen Drachen, der das Land verwüstet und bekommt für seine Tat Isolde für seinen Onkel Marke. Auf der Rückfahrt trinken die beiden versehentlich einen Liebestrank, - Der magische Trank meint nichts anderes als die Unentrinnbarkeit erotischer Leidenschaft. - der für Marke und seine Frau bestimmt war. Nun sind sie auf immer aneinander gebunden. Um vor Marke zu verbergen, dass seine Frau keine Jungfrau mehr ist, nimmt Brangaene, Isoldes Vertraute, in der Hochzeitsnacht die Stelle der Königin ein. In der Folgezeit versuchen die Liebenden, ihre Heimlichkeit vor der Hofgesellschaft zu verbergen. Es gelingt ihnen, den König immer wieder zu täuschen und sein wachsendes Mißtrauen zu zerstreuen. Höhepunkt dieser Kette listiger Verstellungen ist die nächtliche Szene im Burggarten, als König Marke, im Baum versteckt, die Liebenden belauscht, aber wiederum von ihnen genarrt wird. Schließlich erträgt der König die Ungewißheit nicht länger und lässt über Isolde Gericht halten. Sie muss sich dem Gottesurteil mit dem glühenden Eisen unterziehen und besteht die Probe mit Gottes Hilfe ohne Schaden. Doch bald findet der Verdacht gegen die beiden neue Nahrung. Sie werden von Marke vom Hof verbannt und ziehen in die Widnis. Dort finden sie die Minnengrotte, - nur wer vollkommene Aufrichtigkeit und reine Treue besitzt gelangt in die Grotte - wo sie eine Zeitlang ein idylisches, paradiesisches Leben führen. Ein Jäger spürt jedoch das Versteck auf und führt Marke heimlich an den Ort. Als dieser das nackte Schwert zwischen ihnen sieht, glaubt er wieder an ihre Unschuld und beruft sie wieder an den Hof zurück. Doch nicht für lange. Als der König die Liebenden eines Tages in inniger Umarmung antrifft, sind alle Zweifel beseitigt. Tristan und Isolde haben gerade noch Zeit, feierlich voneinander Abschied zu nehmen. Tristan flieht aus England und kommt in das Herzogtum Arundel, wo er sich mit Kaedin, dem Sohn des Herzogs anfreundet. Kaedins Schwester ist Isolde mit den weißen Händen, zu der sich Tristan immer stärker hingezogen fühlt. Seine Treue zu der blonden Isolde und seine Neigung zu der weißhändigen liegen miteinander im Streit. An dieser Stelle bricht Gottfrieds Dichtung ab.

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