Homo Faber


Max Frisch - Homo Faber
Homo Faber von Max Frisch
INHALT: Walter Faber ein Ingenieur der UNESCO, ca.50, der gewohnt ist alles technisch zu sehen und alle Gefühle für regulierbar hält will geschäftlich von New York nach Mexiko City fliegen. Seine Maschine muss jedoch in der Wüste notlanden und sitzt dort vier Tage lang fest.
Er lernt einen jungen Deutschen kennen, und erfährt zu seiner Überraschung, dass dieser seinen Jugendfreund Joachim kennt, der jetzt in Guatemala lebt. Der Deutsche erzählt, dass Joachim kurze Zeit mit Fabers Jugendliebe Hanna verheiratet gewesen war, und dass diese, eine Jüdin mit viel Glück dem Holocaust entkommen konnte. Ganz gegen seine Gewohnheiten bricht er seine Geschäftsreise ab, und begleitet Herbert, den Deutschen in den Urwald von Guatemala, wo sich Faber, der ohnehin immer Magenschmerzen hat (Andeutung auf ein mögliches Ende), jeden Abend betrinken muss, um einzuschlafen. Sie erreichen den Arbeitsplatz Joachims, und finden dessen Leiche. Selbstmord, wie Faber fachmännisch feststellt.
Zurück in New York bei Ivy, seiner Geliebten, sieht er ein, dass diese Affäre keine Befriedigung mehr für ihn ist.
Weil er sowohl vom Fliegen, als auch von seiner um 20 Jahre jüngeren Lebensgefährtin genug hat, beschließt er seine nächste Geschäftsreise nach Paris mit einem Ozeandampfer zu bestreiten. Auf dem Schiff lernt er die wesentlich jüngere Sabeth kennen. Sie erinnert ihn sehr an Hanna, und als sie schließlich seine Geliebte wird, erzählt sie ihm viel von ihrer Mutter. Diese Mutter, die er noch nie im Leben gesehen hat, kommt ihm vor als würde er sie schon seit langer Zeit kennen. Ein Verdacht keimt in ihm auf, und er versucht ihn zu verdrängen. Hanna, seine Jugendliebe, die er heiraten wollte, und von der er sich im Krieg hatte trennen müssen.
Die beiden fahren nach Italien, wo sie eine glückliche Zeit verleben, dann nach Griechenland und Faber bekommt zum 1. Mal so etwas wie menschliche Lebenszüge. Doch das Glück der beiden dauert nicht lange. Sabeth wird von einer Schlange gebissen und muss ins Krankenhaus. Dort trifft Faber zum 1. Mal seit vielen Jahren auf Hanna. Er erfährt, dass Sabeth seine Tochter ist, kann ihr das aber nicht mehr sagen, weil sie am nächsten Tag überraschend am Schlangenbiß stirbt.
Nachdem er so schuldlos schuldig geworden ist (bez. zu Ödipus), verfällt er in eine dumpfe Depression. Seine Magenschmerzen werden immer schlimmer und Hanna überredet ihn, sich untersuchen zu lassen, und obwohl er nie einen Befund zu Gesicht bekommt, weiß er, wie es um ihn steht. Er beginnt sein eigenes Ende ins Auge zu fassen, und schreibt ein Tagebuch, dessen letzten Eintrag er kurz vor der Operation tätigt. Das Ende des Buches ist offen, jedoch deutet der abrupte Abbruch darauf hin, dass Faber bei der Operation gestorben ist.
CHARAKTERE:
Walter Faber:
Er ist Techniker (Homo Faber: Technisch - fabrizierende Mensch). Sein Weltbild ist rein naturwissenschaftlich - rationalistisch bestimmt. Er denkt nur in mathematischen Verhältnissen und technischen Fakten. Für ihn bedeuten Welt, Natur, Leben und Gefühle nur etwas Berechenbares oder sind für ihn Ermüdungserscheinungen, er betrachtet alles Geschehen unter dem Aspekt des kausalen Zusammenhanges von Ursache und Wirkung. Sogar das Seelenheil und die Liebe basieren für ihn nur auf biologischen Ereignissen.
Um Schicksalsschlägen ihre Wirkung zu nehmen, flüchtet er sich in Statistiken und rationelle Gedanken. Für Faber gibt es weder Unvorhergesehenes noch Gott, denn dafür gibt es in seiner rationalistischen Welt keinen Platz. Für ihn ist der Mensch als Ingenieur der Herrscher über die Natur.
Mit Sabeth tritt jemand in sein Leben, der seine Theorien über ein gefühlskaltes Leben widerstößt. Faber muss beginnen umzudenken und erkennt schließlich am Endes seines Lebens, dass seine Weltbilder nur Trugbilder einer industriellen Konsumgesellschaft waren.
Walter Faber ist ein Mensch, der seinen Mitmenschen, in unserem Fall den Lesern, seine Gefühle nicht zeigt. Es ist nicht richtig, dass er ein gefühlskalter Mensch ist. Er kennt sehr wohl Gefühle wie Liebe, Eifersucht, obwohl er die Menschen mit Stahl vergleicht.
Faber traut sich nicht seine Regungen zu zeigen, denn er befürchtet den rationalen Aufbau seiner Welt selbst zu widerlegen. Walter Faber ist von Natur her auch ein Alleingänger und Egoist, der sehr oft nicht fähig ist, mit seinen Mitmenschen ein Gespräch aufzubauen.
Hanna Piper (geb.:Landsberg):
Sie ist Halbjüdin, sie ist der Typ der emanzipierten, intellektuellen Frau, der Selbständigkeit über alles geht. Hanna ist nicht so berechnend wie Faber, denn sie weiß genau, da sie von Schicksalsschlägen gezeichnet ist, mit denen Faber bis zum Tod von Joachim noch nicht Bekanntschaft gemacht hat, dass das Laben von vielen Zufälligkeiten abhängt. Sie zeigt sowohl Sabeth als auch Faber gegenüber viel Mitgefühl und Mitleid, obwohl sie dies wie Faber manchmal zu verstecken versucht. Ihr größter Fehler ist, dass sie Sabeth für sich alleine beansprucht und deswegen Faber ihre Geburt verschweigt. Damit trägt sie zu dem Unglück bei und macht sich wie Faber ungewollt schuldig.
Elisabeth Piper:
Sie ist die Tochter Fabers und Hannas. Die erste Begegnung zwischen Faber und Sabeth findet auf der Überfahrt nach Europa statt. Faber kommt sie sofort bekannt vor, aber er will oder kann sich nicht erinnern, wem sie ähnlich sieht.
Sabeth ist ihrer Mutter aber nur äußerlich ähnlich. Innerlich hat sie von ihren Eltern aber nur den Intellekt geerbt. Denn Sabeth lebt ein sehr gefühlsbetontes Leben. Sie zeigt ihre Regungen offen und sie ist lebensfroh, eine Eigenschaft, die man besonders bei ihrem Vater vermißt.
PROBLEMANSÄTZE UND THEMATIK:
Die verstrickte Problematik dieses Werkes:
I. Die Zerstörung des rationellen Weltbildes Walter Fabers.
II. Die Lebensbeziehung zwischen Vater und Tochter. Eine moderne Ödipus - Handlung mit vielen Schuldfragen.
III. Zwiespalt zwischen Logik/Verstand und Liebe/Gefühl.
IV. Technik Kontra Natur/Kunst.
Die Figur des Walter Faber zeigt, wie das Weltbild eines Menschen innerhalb einer kurzen Zeitspanne, durch eine Serie von Unglücksfällen, zusammenbricht.
Walter Faber ist ein Mensch, der mit den Gefühlen anderer Menschen zu spielen scheint ( siehe Ivy), weil für ihn Gefühle keine Bedeutung haben, er lernt aber durch die Bekanntschaft seiner Tochter eine neue Dimension des Lebens kennen. Gefühle dringen in sein Leben und nagen an seinem konstruierten Weltbild.
In seinem Inneren entwickelt sich ein Kampf zwischen der Ratio und dem Gefühlsleben, den letzteres schließlich gewinnt. Die neuen Erkenntnisse kann Faber aber nicht mehr umsetzen, da er bald nach seiner Wandlung wahrscheinlich dem Tod ins Auge blicken wird.
Zu seinem baldigen Tode führt aber auch sein zweiter Konflikt. Die Schuldgefühle, die er hat, nachdem es, ohne seinem wissen, zu einer Affäre mit seiner Tochter gekommen ist, gaben ihm keine Kraft mehr zum Weiterleben.
Er versucht sich zwar selbst klarzumachen, dass ihn keine Schuld trifft, aber sein Inneres sagt ihm das Gegenteil. Auch das nicht gezeigte Mitgefühl von Hanna, die unabhängig von Faber erscheinen will, beschleunigt seinen Untergang.
AUFBAU UND STRUKTUR
Der Roman ist in einer Berichtform geschrieben. Einerseits unterstützt die Berichtform die Objektivität, aber andererseits kommt auch die Subjektivität des Tagebuchschreibers zur Geltung.
Der Roman ist in zwei Stationen auf geteilt.
1. Teil (S.7 - S.160):Geschrieben in Caracas, 21. Juni bis 8.Juli. Grund des Schreibens: Aufarbeitung; verschachtelt, Vor - u. Rückgriffe
2.Teil (S.161 - 203):Im Krankenhaus in Athen geschrieben, 19.Juli, Angst vor Krebs.
Durch diese Form hält Faber seine Erlebnisse chronologisch fest.
SPRACHE
Da "Homo Faber" den Untertitel "ein Bericht" trägt ist die sprachliche Gestaltung klar vorgegeben. Das ganze Werk wird von einer nüchternen Sprache beherrscht, deren Niveau auch nicht besonders künstlerisch ist. Die Wortwohl wird von Fabers Weltbild beeinflußt. Es kommen sehr viele technische Ausdrücke und Vergleiche auf, aber Frisch verwendet auch veraltete Wendungen, die oft vom Englischen beeinflußt sind.
Der Autor gibt auch Konversationen nicht vollständig wieder.
Auf Fragen, deren Antwort klar ist, geht der Erzähler ohne die Antwort zu erwähnen mit der Handlung weiter.
Der Stil wird beherrscht durch kurze Absätze, Einschübe, Beschreibungen und Erzählungen. Die Sprache ist emotionsarm.
ERZÄHLFORM UND ERZÄHLPERSPEKTIVE
Max Frisch präsentiert dem Leser eine sehr gut durchdachte und aufgebauter Arbeit. Der Leser wird nicht gleich beim Erscheinen einer neuen Person mit Informationen überschüttet, sondern Frisch gibt nur nach und nach, oft zu bestimmten Situationen passend Auskünfte über die Handlungsträger preis. Langsam kann sich der Leser ein Bild machen und die Geschichte wird nach und nach klarer, bis dass sie endlich, mit der Ankunft Fabers in Athen alle ihre Geheimnisse aufgeklärt hat.
Als Resümee, lässt Frisch dann Faber im zweiten Teil (2. Station) noch einmal zu allen Stationen der Handlung zurückkehren und ruft dem Leser Geschehnisse, über die er sich nun Klarheit verschafft hat, noch einmal ins Gedächtnis zurück.
AUTOR
Der Schweizer Max Frisch, der 1911 in Zürich zur Welt kam, gilt als einer der bedeutendsten deutschsprachigen Schriftsteller der Nachkriegszeit. Nach einem Germanistikstudium arbeitete er zunächst als freier Journalist und bereiste Südosteuropa. Während dem 2. Weltkrieg studierte er Architektur und war 10 Jahre lang als Architekt tätig. Nach Ende der Kriegswirren bereiste er Europa und Amerika und begann als Schriftsteller zu arbeiten.1955 wandte er sich ausschließlich seinem literarischen Werk zu, und gelangte durch seine Dramen zu internationalem Ansehen. Seinen Lebensabend verbrachte er in Rom und Zürich, wo er auch 1991 verstarb.
Seine bekanntesten dramatischen Werke sind Graf Öderland, Biedermann und die Brandstifter, Andorra, und die Biographie. Das epische Werk umfaßt die Romane Stiller, Mein Name sei Gantenbein und homo faber.
In der Person Walter Faber scheint sich Max Frisch selbst widerzuspiegeln. Max Frisch, der selbst Techniker war, hat erkannt, wie gefährlich es ist alles nur in Formeln und Phrasen zu sehen, und dabei ganz auf die Menschlichkeit zu vergessen. Als er homo faber schrieb, kam gerade die Kernenergie auf, Antibiotika und Impfungen werden zugänglich - Boulevardblätter behaupten, dass durch diese Substanzen der Tod in Zukunft aussterben könnte, und dass man mit Hilfe der Kernenergie den Weltraum erobern würde, und obwohl sich das alles bis heute nicht bewahrheitet hat geht die Entwicklung dennoch immer weiter weg vom menschlichen und der Natur

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