Industrielle Revolution

In der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts setzte eine Entwicklung ein, die wir als industrielle Revolution bezeichnen.Wir verstehen darunter einen Strukturwandel der Wirtschaft, der eng mit der Erfindung neuer Maschinen und der Nutzung der Dampfkraft als Energiequelle verbunden war.

Diese Entwicklung ging von England aus, erfuhr darin ihren ersten Höhepunkt und erfaßte schließlich die ganze Welt.

Dieser ungeheure technische Aufschwung hatte auch weitreichende soziale Folgen.Einzelne Bevölkerungsschichten versanken zunächst in bitterer Armut, auf längere Sicht hin kam es aber zu einem starken Anstieg des Lebensstandarts.

Durch viele erfolgreiche Handels-und Kolonialkriege waren große Geldsummen nach England gekommen. Mit Hilfe dieses überschüssigen Kapitals konnten die Betriebe stark vergrößert werden.

Der englische Überseehandel und das fast gänzliche Fehlen von Binnenzöllen erleichterten den Absatz der vermehrten Produktion. Die Rationalisierungen in der englischen Landwirtschaft begünstigten die Industrialisierung. Viele kleine Pächter und Bauern wurden von ihren Gütern verdrängt und gingen nun in die Stadt, um ihren Lebensunterhalt in gewerblichen Betrieben zu suchen.Die Industrie erhielt damit zusätzliche Arbeitskräfte.

Einen beträchtlichen Teil seiner technischen Kenntnisse verdankte Großbritannien anderen europäischen Ländern. Im 17. Jh. waren die deutschen Bergbautechniker, die holländischen Kanalbauer und die französischen Ingenieure führend auf ihren Gebieten, und die Briten nahmen die Hilfe solcher Fachleute in Anspruch.

Im Gegensatz zu England waren Deutschland, Frankreich und Italien um 1815 noch Agrarländer. In Deutschland wurden Manufakturgüter noch hauptsächlich von Handwerkern hergestellt, während sich die moderne Industrie auf einige wenige Gebiete mit Bodenschätzen beschränkte.

In Frankreich wurde das sehr langsame Wachstum der Industrie durch schlechte Verkehrsverhältnisse, dürftige Kohlevorkommen und eine konservative Bevölkerung noch verzögert.

Italien verfügte weder über Kohle, noch über Eisenerz, Rohstoffe, die im 19. Jahrhundert für die Industrialisierung eines Landes unentbehrlich waren.

Die sehr stark einsetzende technische Entwicklung in Großbritannien förderte in besonderem Maße die Produktivität der Fabriken.

Die Erfindung einer Spinnmaschine und des mechanischen Webstuhls erhöhte die Lieferfähigkeit der englischen Textilindustrie. Solange man für den Antrieb dieser Maschinen die Wasserkraft verwendete, war man auf einen bestimmten Standort angewiesen. Dies wurde schlagartig anders, als James Watt 1769 die Dampfmaschine erfand. Bis zur Verwendung des Dampfes als neue Energiequelle war der Mensch auf Naturkräfte wie Wind oder Wasser angewiesen gewesen, die ihm nicht nach Belieben zur Verfügung standen.

Durch den Einsatz der Dampfmaschine konnte aber nicht nur die Produktion in den Fabriken in bis dahin ungeahnter Weise beschleunigt und vergrößert werden, auch der Verkehr machte eine gigantische Entwicklung durch.

Pferdegespanne auf schlechten Straßen, Wind und Wetter preisgegebene Segelschiffe auf den Meeren waren seit Jahrtausenden die einzigen Transportmittel der Wirtschaft gewesen.

Durch die viel größere Produktion mussten immer mehr Güter über immer weitere Entfernungen transportiert werden.

Mit immer bequemer werdendenTransportmitteln nahm auch die reiselust der Menschen zu. Außerdem war das Reisen zum Austausch von Erfahrungen bei Entwicklung neuer Technologien notwendig. Als Folge davon stieg der Verkehr auf ein Vierfaches an.

Schienenverkehr:

Auf einer gewöhnlich befestigten Straße musste man vier bis sechs Pferde vor einen Wagen spannen, um eine Last von vier Tonnen fortzubewegen. Einen Wagen mit Eisenrädern auf Eisenschienen zogen demgegenüber ein einziges Pferd bis zu acht Tonnen.

Dies zeigt eindeutig, welch gewaltigen Vorteil die Einführung von Schienen in den Verkehr gebracht hat.

Schienen wurden zunächst für den Transport in Bergwerken verwendet. Sie waren aus Holz.

Im Jahre 1767 wurden die ersten eisernen Schienen verlegt, 1803 die erste öffentliche Pferdeeisenbahn in Betrieb genommen. Beides geschah in England. Lokomotiven, die mit Dampf betrieben wurden, fuhren seit Beginn des 18. Jahrhunderts. Im Jahre 1829 präsentierte der englische Ingenieur George Stephenson auf einem Wettbewerb der Eisenbahngesellschaft Liverpool-Manchester seine Dampflokomotive mit dem Namen "Rocket".

Sie hatte eine Leistung von 7,33 kW und ein Gewicht von 4,3 Tonnen.

Ihre Höchstgeschwindigkeit betrug 50 km/h.

Von da an trat die Eisenbahn ihren Siegeszug um die ganze Welt an.

Kanalbau:

Um auch verschiedene Punkte innerhalb des Festlandes mit Schiffen erreichen zu können, mussten Flüsse schiffbar gemacht und zusätzliche Kanäle gebaut werden.

Führend im Kanalbau war zunächst wieder England. 1761 wurde der bekannte Duke of Bridgewater-Kanal eröffnet.

Schiffahrt:

Nach Erfindung der Damfmaschine und des Dieselmotors bemühte man sich, diese auch zum Antrieb von Schiffen einzusetzen.

Zunächst benutzte man hierfür zwei Schaufelräder, die an den beiden Seiten des Schiffes angebracht und durch eine Dampfmaschine bzw. später durch Dieselmotore in Drehung versetzt wurden. Solche Schiffe eigneten sich gut für die Flußschiffahrt.

Bei der Überseeschiffahrt traute man den Schaufelrädern jedoch nicht so recht, weil man fürchtete, dass sie bei hohem Wellengang funktionsuntüchtig oder vielleicht sogar zerstört werden.

Eine andere Möglichkeit Schiffe anzutreiben, war die Schiffsschraube, die im Jahre 1812 von dem Öserreicher Joseph Ressel erfunden wurde. Auch der Schiffsschraube traute man zunächst nicht sofern man sie überhaupt kannte. Erst 1854 rüstete beispielsweise die englische Kriegsmarine ihre Flotte mit Schiffsschrauben aus.

Von großer Bedeutung wurde für die Wirtschaft die Möglichkeit schneller Nachrichtenübermittlung durch den Telegrafen. Mit Hilfe von Morsezeichen konnten Mitteilungen ab1837 in Gedankenschnelle weitergegeben werden. 1851 konnte das erste Unterwasserkabel verlegt werden.

Mitte des 19. Jh. beherrschten Englands Industrie, Handel, und Kapital die Weltwirtschaft.

Der englische Kapitalmarkt konnte der ganzen Welt Geld zur Verfügung stellen.

Da die in den Fabriken hergestellten Waren weniger kosteten als die handwerklich erzeugten, breitete sich der Vorgang der Industrialisierung schließlich über den gesamten Erdball aus.

Die neue Form des industriellen Kapitalismus ermöglichte es, die ständig wachsende Bevölkerung zu versorgen und die in der Landwirtschaft frei werdenden Arbeitskräfte aufzunehmen. Die neuen Verkehrsmittel sorgten dank ihrer Schnelligkeit und der Möglichkeit, auch Massengüter zu befördern, für einen regen Austausch von Rohstoffen und Industrieprodukten. So war die Industrie nicht mehr an den Standort der Rohstoffe oder der Energiequellen gebunden. Riesige Industriezentren konnten entstehen, die die notwendigen Rohstoffe, aber auch die Lebensmittel für die Bevölkerung aus weit entfernten Gebieten bezogen.

So kaufte die englische Industrie z.B. Rohbaumwolle in Nordamerika und Indien, verarbeitete sie in England und lieferte Fertigprodukte an andere europäische Staaten. Manchester ist ein Beispiel dafür, wie sich die Bevölkerung einer Stadt durch die Industrie gewaltig vermehrte: um 1700 besaß sie 5000 Einwohner um 1800 war diese Zahl auf 84000 gestiegen.

Erst im 19. Jh. vollzog sich die industrielle Revolution auch in Mittel- und Westeuropa, sowie in den USA. Gegen Ende des Jahrhunderts erfaßte sie auch Japan und Rußland. Viele Länder der "dritten" und "vierten Welt" erleben den Prozeß der Industrialisierung allerdings erst heute.

1024 Worte in "deutsch"  als "hilfreich"  bewertet