Daphne

Auch da schien Daphne schön. Die Lüfte entblößten den Körper und der Gegenwind bauschte das zugewandte Kleid und ein leichter Lufthauch ließ ihr (bewegtes) Haar nach hinten wehen und sie wurden durch die Flucht noch schöner. Aber dennoch ertrug es der junge Gott nicht länger schmeichelnde Worte zu verschwenden und wie ihm die Liebe selbst ermahnte, folgte er in raschem Schritt ihren Spuren.

So ist der Gott und so ist die Jungfrau, dieser ist schnell durch die Hoffnung, jene ist schnell durch die Angst. Dieser verfolgt sie dennoch durch die Flügel der Liebe unterstützt ist er schneller, und er gönnt sich keine Ruhe, und er berührt schon den Rücken der Flüchtenden und er haucht das wild flatternde Haar im Nacken an. Am Ende ihrer Kräfte wurde jene bleich, und sie schaute durch die Mühe ihrer raschen Flucht überwältigt auf die Wellen des Peneus und sie sagte: Vater bring Hilfe, wenn ihr Flüsse göttliche Macht habt! Vernichte die Schönheit durch die ich allzusehr Gefallen erregte durch Verwandlung! Kaum, nachdem sie ihre Bitte beendet hatte, erfaßte eine schwere Erstarrung ihre Gliedmassen: Die weiche Brust wurde von dünnem Bast umgeben, das Haar wurde zu Laub, die Arme wurden zu Zweigen; Der eben noch so schnelle Fuß hing an den trägen Wurzeln, ihr Antlitz wir zum Wipfel. Nur die Schönheit blieb jener. Auch diese liebte Phoebus und legte die rechte Hand auf den Stamm und fühlte noch das schlagende Herz unter der neuen Rinde und er umschlang mit seinen Armen ihre Zweige - wie die Gliedmassen und küßte das Holz, dennoch wich das Holz vor den Küssen zurück. Zu dieser sagte der Gott: "Aber da du ja nicht meine Gattin sein kannst wirst du gewiß mein Baum sein; Immer wirst du das Haar, die Leier und unseren Köcher zieren du Lorbeerbaum. Den Feldherren aus Latium wirst du helfen, wenn die frohe Stimme den Triumph besingt und alle vom Kapitol werden den langen Festzug beachten. Du wirst auch an den Kaiserlichen Pfosten als sehr treue Wächterin vor dem Eingang stehen und du wirst den Eichenkranz in der Mitte schützen, und wie mein jugendliches Haupt ungeschoren ist, trage auch du immer die beständige Zierde des Laubes. Paean hatte beendet. Mit den eben entstandenen Zweigen nickte der Lorbeerbaum zu und sie schien den Wipfel wie das Haupt bewegt zu haben.

Aufbau:

Apoll - Daphne; Verfolgung - Flucht

Apoll holt sie ein, Daphne bittet ihren Vater um Rettung

Verwandlung Daphnes - Apolls Reaktion

Lorbeerbaum als heiliges Zeichen des Apoll und als Siegesschmuck der FeldherrenEhre und Ruhm für Daphne

Diese Text beinhaltet ein Beispiel für unerwiderte Liebe. Daphne hat Angst vor ihrem Verehrer, daher wünscht sie die Verwandlung als Rettung. Nach der Verfolgung verwandelt sich der jugendliche und leidenschaftliche Gott Apoll in einen schenkenden Gott und aus der spröden und abweisenden Daphne wird eine zustimmende (sie nickt). Der Text zeigt außerdem noch eine Erklärung für die Verehrung des Lorbeerbaums (äitologischer Mythos)

Stilmittel

527/530: Klimax (Steigerung); 528: Lautmalerisch wird der Wind dargestellt (f,v); Sperrstellungen; corpora-vestes-capillosÜbergänge; Klimax: insequitur (verfolgen)-requiemque negat (nicht ruhen)-imminet (berühren)-afflat (anhauchen); ab Vers 560 wird der Ton ganz feierlich;

Interpretationsfragen

Wie charakterisiert Ovid Apoll, wie Daphne?

Zuerst sind beide leidenschaftlich und menschlich, obwohl sie göttlich bzw. halbgöttlich sind. Aber später reagiert Apoll auf die Verwandlung Daphnes göttlich, indem er ihr die ehrvolle Aufgabe, Schmuck für die Sieger zu sein verleiht.

Fortwirken

Im Mittelalter lasen die Kirchenväter Ovid gerne, aber da der Text etwas frivol war, wurde er uminterpretiert

Daphne = keusche Jungfrau Maria; Apoll = Satan; Lorbeer = ewiges Leben

In der Renaissance galt die Geschichte als alltäglich, da es sich um eine unerwiderte Liebe handelt.

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