Eherecht und Scheidung

Eherecht und Scheidung

9.Familien und Kinder brauchen eine gerechtere Rechtsordnung


•Die Hauptleidtragenden der hohen Scheidungsraten sind die Kinder. Jenseits aller Rechtsnormen geht es der ÖVP um die Bewußtseinsbildung, dass Elternschaft und damit Verantwortung ein Leben lang bestehen bleiben: vom Vater - und Muttersein kann man sich nicht scheiden lassen. Bei einer gescheiterten Beziehung muss es daher Ziel sein, dass ein geordnetes und menschenwürdiges Auseinandergehen möglich wird. Eine fortwährende Beziehung zum Kind soll möglich sein. Die ÖVP wird daher alle Projekte zur positiven Scheidungsbegleitung für Kinder unterstützen.

•Mit den Erfahrungen dieser Projekte soll schrittweise mit Experten eine Reform des Scheidungs - und Obsorgerechtes angegangen werden. Zudem plant die ÖVP Maßnahmen zur Beschleunigung der Unterhaltsverfahren zu ergreifen.


SPÖ

Was wird neu im Eherecht?

Die Chancen, dass "Halbe/Halbe" - also die partnerschaftliche Aufteilung der Versorgungsarbeit zwischen Mann und Frau - in einem Gesetz festgeschrieben wird, stehen derzeit gut. Frauenministerin Barbara Prammer ist zuversichtlich, dass bei der geplanten Änderung von Ehe - und Scheidungsrecht die ÖVP dieser Forderung zustimmen wird.

Bekannt geworden ist "Halbe/Halbe" durch die Kampagne der ehemaligen Frauenministerin Helga Konrad vor etwa mehr als einem Jahr. Was juristisch dahinter steckt, ist relativ kompliziert:

Gesprochen wird von einer "Dynamisierung des Eherechts". Im Klartext: Haben Ehemann und Ehefrau eine bestimmte Form der Arbeitsteilung vereinbart - zum Beispiel: Mann ist erwerbstätig, Frau übernimmt die familiäre Arbeit - so kann künftig diese Vereinbarung von einem Partner auch verändert werden. Der Hintergrund dieser geplanten Neuerung: Es gab bei Scheidungen Gerichtsurteile, wonach die Rollenverteilung in der Ehe auch Jahre später verbindlicher Maßstab ist. So hat ein Gericht vor kurzem der Frau das Verschulden an der Scheidung ausgesprochen, weil diese Frau - nach schweren Eheverfehlungen des Mannes - das Kochen weitgehend der Haushälterin überlassen hat.

Jetzt soll das partnerschaftliche Prinzip im Eherecht verdeutlicht werden. Wenn eine Frau nach Jahren häuslicher Tätigkeit wieder einen Beruf ergreifen will, so kann es ihr nicht als Eheverfehlung ausgelegt werden, wenn sie nicht mehr im gleichen Ausmaß die Hausarbeit leistet, so der Plan von Frauenministerin Barbara Prammer.

Zwar hat die geplante Gesetzesänderung nur im Scheidungsfall konkrete Auswirkungen - bei aufrechter Ehe gibt es keine Sanktionsmöglichkeit, ist die Teilung der Pflichten Sache der Ehegatten -, trotzdem hat das Vorhaben auch ein wichtiges gesellschaftspolitisches Signal: Wenn der Gesetzgeber nun festhält, dass die Ehegatten die Haushaltsführung "mit dem Ziel voller Ausgewogenheit ihrer Beiträge einvernehmlich gestalten" sollen, dann zeigt die Gesellschaft damit auch, dass die partnerschaftliche Aufteilung der Pflichten das wünschenswerte Modell ist.

Weitere Vorhaben bei der Familienrechtsreform:

•Frauen sind zur Zeit dazu verpflichtet, im Betrieb ihres Mannes mitzuarbeiten, sofern es zumutbar und nach den Lebensverhältnissen der Ehegatten üblich ist, wie etwa im Bereich Gastgewerbe. Was bekommen die Frauen dafür? Derzeit praktisch nichts bzw. nur ein Taschengeld. Anspruch auf Entlohnung gibt es nur, wenn der Betrieb Gewinn macht, vom Anspruch werden dann noch Unterhaltskosten (Essen, Wohnen) abgezogen. Diese Bestimmungen sollen nun abgeschaff werdent: Es gibt dann keine Mitwirkungspflicht mehr, der Anspruch der Frau auf Entlohnung wird sich nicht mehr am Gewinn, sondern an ihrer Leistung orientieren, und auch für den Scheidungsfall (Vermögensaufteilung) soll die Situation verbessert werden. •Das Verschuldensprinzip bei Scheidungen bleibt zwar prinzipiell bestehen, wird aber relativiert. So soll der Unterhaltsanspruch einer geschiedenen Frau teilweise vom Verschulden des Mannes entkoppelt werden. •Weiters soll künftig die Ehewohnung in jedem Fall in die Aufteilung der Scheidung miteinbezogen werden. •"Geld - statt Naturalleistungen": Zur Zeit muss bei aufrechter Ehe der Unterhalt nur in "Naturalien" (Kleidung, Essen) erbracht werden. Künftig soll auf Verlangen der Frau statt Naturalunterhalt Geldunterhalt geleistet werden müssen.
GRÃœNE

Reform des Eherechts



Das geltende Eherecht und dessen Auslegung durch die Gerichte ist ungerecht,
    weil dem bedürftigen Ehegatten nur Naturalunterhalt zusteht und damit insbesondere die nicht berufstätige Ehefrau entmündigt wird, weil dem bedürftigen Ehegatten maximal 40 % des Familieneinkommens zusteht und damit insbesondere die berufstätige Ehefrau, die daneben Haushalt und Kinder versorgt, keine ihren Leistungen adäquate Abgeltung erhält, weil den Frauen im Fall der Scheidung die Leistungen im Haushalt und bei der Kinderbetreuung nicht für sich genommen abgegolten werden, weil gleichgeschlechtlichen Paaren die Eheschließung verweigert wird, weil der Mann beim Ehenamen nach wie vor privilegiert wird, indem bei getrenntem Ehenamen und Uneinigkeit der Eltern die Kinder von Gesetzes wegen seinen Namen erhalten.



Die GRÃœNEN fordern daher:

    Geschlechtsneutrale Definition der Ehe, sodass auch Partner/innen gleichen Geschlechts heiraten können. Gleichbehandlung von Mann und Frau beim Ehenamen Gerechte Aufgabenverteilung in der Ehe: Das geltende partnerschaftliche Prinzip ist weiter zu verdeutlichen, sodass die gemeinsame Verantwortung für die Haushaltsführung und Betreuung der Kinder außer Zweifel steht.

Teilung des Familieneinkommens:

Jedem Ehegatten steht die Hälfte des Familieneinkommens zu. Ist der haushaltsführende Teil überdies erwerbstätig, so soll sein Einkommen nicht voll auf das Familieneinkommen angerechnet werden. Beide Teile sind (rechnerisch) verpflichtet, jeweils die Hälfte der Ausgaben für die gemeinsame Lebensführung zu tragen. Dies gilt auch für Unterhaltspflichten gegenüber den Kindern. Wird die Betreuungsleistung von einem Ehegatten erbracht, dann sollte wie bisher der nicht Betreuende dem Kind Geldunterhalt schulden.

Verschuldensunabhängige Ehescheidung:
Die Ehe soll wie bisher einvernehmlich geschieden werden können. Gegen den Willen des anderen Ehegatten soll eine Scheidung dann möglich sein, wenn die häusliche Gemeinschaft seit mindestens drei Jahren aufgelöst ist oder wenn dem Scheidungswilligen die Fortsetzung der Ehe aus Gründen, die in der Person des anderen Ehegatten liegen, nicht zumutbar ist.

Leistungsgerechter Unterhalt nach der Scheidung:
Ein Unterhaltsanspruch ist nach den Leistungen in der Haushaltsführung sowie der Kinderbetreuung und den sich daraus ergebenden (gegenüber dem anderen Ehegatten) schlechteren Verdienstmöglichkeiten am Arbeitsmarkt zu bemessen. Dergestalt beeinflußt die Dauer der Ehe, die vereinbarte oder geübte Aufgabenverteilung während der Ehe und die künftige Belastung der Ehegatten durch die Kinder den Unterhalt.

Im Auftrag der grünen Frauensprecherin Mag. Pollet - Kammerlander wurde von Univ. - Prof. Dr. Monika Gimpel - Hinteregger eine Studie zur "Reform des Eherechts" verfaßt, welche die fachliche Ausgangsbasis für den grünen Entschließungsantrag bildete. Der Entschließungsantrag steht derzeit im Justizausschuß zur Beratung an.
Für den Arbeitskreis im Justitzministerium haben die GRÜNEN die Wiener Scheidungsanwältin Dr. Erika Furgler nominiert.




ENTSCHLIESSUNGSANTRAG
der Abgeordneten Pollet - Kammerlander, Freundinnen und Freunde betreffend Reform des Eherechts.
Das geltende Eherecht ist veraltet.


Die Grundstrukturen gehen auf das Allgemeine Bürgerliche Gesetzbuch von 1811 und das deutsche Ehegesetz, welches 1938 von "der Reichsregierung" "vorbehaltlich einer abschließenden Neuordnung des gesamten Eherechts" beschlossen worden war, zurück. Diesen zwei Rechtsschichten wurde mit den Familienrechtsreformen der 70er Jahre eine dritte hinzugefügt. Das Ergebnis ist ein inkonsistentes Bild, das zudem äußerst veraltete Wertungen und Rechtsinstitute wie die "Morgengabe" mitschleppt.


Das geltende Eherecht und dessen Auslegung durch die Gerichte ist ungerecht,

- weil dem bedürftigen Ehegatten nur Naturalunterhalt zusteht und damit insbesondere die nicht berufstätige Ehefrau entmündigt wird,
- weil dem bedürftigen Ehegatten maximal 40 % des Familieneinkommens zusteht und damit insbesondere die
berufstätige Ehefrau, die daneben Haushalt und Kinder versorgt, keine ihren Leistungen adäquate Abgeltung erhält,
- weil den Frauen im Fall der Scheidung die Leistungen im Haushalt und bei der Kinderbetreuung nicht für sich genommen abgegolten werden,
- weil gleichgeschlechtlichen Paaren die Eheschließung verweigert wird,
- weil der Mann beim Ehenamen nach wie vor privilegiert wird, indem bei getrenntem Ehenamen und Uneinigkeit der Eltern die Kinder von Gesetzes wegen seinen Namen erhalten.


Zum geltenden Unterhaltsrecht während aufrechter Ehe. Es schützt nicht jene Ehefrauen, die eine Doppelbelastung auf sich nehmen. Die Berufstätigkeit der Ehefrauen und Mütter ist jedoch zunehmend der
Regelfall. Dies ist daraus zu erschließen, dass jetzt schon 49% der berufstätigen Frauen verheiratet sind. Dies heißt nicht, dass bei Erwerbsarbeit der Frauen die Ehemänner die Hälfte der Haushaltsführung und Kinderbetreuung übernehmen. Im Durchschnitt arbeiten berufstätige Frauen pro Tag 5,5 Stunden außer Haus und 4,25
Stunden im eigenen Haushalt, bei Männern verteilt sich die Arbeitszeit im Vergleich dazu 7:1,75 Stunden auf Erwerbs - und Hausarbeit. Abgesehen von diskriminierenden Einkommensunterschieden verdienen diese Ehefrauen wegen der geringeren Erwerbsarbeitszeit und Arbeitszeitflexibilität weniger als ihre Ehemänner. Obwohl sie
die Kinder betreuen und die Haushaltsarbeit leisten, haben sie oft keinen Unterhaltsanspruch gegen ihre Ehemänner. Die Rechtsprechung gesteht ihnen maximal 40 % des Familieneinkommens zu. Soviel
verdienen sie aber zumeist selbst. Beispiel: Bei einem Netto - Einkommen des Mannes von S 15.000, - - und einem Netto - Einkommen der Frau von S 10.000, - - beträgt das gemeinsame Familieneinkommen 25.000, - -. 40 % davon entsprechen genau dem Einkommen der Frau, womit diese keinen Unterhalt geltend machen kann. Frauen, die zum Familieneinkommen beitragen und sich damit einer Doppelbelastung aussetzen und damit wohl insgesamt mehr arbeiten als ihre Männer, verdienen insgesamt also wesentlich weniger als ihre Männer.


Auch die nicht berufstätige Hausfrau ist vom geltenden Unterhaltsrecht benachteiligt. Zum einen kann die Hausarbeit und Kinderbetreuung weitaus umfangreicher als die Erwerbsarbeit des Mannes sein. Ihr gesteht die Rechtsprechung jedoch nur 33 % des Manneseinkommens zu. Außerdem schlägt bei der nicht beruftstätigen
Hausfrau besonders zu Buche, dass der Unterhalt bei aufrechter Ehe nur in Naturalien wie Wohnung, Bekleidung usw. zu leisten ist. Ein Geldunterhalt steht nur zu, wenn dies ausdrücklich vereinbart ist oder wenn eine Unterhaltsverletzung vorliegt. Die Ehefrau hat rechtlich gesehen nur einen Anspruch auf Taschengeld. Wie der
Haushalt zu führen ist, bestimmt de iure der Ehemann. Sie gibt "sein" Geld aus, obwohl ihre Tätigkeiten im Haushalt erst seine volle Erwerbstätigkeit ermöglichen. Das ABGB sieht daher auch für die Rechtsgeschäfte des täglichen Lebens eine Vertretungsregelung vor. Das Prinzip des Naturalunterhalts läuft daher auf eine Entmündigung der Ehefrau hinaus. Da die Frau kein eigenes Einkommen hat, gelten die "Familienersparnisse" rechtlich meistens als Ersparnisse des Mannes und stehen im Eigentum des Mannes. Dies verhindert eine Vermögensbildung und langfristige Existenzvorsorge der Frau. Im Todesfall erhält sie neben Vorfahren nur die Hälfte dieses Vermögens, neben Kindern ein Drittel.


Zum geltenden Unterhaltsrecht nach der Scheidung. Ein Unterhaltsanspruch steht nur dem schuldlosen Ehegatten gegen einen allein oder überwiegend an der Scheidung schuldigen Partner zu. Dieses Modell schützt die sich ewig wohlverhaltende und stets ehewillige Frau gegen einen schuldhaften Gatten. Nur in diesem Fall hat die Frau eine Chance, dass ihr Vertrauen und die Leistungen in die Ehegemeinschaft wie Haushaltsführung und Kinderbetreuung
abgegolten werden. Strebt sie selbst aus der Ehe, bekennen beide Teile den Anteil an der Zerrüttung oder hat sie einen Verschuldenstatbestand gesetzt, so geht sie leer aus.


Zur geltenden Definition der Ehe. Sie greift unnötig in die private Lebensgestaltung ein und stellt so eine staatliche Bevormundung dar. Das Gesetz erlaubt nur Mann und Frau eine Ehe zu schließen. Es verweigert also gleichgeschlechtlichen Paaren die Möglichkeit, verbindlich ein gemeinsames Leben derart aufzubauen, dass beide Teile eine rechtliche Absicherung ihres gegenseitigen Vertrauens haben und diese Lebens - und Wirtschaftsgemeinschaft von der Öffentlichkeit und dem Staat (zB Steuerrecht) zur Kenntnis genommen wird.


Zum geltenden Ehenamensrecht. Können sich die Eheleute bei getrennter Ehenamensführung (beide haben ihren angestammten Namen beibehalten) nicht über den Namen der Kinder einigen - und zwar bei der Eheschließung - so erhalten die Kinder den Familiennamen des Vaters. Diese Gesetzesautomatik untergräbt von vornherein die
Verhandlungsposition der Frau und stellt eine Diskriminierung der Frauen dar.


Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden


ANTRAG:



Der Nationalrat wolle beschließen:


Der Bundesminister für Justiz wird ersucht, eine Reform des Eherechts folgenden Inhalts in die Wege zu leiten, sodass die parlamentarischen Beratungen mit Beginn des Jahres 1998 aufgenommen werden können:


1. Neukodifikation des Eherechts

2. Geschlechtsneutrale Definition der Ehe, sodass auch Partner/innen gleichen Geschlechts heiraten können.

3. Gleichbehandlung von Mann und Frau beim Ehenamen

4. Aufgabenverteilung in der Ehe: Das geltende partnerschaftliche Prinzip ist weiter zu verdeutlichen, sodass die gemeinsame Verantwortung für die Haushaltsführung und Betreuung der Kinder außer Zweifel steht.

5. Unterhalt in der Ehe: Jedem Ehegatten steht die Hälfte des Familieneinkommens zu. Ist der haushaltsführende Teil überdies erwerbstätig, so soll sein Einkommen nicht voll auf das Familieneinkommen angerechnet werden. Beide Teile sind (rechnerisch) verpflichtet, jeweils die Hälfte der Ausgaben für die gemeinsame Lebensführung zu tragen. Dies gilt auch für Unterhaltspflichten gegenüber den Kindern. Wird die Betreuungsleistung von einem Ehegatten erbracht, dann sollte wie bisher der nicht Betreuende dem Kind Geldunterhalt schulden. Beim Anspruch auf das halbe Familieneinkommen kann es sich nur um eine fiktive Rechengröße handeln, die um die tatsächlichen
Zahlungsverpflichtungen jedes Ehegatten bereinigt werden muss. Gerichtlich durchsetzbar ist der sich daraus ergebende Nettobetrag.

6. Alleinige Haushaltsführung: Vereinbaren die Ehegatten die Führung einer Hausfrauenehe, so führt die Frau den Haushalt in eigener Verantwortung und hat gegenüber dem Mann einen Anspruch auf die dafür notwendigen Geldmittel. Die Regelung der "Schlüsselgewalt" kann daher entfallen.


7. Entfall der Mitwirkungspflicht im Erwerb. Im Fall der vereinbarten Mitwirkung läuft die dreijährige Verjährungsfrist für Abgeltungsansprüche erst ab deren Fälligstellung und nicht ab deren Erbringung, die Ansprüche können auch bei aufrechter Ehe geltend gemacht werden.

8. Ehescheidung. Die Ehe soll wie bisher einvernehmlich geschieden werden können. Gegen den Willen des anderen Ehegatten soll eine Scheidung dann möglich sein, wenn die häusliche Gemeinschaft seit mindestens drei Jahren aufgelöst ist oder wenn dem Scheidungswilligen die Fortsetzung der Ehe aus Gründen, die in
der Person des anderen Ehegatten liegen, nicht zumutbar ist. Die Mediation sollte als Möglichkeit der außergerichtlichen Konfliktlösung in Scheidungsverfahren vermehrt angeboten werden.


9. Schadenersatz bei Verschulden. Trifft einen Ehegatten ein gravierendes Verschulden an der Auflösung der Ehe, wie zB Gewalttätigkeit gegen den anderen Ehegatten oder die Kinder, so ist er zu einer finanziellen Genugtuung verpflichtet.

10. Unterhalt nach der Scheidung. Ein Unterhaltsanspruch ist nach den Leistungen in der Haushaltsführung sowie der Kinderbetreuung und den sich daraus ergebenden (gegenüber dem anderen Ehegatten) schlechteren Verdienstmöglichkeiten am Arbeitsmarkt zu bemessen. Dergestalt beeinflußt die Dauer der Ehe, die vereinbarte oder geübte Aufgabenverteilung während der Ehe und die künftige Belastung der Ehegatten durch die Kinder den Unterhalt.


11. Sonstiges

a) Gleiches Ehemündigkeitsalter für Mann und Frau (18 Jahre)
b) Gleiches Adoptionsalter für Mann und Frau
c) Verunstaltungsentschädigung auch für Hausfrauen
d) Formale Rechtsbereinigung der Eheverbote
e) Inhaltliche Straffung und Vereinfachung der Nichtigkeits - und Aufhebungs - tatbestände der Ehe


Weitere Erläuterungen:


Zur Abschaffung des Verschuldensprinzips. Die Verschuldensfrage hat im geltenden Eherecht wegen der Koppelung mit dem Unterhaltsanspruch nach der Ehe ihre zentrale Bedeutung. Nur der Ehegatte, der schuldig
geschieden wird, ist prinzipiell zu Unterhaltszahlungen verpflichtet. Wie schon ausgeführt, ist dies keine sachgerechte Abgeltung für die in der Ehe geleistete Haushalts - und Kinderarbeit und der Konsequenzen für die Chancen am Arbeitsmarkt. Die Abschaffung des verschuldensabhängigen Unterhaltsanspruchs vermindert demnach auch die Notwendigkeit einen Scheidungstatbestand wegen Verschuldens vorzusehen.

Ist eine notwendige ökonomische Absicherung gesichert, so bleibt die moralische Beurteilung der Auflösung der Ehe bzw. der Verletzung des Vertrauens, das in die andere Person und allenfalls in die Dauer der Lebensgemeinschaft gesetzt wurde. Jeder prinzipiell auf Dauer abgeschlossene Vertrag sieht besondere Kündigungsfristen vor. So wird hier "bei einseitiger Aufkündigung" eine Wartefrist von 3 Jahren verlangt. Dies scheint angesichts der umfassenden Lebensgemeinschaft unerläßlich. Eine Scheidung gegen den Willen
sollte nur schneller dann herbeigeführt werden können, wenn ein Verbleiben in der Ehe wegen des Verhaltens des anderen Ehepartners unzumutbar ist. Nur bei gravierenden Vertrauensverletzungen (zB Gewalttätigkeit) wird hier eine einmalige finanzielle Abgeltung vorgesehen, welche aber auch dem Partner zusteht, der ein ausreichendes eigenes Einkommen hat.


Vielfach wird das Verschuldensprinzip stark verteidigt, weil die Unauflösbarkeit der Ehe aus ökonomischen Gründen für notwendig erachtet wird. In geringeren und durchschnittlichen Einkommensschichten sei der Frau, die eine Hausfrauenehe geführt habe, spätestens ab dem 40. Lebensjahr der Aufbau einer eigenen Existenz nicht mehr möglich. Das Einkommen des Mannes, gegen den ein Unterhaltsanspruch bestünde, reiche aber nicht für zwei unabhängige Existenzen. Es drohe bloß die Verelendung. Diese Problematik zeigt aber nur, wie notwendig ein selbständiger Anspruch auf Unfall -, Kranken - und Pensionsversicherung der Ehefrauen wäre, damit
rudimentäre Bedürfnisse im jeden Fall abgedeckt sind. Eine Beitragspflicht des verdienenden Ehegatten (im Fall des besserverdienenden Ehegatten eine anteilige Beitragspflicht) würde sicherlich einen Anreiz zur Übernahme von Haus - und Kinderarbeit durch die Männer darstellen, doch ist dieses Thema einem eigenen Entschließungsantrag vorzubehalten.


Ein letztes Argument: Im Gleichbehandlungsmusterland Schweden wird eine Ehe gegen den Willen des anderen Partners bereits nach 6 Monaten geschieden. Es steht grundsätzlich kein Unterhaltsanspruch zu. Nur wenn die Ehe von längerer Dauer war und der Ehegatte sich aus besonderen Gründen nicht selbst versorgen kann, besteht die Möglicheit eines längeren oder unbefristeten Unterhaltsanspruchs.


Zur Beibehaltung der getrennten Obsorge: Nach der Scheidung kann nach geltendem Recht nur ein Elternteil Pflege und Erziehung der gemeinsamen Kinder übernehmen. Daran wird festgehalten. Die freiwillige gemeinsame Obsorge wäre sicher eine logische Konsequenz aus dem Grundsatz der gemeinsamen Betreuungsverantwortung, also auch der Väter, während aufrechter Ehe. Doch die Festschreibung im Gesetz ändert noch nicht die tatsächlichen Verhältnisse. Daher soll die gemeinsame Obsorge gesetzlich erst dann ermöglicht werden, wenn die
derzeitige Inanspruchnahme der Karenz durch Männer die Zahl von 1000, das sind 0,9 Prozent der Karenzen, bei weitem überschreitet.


Abschließend wird auf die derzeit unerträglich lange Dauer der (streitigen) Scheidungsverfahren hingewiesen, die viele Betroffene dazu zwingt, auch auf unvorteilhafte einvernehmliche Lösungen einzusteigen. Neben der Änderung der materiellen Bestimmungen müssen daher auch Maßnahmen zur schnelleren Abwicklung der Verfahren eingefordert werden.


Für die Erarbeitung dieses Entschließungsantrages bildete die Studie "Reform des Eherechts" von Univ. - Prof. Dr. Monika Gimpel - Hinteregger die fachliche Grundlage.

In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Justizausschuß
vorgeschlagen.




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