Wien und die 'Belle Epoque'

Wien und die "Belle Epoque"
Peter Altenberg, Hermann Bahr, Hugo von Hofmannsthal und Arthur Schnitzler

Die Wiener Moderne, wie der Zeitraum zwischen 1890 und 1910 bezeichnet wird, umfaßt sowohl die Musik, die Kunst als auch die Literatur dieser Epoche; im besonderen den Literatenzirkel "Jung Wien", von dem hier noch die Rede sein wird.

Zuerst ein geschichtlicher, gesellschaftlicher Querschnitt:
Um 1890 befindet sich die habsburgische Donaumonarchie, die Doppelmonarchie Ö - U in ihrer Endphase, ist in einer Zeit nationalsozialistischer Tendenzen unzeitgemäß. Die Industrialisierung ist wenig fortgeschritten. Besonders Randgebiete der Monarchie sind von der wirtschaftlichen Entwicklung praktisch ausgeschlossen. Die nationalen Spannungen, aber auch die zwischen den Klassen werden größer. Durch den wirtschaftlichen Aufstieg nicht - deutscher bürgerlicher Schichten, fühlt sich das deutsch - österreichische Bürgertum, das beinahe den gesamten Beamtenapperat darstellt, in seiner Stellung bedroht. Programme gegen
" Überfremdung" werden ausgearbeitet und die Idee eines rein deutschen Ös wird häufig vertreten. Unter den kleinbürgerlichen Parteien dominiert die christlich - soziale, antiliberale Partei unter dem späteren Bürgermeister Lueger. Sie spricht krisenanfällige Bevölkerungsschichten an: Kleingewerbe, Kleinhandel, den bürgerlichen Mittelstand, der für antisemitische Parolen sehr zugänglich ist.
Für Bahr wird die Ringstraße, voll monumentaler Bauten, aus falscher Renaissance und Gotik mit Gipsornamenten, zum Symbol für die Auflösung Ös. Bei Broch heißt es: " Ein Minimum an ethischen werten sollte durch ein Maximum an ästethishen, die keine mehr waren, überdeckt werden. ...Und als Metropole des Kitsches wurde Wien auch die des Wert - Vakuums der Epoche."

Wien ist auf Gemeinsamkeiten mit Paris, beide waren die modernsten Kontinentalstaaten des Barocks, stolz. Doch während Paris seine Barockstruktur überwunden hat, ist Wien Barockstadt geblieben, für die es keine Barockpolitik mehr gab. Wien mutierte zur Un - Weltstadt und ohne darum zur Kleinstadt zu werden, suchte es kleinstädtische Ruhe, kleinstädtische Engsicht, kleinstädtische Freuden, den Reiz des Einst.
In Wien kann der Naturalismus nie Fuß fassen. Die Wendung der Wiener zur Kunst als Ersatzwirklichkeit interpretieren viele Literaturwissenschafter als Resignation des Bürgertums, das ja der einzige Produzent und Träger der Wiener Moderne ist.
Zudem, was die Wiener Moderne neben dem rein Literarischen zu bieten hat, gehören höchst heterogene Dinge: die Propagierung einer neuen Architektur (Otto Wagner und Alfred Loos) und der riesige Komplex, der mit dem Stichwort Kunstgewerbe nur unzureichend beschrieben werden kann.
Kulturelles Leben wäre ohne jüdische Intellektuelle in Wien nur schwer vorstellbar:
Kraus, Schnitzler, Schönberg, Polgar und viele andere. Jüdische Intellektuelle und Kaufleute sind liberal gesinnt und assimiliert, sie legen auf die Pflege jüdischer Bräuche kaum wert. Die Judenfrage ergibt sich aus Hetze repressiver Politik, die Juden werden als Sündenböcke für den Kapitalismus in der Wirtschaft hingestellt. Das literarische Leben in Wien ist schwierig, die meisten jungen Autoren veröffentlichen in Deutschland. Größere Bedeutungen haben Theater, hier sind die Dichter allerdings oft Eingriffen der Zensur unterworfen.
Der zeitgenössischen Öffentlichkeit wurde die Literatur der Wiener Moderne als Jung Wien dargeboten. Es herrscht für die Zeit symptomatische Mischung vo Lokalpatriotismus und neuem Entwurf, die Fixierung des Neuen im geographisch - nationalen, die Verbindung Eigenständigkeit und Innovation. Dass sich die Jungwiener nicht von Anfang an als das darstellten, was sie später waren oder wofür sie gehalten wurden, ist oft wenig bekannt. Sie wollten vielmehr als Realisten und Naturalisten beginnen und nicht als Neuromantiker, dekadente, Symbolisten oder Impressionisten:Die literarische Bewegung, die von Frankreich ihren Ausgang nahm, und im Norden rasch erfasst wurde, machte sich verhältnismäßig spät in Österreich geltend.
Vorbilder werden für die Wr. die Franzosen und zwar weniger der Hauptsache nach die Autoren, welche die Revolution ins Leben riefen, als die, welche deren Erbe antraten u.a. Maupassant, Malarme, Barres, Bourget, der Mystiker Maeterlink oder der dekadente Verlaine. Auch die Praeräfereliten, weiters Ibsen und russische Schriftsteller, vor allem Dostoijefski fanden Nachahmung.
Doch gering ist der Einfluß D. - ausgenommen Nietzsches Schlagworte wurden begierig aufgenommen. Begründet darin, da die Münchner und Berliner selbst nur Schüler waren. In Bahrs Aufsatz "Das junge Österreich" wird der öst. Beitrag zur deutschsprach. Literatur dem Jüngsten D. gegenübergestellt. Bahr betont den Eigenständigen Versuch öst. Literaten. Während die Berliner revolutionär auftraten und kramrfhaft mit Theorie den franz. Meistern zu gleiche versuchten, schrieben die traditionsverbundenen Öst. der Sicherheit ihres Dranges vertrauend Essayistisches.
"Aber es gelingt ihnen bisweilen zuletzt, wo sie ganz wienerisch tun, dass sie beinahe wie pariser Originale wirken. Gerade das Umgekehrte wie bei den Berlinern: dort ist die Absicht franz., hier ist es die Wirkung." (Bahr)
Das Junge Wien war nicht nur die Clique Schnitzler, Bahr, Altenberg, Hofmannsthal. Zu ihnen gehören auch Namen wie: Felix Dörrmann, Julius Kulka, Friedrich Michael Fels, Eduard Michael Kafka. Der Personenkreis deckt sich im Wesentlichen mit den Jungen Wienern, die Alfred Zohna als die regelmäßigen Besucher des Cafe Griensteidl aufzählt. Bahr schrieb 1899 rückblickend, als er von der ZEIT zum TAGBLATT wechselte. "Jeder der dichtet, soll dabei sein, das ist unser ganzes Programm... - über allen Schulen, über allen Parteien das Gemeinsame - die Literatur!" Nach Bahrs Auffassung war die alte Literatur verbunden mit Schriftstellern, die als Einzelkämpfer wirkten.
Das Ziel des jungen Wien war es, die Probleme gemeinsam zu lösen und er führt als Beispiel die Antike an. Denn: "Niemals ist die Kunst eines einzelnen Werk gewesen". Der Beginn des Jungen Wien ist in erster Linie die Gründung der Modernen Dichtung, der späteren Modernen Rundschau, dann das Auftreen von Männern des litera. Lebens - sei es, dass sie mehr aus der Ferne wirkten, wie Ibsen als Patronatsherr der österr. Literaten, oder - sei es, dass sie mehr aus der Nähe wirkten wie Bahr. Hinzu kommt etwa der Versuch analog zu Berlin auch eine freie Bühne zu gründen. Nicht Bahr, sondern E.M. Kafka, ein jung verstorbener Wiener Literat und Gründer der Modernen Dichtung in Brünn, kann die Gründung des jungen Wien für sich beanspruchen.
Neben der Modernen Rundschau war auch die Zeitung "Die Fackel", welche von Karl Kraus 1899 Gegründet wurde und mit wenigen Unterbrechungen bis 1936 erschien, von Bedeutung. Anfangs nahm Kraus Beträge zahlreicher Mitarbeiter auf: u. a. Altenberg, Richard Demel. Seit 1911 wurden nur mehr Texte von Kraus veröffentlicht. Die Fackel kann als Literatur - und Gesellswchaftskritk verstanden werden. Kraus übt Kritik vorallem an der Sprache seiner Zeit, die ihm als Phrasensumpf in der Presse begegnete.
Die Jungwiener waren fast ausnahmslos in Wien angesiedelt und lebten fast ausnahmslos in wenigstens gemäßigt guten Verhältnissen. Man traff sich nicht regelmäßig, aber häufig z.B. in der Oper, oder, das ist in die Literaturgeschichte eingegangen, im Kaffeehaus. Das Kaffeehaus wird in Wien zur kulturellen Institution. Es erinnert an die Salons der Romantik, nur treffen sich hier Leute aller Klassen, um zu lesen, zuträumen, oder Konvesation zu betreiben. Darüberhinaus bietet das Kaffeehaus sämtliche Zeitungen, Karten und Schachspiele, sowie Wahlveranstaltungen. Die literarische Form, die diesem Leben entspricht ist das Feuilleton.
In diesem Zusammenhang wurde schon das 1844 gegründete Cafe Griensteidl genannt. Von 1890 bis zur Schließung im Jahr 1897 war es Literatentreffpunkt des jungen Wien. Das 2. Cafe, das erwähnt werden muss, ist das Cafe Central, das Domizil Altenbergs. Aus dem Bereich der Philosophie und der Psychologie wirken Mach, der von Bahr für den Philosophen des Impressionismus schlechthin gehalten wird und Sigmund Freud, der mit der Traumdeutung den Grundstein der analytischen Psychoanalyse legte. Um 1900 gibt es ein nahezu unüberschaubares Stilkonglomerat, viele Bezeichnungen, die alle sehr wage und unbestimmt sind. Oft kann man die Grenzen der Strömungen gar nicht ziehen. Allen gemeinsam ist, dass die Realität nicht mehr als verbindliches Muster dient, reine Natur - und Wirklichkeitsnachahmung wird abgelehnt. Die Vertreter wenden sich gegen Naturwissenschaften, Technisierung. Der Alltagssprache stehen sie kritisch gegenüber. Sie entziehen sich der Politik,der Geschichte, der soz. Verantwortung und schaffen sich isoliert von der Gesellschaft eine Gegenwelt.

Vertreter:
Der Linnzer Hermann Bahr, der als Organisator des Jungen Wien gilt, hat in seinem Selbstbildnis (1923) von sich mit Recht gesagt :"Ich habe fast jede geistige Mode dieser Zeit mitgemacht, aber vorher, nämlich als sie noch nicht in Mode war." Zuerst von Holz beeinflußt und v. Ibsen begeistert stand er auf der Seite des Naturalismus. Mit den Schriften "Zur Kritik der Moderne" (1890) u. "Die Überwindung des Naturalismus" (1891) rückte er schon wieder von ihm ab, um sich dem Symbolismus u. Impressionismus zuzuwenden. Dabei hob er die Stimme f. Maeterlink und Hofmannsthal. Aus dieser Zeit stammen seine Essays :Dialog v. Tragischen (1903) und Dialog v. Marsyas (1904).
1914 machte er sich zum Fürsprecher des Expressionismus. Neben solcher Begeisterungsfähigkeit f. das Neue in der Kunst charakteriseirt ihn sein Bemühen f. die Erziehung zur Kultur, sein europäisches Denken; er wollte ,dass der Österreicher von seiner angestammten Art aus an Europa teilnehme.
Indem er über seine Entwicklung Rechenschaft gab, mit zahlreichen Essays, mit schöpferischer Kultur - u.Theaterkritik, mit seinem vielgestaltigen Werk v.Dramen und Romanen hat er die Wandlung eines ganzen Zeitalters wiedergespiegelt. Charakteristisch für Bahr, der neben Hugo v.Hofmannstal der Hauptexponent der Literaturkritik ist, dass er bei senen Kritikern zuerst die Autoren anführt und dann ableitet, was er vorfindet oder was er fordern muss, weil er es an ihnen vermißt. Bahr wurde 1863 als Sohn eines k..k..Notars geboren. Er studierte Jura in Wien, Graz und Czernovitz. 1884 bis 87 studierte er Philologie und Volkswirtschaft in Berlin, wo er mit dem Naturalisten Arno Holz bekannt wurde. 1906 / 07 war der, wegen seiner Reisetätigkeit genannte "Globtrotter" Regiseur bei Max Reinhard in Berlin. Bahr schrieb neben Romanen ca.40 Theaterstücke und eines davon widmete er Strauß: Das Konzert. Bei dem wird die Künstlereitelkeit geistreich witzig verspottet.

Hugo von Hofmannstal wurde in Wien 1874 geboren und starb dort 1929. Hofmannstal, der später jura und Romanistik studierte, veröffentlichte bereits als 16 jähriger Gedichte in der Beilage zur "Presse"unter dem Pseudonym Loris Melikow. Von E.M.Kafka, dem er ein paar "poetische Kleinigkeiten" aushändigte, wird Hofmannstal aufgefordert über Paul Bourgets "Physiologie der modernen Liebe" zu schreiben. Hofmannstal wird von Gustav Schwarzkopf dem Kreis um Bahr zugeführt. Loris, wie Hofmannstal immer wieder genannt wird, er kennt den wahren Typus seiner Generation in Maupassants Roman "Notre Coeur": "...feinfühlig, aber zu müde für heftige Empfindungen, lebhaft, aber ohne starken Willen, mit einer graziösen etwas altklugen Ironie, dem Bedürfnis nach Güte und Neigung...".
Der Deutsche Stefan George machte den jungen Hofmannstal mit den franz. Symbolisten vertraut, vor allem mit den Gedichten Baudelaires, Verlaines und Mallarmes. Im Gegensatz zu George gab sich Hofmannstal, der einen Dichter mit einem Seismographen gleichsetzt, nich dem grenzenlosen Schönheitskult hin. und lehnte den Kreis um George ab. Den zeitgemäßen Schönheitskult nimmt Hofmannstal auch als Anlass zur Kritik; nur wenige seiner Gedichte u.a. Die Beiden, Terzinien über die Vergänglichkeit lässt er gelten. Die Gedichte verlieren jede Zweckhaftigkeit. Klangliche und rhytmische Mittel werden oft eingesetzt: Reim, Assonanzen, Lautmalerei, Synästhesie. Die Gedichte kreisen um Fremdes, Rätselhaftes, handeln von der Monotonie des Lebens, schildern meist melancholische Stimmungen. Die fragwürdige Stellung des Ästheten zwischen Kunst und Leben behandelt er noch einmal in der Novelle: Das Märchen der 672. Nacht. Seine Skepsis der poetischen Sprache gegenüber führt nach der Abfassung des "Lord Chandos Briefes" dazu, dass er nach 1899 kein einziges Gedicht mehr schreibt. Der Chandosbrief, der auf die Probleme des "Schwierigen", in dem die Beziehung zur Trdition und das Bewußtsein der Endphase thematisiert wird, vorausweist, ist ein Wendepunkt in Hofmannstals Werk und zugleich ein frühes Zeugnis der im 20.Jh. nun öfter erfahrenen Sprachkrisen.
Doch weder in den Festspielen "Jedermann" (1911) und "Das Salzburger Welttheater"(1922) noch in dem schönen Opernlibretti zum "Rosenkavalier" (1911) oder der Frau ohne Schatten (1919) gebrach es Hofmannstal wirklich an Worten. Seine vielen Nachdichtungen verraten eher einen Mangel an orginellen Themen. Hofmannstal war der Erbe einer alten, universalen Kulturpunkt. Die Literatur Westeuropas, Italiens, der Antike und des Orients waren in vertraut.

Arthur Schnitzler wurde 1862 in Wien geboren und starb dort 1931. Arthur Schnitzler stammt aus einer jüdischen Familie und wird wie sein Vater Arzt, den dieser Beruf genießt großes Ansehen in der Habsburger Monarchie. Schnitzler wendet sich später vom Arztberuf ab. Für sein literarishes Werk ist die naturwissenschaftliche Ausbildung ebenso bedeutend wie seine praktische Erfahrung als Arzt. Mit Siegmund Freud teilt er das Interesse für psychische Erkrankungen; der Psychoanalyse steht er positiv gegenüber. In dem Brief Freuds vom 14.Mai 1922 an Schnitzler gibt Freud an, er hätte ihn aus einer Art "Doppelgängerscheue" gemieden. Der Grund war "die unheimliche Vertrautheit", die Freud an den Schriften Schnitzlers zu finden glaubte. Die Übereinstimmung, die der Gründer der Psychoanalyse zwischen seiner Forschung und den literarischen Schnitzlers postuliert hatte, ist längst zu eiem literaturwissenschaftlichen Gemeinplatz geworden. Es schien manchen Kritikern, als hätte Schnitzler die freutsche Theorie gerade zu versinnbildlicht. Schnitzler versinnbildlichte den psychologisierenden Naturalismus zu einer sensiblen Stimmungskunst, es wird "die Anatomie des Seelenlebens" durchgeführt. Schnitzler könnte im Gegensatz zu Hofmannsthal sagen:"Drinnen sind wir zu finden, von drinnen weht es uns an. Denn sein "Ich" ist nach innen konzentriert, ganz dem Dunklen zugekehrt, den Abgründen, wo kein Gewissen, keine Verantwortung wohnt und herrscht. Mit seinem "Anatol" (1893), dem Hofmannsthal eine Gedicht voran setzt, typisiert Schnitzler den Decadent, der in Wien frühgereift und zart und traurig die Komödie seiner Seele spielt. In sieben Gesprächsszenen mit 2 - 3Personen enthüllt Anatol Augenblicke aus seinem Liebesleben, Begegnungen des leichtsinnigen Melancholikers mit der Mondänen und dem "süßen Mädl". Die Beziehungen zwischen Mann und Frau sind immer wieder variierte Hauptthema seines Werkes. Schnitzler hatte zeitlebens Probleme mit Beziehungen zu Frauen. Im Reigen, dem Höhenpunkt des impressionistischen Episodendramatik, entwirft Schnitzler einen Zyklus von 10 Dialogen, von der Dirne bis zum Grafen fortlaufend - ein treueloser Partner verbindet sich mit dem nächsten. Schnitzler Vorliebe für Einakter ist ein Beitrag zur Zertrümmerung der traditionellen Dramenformen. Die Schilderung von Bewußtseinszuständen, Stimmungen ersetzen die dramatische "Action".Schnitzler steht in der Tradition des Bürgerlichen Trauerspiels: Frauen wie beispielsweise das "süße Mädl" Christine, in "Liebelei" versuchen ständig die Standesschranken zu durchbrechen. Der Innere Monolog, wie er bei Schnitzlers "Leutnant Gustl" vorkommt, ist eine Errungenschaft des literarischen Impressionismus. Die Sprache gibt den Bewußtseinsstrom Leutnant Gustls wieder. Schnitzler macht bei dieser Monolognovelle den Millitarismus zum Thema, der genau so wie die Monarchie um 1900 bereits überholt war.

Peter Altenberg (1859bis1919 )wurde als Sohn eines jüdischen Kaufmanns in Wien geboren. Sein eigentlicher Name ist Richard Engländer. Nach anfänglichen Bemühen sich in die Gesellschaft einzuordnen, er versucht Medizien und Jura zu studieren, genoß er, nach dem ihm "Berufsunfähigkeit" und eine Überempfindlichkeit der Nerven attestiert wurde, das Leben eines Müssegängers und verkörperte den Typus eines Bohemien. So oft er seine Wohnung wechselte, im Cafe Central besaß er sein festes Domizil. Seine Beobachtungsobjekte waren Zahlkellner, schöne Damen, Kinder, Dirnen, Vorstadtmädchen, Portiere und Droschenkutscher.
Altenberg, der in Cafe Central sein festes Domizil besaß, zeigte eine Vorliebe für die franz. Sprache und sein Vorbild wurde Baudelaire. Ähnlich wie dieser kleidete er sich entgegen die Mode und wurde somit zum Wiener Original. Mit Hilfe Arthur Schnitzlers, der ihn 1894 entdeckte, wurde Altenbergs 1. Sammlung "Wie ich es sehe" im Fischer Verlag herausgebracht.
Altenbergs Kurzprosa steht in der Tradition des Wiener Feuilletons und Altenberg bezieht sich wie Proust auf das franz. Prosagedicht. Altenberg arbeitet mit dem Stil sensibler erfaßter Impressionen, er pflegte den "Telegrammstil der Seele". Es gelang ihm auf kurzen Raum die Substanz eines Romans zu erhalten. Mit dem Impressionismus und Pointilismus in der Malerei entdeckte er mit der Natur eine neue Wirklichkeit.
Mit der Vorliebe für idealisierte, überschlanke und große Frauengestalten näherte sich Altenberg der Malerei der Wiener Secession. Altenberg, der zeitlebens ein liebevoller Beobachter des schwindenden Österreichs blieb, ging an Alkohol und an Einweisungen in Nevenkliniken zugrunde.
Während sich Hofmannsthal von seiner Sprachkrise befreite, überwand Altenberg sie nie. Seine späteren Sammlungen "Was der Tag mir zuträgt" und "Prodromos" können an die ersten Bücher Altenbergs (1896 und 1897) nicht an schließen.

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