Atheismus

Wer ist eigentlich Gott?

eine Illusion oder Wirklichkeit der alliebende Vater oder der "grausame Jäger"(Nietzsche) Opium oder das Gewissen ein höheres Wesen oder die Tiefe der Welt die Weltordnung oder das Gute im Menschen Eine "Fröhlichkeitspille" (G.Benn) oder das blindzuschlagende Schicksal Eine Person oder ein anderes Wort für Mitmenschlichkeit Der "Allumfasser" (Goethe) oder das unfaßliche Geheimnis Der "Dunkle Unbewußte" (Rilke) oder der Aufheller dunkler Stunden Ein Grenzwort für alles Unbegreifliche oder theologisches Spielzeug Die Verabsolutierung menschlicher Süchte und Sehnsüchte oder der unverrechenbare Rest unseres Lebens ein Geist oder der, der in Jesus Christus Fleisch geworden ist?

Wer ist dieser Gott? Dieser Frage kann niemand ausweichen, ganz gleich ob er Gott bejaht oder verneint. Die Frage nach Gott ist keine akademische Frage. Sie ist die Frage des Menschen nach Grund und Sinn seiner Existenz. Theismus (=Gottesglaube) und Atheismus kommen in der gleichen Weise von ihr nicht los.

Der Atheismus

kommt aus dem Griechischen:

atheos ist der, der ohne theos, ohne Gott ist

Für viele Menschen ist Gott ein "überflüssiges Relikt" aus einer vergangener Epoche. Ein Erinnerungsstück- gewiß, das mitunter sogar liebevoll aufbewahrt und demgegenüber man so etwas wie eine ironische Treue empfindet. Aber eben etwas, was man nicht mehr gebrauchen kann im Leben.

Die moderne industrialisierte Welt kann sich aus sich selber erklären. Sie bedarf zu ihrer Erklärung keiner Gottesvorstellung mehr. Sie kommt ohne Gott aus.

Die Technik, die alles machbar macht, ersetzt heute das Gebet. Wo der vorindustrielle Mensch auf Gottes Hilfe im Gebet angewiesen war, verlässt sich der moderne Mensch auf ein selbstgeschaffenes Sicherungssystem, mit dem er sich vor Unglück und Not schützt, vom Blitzableiter bis hin zur Krankenversicherung und zum Pensionsanspruch.

Weil Gott ohnehin überflüssig ist, macht man sich gar nicht mehr die Mühe ihn abzulehnen.

Man spricht vom praktischen oder stillschweigenden Atheismus.

Anders der dezidierte oder Überzeugungsatheismus, der die Gottesvorstellung ausdrücklich bekämpft und den praktischen Atheismus zu Ende denkt.

Er bestreitet nicht nur - wie jener- die Brauchbarkeit Gottes, sondern Gott selber. Die Anfänge des Überzeugungsatheismus liegen in der Aufklärungszeit (Vernunftzeitalter 17.und 18.Jhdt.).

Erbarmungslos brach er im 19. und 20. Jahrhundert in die Umzäunungen der traditionellen Theologie ein.

Er war die schärfste Herausforderung des Christentums seit seinem Bestehen. Es wurden Antworten gegeben auf Fragen die gar nicht gestellt wurden, und Fragen, die gestellt wurden, nicht beantwortet.

Früher sahen Theologen und Kirchenmänner im Atheismus etwas rein Negatives. Sie unterstellten ihm bösen Willen, Dummheit, Sünde oder etwas Kriminelles und Dämonisches. Heute haben nicht wenige, nicht zuletzt auf Grund ihrer persönlichen Begegnung mit Atheisten ein gerechtes Atheismusbild. Nicht wenige Atheisten und Christen bauten ihre Vorurteile ab und schlossen sich zusammen im gemeinsamen Kampf für eine menschliche Welt. Sie erkennen den Atheismus relativ an und geben zu, dass er gewisse Verdienste hat und Positives leisten kann.

Die dialogische Offenheit ist auf seiten der Christen und Atheisten, wenn auch aus verschiedenen Motiven, gewachsen.

Atheismus und seine Einteilung

Wir gehen von sieben Grundtypen des Atheismus aus. Diese Einteilung erfolgt weniger nach historischen, als nach inhaltlich - weltanschaulichen Gesichtspunkten.

DIE ABLEHNUNG GOTTES IM NAMEN DER VERNUNFT Der Rationalistische Atheismus

DIE ABLEHNUNG GOTTES IM NAMEN DER NATUR Der Naturalistische Atheismus

DIE ABLEHNUNG GOTTES IM NAMEN DES MENSCHEN Der Marxistische Atheismus

DIE ABLEHNUNG GOTTES IM NAMEN DES LEBENS Der Vitalistische Atheismus

DIE ABLEHNUNG GOTTES IM NAMEN DER MÃœNDIGKEIT Der Psychologische Atheismus

DIE ABLEHNUNG GOTTES IM NAMEN DER FREIHEIT Der Existentialistische Atheismus

DIE ABLEHNUNG GOTTES IM NAMEN DER

LEIDENDEN KREATUR

1. DIE ABLEHNUNG GOTTES IM NAMEN DER VERNUNFT

Der Rationalistische Atheismus

Ist Gott ein Hirngespinst oder Wirklichkeit? Kann man Gottes(Nicht-) Existenz mit der Vernunft beweisen? Oder entzieht er sich dem Zugriff der Vernunft? Kann der moderne Mensch, für den alles erklärbar, erreichbar und machbar geworden ist, nicht auf die Hilfskonstruktion "Gott" verzichten, mit der man früher die Welt gedeutet und bewältigt hat?

Der Rationalismus : Wahr ist nur, was sichtbar, greifbar und beweisbar ist.

Bertrand Russell:

Gott als Fesselung der freien Intelligenz

Der englische Philosoph und Mathematiker führt die Religion vor allem auf die Angst zurück. Russell schreibt in seinem Buch ,Warum ich kein Christ bin': "Angst ist die Grundlage der Religion" "Die Welt braucht einen furchtlosen Ausblick auf die Zukunft und eine freie Intelligenz."

Die Gottesbeweise ,die die christliche Theologie immer wieder wie eine Pflichtübung absolviert, überzeugen nicht - meint Russel.

Der Beweis aus der ersten Ursache argumentiert folgendermaßen: Es gibt in der Welt auf Schritt und Tritt Bewegung. Was bewegt wird, wird von einem anderen bewegt, das seinerseits wieder von einem anderen bewegt wurde und so fort. Alle Ursachen der Welt sind ihrerseits von anderen Ursachen abhängig und die wieder von anderen und so fort. Da das aber nicht ins Unendliche weitergehen kann, muss es eine erste unverursachte Ursache geben: GOTT. Russel meint, dieser Ursachenbeweis sei unvernünftig. Denn auf die Frage: Wer hat die Welt erschaffen, gibt es keine Antwort, da diese sofort die weitere Frage nahelegt: "Wer hat Gott erschaffen?" Wenn man davon ausgeht, das alles eine Ursache haben muss- wie der Ursachenbeweis - dann muss auch Gott eine Ursache haben. Wenn es aber umgekehrt etwas geben kann, das keine Ursache hat, kann das ebenso die Welt wie Gott sein, so dass der Ursachenbeweis hinfällig ist. Russel meint noch: " Ein Verfall des

dogmatischen Glaubens kann nur Gutes hervorbringen - ganz gleich, ob er christlichen oder kommunistischen Ursprungs ist. Was die Welt braucht ist nicht ein Dogma, sondern eine Bejahung der Wissenschaft......" Richtwert und Norm ist für Russel allein die Vernunft und die Wissenschaft.

Es gibt kein Gottesbeweise, sondern nur Hinweise!

Martin Luther: " Die Vernunft ist viel zu gering, als dass sie Gottes Majestät begreifen könnte" Das gilt für die Beweise seiner Existenz gleichermaßen wie für die seiner Nicht-Existenz

Gott ist "Übervernünftig" ( K.Jaspers): " Ein bewiesener Gott ist kein Gott." Gott ist für die Vernunft unangreifbar.

Sowohl die Religion als auch die Vernunft haben Angst- und Unterdrückungsapparate geschaffen, so sehr auch beide von ihrem Wesen her den Menschen frei machen wollten:

Der Rückfall in die Angstreligion:

Knebelung der Geistesfreiheit Zwangstaufen Inquisition Tötung Andersdenkender (Kreuzzüge, Religionskriege

Verkehrung der Vernunft:

Französische Revolution Straflager I./II. Weltkrieg, Atombombe Menschenzüchtung Kommunismus

2. DIE ABLEHNUNG GOTTES IM NAMEN DER NATUR

Der Naturalistische Atheismus

Ludwig Feuerbach: Gott als Wunschprojektion des Menschen

Ludwig Feuerbach ( 1804 -1872) war zusammen mit Karl Marx Schüler des

Philosophen Hegel, die dessen Idealismus (Anschauung, die in der Idee

die wahr Wirklichkeit sieht) mit aller Schärfe bekämpften.

Die Natur als Ersatzgott

Feuerbach ist Anhänger des Materialismus. Materialismus wird im Gegensatz zum Idealismus als jene Anschauung bezeichnet, für die nur die körperlich- materielle Welt realistisch ist. Der Materialismus führt automatisch zum Atheismus, denn in der materialistischen Denkweise gibt es keine geistige Welt und wenn Gott Geist ist, gibt es keinen Gott. Es existiert nur das, was durch die Natur erklärbar ist. Somit nennt Feuerbach den Materialismus auch Naturalismus, denn die Natur nimmt für ihn den Platz ein, den bei uns Gott hat.

Gott als Ebenbild des Menschen

Nach Feuerbach ist nicht der Mensch das Ebenbild Gottes, wie es in Gen 1,27 heißt, sondern Gott Ebenbild des Menschen. Gott ist nur ein Wunschgebilde, ein Ideal-Ich, das wir Menschen sein möchten, aber nicht sind. Hätte der Mensch keine Wünsche, so hätte er auch keine Götter.

Aus Christen Menschen machen

Laut Feuerbach ist das Ziel des Christentum die Erfüllung der unerfüllbaren Wünsche, während die erfüllbaren Wünsche auf der Strecke bleiben. Damit wurde dem Menschen durch das Vertrauen auf Gottes Hilfe das Vertrauen an seine eigenen Kräfte und durch den Glauben an ein besseres Leben im Himmel der Glaube an ein besseres Leben auf Erden genommen. So soll der Mensch an sich selbst glauben, statt an Gott und an Stelle der Gottesliebe soll die Menschenliebe treten.

Ernst Haeckel: Gott als Welt Nr.2

Haeckel, ein Naturwissenschaftler (1834-1919) vertritt einen "Monismus", d.h. er geht von der Meinung aus, dass es nur eine einzige Welt gibt, nicht noch eine zweite übernatürliche Welt.

Der Monismus und das Christentum stehen wie zwei Pole gegenüber, denn der Monismus sagt, wir sterbliche Menschen sollen die Herrlichkeit und Schönheit dieses Planeten genießen, so lange wir leben. Laut Haeckel lehrt das Christentum im Gegensatz dazu, die Erde ist ein Ort voller Qual, wo wir durchgehen müssen, um das glückselige Leben im Himmel zu bekommen.

Was heißt eigentlich Himmel?

Im NT ist das Wort "Himmel" ein anderes Wort für Freude (Mat.25,21) und grenzenloses Glück(Mat.5,3-10). "Himmel" ist in der Bibel auch ein anderes Wort für Gottesgemeinschaft. Da wir jetzt in der Gemeinschaft Gottes leben, leben wir jetzt schon im Himmel.

3. DIE ABLEHNUNG GOTTES IM NAMEN DES MENSCHEN

Der marxistische Atheismus

Karl Marx: Gott als Opium für das Volk

Karl Marx (1818-1883) war Schüler von Hegel, dem Begründer des Idealismus.

Im Idealismus steht der Geist und die sittliche Idee im Mittelpunkt. Der

Materialismus umgekehrt nur dem Stofflich - Materiellen eine Realität zubilligt.

Marx ist -ähnlich wie Feuerbach- Materialist.

Was heißt überhaupt Marxismus?

Die Pariser Manuskripte sind nach vielen Forschern der Schlüssel zum Denken von Marx. Zentralbegriff der Manuskripte ist die Entfremdung. Marx verwendet den Begriff in der Form, dass der Arbeiter in den fremden Besitz des Kapitaleigners übergeht. Die Wurzel der Entfremdung ist das Privateigentum, und dies kann durch gewaltsame Revolution abgeschafft werden. Sein Ziel ist daher der Kommunismus.

Warum ist der Marxismus atheistisch ?

Der Marxismus ist deshalb atheistisch, weil ein Jenseits - Gott den Menschen von seiner Diesseits- Aufgabe ablenkt. Die Aufgabe des Menschen auf Erden ist nach Karl Marx ein Paradies auf Erden zu schaffen und zwar durch gewaltsame Revolution. Außerdem erlöst sich der Mensch nach Marx selbst.

ERNST BLOCH : Gott als Vergangenheit

Die Philosophie von Ernst Bloch geht von der Projektionstheorie Feuerbachs aus. Nach dieser Theorie ist Religion ein an den Himmel projiziertes Spiegelbild des " Untertanenstaates" der Menschen. Es ist gleichzeitig eine Projektion nach hinten.

Neu gegenüber Marx ist Blochs Sicht des Christentums und der Bibel. Atheismus und Christentum schließen sich für ihn nicht - wie für Marx - aus, sondern ein. Er sagt: " Nur ein Atheist kann ein guter Christ sein, nur ein Christ kann ein guter Atheist sein." Das Christentum ist im Grunde auch atheistisch, weil es zukunftsorientiert ist.

Der biblische Atheismus setzt Jesus an die Stelle Gottes. Jesus möchte das Bestehende verändern und wiedersagt somit Gott, der ja das bestehende geschaffen hat. Jesus ist herrschaftsfrei und das ist unvereinbar mit Gott dem Herrscher. So ist auch Jesus ein Atheist.

4. DIE ABLEHNUNG GOTTES IM NAMEN DES LEBENS

Der Vitalistische Atheismus

Friedrich Nietzsche: Der Gott am Kreuz ist ein Fluch auf das Leben

Friedrich Nietzsche ( 1844-1900) zeigt sich stark beeinflußt

von Schopenhauers Willensphilosophie("Die Welt als Wille und Vorstellung"),

aber auch von Max Stirners Ich- Philosophie ( " Mir geht nichts über Mich").

Im Gegensatz zu den anderen Atheismustypen ist Nietzsches Atheismus

antihumanistisch und "egoistisch" orientiert.

Der Ãœbermensch als Ersatzgott

Der Mensch wurde nach Nietzsche deshalb zum Übermenschen, weil der Mensch niemanden ertragen kann, der über ihm steht. Deshalb wurde auch Gott vom Menschen getötet. Durch den Übermensch soll der Mensch überwunden werden. Der Übermensch gleicht Gott. Durch den Übermenschen wurden neue Thesen entwickelt:

"Gut ist, was stark macht; böse ist, was schwach macht."

Das Christentum als Verschwörung gegen das Leben

Für Nietzsche ist das Leben das Gegenteil von Gott. Gott wird vom Leben strikt abgelehnt.

GOTT: Widerspruch zum Leben

Mißgönnt den Menschen das Leben

Verlangt vom Menschen Erniedrigung

Duldet Schwache und verabscheut Starke

Das Christentum ist ein Attentat auf das Leben.

Gott als Erfindung der Schwachen

Schwache Menschen sind ständig auf der Suche nach einem übermenschlichen Helfer. Sie fanden ihn. Der Helfer ist Gott.

Sozusagen ist Gott ein Lückenbüßer für Schwache bzw. einer, der für die Schwachheit der Menschen geradesteht. Darum ist auch die Religion ein Schwächegefühl.

Außerdem sagt Nietzsche, beginnen die Menschen erst zu glauben, wenn ihnen das Wasser bis zum Hals steht.

Was heißt Leben?

Nach Nietzsche ist das Leben ein Bohren der Lust (Sexualität)

Jesus hätte glücklicher gelebt, wäre er all dem guten ferngeblieben. Denn ihm wurden die Guten ( Christen) zum Verhängnis, da diese bekanntlich gerne morden. Eigentlich handeln Christen nicht so, wie sie sollten.

Der unbekannte Gott

Für Nietzsche ist der unbekannte Gott das Schicksal.

Gebet an den unbekannten Gott:

"Du bist der grausame Jäger. Nicht töten willst du, nur martern."

5. DIE ABLEHNUNG GOTTES IM NAMEN DER MÃœNDIGKEIT

Der Psychologische Atheismus

Im psychologische Atheismus wird Gott als überhöhter Vater verstanden, der den Menschen zeitlebens entmündigt und somit seine Entwicklung zum Erwachsenen hemmt.

Vertreter: Sigmund Freud

Erich Fromm

Alexander Mitscherlich

Sigmund Freud (1856 - 1939) : Gott als Zwangsneurose

Begründer der Psychoanalyse Entdecker des Unbewußten Entwickler eines Persönlichkeitsmodells

Freuds Menschenbild

ES ( Lustprinzip)

ICH (Realitätsprinzip)

ÜBER-ICH (Moralitätsprinzip)

Das ÜBER-ICH ist die Kontrollinstanz im Menschen. Dadurch verdrängt das Ich die Triebe die im Lust bereiten würden .

Für Freud ist die Religion eine Illusion aus der Kindheit und Erfüllung der ältesten, stärksten und dringendsten Wünsche der Menschen. Die Fortdauer dieser kindlichen Hilflosigkeit wird durch das Festhalten an der Existenz eines mächtigen Vaters verursacht. Er sieht Religion als Erziehungsmittel, das in bestimmten Phasen der Entwicklung notwendig ist.

Für Freud ist Religion auch eine Erinnerung an den ermordeten Urvater der zu einem Gott überhöht wurde. Diese Erinnerung hat für Freud Zwangscharakter.

Er bringt Religion mit der Neurose in Zusammenhang. So entspricht dem Schuldbewußtsein des Zwangsneurotikers das Sündenbewußtsein des Frommen und somit wird die Religion einer Zwangsneurose gleichgestellt. Erst die Befreiung von dieser Neurose lässt den Menschen mündig werden.

Erich Fromm (1900 - 1980): Gott als kollektive Phantasiebefriedigung

Für Fromm ist die Religion die älteste und kollektive Phantasiebefriedigung die eine dreifache Funktion hat:

Die Funktion des Trostes Die Funktion der einwirkenden Beeinflussung im Sinne ihres psychischen Abfindens mit ihrer Klassensituation Die Funktion der Entlastung vom Schuldgefühl gegenüber der Not der von ihr Unterdrückten

Alexander Mitscherlich (1908-1982): Der Abschied vom Vater

Der Psychologe und Mediziner war in seinem Denken stark von Freud geprägt. Er befürwortete die Entwicklung zur vaterlosen Gesellschaft, obwohl sie auch Nachteile hat.

Durch die Industrialisierung wurde die bisherige Vaterrolle immer mehr zerstört.

Der göttliche Vater verschwindet immer mehr, sowie der Vater in den Familien immer mehr verschwindet. In diesem vaterlosen Klima stirbt die Religion von selber ab .

Der moderne Mensch setzt dem Gottesglauben keinen bewußten Unglauben entgegen.

6. DIE ABLEHNUNG GOTTES IM NAMEN DER FREIHEIT

Der Existentialistische Atheismus

Existentialismus ist eine Weltanschauung, die die Existenz des Menschen - also sein Dasein - in den Mittelpunkt des Denkens rückt.

Er ist eher individualistisch ausgerichtet d.h. der Mensch wird nicht als Glied der Gesellschaft, sondern als der einzelne gesehen.

Jean-Paul-Sartre: Wenn Gott existiert, ist der Mensch ein Nichts

Der französische Schriftsteller und Philosoph (*1905) ist der Hauptvertreter

des französischen Existentialismus.

Wenn Gott nicht existiert, ist alles erlaubt ( Dostojewski)

Existiert Gott nicht, ist der Mensch frei. Der Mensch ist sein eigener Schöpfer er bestimmt sich selbst und wird nicht vorausbestimmt. Der Mensch ist, was er aus sich macht.

Zur Freiheit verurteilt

Der Atheismus entwendet dem Menschen alle Stützen, er ist ohne Gott verlassen. Vor allem findet er keine Entschuldigungen. Er muss selber für alles geradestehen. Wenn Gott nicht existiert, kann der Mensch sich nicht mit "Geboten Gottes" rechtfertigen oder entschuldigen. Er ist sein eigener Gesetzgeber und hat es dadurch viel schwerer. Er ist " verurteilt, frei zu sein".

Die Unaufrichtigkeit als einzige Sünde

Für Sartre gibt es eigentlich nur eine Sünde, die Unaufrichtigkeit- wenn der Mensch darauf verzichtet, er selber zu sein, wenn er sich bürgerliche Konventionen aufzwingen lässt, wenn er sich unfrei machen lässt.

Sartre hat sich selber als Antibürger verstanden- den ihm zuerkannten Nobelpreis für Literatur lehnte er ab.

Albert Camus (1913- 1960): Man muss kämpfen, nicht auf die Knie fallen

" Der Mensch ist die Gegenformel zu Gott, der aus eigener

Verantwortung lebt."

Daher wendet er sich gegen den stellvertretenden Sühnetod Christi -

jeder Mensch muss für sein Tun die Verantwortung übernehmen.

Der glückliche Sisyphus

Sisyphus, eine griechische Sagengestalt, ist nach Camus das Urbild des Existentialisten. Sisyphus wurde dazu verdammt, in der Unterwelt einen Felsblock zum Gipfel eines Berges empor zu rollen, der ihm immer wieder kurz vor dem Ziel in die Tiefe entgleitet.

Camus meint: " Es gibt kein Schicksal, das nicht durch Verachtung überwunden werden kann." Indem Sisyphus die Götter verachtet, wächst er über sie hinaus.

Ohne Gott ein Heiliger sein

Das Leitsymbol des Sisyphus wird auch im Roman " Die Pest" (1947) durch den Arzt Dr. Rieux verkörpert. Darin versucht der Arzt in unermüdlichem Einsatz, so viele Menschenleben wie möglich zu retten. Der Roman ist ein Gleichnis! Die Pest versinnbildlicht das Böse, das unausrottbar ist. Es ist wichtig, das man gegen es ankämpft und sich nicht damit abfindet.

Mein ganzes Reich ist von dieser Welt

Im Drama " Die Gerechten"(1949) lehnt ein russischer Revolutionär seine Begnadigung ab weil er sich alleine richten und alleine retten will. Er lehnt daher auch das Gebet ab und wird dort hingelangen, wo seine geliebten Brüder auf ihn warten. "Beten hieße, sie verraten."

7. DIE ABLEHNUNG GOTTES IM NAMEN DER LEIDENDEN KREATUR

Bei einer Meinungsumfrage im Jahre 1967 wurden folgende Gründe angegeben, warum man nicht mehr an Gott glauben könne:

"Wenn ich an den Ersten und Zweiten Weltkrieg denke, dann vergeht mir der Gottesglaube." "Gott hat mich zu oft enttäuscht und alleingelassen." "Weil ich gelähmt bin und noch viele traurige Gelähmte sehen werde". Wenn es einen Gott gäbe, wäre nicht so viel Unheil auf Erden." "Die Kirche selbst ist gottlos." "Die Vertreter Gottes auf Erden sind zu feige ( Drittes Reich)."

Der Einspruch gegen Gott im Namen des Leides ist die häufigste Form des Atheismus, der man heute begegnet. Er wird vor allem in der modernen Literatur und Dichtung vertreten.

Kurt Tucholsky (1890-1935): Kopf ab zum Gebet

Der Berliner Journalist bekennt sich ähnlich wie andere Atheisten zu Jesus von Nazareth. Jesus ist für Tucholsky der " große Revolutionär"

Er sagt es kann keinen Gott geben, der es zulässt, dass sich Menschen gegenseitig abschlachten und der Völker gegeneinander in den Krieg hetzt. Tucholsky ist Pazifist (" Nie wieder Krieg").

Elie Wiesel : Gott als launischer Tyrann

Der Jude Elie Wiesel (geb.1929) wird als 14jähriger in einem Viehwaggon nach Ausschwitz gebracht. Er schrieb in den Erinnerungen an seine KZ-Zeit:

"Ich hatte zu beten aufgehört. Ich leugnete zwar nicht Gottes Existenz, zweifelte aber an seiner Gerechtigkeit."

Gott ist laut Wiesel, ein launischer Tyrann, der die Kinder quält. Der Mensch ist sein Lieblingsspielzeug, das ihn zum Lachen bringen soll.

Am Anfang war weder das Wort noch die Liebe, sondern das Lachen Gottes.

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