Systematik und Wirkungsanalyse von nichttarifären Handelshemmnissen


1. Einleitung 1

2. Begriffliche Abgrenzung 2

3. Systematisierung und Erscheinungsformen nichttarifärer Handelshemmnisse 4
3.1. Gesetzesprotektionismus 6
3.1.1. Maßnahmen auf der Importseite 6
3.1.2. Maßnahmen auf der Exportseite 7
3.1.3. FDI betreffende Maßnahmen 8
3.2. Administrativer Protektionismus 8
3.3. Nicht staatlicher Protektionismus 10

4. Wirkungsanalyse 11
4.1. Zollanaloge Wirkungen nichttarifärer Handelshemmnisse 11
4.2. Spezielle Wirkungen nichttarifärer Handelshemmnisse 13
4.3. Fallbeispiel: Die Automobilindustrie 16
4.4. Nichttarifäre Handelshemmnisse und Entwicklungsländer 18

5. Schlußbetrachtung 19

1. Einleitung

Mit Abschluß der GATT Uruguay Runde und der Gründung der World Trade Organisation (WTO) werden die Zölle der wichtigsten Industrieländer weiter gesenkt und erreichen einen historischen Tiefstand.[1]Positive Wohlfahrtseffekte dieser Handelsliberalisierungsbemühungen sind aber in Gefahr durch nichttarifäre Handelshemmnisse (NTH's) gemindert oder sogar teilweise negiert zu werden. Denn dem Abbau tarifärer Handelshemmnisse (= Zölle) steht ein gegenläufiger Trend, nämlich der Zunahme von nicht-zollbedingten Handelshemmnissen (= NTH's) entgegen.[2]

In diesem Zusammenhang wird auch von einem "neuen Protektionismus" gesprochen, der sich vorrangig auf NTH's und nicht auf Zölle stützt. JEOM identifiziert einen "shifting comparative advantage from "North" to "South" as a crucial element in explaining the emergence of the new protectionism".[3]Der Druck hin zur Protektion steigt besonders in Industriezweigen mit niedrigem Technologieniveau, in denen Entwicklungsländer (LDC's) internationale Wettbewerbsfähigkeit erlangen. Aber nicht nur den Handel zwischen Industrieländern und LDC's sondern auch der intra-industrielle Handel ist vom "neuen Protektionismus" betroffen. Wenn die Situation in einigen Sektoren der Industrieländern von geringem Wachstum, hoher Arbeitslosigkeit, strukturellen Rigiditäten, Handelsdefiziten und steigender Importpenetration gekennzeichnet ist, dann wird der Ruf nach Schutzmaßnahmen lauter.

Politisch sind NTH's aufgrund ihrer Intransparenz eher durchzusetzen als Zölle, zumal der Wiedererrichtung neuer Zölle durch das GATT Riegel vorgeschoben sind. Politische Risiken werden somit für die Regierungspartei minimiert, da Wohlfahrtsumverteilungen für die Öffentlichkeit verschleiert bleiben und trotzdem dem Drängen der heimischen Unternehmerlobby nach Schutz nachgegeben werden kann.

In dieser Arbeit werden die NTH's als die wichtigsten Instrumente dieses "neuen Protektionismus" analysiert. Nachdem im folgenden Teil NTH's begrifflich genau abgegrenzt werden, wird im dritten Abschnitt versucht, eine Systematik in die unübersichtliche Vielzahl von NTH's zu bringen. Die theoretische Wirkungsweise von NTH's wird durch die Partialanalyse, die aus der Zolltheorie bekannt ist, im vierten Teil verdeutlicht. Anschließend wird an einem kurzen Fallbeispiel aus dem Automobilsektor die Wirkungsvielschichtigkeit von NTH's demonstriert und abschließend auf die besondere Bedeutung von NTH's für LDC's eingegangen.

2. Begriffliche Abgrenzung

Der Begriff "nichttarifäres Handelshemmnis" ist eine Übersetzung des englischen Ausdruckes "non tariff trade barrier" und beinhaltet als einfachste Definition alle Handelshemmnisse außer Zöllen. Um NTH's sinnvoll systematisieren zu können, muss der Begriff weiter abgegrenzt werden. In der Literatur findet sich jedoch keine einheitliche Definition. So definiert BALDWIN:

"A nontariff trade-distorting policy is any measure (public or private) that causes internationally traded goods and services, ..., to be allocated in such a way as to reduce potential real world income".[4]

BALDWIN spricht in seiner weiten, allumfassenden Definition von nontariff distortions und nicht von nontariff barriers. Er schließt damit nicht nur handelshemmende Maßnahmen, sondern auch solche Maßnahmen in die Definition ein, die das Außenhandelsvolumen künstlich vergrößern, wie z.B. Exportsubventionen. Obwohl der Begriff trade-distortions (= Handelsverzerrungen) den hier diskutierten Sachverhalt besser beschreibt, hat sich der Ausdruck trade-barriers (= Hemmnisse) international eingebürgert, wenn auch mit einer Bedeutungserweiterung in die von BALDWIN propagierte Richtung.[5]An BALDWINS Definition wurde von TIGGERS zurecht eine fehlende Operationalisierbarkeit bemängelt, da "...neben statistischen Mängeln der Quantifizierung eines internationalen Allokationsoptimums die Schwierigkeit in der Bestimmung eines geeigneten Referenzzustandes liegt."[6]

Andere Definitionen, wie die von HASENPFLUG, klammern handelsstörende Aktivitäten von privatwirtschaftlicher Seite gänzlich aus und sind somit enger in ihrer Definitionsbreite.

"NTB sind alle nationalen Gesetze, Verwaltungsvorschriften und -praktiken, die neben Zöllen dazu beitragen, den Handel mit Gütern oder Diensten in Volumen, Güterzusammensetzung oder regionaler Ausrichtung zu verzerren."[7]

Privatwirtschaftliche Eingriffe sind ein definitorischer Grenzbereich. Die z. B. im Zusammenhang mit dem amerikanisch- japanischen Handelskonflikt unter dem Stichwort "market access and informal barriers to trade arising from the behaviour of competing suppliers"[8]viel diskutierten "restrictive business practices" werden von HASENPFLUG in Übereinstimmung mit QUAMBUSCH[9]ausgeklammert. Die vollständige Ausgrenzung der Privatwirtschaft als Einflußträger würde allerdings ebenfalls den sogenannten Gefühlsprotektionismus (buy-national Appelle) ausklammern, welcher wiederum von QUAMBUSCH[10], OHLINGER[11]und TIGGERS[12]als NTH gesehen wird.

Für die folgende Systematisierung von NTH's wird deshalb im weiteren eine Definition in Anlehnung an TIGGERS zugrunde gelegt, für den "...der Diskriminierungstatbestand, also die ungleiche Behandlung der Marktpartner sowie Verzerrung oder Forcierung des internationalen Handels in Volumen, Güterzusammensetzung und regionaler Ausrichtung im Vordergrund steht."[13]

NTH's umfassen somit handelsverzerrende Eingriffe in den liberalen Außenhandel von sowohl staatlicher als auch privatwirtschaftlicher Seite, die ausländische Wirtschaftssubjekte gegenüber inländischen Wirtschaftssubjekten diskriminieren.

Abbildung 1, die mit einem Systematisierungsschema dem folgenden Abschnitt vorgreift, verdeutlicht den gewählten Definitionsumfang.

Abb. 1: Definitionsumfang

Entscheidungs-träger
Legislative

Exikutive

Privatwirt-schaft
Ausprägung
Tarifärer Bereich
Gesetzespro-tektionismus
Administra-tiver Protekt.
Gefühlspro-tektionismus
restrictive business practices

Baldwin






Hasenpflug





Quambusch





Arbeitsdefinition




Quelle: In Anlehnung an QUAMBUSCH (1976), S. 32

3. Systematisierung und Erscheinungsformen nichttarifärer
Handelshemmnisse

Bei der Entwicklung einer Systematik stellt sich zwangsläufig die Frage nach dem einheitlichen Abgrenzungskriterium. Auch hier bietet die Literatur eine Vielzahl von Ansätzen, die allerdings bei der in dieser Arbeit zugrunde gelegten Definition nicht alle geeignet sind.

CLARK unterteilt NTH's, in Anlehnung an eine UNCTAD Systematik, nach ihrem Diskriminierungsgrad in drei Klassen. Von der Kategorie broad über die Kategorie narrow bis hin zu quantitative oder auch hard-core measures nimmt die handelsverzerrende Wirkung zu.[14]Der Nachteil dieser praxisorientierten Systematik liegt in der eher willkürlichen Festlegung in welche Klasse ein bestimmtes NTH einzugruppieren ist. Dieses Manko wird durch die Tatsache verstärkt, dass dasselbe NTH aufgrund unterschiedlicher Ausprägungen einen unterschiedlichen Diskriminierungsgrad aufweisen kann und somit mal in die eine, mal in die andere Kategorie einzuordnen wäre.

WALTER hingegen unterteilt NTH's nach der mit ihnen verfolgten Absicht in drei Typen. Maßnahmen, die primär dazu dienen inländische Industrie zu schützen oder inländische Industrie für den internationalen Wettbewerb zu stärken, gehören zu Typ 1. Maßnahmen, die primär zu anderen als den unter Typ 1 aufgeführten Zielen ergriffen werden, aber gelegentlich zur Handelsverzerrung mißbraucht werden, zählen zu Typ 2. Die letzte Kategorie umfaßt alle die Handelshemmnisse, bei denen der unbeabsichtigte protektionistische Effekt lediglich Nebenprodukt autonomer Politik ist.[15]Diese letzte Gruppe gewinnt mit zunehmender Außenhandelsquote eines Landes an Bedeutung.

Diese sinnvolle Systematisierung ist für diese Arbeit allerdings nicht geeignet, da die hier verwendete Definition, Eingriffe, also absichtsvolle Maßnahmen, voraussetzt. Die dritte Kategorie WALTERs, nämlich die unbeabsichtigt handelshemmenden Maßnahmen, würden somit außen vor bleiben.

Die von OHLINGER vorgelegte und hier adoptierte Systematik setzt zur Unterscheidung von NTH's bei den folgenden Entscheidungsträgern an: Gesetzgeber, öffentliche Verwaltung und Privatwirtschaft.[16]Die im folgenden zur Systematisierung von NTH's verwendeten Gruppen: Gesetzesprotektionismus, administrativer Protektionismus und nicht staatlicher Protektionismus, sind die den Einflußträgern zuzuordnenden entsprechenden Ausprägungen protektionistischer Maßnahmen. (Siehe Abb. 1) Zu dieser Klassifizierung ist kritisch anzumerken, dass natürlich Interdependenzbeziehungen zwischen den Entscheidungsträgern existieren. So vertreten Lobbies ihre Interessen gegenüber dem Gesetzgeber und die Regierung muss sich mit der Bürokratie auseinandersetzen. Trotzdem lassen sich die meisten NTH's nach Einflußträgern und Ausprägung relativ klar einer Gruppe zuordnen.

Abbildung 2 verdeutlicht übersichtsartig wie die wichtigsten NTH's den drei Gruppen zugeordnet werden können. Diese Systematisierung stellt natürlich keinen Anspruch auf Vollständigkeit, da dies bei über 800 vom GATT identifizierten NTH's[17]den Rahmen dieser Arbeit sprengen würde. Da bei der Systematisierung der einzelnen NTH's zu ihrer weiteren Gruppierung teilweise auf deren Wirkungsweise eingegangen werden muss, ist es nicht immer möglich, Systematisierung und Wirkungsanalyse vollständig zu trennen.

Abb. 2.: Systematisierung von NTH's

Gesetzesprotektionismus
Administrativer Protektionismus
Nicht staatlicher Protektionismus
*Maßnahmen auf der Importseite
*Schikanöse, diskriminierende
*restrictive business practices
-Quantitative
-Grenzabfertigung
-prudent marketing agreements
--Kontingente
-Lizenzvergabe
-Diskriminierende Produkttests
-Preisliche
*Technische Vorschriften
*Gefühlsprotektionismus
--Einfuhrabgaben
*Anti-Dumping Maßnahmen
- buy-national Apelle
--Abschöpfungen


--Einfuhrdepots


*Maßnahmen auf der Exportseite


-VER's


-Subventionen


*FDI betreffende Maßnahmen


-Trade Related Investment
Measures (TRIM's)


3.1. Gesetzesprotektionismus

Bei dieser Gruppe ist die protektionistische Absicht eindeutig im Gesetzestext verankert. Änderungen dieser Vorschriften sind nur durch Gesetzesänderungen oder in einem eng umgrenzten Rahmen möglich. Da Gesetzesänderungen mit erheblichem Zeitaufwand verbunden sind, bedeutet Gesetzesprotektionismus für den Handel im Moment Stabilität. Maßnahmen können auf der Import- oder auf der Exportseite wirken. Als dritte Untergruppierung existieren Eingriffe, die FDI betreffen und somit nur indirekt eine handelshemmende oder verzerrende Wirkung haben.

3.1.1. Maßnahmen auf der Importseite
Auf der Importseite ist zwischen preisbeeinflussenden und mengenbeeinflussenden Handelshemmnissen zu differenzieren.

Zu den quantitativen Importbeschränkungen zählen die Importkontingente. Importkontingente, die entweder die Importmenge oder den Importwert eines bestimmten Produkts begrenzen, existieren in Form von Global- und Einzelkontingenten. Bei den Globalkontingenten wird eine Obergrenze für den gesamten Import eines Gutes festgelegt, während bei den Einzelkontingenten Importquoten durch bilaterale Handelsvereinbarungen für einzelne Lieferstaaten festgeschrieben werden.

Maßnahmen, die den Import bei der Einfuhr preislich belasten und somit zollähnliche Wirkung haben, treten in Form von Einfuhr -Abschöpfungen, -Depots und oder -Gebühren auf. Während Importgebühren oder Abgaben, solange sie nicht stark überhöht sind, nicht notgedrungen handelshemmend wirken, sind Einfuhrabschöpfungen, wie sie im Rahmen der Gemeinsamen Agrar Politik (GAP) der EU zur Anwendung kommen, stark protektionistisch. Um das im Vertrag von Maastricht verankerte System von Mindestpreisen[18]durchzusetzen, werden Einfuhrabschöpfungen in Höhe der Differenz zwischen dem niedrigeren Weltmarktpreis und dem festgelegten Mindestpreis im Binnenmarkt erhoben.
Bei Importdepots muss der Importeur bei Einfuhr einen Bruchteil des Importwertes bei der inländischen Notenbank zinslos hinterlegen. Das Ausmaß dieser einfuhrbeschränkenden Maßnahmen hängt von "der Höhe der zu hinterlegenden Summe, der Hinterlegungsdauer, der Refinanzierungsmöglichkeit der Importeure, der Überwälzbarkeit des preiserhöhenden Effektes auf den Verbraucher"[19]ab.

3.1.2. Maßnahmen auf der Exportseite
Auf der Exportseite des gesetzlichen Protektionismus sind die zwei Haupttypen Export- Subvention und Export- Beschränkungsabkommen zu nennen.

Im weitesten Sinne sind alle staatlichen Maßnahmen, die exportorientierte Unternehmen des Inlandes unterstützen, um deren Wettbewerbsfähigkeit auf dem Auslandsmarkt zu stärken, Export- Subventionen. Allgemeine Export- Subventionen umfassen Ausfuhrprämien, Transportkostenübernahmen und international sehr unterschiedliche Exportkreditsysteme und Exportkreditversicherungssysteme mit stark unterschiedlichen Zins- und Prämienkonditionen. Diese Subventionen kommen allen Exportindustrien eines Landes zugute.[20]

Spezielle Exportsubventionen hingegen begünstigen bestimmte Sektoren durch Produktionszuschüsse. Diese Sektoren, die oft international nicht mehr wettbewerbsfähig sind, erscheinen aber aufgrund hoher Beschäftigungszahlen und struktureller Rigiditäten aus beschäftigungspolitischen Gründen förderungswürdig. Eine Sonderform der speziellen Exportsubvention stellt das industrial targeting dar, welches bestimmte Sektoren, die für die weitere Entwicklung eines Landes von strategischer Wichtigkeit sind, durch eine weite Bandbreite von Maßnahmen zu fördern versucht. Besonders in den Bereichen der Mikroelektronik und der Luft- und Raumfahrt greifen Regierungen durch "...sponsored research and development, general financial support, restricted market access to foreign competitors, supervised or "indicative" rationalization..."[21]mit einem zielgerichteten Paket von politischen Maßnahmen in den liberalen Handel ein.

Bei den auf bilateraler Ebene ausgehandelten Exportbeschränkungsabkommen begrenzt das Ausfuhrland seine Exporte auf bestreben des Importlandes. Diese Abkommen stellen meistens eine Flucht nach vorn von Seiten der Exportländer dar, die einer Einführung von Zöllen zuvorkommen wollen. Deshalb haben diese Abkommen den ironischen Zusatz "freiwillige" Exportbeschränkungsabkommen (VER's). Es sind je nach dem Grad des Involvements der Regierungen der beteiligten Länder zwischen Orderly Marketing Agreements (OMA) und sogenannten grey measures wie prudent marketing agreements zu unterscheiden. Bei den OMA's finden die Verhandlungen auf Regierungsebene statt, wobei bei den grey measures Beschränkungsabkommen auf Firmenebene, also auf informeller Basis, abgeschlossen werden.[22]

Letztere Ausprägungsart gehört somit zur Gruppe des nicht staatlichen Protektionismus und wurde hier nur der Abgrenzung halber aufgeführt.

3.1.3. FDI betreffende Maßnahmen
Eine Möglichkeit VER's zu umgehen ist FDI. Dies setzt allerdings einen ungehinderten Fluß von Investmentkapital voraus. Regierungen setzen Trade Related Investment Measures (TRIM's) ein, um die Firmenpolitik ausländischer Unternehmen in ihren Ländern zu beeinflussen. FUNKE identifiziert mit Local Content Requirements (LCRs) und Local Labor Requirements (LLRs), die zur Zeit wichtigsten TRIM's.[23]LCR zwingen ausländische Unternehmen einen bestimmten Anteil ihrer Inputs im Inland zu kaufen und im Falle der LLR's einen bestimmten Anteil von Inländern zu beschäftigen.

3.2. Administrativer Protektionismus

Während der Gesetzesprotektionismus für alle Beteiligten relativ transparent in seinen Ausprägungen und Auswirkungen ist, kommt beim administrativen Protektionismus ein Verschleierungseffekt hinzu, da sich administrative Willkür zum größten Teil der öffentlichen Diskussion und Kontrolle entzieht. Wenn Gesetze, die aus nicht protektionistischen Absichten heraus erlassen wurden, unter Ausnutzung von administrativen Ermessensspielräumen schikanös oder willkürlich ausgelegt werden, entsteht unter den ausländischen Exporteuren, bzw. den inländischen Importeuren Unsicherheit.[24]Die Kalkulierbarkeit der Wirkung dieser Art von NTH's ist aufgrund ihrer relativ schnellen Variierbarkeit und Vielfältigkeit besonders schwierig.

Beim administrativen Protektionismus tritt neben Preis und Menge importierter Güter, auf die der Gesetzesprotektionismus gerichtet war, als dritte Variable die Zeit. Durch Verzögerungstaktiken, wie der schikanösen Grenzabfertigung, wird erreicht, dass ausländische Produzenten ihr Interesse am Export verlieren.[25]

Ein weiteres Beispiel ist die Verwaltung quantitativer Importbeschränkungen (Kontingente), die mittels Lizenzen erfolgt, die an die Importeure vergeben werden. Das langwierige Lizenzverfahren wirkt, aufgrund administrativer Schwierigkeiten bei der Vergabe der Lizenzen, als eigenständiges Hemmnis über die Kontingentierung hinaus.[26]

Aufgrund dieser hier beschriebenen Intransparenz sind administrativ protektionistische Eingriffe ein beliebtes Instrument von Regierungen, die trotz bestehender Freihandelsverträge inländische Unternehmen schützen wollen.

Zwei weitere kontroverse NTH's dieser Gruppe, nämlich technische Hemmnissen und Antidumping- Maßnahmen, werden exemplarisch für die Gruppe der administrativen Handelshemmnisse behandelt.

Technische Vorschriften werden im Interesse der Sicherheit, Gesundheit und Umwelt erlassen. Somit ist die Protektionsabsicht bei technischen Normen nur schwer zu beweisen. Gleichwohl ist das Diskriminierungspotential aufgrund der immensen Zahl der Normen[27], ihrem Entstehungsprozeß[28]und der Zusammensetzung der Normungsgremien besonders groß.

Der direkte Einfluß der Industrie auf die Normierung ist z.B. bei dem DIN besonders groß, da es sich um eine privatwirtschaftliche Institution handelt. Dieser dominierende direkte Einfluß, wonach die Normung in die letzte Gruppe dieser Systematik (Protektion durch die Privatwirtschaft) einzuordnen wäre, ist aber eher untypisch. So ist die Association Francaise de Normalisation (AFNOR) zentralistisch unter dem Einfluß von Regierungsstellen organisiert.[29]

Das GATT erlaubt Importländern, inländische Produzenten durch Antidumping Maßnahmen (z.B. zusätzliche Zölle) vor ausländischen Produkten zu schützen, die, z.B. durch Subventionen verbilligt, auf den Markt unter Herstellkosten "gedumped" werden.[30]Der handelshemmende Effekt von Antidumping (AD) entsteht durch die diskretionäre Handhabung von Seiten der Administration. FINGER bemerkt zu AD: "1. National regulation allow antidumping action in a broad range of circumstances. ... 2. The investigation process itself tends to curb imports. This is because the exporters bear significant legal and administrative costs... 3. ... almost half of antidumping actions are superseded by negotiated export restrictions before they come to a formal, legal, ending."[31]

3.3. Nicht staatlicher Protektionismus

Alle handelsverzerrenden Maßnahmen, die von privatwirtschaftlicher Seite ausgehen, zählen zu dieser Gruppe. Im einzelnen sind dies unter anderem die bereits erwähnten prudent marketing agreements, ungleiche Behandlung bei Produkttests sowie der sogenannte Gefühlsprotektionismus.

Wenn Verbraucherverbände oder Fachzeitschriften Produkttests durchführen, kann es zu einer Diskriminierung ausländischer Produkte dadurch kommen, dass Prüfungsergebnisse für ausländische Produkte bewußt schlechter ausfallen oder Produkte gar nicht erst zum Warentest zugelassen werden.[32]Genauso wie die prudent marketing agreements, die auf Unternehmensebene ausgehandelt werden, zählen solche Praktiken zu den "restrictive business practices".

Der Gefühlsprotektionismus zielt durch Anspielungen auf das Nationalgefühl (buy american, achetez francais) auf eine Verhaltensbeeinflussung der Wirtschaftssubjekte ab. Nicht nur der Privatsektor, sondern auch die Legislative, kann Initiator dieser Art des Protektionismus sein. Besonders im öffentlichen Vergabewesen ist eine Bevorzugung inländischer Anbieter zu beobachten, die nicht durch wirtschaftliche Gesichtspunkte zu erklären ist.[33]

Der Gefühlsprotektionismus ist aber in erster Linie ein Instrument der nicht staatlichen Seite, der besonders in Zeiten hoher Arbeitslosigkeit, durch geschicktes oft unterschwelliges Appellieren an chauvinistische Instinkte, ein Gefühl der Zusammengehörigkeit, des Aufeinander-angewiesen-Seins kreiert. Der so beeinflußte Verbraucher wird bei dem Produkt aus heimischer Produktion die besseren Eigenschaften vermuten und somit auf einen Preis- und Qualitätsvergleich mit einem Importerzeugnis verzichten.[34]

Somit ist der Gefühlsprotektionismus, je nachdem ob die Legislative oder die Privatwirtschaft mehr involviert ist, dem administrativen oder dem nicht staatlichen Protektionismus zuzuordnen.

4. Wirkungsanalyse

Da NTH's auf die zentralen ökonomischen Variablen wie Zölle wirken, wird in einem ersten Schritt die zollanalogen Effekte NTH's analysiert und dann in einem zweiten Schritt auf spezielle Wirkungen eingegangen.

4.1. Zollanaloge Wirkung NTH's

NTH's, die in der einen oder anderen Weise zu einer mengenmäßigen Reduktion der Inlandnachfrage führen, haben, wie im Folgenden gezeigt wird, analoge Wirkungen wie Importzölle. Deshalb wird anhand der Partialanalyse, in Anlehnung an die Zolltheorie, die wichtigsten Wirkungen von Zöllen und damit auch von NTH's erläutert. Es wird im folgenden vom "kleinen Land Fall" ausgegangen, d.h. Maßnahmen, die den Binnenmarkt des Gutes betreffen (Errichtung eines NTH mit zollähnlicher Wirkung) verändern nicht den Weltmarktpreis. Auch wird von Interdependenzen zwischen Importgut und anderen Gütermärkten abstrahiert.[35]

Abb.3 Partialanalyse

Quelle: ROSE (1992), S.565

Abbildung 3 zeigt das Angebot (A) und die Nachfrage (N) auf einem Gütermarkt für das Gut (X), welches das Inland importiert. Durch den niedrigen Weltmarktpreis (Pa) in der Höhe von OA, kommt es im Inland zu einer Nachfrage AC, die durch das inländische Angebot AB nicht zu befriedigen ist. Dieser Nachfrageüberhang BC wird durch Importe bedient.

Wird nun ein Zoll in Höhe von AD eingeführt, verteuern sich auf dem Inlandsmarkt die Importe ausländischer Anbieter, und es stellt sich ein neuer Preis in Höhe von OD ein. Zölle oder NTH's, die die Kosten für ausländische Anbieter und somit die Einfuhrpreise in die Höhe treiben, bewirken, dass die Inlandsproduktion um BB' ausgeweitet wird (Schutzeffekt). Gleichzeitig wird der Inlandsverbrauch um CC' schrumpfen (Konsumeffekt), der Import um BB' und CC' sinken (Außenhandelseffekt), der Importwert um (BB' + CC') * OA fallen (Zahlungsbilanzeffekt). Beim Zoll fallen im Gegensatz zu den meisten NTH's Renten, hier Zolleinnahmen, im Ausmaß von EF * AD an (Zolleinahmeeffekt). Es findet weiterhin eine Einkommensumverteilung von den Konsumenten zum Staat und den Unternehmen statt. Dieser Umverteilungseffekt lässt sich durch die steigende Produzentenrente von ABG auf DEG und die fallende Konsumentenrente von ACI auf DFI verdeutlichen. Die private Wohlfahrt sinkt somit um die Fläche BCFE. Die gesamtwirtschaftliche Wohlfahrt, also die staatlichen Zolleinnahmen vermindert um den Verlust an privater Wohlfahrt, fällt um BB'E + CC'F (Wohlfahrtseffekt).[36]

Wie aus der Systematisierung hervorgeht wirken die meisten NTH's über die Importmenge oder über den Importpreis.

Die Wirkungen von Zöllen und mengenmäßigen Importbeschränkungen entsprechen sich in fast allen Bereichen, denn ob der Staat ein Mengenkontingent in Höhe von EF einführt oder einen Zoll erlässt, der ausländische Waren so verteuert, dass nur noch EF ausländisches Angebot auf den Markt gelangt, ist egal. Für jedes Kontingent lässt sich somit theoretisch ein Zolläquivalent berechnen. Dies gilt natürlich auch für VER's, bei denen die Quoten bilateral, und nicht nur von Seiten des importierenden Landes festgelegt werden.

Bei NTH's, die, direkt oder indirekt, über den Importpreis wirken, gelten identische Überlegungen. Auch hier spielt es für die beschriebenen Zolleffekte keine Rolle, ob die Verteuerung der Importe (Verschiebung der Weltmarktpreisgraden nach oben) durch einen Zoll oder durch technische Vorschriften, schikanöse Grenzabfertigung oder durch erhöhte Vermarktungskosten, die zur Überwindung von buy-national Aufrufen verwendet werden müssen, zustande kommen.[37]

Diese Analyse verdeutlicht, warum Protektion von Seiten der inländischen Unternehmen angestrebt wird. Es kommt im geschützten Sektor zu einer Ausdehnung der Inlandsproduktion und einer Umschichtung zugunsten der Produzentenrente.

Ausgehend von diesen Überlegungen könnte man vermuten, dass die durch den Schutzeffekt ausgelöste sektorale Produktionsausweitung, die mit einer sektoralen Beschäftigungszunahme verbunden ist, auch die gesamtwirtschaftliche Beschäftigung erhöht. Wie ROSE demonstriert, ist dies aber aus zwei Gründen nicht der Fall. Erstens sind Retorsionsmaßnahmen sowohl bei Zöllen als auch bei den wirkungsvollen quantitativen Einfuhrbeschränkungen zu erwarten. Damit sind Beschäftigungs-rückgänge im inländischen Exportsektor unumgänglich.

Aber auch wenn keine Retorsionsmaßnahmen erfolgen (im kleinen Land Fall), kann unter den Annahmen von flexiblen Wechselkursen und starren Nominallöhnen, keine verbindliche Aussage über die gesamtwirtschaftlichen Beschäftigungswirkungen von Zöllen gemacht werden. Es kommt aufgrund des sinkenden Importwertes zu einer Leistungsbilanzverbesserung und folglich zu einer Aufwertung der inländischen Währung. Im "kleinen Land Fall" fallen die Inlandpreise im Verhältnis zum Abwertungssatz der Auslandswährung. Die Weltmarktpreisgeraden für Import- und Exportgütermarkt verschieben sich nach unten mit dem Effekt, dass die Produktion und damit die Beschäftigung im Exportsektor sinkt und die zollbedingte Ausdehnung der Importsektorbeschäftigung zum Teil wieder reduziert wird.[38]

ROSE faßt zusammen, dass "...aus der Beschäftigungserhöhung im geschützten Sektor nicht auf entsprechende positive Beschäftigungseffekte in der Gesamtwirtschaft geschlossen werden kann."[39]

4.2. Spezielle Wirkungen NTH's

Ein wichtiger Wirkungsunterschied zwischen Zöllen und NTH's besteht im Verbleib der Renten und in der diskretionären Diskriminierung ausländischer Produzenten bei NTH's.

Während beim Zoll alle ausländischen Anbieter Marktzutritt haben, die den Zoll tragen können, schalten Kontingente den freien Marktmechanismus für ausländische Produzenten aus. Denn deren Marktanteil ist durch die Lizenzvergabe auf ein bestimmtes Niveau eingefroren. Ausländische Produzenten können daher, auch wenn sie ihre Kosten relativ zu den inländischen Produzenten senken, ihren Marktanteil nicht ausbauen.[40]Lizenzverfahren, die die Höhe der Einfuhrgenehmigung von der Höhe der Marktanteile vor der Importkontingenteinführung abhängig machen, beschränken zusätzlich den Markteintritt für neue Produzenten.

Ein weiterer Unterschied zwischen Zöllen und Kontingenten ist der Verbleib der Zolleinnahmen. Wenn die Lizenzen nicht meistbietend versteigert werden, verbleiben die Zolleinnahmen nicht beim Staat, sondern fließen den Importeuren in Form einer Kontingentrente zu, vorausgesetzt die ausländischen Anbieter sind nicht monopolistisch organisiert. Diese negativen Wirkungen werden in Kauf genommen, weil bei stark unelastischem Auslandsangebot eine zollbedingte Erhöhung der Preise ausländischer Güter nicht ausreichend erfolgt, da nur eine "terms of trade" Verschiebung stattfindet. Somit ist unter dieser Voraussetzung ein wirksamer Schutzeffekt durch Zölle nicht zu gewährleisten.[41]

Bei Zöllen fließen dem Staat Zolleinnahmen zu. Die Kontingentenrente verbleibt dagegen meistens bei den Importeuren, da die ausländischen Anbieter aufgrund internationalem Wettbewerb keine Preiserhöhungsspielräume haben.

Bei VER's hingegen sprechen Studien dafür, dass Renten den ausländischen Exporteuren zufließen. Da freiwillige Quoten mit den wichtigsten Exporteuren eines Landes ausgehandelt werden müssen, zwingt dies diese zusammenzukommen um die individuellen Kontingente festzulegen. Diese Gelegenheit wird häufig dazu mißbraucht, Preise in kartellmäßiger Art abzusprechen.[42]

Die Gemeinsamkeiten und Unterschiede von Zöllen und NTH's, die die Inlandsnachfrage mengenmäßig reduzieren, wurde bis hierher analysiert. Im folgenden werden Subventionen, bei denen es nicht zu einer Reduktion der Inlandnachfrage kommt und TRIM's, bei denen es zu indirekt handelsverzerrenden Wirkungen kommt, untersucht.

Zolläqivalente lassen sich auch für Subventionen ableiten, die primär auf eine Übervorteilung inländischer Produzenten und nicht auf eine direkte Benachteiligung der ausländischen Unternehmen abzielt. Die Wirkungsweise von Subventionen ist allerdings anders als die von NTH's mit zollanalogen Wirkungen, was anhand der Abb. 3 zu demonstrieren ist. Eine direkte Subvention an die Produzenten des Gutes X in Höhe von GH verschiebt die Angebotskurve von A auf A'. A' schneidet jetzt die unveränderte Weltmarktpreisgerade Pa in B', was zu einer inländischen Produktionsausweitung von AB zu AB' zur Folge hat (Schutzeffekt). Anders als beim Zoll sinkt bei der Subvention der Inlandsverbrauch nicht (kein Konsumeffekt). Wenn aber unterstellt wird, dass die Verbraucher indirekt über Steuern die Subvention zu finanzieren haben, sinkt die Konsumentenrente um GHB'E bei gleichzeitiger Erhöhung der Produzentenrente um GHB'B. Somit entsteht ein Wohlfahrtsverlust in Höhe von BB'E, da die Produktionskosten für die durch die Subvention zusätzlich produzierte Menge um BB'E höher liegt als die Produktionskosten im Ausland. Wieder kann die Subvention GH durch das Zolläquivalent AD beschrieben werden, mit dem Unterschied, dass beim Zoll, durch den Konsumeffekt ausgelöst, ein um CC'F größerer Wohlfahrtsverlust entsteht.[43]

Viele TRIM's verzerren Handelsströme nicht direkt, wie dies z.B. bei VER's der Fall ist, sondern sie lösen eine Reihe von Substitutionsprozessen aus, die nur indirekt handelsverzerrend wirken. Trotzdem sind TRIM's hier relevant, weil durch sie die Protektionsspirale, die durch das Bedürfnis nach Wettbewerbsschutz ausgelöst wird, verdeutlicht werden kann.

Viele MNU's haben aufgrund der Errichtung quantitativer Importbeschränkungen FDI benutzt, um Handelsschranken zu umgehen. Die Länder, die ihre Handelshemmnisse umgangen sahen, griffen zu TRIM's, um wieder die ausländische Produktion zu regulieren. Die MNU's antworten z.B. mit der Substitution von arbeitsintensiver zu kapitalintensiver Produktion, um Local Labour Requirements oder National Participation in Management zu umgehen.[44]

4.3. Fallbeispiel: Der Automobilsektor
Auch wenn aus politischen Gründen (z.B. infant- industry Argument) eine Branche vor der internationalen Konkurrenz geschützt wird, werden die Konsumenten, die für die betreffenden Güter höhere Preise zu zahlen haben, geschädigt.[45]Auch ist nicht gesichert, ob die Unternehmen die ihnen vom Staat verschaffte Gelegenheit nutzen, um ihre Produktionsstruktur wettbewerbsfähiger zu machen, wenn aufgrund geringerem Wettbewerbsdruck die unternehmerische Initiative leidet. Auf dieses Spektrum von Wirkungen wird anhand eines Fallbeispiels eingegangen.

Der Automobilsektor[46]

Seit Mitte der 70er Jahre sind Automobilexporte in OECD Länder Quoten und VER's unterworfen. Im folgenden werden die Ziele und Wirkungen von VER's mit Japan analysiert, da Japan das am häufigsten mit VER belegte Land ist.

Bilaterale VER's mit Japan wurden Anfang der 80iger Jahre durch Frankreich, Schweden, Deutschland, Italien, England, die Niederlande und die USA abgeschlossen. Ziel dieser Maßnahmen war die Zurückdrängung der japanischen Präsenz auf den inländischen Automobilmärkten. Dieses Ziel konnte nur zum Teil verwirklicht werden. So wird der italienische Markt, in den nur 2300 Autos aus Japan eingeführt werden dürfen, indirekt über andere europäische Länder beliefert. Wie Tabelle 1. anhand von Marktanteilszahlen zeigt, konnten durch die VER's die Ausweitung der Marktanteile in Deutschland, Schweden und den USA nicht verhindert werden.

Tabelle 1.: Marktanteilsentwicklungen auf dem Automobilsektor (1980-1986)

Jahr D USA Schweden F GB N
1980 10,4 21,3 12,1 2,9 11,9 25,7
1981 10,0 21,8 13,7 2,6 11,0 24,4
1982 9,8 22,6 15,2 2,9 11,0 22,4
1983 10,6 20,9 15,2 2,7 10,7 23,5
1984 12,0 18,3 15,0 3,0 11,1 22,0
1985 13,3 20,1 16,1 3,1 10,9 22,3
1986 15,0 24,0 20,9 3,0 11,1 24,3
Quelle: Auszug aus OECD (1093), S. 60

Eine Vielzahl von Kosten- Nutzen- Studien belegten übereinstimmend, dass der Schutz der Automobilindustrie extrem teuer war. Weiterhin herrscht Konsens, dass das Argument "the short term relief provided by VER's would enable the domestic industry to make the transition towards higher levels of efficiency and product development... is now broadly discredited."[47]

Im folgenden wird kurz auf die Wirkungen von VER's auf das Preissetzungsverhalten, Produktqualität, Wohlfahrt und Wettbewerb für den Automobilmarkt in den USA eingegangen.

Es wurde für den Zeitraum 1981-85 gezeigt, dass sich trotz einer Yen- Abwertung, die Automobilpreise für japanische Importe verteuerten. In allen anderen Sektoren kam es, konform zur Yen- Abwertung, zu einer Preissenkung japanischer Importe. Amerikanische Automobilproduzenten haben die durch die VER's ausgelöste Preissteigerung genutzt, um ebenfalls ihre Preise zu erhöhen. Dieses erhöhte Preisniveau auf dem US Markt veranlasste auch europäische Produzenten ihre Preise (nur) auf dem US Markt zu erhöhen.

Weiterhin kam es durch das NTH zu einem quality upgrading (Qualitätserhöhung). Die Analyse zeigt, dass quality upgrading besonders im ersten Jahr des VER evident wurde, dass die Konsumenten ihre Präferenzen zu besser ausgestatteten Modellen verlagerten und dass quality upgrading sich nicht bei Zöllen im Fall von LKWs einstellte.

Übereinstimmend wurden negative gesamtwirtschaftliche Wohlfahrtseffekte ermittelt. Der Nutzen für den US Automobilsektor war sichtbar, aber nur von kurzfristiger Dauer, es kann daher nicht von einer Revitalisierung gesprochen werden. Die Kosten der Protektion trug der Konsument in den USA, wobei die Rentenumlenkung zugunsten der europäischen Firmen hoch, zugunsten japanischer Unternehmen mittel und zugunsten US Produzenten relativ niedrig war. Jeder Arbeitsplatz, der in der Automobilbranche erhalten wurde, kostete den Verbraucher fünf Mal soviel wie das jährliche Gehalt der dort beschäftigten Arbeiter.

Der Wegfall von VER's wurde simuliert mit dem Ergebnis, dass die Wettbewerbsintensität sich erhöhen würde, und es verstärkt zu einem Verdrängungswettbewerb bzw. zu Unternehmenszusammenschlüssen und Übernahmen kommen würde.

4.4. NTH's und Entwicklungsländer

Wie durch die folgende Tabelle demonstriert wird, werden Entwicklungsländer stärker als Industrieländer durch NTH's der drei großen Handelsblöcke EU, USA und Japan behindert. Trade coverage ratios stellen den wertmäßigen Anteil der Importe dar, der durch NTH's gehemmt wird. Der Nachteil an trade coverage ratios ist, dass sie nicht messen wie restriktiv die NTH's in Bezug auf ihre preiserhöhende bzw. mengenreduzierende Wirkung sind. Durch die Gruppierung der NTH's in drei Kategorien, die nach ihrer zunehmenden Wirksamkeit in weit, eng und quantitativ unterteilt sind, lassen sich aber relativ gut Vergleiche zwischen den drei Blöcken der Triade und deren Protektionsniveau anstellen.

Tabelle 2.: Trade Couverage Ratios von NTH's, 1989, in %
(ausgenommen Petroliumprodukte)



EU


JAPAN


USA






Export Länder
Broad (a)
Narrow (b)
QR (c)
Broad
Narrow
QR
Broad
Narrow
QR





DMEC (d)
17,9
9,0
7,4
22,5
21,2
19,8
30,9
14,3
14,3





All (e) developing
30,6
23,5
20,1
26,3
24,4
22,5
24,5
19,3
19,3






(a) die Kategorie broad umfaßt: Import Depots und Abgaben, zollähnliche Maßnahmen, variable Abschöpfungen, anti dumping Maßnahmen, quantitative Restriktionen (Siehe c), automatische Lizenzvergabe und einige sonstige Preiskontrollmechanismen.
(b) die Kategorie narrow umfaßt: variable Abschöpfungen, quantitative Restriktionen (c), und einige sonstige Preiskontrollmechanismen
(c) Quantitative Restrictions (QR) sind: Einfuhrverbote, Quoten, nicht automatische Lizenzverfahren, Staatsmonopole und VER's
(d) DMEC= 27 developed market economies
(e) All developing= 178 developing countries and territories

Quelle: Auszug aus: UNCTAD Data Base on Trade Control Measures
(zitiert nach CLARK (1993), S. 167)

Auffällig ist, dass das Protektionsniveau gemessen an den restriktiveren QR, gegenüber den Entwicklungsländern ungefähr gleich hoch ist, wogegen erhebliche Unterschiede im Protektionsniveau zwischen Japan und der EU in bezug auf DMEC bestehen.

Auch Schätzungen, die bestehende NTH's in Zollsätze umrechnen, zeigen, dass Industrieländer besonders in Bereichen wie dem Agrar- und Textilsektor, in denen LDC's komparative Vorteile entwickeln, besonders hohe Schranken durch NTH's errichten.[48]

Stellvertretend für die Vielzahl von NTH's werden Subventionen und Anti-dumping (AD) und deren besondere Problematik für LDC's kurz angedeutet.

Aufgrund Probleme bei der strukturellen Anpassung, die durch einen weltwirtschaftlichen Strukturwandel ausgelöst wurden, greifen Industrieländer vermehrt zu Subventionen, um importbedrohte Branchen zu halten. Weitreichende Probleme für Entwicklungsländer resultieren, wenn Subventionen dazu benutzt werden Güter, die keine echten komparativen Vorteile haben, durch Exportsubventionen so zu verbilligen, dass sie in Drittländern eine Konkurrenz für inländische Produkte darstellen.[49]Diese Politik wird z.B. von der EU mit der GAP betrieben, um die durch die Mindestpreispolitik entstehenden Agrarüberschüsse abzubauen.

AD- Maßnahmen werden nicht nur eingesetzt, um den Handel zwischen Industrieländern zu regulieren, "..but are becoming increasingly important in affecting trade flows between industrial countries and developing countries."[50]AD ist insofern besonders relevant für LDC, weil sie mit ihren niedrig- Preis- Produkten oft mit schrumpfenden Industrien in den Industrieländern konkurrieren und somit bevorzugtes Ziel von AD Untersuchungen sind. Erschwerend kommt hinzu, dass LDC aufgrund ihrer internationalen Unerfahrenheit oft nicht über angemessene Mittel verfügen, um sich in AD Verfahren wirkungsvoll zu verteidigen.[51]

5. Schlußbetrachtung

In dieser Arbeit wurde versucht, die unübersichtliche Vielfalt von NTH's durch eine Systematik überschaubarer zu machen. Die daraufhin durchgeführte Wirkungsanalyse verdeutlichte, dass NTH's Instrumente einer Protektionsspirale sind, die gegen die erzielten Erfolge der GATT- Runden wirken. Um die Handelsliberalisierungserfolge auszubauen und diese auch den Entwicklungsländern zugute kommen zu lassen, die von NTH's in besonderem Maße betroffen sind, bedarf es nicht nur eines Abbaus von Zöllen sondern, auch eines Abbaus von NTH's.

Anhang

A

Entwicklung der Trade Couverage Ratios von NTH's ausgewählter OECD Länder
(1981- 1990, Index Nummern: 1981 =100, NTH's der narrow Klassifizierung, Siehe S. 18, Alle Sektoren ausgenommen Petroliumprodukte)

1981 1985 1990

EG (12)
100
110,0
109,0
Japan
100
100,1
96,7
USA
100
100,0
106,0
TOTAL
100
103,8
103,0

Quelle: Auszug aus: UNCTAD Data Base on Trade Control Measures
(zitiert nach FUNKE (1994), S. 7)

B

Geschätzte ad valorem Zolläquivalente von NTH's ausgewählter Industrieländer
(in %), nach Sektoren, 1987

Sektor

BRD
Japan
USA
Agrar & Fischerei-

3,6
48,5
0,3
Lebens- & Genußmittel-

4,5
27,1
14,5
Schuhwerk-

2,5
6,1
4,3
Textilien-

7,9
5,2
12,4
Eisen & Stahl-

16,1
0,0
11,3
Duck & Verlags-

0,0
0,0
22,3
ALLE SEKTOREN

2,5
8,2
2,4

Quelle: Auszug aus: Saxonhouse/ Stern (1989), S. 307f.

Literaturverzeichnis

Baldwin, Robert Nontariff Distortions of International Trade,
Washington D.C., 1970.

Clark, Don Nontariff Measures and Developing country exports,
in: The Journal of Developing Areas 27 (Jan 1993),
S. 163-172.

Finger, Michael/ Fung, Kwok-Chiu Will GATT enforcement control
Antidumping?, in Journal of Economic Integration (2),
Jun 1994, S. 198-213.

Funke, Norbert The World Trading System: Recent Trends, Kiel
Working Papers No. 646, Kiel, August 1994.

Hasenpflug, Hajo Nicht-tarifäre Handelshemmnisse, Formen, Wirkungen
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Kühn, Hanno Handelshemmnisse: Einkommensverteilung und
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Harris, Richard "market access" in international trade, in, trade and
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and Japan, Hrsg. R.M. Stern, Chicago, 1989, S. 263- 284.

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Lloyd, P.J. Measuring and Modelling Non-Tariff Distortions with
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Gemeinschaft Europäische Union, Bonn, 1993.

Presse und Informationsdienst der Bundesregierung Aktuelle Beiträge zur
Wirtschafts- und Finanzpolitik, Nr. 11/12, Bonn, 1994

Ohlinger, Hans Die Relevanz nicht-tarifärer Handelshemmnisse im
internationalen Handel und ihre Wirkungen auf die
Integration der Entwicklungsländer in die Wirtschaft,
Europäische Hochschulschriften, Bd./ Vol. 741,
Frankfurt am Main, 1986.

Rugman, Alan et al. International Business, Firm and Environment,
International Edition, New York, 1985

Senti, Richard Zölle und nichttarifäre Handelshemmnisse,
Eidgenössische Technische Hochschule Zürich,
Arbeitspapiere 91/105, Zürich, Februar 1991.

Quambusch, Liesel Nicht-tarifäre Handelshemmnisse. Ein Beitrag zu ihrer
Systematisierung, Anwendung und Beseitigung, Diss.,
Köln 1976.

Rose, Klaus Theorie der Außenwirtschaft, München, 1992

Saxonhouse, Gary/ Stern, Robert An Analytical Survey of Formal and Informal
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United States, Canada, and Japan, in, trade and
investment relations among the United States,
Canada and Japan, Hrsg. R.M. Stern, Chicago, 1989,
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Tigges, Ulrich Zur Aktualität nichttarifärer Handelshemmnisse im
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schriften: Wirtschaft; Band 10, Baden- Baden, 1991.

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Walter, I. Nontariff Barriers and the Free-Trade Area Option, in:
Banca Nazionale del Lavoro Quarterly Review, No. 88,
March 1969, S. 16-45.

Abbildungsverzeichnis

Seite
Abb. 1 Definitionsumfang 3

Abb. 2 Systematisierung von NTH's 5

Abb. 3 Partialanalyse 11

Tabellenverzeichnis

Tab. 1 Marktanteilsentwicklung japanischer Firmen
auf dem Automobilsektor (1980-1986) 16

Tab. 2 Trade Coverage Ratios von NTH's, 1989, in % 18

Abkürzungsverzeichnis

AFNOR Association Francaise de Normalisation

DIN Deutsche Industrie Norm

EU Europäische Union

FDI Foreign Direct Investment

GAP Gemeinsame Agrar Politik

GATT General Agreement on Tariffs and Trade

LCR's Local Content Requirements

LDC's Lately Developing Counties

LLR's Local Labour Requirements

MNU Multinationales Unternehmen

NTH's Nichttarifäre Handelshemmnisse

NTB's Nontariff Barrier

OMA's Orderly Marketing Agreements

TRIM's Trade Related Investment Measures

UNCTAD United Nations Conference on Trade and Development

VER's Voluntary Export Restraints

WTO World Trade Organisation
[1]Die z.Z. existierenden Zölle werden in fünf Schritten um ca. 40% gesenkt und erreichen somit eine ungewichtete durchschnittliche Rate von 3,6% in den USA und der EU sowie 1,7% in Japan. Presse und Informationsamt (1994), S. 52
[2]Siehe Anhang A
[3]Jeom (1987) S. 9
[4]Baldwin (1970), S. 5
[5]Zur sprachlichen Entwicklung des Begriffs siehe Quambusch (1976), S. 4ff.
[6]Tiggers (1991), S. 26. Dieses Problem hat auch Baldwin erkannt, der um eine theoretisch exakte Definition bemüht war. Vgl. Baldwin (1970), S. 5
[7]Hasenpflug (1977), S. 15
[8]Siehe dazu Harris (1989) und TYSON (1992) "Managing trade by Rules and Outcomes", die auf die Rolle der japanischen Wirtschaftsstruktur, besonders der Unternehmenskonglomerate (Keiretsu), als Eintrittsbarriere in den japanischen Markt eingeht.
[9]Quambusch (1976), S. 32
[10]Quambusch (1976), S. 32
[11]Ohlinger (1986), S. 113
[12]Tiggers (1991), S. 43
[13]Tiggers (1991), S. 27
[14]Vgl. Clark (1993), S. 164
[15]Vgl. Walter (1969) S. 19 (zitiert nach Quambusch (1976), S. 12f.)
[16]Vgl. Ohlinger (1986), S.113. Ähnliche Klassifizierungen finden sich auch bei Quambusch (1976), S. 32 und Tiggers (1991), S. 43
[17]Bei der GATT Tokyo Runde wurden 800 NTH's aufgelistet, die von den Mitgliedsstaaten eigesetzt wurden. Rugman et al (1985), S. 66
[18]Siehe zum System der Mindestpreise Art. 44 EG-Vertrag, Presse- und Informationsdienst der Bundesregierung (1993), S. 44f.
[19]Hasenpflug (1977), S. 43
[20]Vgl. Ohlinger (1886), S. 209 ff.
[21]Jeom (1987), S.17
[22]Vgl. Funke (1994), S. 13
[23]Vgl. Funke (1994), S. 16
[24]Vgl. Baldwin (1970), S.133
[25]Vgl. Quambusch (1976), S.288
[26]Vgl. Hasenpflug (1977), S. 25
[27]Ohlinger bemerkt, dass es 1981 23300 DIN Normen in der BRD gab, von denen pro Jahr 10% überarbeitet werden müssen und dass von einer Norm jeweils vier andere Dokumente mitbetroffen und somit anzupassen sind. Vgl. Ohlinger (1986), S.175
[28]Baldwin schreibt, dass "...despite the claim that such regulations were needed for "consumer protection", they were almost always introduced at the request of producers rather than consumers." Baldwin (1970), S.143
[29]Vgl. Tiggers (1991), S. 50
[30]Vgl. Rugman (1985), S. 69
[31]Finger (1994), S. 201
[32]Vgl. Tiggers (1991), S. 54
[33]Vgl.Baldwin (1970), S.63 ff.
[34]Vgl. Quambusch (1976), S. 307
[35]Für eine ausführlichere Diskussion von Zollwirkungen, auch unter Aufhebung des "kleinen Land Falls" und Berücksichtigung von Interdependenzen zwischen dem Importgut und anderen verbundenen Gütermärkten der Volkswirtschaft siehe Rose (1992) S.567 ff. und Senti (1991), S 16ff.
[36]Vgl. Rose (1992), S.565 für die Darstellung der Zolleffekte
[37]Vgl. Tiggers (1991), S. 62
[38]Vgl. Rose (1992), S. 629
[39]Rose (1992), S. 630
[40]Vgl. Baldwin (1970), S. 32
[41]Vgl. Senti (1991), S. 15f.
[42]Vgl. OECD (1993) S.19
[43]Vgl. Rugman (1985), S. 59f.
[44]Vgl. Funke (1994), S. 18
Ein anderes Beispiel für Umgehungstaktiken von Kontingenten ist der Export in Länder, die ihre Kontingente betreffend des eigentlichen Ziellandes noch nicht ausgeschöpft haben. Aus diesen Ländern, die nur ein Zwischenglied im eigentlichen Handelsfluß darstellen, wird dann in das Zielland exportiert.
[45]So ergab eine OECD Studie, dass die Entfernung der Quoten im US Textil und Bekleidungssektor potentiell tausende von Arbeitsplätze kosten würde, dass aber die Kosten der Protektion für die Konsumenten weit größer als die Gehälter der Arbeiter sind, deren Arbeitsplätze erhalten werden. OECD (1993), S. 10f.
[46]Das gesamte Fallbeispiel ist in Anlehnung an eine OECD Studie, die eine Zusammenfassung von neun empirischen Studien zu VER's mit Japan ist. OECD (1993), S. 59-69
[47]OECD (1993), S. 62
[48]Anhang B
[49]Vgl. Ohlinger (1986), S. 212f.
[50]Funke (1994), S. 9
[51]Funke (1994), S. 12

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