Welche konkurrierenden Prinzipien der Weiblichkeit

Gliederung


A Maria Stuart als klassisches Drama

B Die gegensätzlichen Figuren der beiden Frauen
I Maria
    Geschichte
a) Herkunft
    Vergangenheit Attribut: Charisma Jugend und Schönheit Wortwitz Würde Kontrolle der Mitmenschen durch deren freiwillige Unterwerfung Marias Bild der Frau
II Elisabeth
    Geschichte Herkunft Vergangenheit Attribut: Herrschaft
a) Alter
b) Heuchelei
c) Macht
    Kontrolle über Mitmenschen durch Ausübung von Zwang Elisabeths Bild der Frau
C Vergleich mit anderen Werken


Aufsatz

Das im Jahre 1799 entstandene Werk "Maria Stuart" von Friedrich Schiller gehört der Literaturepoche der Klassik an. In der Klassik versuchte man sich an der dichterischen Darstellung von etwas vollendet musterhaftem und vorbildlichem, mit dem Mensch als Krone der Schöpfung im Mittelpunkt. Man war darum bemüht den Menschen und das menschliche umfassend in seiner Vollendung und gleichzeitig in seiner Abgründigkeit darzustellen.
Das nun vorliegende Werk handelt von den beiden Königinnen Maria Stuart und Elisabeth I. und deren Kampf um den Thron von England. Maria, die Königin von Schottland, erhebt Anspruch auf den englischen Thron. Doch Elisabeth, welche bereits Herrscherin über England ist, lässt sie auf Fotheringhayschloß unter Arrest stellen und schließlich zum Tode verurteilen. Die beiden Frauen sind zwei völlig unterschiedliche bis gegensätzliche Charaktere, welche auch gewisse Ideen und Ideale von der Frau in der Gesellschaft repräsentieren. Im folgenden soll nun versucht werden die Charaktere und die damit verbundenen Vorstellungen heraus - und vor allem gegenüberzustellen.
Maria ist die Königin von Schottland und eine Tochter aus der ersten Ehe Heinrichs VI., somit rechtmäßige Thronfolgerin von England. Doch durch die Wirren der Geschichte ist der Thron bereits durch ihre Verwandte Elisabeth besetzt, welche aber keinen rechtmäßigen Anspruch auf den Thron besitzt. Sie erhebt nun Anspruch auf den Thron und reist von Frankreich nach England. Dort wird sie jedoch gefangen genommen und wegen Anstiftung zum Bürgerkrieg und Mittäterschaft bei dem Mord an ihrem Mann angeklagt. Schließlich wird sie zum Tode verurteilt. Der verstorbene Ehemann war aber auch nicht ihr einziger, sondern scheint sich sogar in eine längere Reihe von Männern einzureihen, Elisabeth bezeichnet Maria sogar als die "gemeine für alle"(III..4).
Maria ist eine junge Frau von überragender Schönheit, welche es zudem versteht durch ihre enorme rhetorische Begabung aus jedem Wortgefecht siegreich hervorzugehen. Sie behält trotz ihrer Unterdrückung ihre Würde und ist zudem noch nachsichtig und großmütig. So verzeiht sie die grobe Unhöflichkeit Paulets in I.1oder reagiert gelassen auf die Nachricht des Urteilsspruches der Todesstrafe. Sie ist eine derart charismatische Persönlichkeit, dass sich keine der beteiligten Personen diesem Einfluß vollkommen entziehen kann. Sei dies durch die grenzenlose Ergebenheit des Mortimer, welcher überwältigt ist "eine Luft mit [ihr] zu atmen" (vgl. I.6) oder Paulet welcher die von ihr ausgehende Ausstrahlung ahnt und fürchtet und sie die "ränkevolle Königin"(I.1) nennt, welche "den Christus in der Hand und die Hofart im Herzen"( I.1) trägt.
Da Maria in Gefangenschaft ist, übt sie über keine der Personen, ausgenommen ihre Diener und Dienerinnen und Kennedy Kontrolle aus, welche durch ihre gesellschaftliche Position begründet aus. Ihr stehen keine Mittel der Gewalt zur Verfügung, um ihre Ziele zu erreichen und somit ist sie vollständig auf ihr Charisma angewiesen um ihren Willen durchzusetzen. Jedoch sind die ihr ergebenen Personen, wie beispielsweise Mortimer, auch bereit für sie in den Tod zu gehen, was die eigentlichen Machtverhältnisse deutlich zugunsten von Maria ändert.
Maria steht für die normale, "weibliche" Frau, welche sich an der Politik versucht. Zwar ist sie schön und begehrenswert, doch sie muss aufgrund der ihr von der Natur gegebenen Unzulänglichkeiten in der Politik scheitern.
Im Gegensatz zu dieser schillernden Person steht Elisabeth I., Königin von England. Zwar stammt sie wie Maria von Heinrich VI. ab, doch ist sie keine Nachfahrin aus erster Ehe. Somit ist sie nicht legitime Herrscherin von England da die Ehe nicht rechtens war und sie somit ein "Bastard"(I.7) ist.
Im völligen Gegensatz zu Marias Attribut des Charisma, welchem wegen diese begehrt wird steht Elisabeths Attribut der Herrschaft. Anders als die jugendliche, schöne Maria ist Elisabeth bereits älter worunter, auch ihre Schönheit gelitten hat.
Sie beweist des öfteren Redekunst, um sich ihrer Verantwortung zu entziehen, so auch In IV. 11 als der Bote den Befehl der Überstellung des Urteils selbst aussprechen muss. Sie hält sich dadurch die Option offen später den Befehl leugnen und sich von jeglicher Verantwortung lossagen zu können. Für Mortimer ist sie die "falsche, gleisnerische Königin"(II.6), welche "nur tote Güter"(II.6) zu vergeben hat,
also bar jeglicher weiblicher Reize ist. Es ist also nicht verwunderlich, dass sie nie "liebend einen Mann beglückt"(II.6) hat und auch der Heiratsantrag aus französischem Hause lediglich politische Ziele verfolgt. Auch hat sie ihre weiblichen Gefühle verloren. "Aus diesen Zügen spricht kein Herz"(III.4)so Maria,
lediglich ihre Macht verleiht ihr ein begehrenswertes Attribut. Dies bezeichnet auch den Unterschied der Kontrolle über die Mitmenschen zwischen Maria und Elisabeth.
Elisabeth übt eine Herrschaft durch offensichtlichen Zwang, welchen sie mit ihrer Machtposition als Königin rechtfertigt. Dies führt dazu, dass ihr ihre Gefolgsleute, im Gegensatz zu denen Marias, nicht wirklich ergeben sind, sondern es sogar als eine gute Tat ansehen sie zu verraten(vgl.II.6).
Elisabeth zeichnet das Bild einer Frau welche im Kampf der Politik besteht doch dadurch ihre weiblichen Attribute, also unter anderem Schönheit und Gefühl verliert
Elisabeth scheint in ihrem rücksichtslosen, zielstrebigen Handeln schon fast wie die vampireske "Braut von Korinth" von Goethe. Ein weiteres Indiz für einen Zusammenhang ist die Ähnlichkeit der Textstellen "aus diesen Zügen spricht kein Herz" (M.S. III.4) und "doch es schlägt kein Herz in ihrer Brust"(Die Braut von Korinth, Vers 108). Die enge Freundschaft Goethes und Schillers sowie die Austauschbarkeit bezüglich Sinn und Wortwahl der beiden Zitate lassen möglicherweise auf einen direkten Zusammenhang schließen.
Zuletzt bleibt noch zu sagen, dass es zwar offensichtlich ist, dass Schiller seine Vorstellung der idealen Frau in dieses Werk hat einfließen lassen. Es ist jedoch genauso offensichtlich falsch dieses Stück auf die aus heutiger Zeit sexistisch anmutenden Intentionen zu reduzieren. Dass dies aber doch geschieht, zeigt ein weiteres Mal, dass unsere Gesellschaft offenbar nicht mehr in der Lage ist, oder noch nie in der Lage war, mit dieser Thematik vernünftig umzugehen.

1004 Worte in "deutsch"  als "hilfreich"  bewertet