Hexenverfolgungen

1. Zeitlose Zauberverfolgung:

Okkultismus gibt es schon zeit Menschengedenken. Da viele Menschen vor solchen okkulten Kräften Angst haben, sind die Zeugnisse über die Verfolgung von Zauberei zeitlos. Sie reichen vom Alten Testament über die römische Antike, in der viele Christen verfolgt wurden, bis in die Neuzeit .

Aber es gibt sogar heute noch Fälle von Zauberverfolgung in Afrika und Indien und der letzte europäische Schuldspruch fand erst 1944 in London statt. Der letzte offizielle Prozess wegen Zauberei wurde 1979 in Nairobi/Kenia abgeschlossen .

2.Merkmale der Zauberhysterie:

In der Zeitspanne in Europa, die Hexenprozesse genannt wird, forderte zwischen 1500 und 1700 allein im deutschen Reich 20 000 Todesopfer .

Ihre Merkmale sind :

a) Angst vor Zauberei als Grund für Elend und Not

b) Ein mächtiger Zeitgeist, der alles Widersprechende vernichtete

c) Anzeigen Verdächtiger vor den Behörden wegen angeblicher Zauberei

d) Massenprozesse und ungerechtfertigte Hinrichtung Unschuldiger .

Angst vor oder Interesse an Okkultismus und Zauberei alleine sind keine Merkmale für Hexenverfolgungen und fordern auch keine Todesopfer. Die Hexenverfolgung wird erst durch die ungewöhnliche Dominanz dieses Themas in der Öffentlichkeit und der Rechtssprechung gefährlich .

3.Die Bildung der Legende "Hexenjagd":

a) Verfolgungszeit (1550 - 1650)

Im großen Konfessionsstreit beschuldigten sich die traditionellen und reformatorischen Kirchen gegenseitig satanisch zu sein. Als Beweis führte man an, dass die Gegenseite nicht hart genug gegen Hexerei durchgreife .

b) Katzenjammer (1700 - 1800)

Nach dem Ende der Verfolgungen nahm der Streit der Konfessionen andere Akzente an. Nun gab man sich gegenseitig die Schuld an den vielen, unschuldigen Opfern. Die Protestanten führten weiter an, dass es in den katholischen Gebieten weit mehr Todesopfer gab, was aber nicht verwunderlich war, da der Grossteil der Gebiete katholisch regiert wurde .

c) Staatlicher Kirchenkampf (1850 - 1945)

Da das protestantische Preußen als dominante Macht versuchte den Einfluss der katholischen Kirche zu verkleinern, schwand auch das Interesse an der Hexenjagd. Dieser Kampf zwischen Kirche und Staat, der sogenannte Kulturkampf zwischen dem preußischen Reich und der katholischen Kirche ist auf die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts festzusetzen, reicht aber bis in die NS-Zeit, in der eine eigene Forschergruppe eine Karteisammlung über Malefizprozesse anlegte, um die Kirche anzuprangern .

d) Kultureller Modernismus (1970 - heute)

Das heutige, mythenhafte Bild der Hexenprozesse ist durch jahrhundertlange Verzerrungen und Missbrauch dieses Themas entstanden .

Der Meinung der breiten Menge nach, fanden die Hexenprozesse nur im Mittelalter statt, richteten sich vorwiegend gegen Frauen (also Hexen) und forderten Millionen von Opfer. Doch nichts davon stimmt ! Und es gibt leider kein Interesse an einer historischen Aufarbeitung dieses Themas .

Denn dieses Thema wird unter anderem von den feministischen Frauenbewegungen für ihren publizistischen Machtkampf um lukrative Stellen eingesetzt .

Erst ab den 1990er Jahren wuchs das Bewusstsein für die realen, historischen Hintergründe .

Zeitraum:

1. Zauberverfolgung im Mittelalter

Das Mittelalter beginnt mit dem Ende des Römischen Reiches (6.Jhdt.) und endet mit der Entdeckung Amerikas oder den Umwälzungen der Reformation (15. Jhdt. ) .

In dieser Zeit wurden oft Gottesurteile gefällt oder Streitigkeiten durch Duelle entschieden. Außerdem konnte es geschehen, dass, wenn man jemandem bei einer Gerichtsverhandlung seine Schuld nicht nachweisen konnte, man selber nach der geforderte Strafe verurteilt wurde (Akkusationsprinzip). Deshalb wurden schwer beweisbare Vergehen wie Zauberei kaum zur Anklage gebracht .

Der Klerus arbeitete nach dem Inquisitionsprinzip. Wenn jemand zum Beispiel wegen Ketzerei angeklagt wurde, stellte er Nachforschungen an. Doch durfte dieses Gericht keine körperlichen Strafen verteilen .

Deshalb kam es zu keiner Massenverfolgung im Mittelalter, sondern nur zu einigen einzelnen Todesurteilen, für die die Angeklagten dem weltlichen Gericht übergeben wurden .

2. Zauberverfolgung in der Frühen Neuzeit

Anfang des 15. Jahrhunderts führte die weltliche Justiz auch das Inquisitionsprinzip ein. Sie setzte Beamte ein, um Nachforschungen anzustellen. Schadensstiftung durch Zauberei wurde als "Maleficium" bezeichnet und mit der Todesstrafe geahndet. Die Prozesskosten trug der Staat. In den Verfahren wurde unter anderem auch die Folter als Ermittlungsinstrument eingesetzt .

3. Statistik der Massenprozesse

In dieser Zeit wurde eine eigene Argumentationstechnik eingeführt. Diese machte aus einem Verdacht schon fast einen Schuldnachweis, und da man Angst vor einem im Land umgehenden "Teufelsbund" hatte, wurde hauptsächlich nach Mittätern geforscht. Zu diesem Zweck wurde auch zu härteren Mitteln gegriffen, wie wir es in der Geschichte gehört haben .

Weiters kann man den zeitlichen Zusammenhang mit dem Dreißigjährigen Krieg (1618-1648) statistisch nachweisen :

Dies ist die Statistik des katholisch regierten

Kurmainz.

Man kann erkennen, dass der Höhepunkt knapp vor Kriegsbeginn und ein weiter knapp vor Ende des Krieges liegt .

Zum Vergleich :

Dies ist die Statistik des protestantischen Thüringens .

Die Spitzen decken sich fast exakt mit dem Kriegsgeschehen und ziehen sich noch bis zum Ende des Jahrhunderts. Der Einbruch zwischen 1640 und 1655 ist durch das Schlachtgeschehen zu erklären .

In vielen Regionalstudien kann der Raum zwischen 1620 und 1640 als Höhepunkt der sogenannten Zauberverfolgung erkannt werden. Der Zusammenhang mit dem 30jährigen Krieg ist also nicht zu übersehen und auch leicht zu erklären. Die Gewaltbereitschaft der Bevölkerung, die oft zum Opfer unbändiger Söldnertruppen wurde, stieg und der Landesherr verlor die Übersicht über die Ereignisse, was der Willkür der Bevölkerung freien Lauf gab. In einigen Gemeinden wurden eigene "Ausschüsse" gegründet, die nach dem Faust- und Lynchrecht Zauberei verfolgten .

Die Opfer:

1. Die Zahl der Opfer

Die genaue Anzahl der Opfer wird man wohl nie bestimmen können. Viele Prozesskarten sind ungenau ausgefüllt oder sind im Lauf der Jahrhunderte verloren gegangen. Doch trotzdem müsste die Zahl der Opfer mit der Zeit nach unten herabgesetzt werden. Während im 18. oder 19. Jahrhundert Zahlen bis zu 20 Mio. Opfern in den Raum geworfen wurden, werden nach dem heutigen Stand des Wissens die Zahl auf ca. 100 000 Opfer in Europa geschätzt ; davon 20 000 in Deutschland in einem Zeitraum von 200 Jahren. Zum Vergleich werden heutzutage in Deutschland in 2 Jahren so viele Menschen im Straßenverkehr getötet wie in diesen 2 Jahrhunderten .

2. Uneinheitliche Opfertypen

Fragen nach den Opfern werden gerade heute wichtig, da man sich daraus Erklärungen für die Verfolgung erhofft. Es wird versucht Fakten durch die Protokollierung von Prozesskarten und Literatur zu erhalten. Doch in Prozessberichten wird nur selten auf relevante Fakten (wie Alter oder Vermögen) Rücksicht genommen und literarische Werke sind oft subjektiv und schwer zu überprüfen .

Doch die Ergebnisse sind örtlich verschieden. Hier waren es mehr Männer, dort mehr Frauen. Egal ob Alt oder Jung, Reich oder Arm. Es wurden Amtleute, Bauern, Priester und sogar Kinder verurteilt. Es lässt sich kein einheitliches Opferprofil erstellen. Sogar Adelige wurden als Nigromanten (Ni|gro|mànt [lat.; gr.] der; -en, -en: Zauberer, Wahrsager, Magier.[1][1]) verdächtigt.

3. Frauen in der Verfolgungszeit

In der regen literarischen Diskussion über diese Verfolgungszeit wurden oft Frauen als spezielle Opfer der Zauberverfolgung dargestellt .Doch bei der genauen Betrachtung von 200 Büchern, die vor dem Jahr 1700 geschrieben wurden, werden in der Mehrzahl nicht Frauen als spezifische Täter beschrieben, sondern männliche oder neutrale Formen (z.B. der Übeltäter) verwendet .

Doch auch die Prozentzahl der weiblichen Opfer schwankt von Gebiet zu Gebiet. Sie kann über achtzig aber auch unter dreißig liegen .

Die Meinung, es seien fast ausschließlich Frauen von der Verfolgung betroffen gewesen, entstand erst im letzten Jahrhundert. Sie ist mit diversen Streitigkeiten, wie zum Beispiel zwischen den Konfessionen, oder zwischen Staat und Kirche zu begründen .

Die derzeit gängige Phantasievorstellung einer rein auf Frauen ausgerichteten Verfolgung, ist leicht durch die hohen Opferzahlen unter Männern und Kindern zu widerlegen, die mit einer "frauenfixierten" Deutung kaum zu begründen wären .Diese wurde durch die phantasievollen Argumentationen der amerikanischen Feministinnenbewegungen geprägt, die durch ihre Ignoranz gegenüber historischen Geschehnissen und Fakten auffallen. Ich glaube, dies lässt eher einen Rückschluss auf die heutige Gesellschaft, als auf geschichtliche Ereignisse zu .

Verfolger:

1. Nützlicher Zauberverdacht

Die juristische Möglichkeit oder Aberglaube alleine führen nicht zu derartigen Massenprozessen .Der Landesherr hatte kein Interesse an solchen Prozessen, da er lange Zeit für die Kosten aufkam und jedes Opfer ein Steuerzahler weniger war .

Zu dieser Zeit war eine Anzeige wegen Zauberei die beste Waffe gegen Feinde. Denn wer einmal angezeigt war, konnte sich kaum noch verteidigen. Einen Streit gewann der, der den anderen zuerst vor Gericht brachte .

Ein häufiger Vorwurf waren Schadensfälle durch Zauberei. Für Missernten oder Krankheiten wurde von der Justiz ein Schuldiger gesucht und gefunden .

2. Bürgerinitiative

Der Beginn einer Verfolgungswelle war eine Massenhysterie, hervorgerufen durch Katastrophen oder Privatfehden. Es wurde ein Gericht einberufen, dieses nahm Verdächtige fest, aus diesen wurden wieder neue Namen herausgefoltert (Besagung), und diese wiederum verhaftet .

In manchen Dörfern wurde sogar Geld gesammelt um ein Zaubertribunal einberufen zu können .

Die Mehrheit der Bevölkerung war grundsätzlich von der Schuld der Opfer überzeugt (bis sie selbst der Zauberei bezichtigt wurden). Sie pilgerten massenweise zu den Hinrichtungen und bei dem Versuch in Linz eine Rheinfähre zu kapern um näher am Geschehen zu sein, ertranken 40 "Hinrichtungstouristen" .

3. Motor der Verfolgung

Dieser damals weit verbreitete Abergaube wurde zuerst durch den Buchdruck und den Aberglauben der Bevölkerung gefördert. Diese beiden Fakten bestätigten sich gegenseitig. Die gelehrten Schriftsteller, waren überzeugt, dass die weit in der Bevölkerung verbreitete Meinung nicht falsch sein könne und diese wiederum, fühlte sich von den schriftlichen Zeugnissen bestärkt .

Historische Zeugnisse bestätigen, dass die Hysterie durch unverantwortlichen Dorfklatsch entstanden ist, an dem vor allem fahrlässig dauerschwatzende Frauen die Schuld mit trugen. Neurotische Frauen, die mit Hilfe von bodenlosen Beschuldigungen im Mittelpunkt stehen wollten, sind als Schuldige für viele Opfer nachweisbar. Insofern verbrannte die Hexenverfolgung ihre eigenen Mütter .

Verantwortung des Klerus:

1. Keine Einheit in der Kirche

Es wäre nicht richtig, im Rahmen der Hexenverfolgung nach der Verantwortung DER Kirche zu suchen. Die Kirche war während des Dreißigjährigen Krieges und der Reformation gespalten und Streiterein standen an der Tagesordnung. Die Kirche war in einer Phase der Umstrukturierung. Das Phänomen der Zauberverfolgung ist ein Beweis für einen Tiefpunkt der kirchlichen Macht zu dieser Zeit .

2. Beteiligung der Kleriker

Geistliche und Theologen sind von Grund auf natürlich mit diesem Thema verbunden worden. Wer, außer ihnen, konnte im 17. Jahrhundert auf diesem Gebiet als kompetent gelten ? Sie wurden eingesetzt :

a) wenn ein Verleger einen Theologen darum bat, ein gelehrtes Buch über das Hexenwesen zu schreiben, das er mit Gewinn zu verkaufen hoffte,

b) wenn die Gemeinde den Pastor bat, beim nächsten Gottesdienst von der Kanzel zur Jagd auf Zauberer aufzurufen,

c) wenn das Gericht einen Mönch darum bat, durch Exorzismus ein Gerichtsverfahren vor dem Teufel zu schützen,

d) wenn das Gericht darum bat, die Gefangenen der Malefizjustiz im Kerker seelsorgerlich zu betreuen.

Aber es war auch eine gefährliche Zeit für Geistliche. Sie konnten durch ihre Verbindung mit dem Übernatürlichen leicht zum Opfer von Zauberbeschuldigungen werden, vor allem, wenn sie sich öffentlich gegen die Malefizprozesse aussprachen .

QUELLENANGABE:

Literatur: http://www.zpr.uni-koeln.de/~nix/hexen/index.html (16.11.1999)

Graphen und Diagramme :

1. Pohl, Herbert: Hexenverfolgung und Hexenverfolgung im Kurfürstentum Mainz. Stuttgart-Wiesbaden 1988, S. 28 f.

2. Ronald Füssel : Nix, D.K.: Die Wehmütige Klage des Herman Löher, Hoffeld 1996, S. 198.

3. W. Behringer: Hexen und Hexenprozesse, München 1995, S. 251 ff.

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