Die Mormonen

Die Mormonen
Einleitung
Die "Kirche Jesu Christi der Heiligen der letzten Tage", genannt "Mormonen", ist eine Glaubensgemeinschaft, deren Anhänger davon überzeugt sind, dass ihre Gemeinschaft nicht durch Abspaltung von einer bestehenden Kirche entstanden ist, sondern von Gott selbst ins Leben gerufen wurde. In dieser Überzeugung missionieren die Mormonen in Europa, Amerika und vielen Ländern der Erde. In der Regel sind es junge Männer, die auf der Straße oder an den Haustüren missionieren und mit den Menschen über ihren Glauben sprechen möchten. Immer sind sie korrekt in Anzug und Krawatte gekleidet. Auch im Odenwald sind sie seit langen Jahren zu sehen. Ihre Kirche steht seit kurzem in Michelstadt im Kreuzweg; früher trafen sich die Gläubigen in der Michelstädter Bahnhofstraße. Nach eigenen Angaben haben die Mormonen weltweit etwa 6 Millionen Mitglieder, davon 220.000 in Europa und 31.000 in Deutschland. Eine Abspaltung der Mormonen, die "Reorganisierte Kirche Jesu Christi der Heiligen der letzten Tage", hat in Amerika rund 30.000 Mitglieder.
Entstehung
In einer Kurzbiographie des Gründers der Mormonen, Joseph Smith, heißt es, dass er "in den ersten Frühlingstagen des Jahres 1820" eine Vision gehabt habe, in deren Verlauf ihm Gott und Jesus Christus persönlich erschienen seien. Auf die Frage, welcher Glaubensgemeinschaft er sich anschließen solle, habe ihm Jesus geantwortet, keiner, denn sie seien alle im Irrtum: "Der zu mir Sprechende sagte, all ihre Glaubensbekenntnisse seien ein Greuel in seinen Augen, und all ihre Lehren seien verderbt ... ."
Am 21. September 1823 erschien Smith ein Engel: "Er nannte mich beim Namen und sagte mir, er sei als Bote von der Gegenwart Gottes zu mir gesandt worden und heiße Moroni; Gott habe ein Werk für mich zu tun ... Er sagte, es sei ein auf goldenen Platten geschriebenes Buch aufbewahrt, das Bericht von früheren Einwohnern dieses Kontinents und ihrem Ursprung gebe ... Mit den Platten seien auch zwei Steine in silbernem Bogen aufbewahrt worden; diese an einem Brustschild befestigten Steine bildeten den sogenannten Urim und Tummim, und wer ihn besäße oder gebrauchte, sei in alten Zeiten ein Seher genannt worden, und Gott habe ihn für die Übersetzung des Buches bereitet. "
Mit diesem "Urim und Tummim " erhielt Smith eine Art "Prophetenbrille", mit deren Hilfe er vier Jahre später den Inhalt der goldenen Platten übersetzt habe. Der Engel Moroni erschien ihm noch zweimal, bis er die Platten und die "Brille" am 2. Mai 1838 wieder an sich nimmt.
Am 15. Mai 1829 erscheint Smith und einem seiner Gehilfen, Oliver Cowdery, erneut ein Bote, der sich als Johannes der Täufer vorstellt und behauptet, "er arbeite unter der Leitung des Petrus, Jakobus und Johannes, welche die Schlüssel des Melchisedekischen Priestertums besäßen". Mit dieser Vision sei Smith und Cowdery "im Namen des Messias das Priestertum Aarons, das die Schlüssel des Dienstes der Engel, des Evangeliums der Buße und der Taufe durch Untertauchen zur Vergebung der Sünden hält", übertragen worden.
Am 6. April 1830 erfolgte die Gründung der "Kirche Jesu Christi der Heiligen der letzten Tage" .
Geschichte
Zur Leitung der Kirche wurden 12 Apostel bestellt. Die ersten Mitglieder lebten aus dem Glauben, dass Jesus bald wiederkommen und in Missouri seinen Thron besteigen werde, um von dort aus mit ihnen die Welt zu regieren.
Auf die letzten Lebensjahre von Smith fallen einige Schatten. Er gründete eine Bank und wurde angeklagt, unechte Geldnoten ausgegeben und betrogen zu haben. Diese Vorwürfe wurden aber nicht rechtskräftig bestätigt. In Missouri geriet er in gewaltsame Auseinandersetzungen zwischen Mormonen und anderen Christen. Dies trug ihm die Anklage auf Mord und andere Verbrechen ein. - 1844 kanididierte er sogar für die amerikanische Präsidentenwahl, allerdings ohne Erfolg. - Noch im selben Jahr wurde er mit seinem Bruder in ein Gefängnis geworfen, weil er seine Gegner aus der Stadt vertreiben wollte. Nachts stürmte der Pöbel das Gefängnis, und Smith wurde von den Angreifenden, die ihr Gesicht geschwärzt hatten, erschossen.
Nach dem Tod von J. Smith übernahm Brigham Young, einer der 12 Apostel, die Führung der Gemeinschaft. Um den Verfolgungen zu entgehen, denen die Mormonen damals ausgesetzt waren, wollte er 1847 seine Anhänger in das "Gelobte Land" bringen. Unter unsäglichen, tapfer ertragenen Strapazen führte er Tausende von Mormonen über den Mississippi, durch Eisfelder, Wüsten, Schluchten, fieberverseuchte Gebiete und Felsengebirge, bis sie nach großen Leiden in die Ebene des Großen Salzsees kamen. Viele der Auswanderer hatten den Marsch nicht überstanden. Die Überlebenden wollten am Großen Salzsee ein neues, ungestörtes Dasein anfangen. Mit großem Fleiß machten sie aus dem trostlosen Gebiet ein fruchtbares Land. Sie gründeten die Stadt Salt Lake City als "neues Jerusalem". Sie ist bis heute das religiöse Zentrum der Mormonen und der Sitz ihrer Leitung geblieben.
Der große Fleiß der Mormonen in der Urbarmachung eines Teils des "Wilden Westens war für viele Schriftsteller und Filmemacher Anreiz, das Thema zu behandeln. Sogar in Comics, wie "Lucky Luke - Der singende Draht" werden die Mormonen eben in diesem Sinne erwähnt.
Damals gab es unter den Mormonen die Vielehe. Sie beriefen sich dabei auf das Alte Testament, wo berichtet wird, dass Männer wie Abraham und David mehrere Frauen hatten. Schon Smith hatte sich mehrere Ehefrauen genommen. Er gab an, ihm sei dies in einer Offenbarung Gottes gestattet worden. Brigham Young hatte sogar 25 Ehefrauen. Viele Männer kamen damals aus Europa zu den Mormonen in die USA, weil sie dort mehrere Frauen haben durften. Aber die Mormonen kamen bald mit den staatlichen Gesetzen in Konflikt. Die Vielehe wurde für verfassungswidrig erklärt. Im Jahre 1890 zeigte sich der Präsident der Mormonen bereit, dem staatlichen Gesetz zu gehorchen. Seitdem erkennen die Mormonen die Einehe an.
Das Buch Mormon
Das Buch Mormon gilt als die "Bibel" der Mormonen, als Grundlage ihres Glaubens und der Weltgeschichte sowie als Ergänzung der Bibel. Das Buch besteht aus 15 Teilen, die, mit einer Ausnahme, als Bücher bezeichnet werden. Nach mormonischer Lehre gibt das Buch einen Bericht von den früheren Einwohnern des nordamerikanischen Kontinents; im Buch sei die Fülle des ewigen Evangeliums enthalten, so wie es Christus jenen alten Einwohnern verkündet habe. Weiter schildert das Buch, wie Jesus Christus, nachdem eri n Palestina gekreuzigt worden war und auferstanden sei, die damaligen Einwohner Amerikas besuchte. Das Buch Mormon umfaßt etwa 1.000 Jahre mormonischer Geschichte. Es berichte von drei Völkerwanderungen des Volkes Nephi und der Lamaniten von Palestina nach Amerika inder Zeit um 600 v. Chr.
Die Hauptlehre der Mormonen ist in 13 Glaubensartikeln zusammengefaßt. Für Mormonen gilt, dass Gott nicht von Anfang an der Vollkommene war, sondern ein erhöhter Mensch, denn er "selbst war einst, was sie jetzt sind".
Somit darf auch der erste Glaubensartikel nicht im Sinne der christlichen Dreifaltigkeit verstanden werden. So sei auch der Mensch nur ein inkarnierter Geist, denn "wie Gott ist, kann der Mensch einst werden". Es gibt keine Erbsünde im christlichen Sinne. Vielmehr gehörte der Fall Adams "zum Plan Gottes" und war der erste Schritt zur Vollkommenheit des Menschen. Jesus Christus wird als älterer Bruder der Menschen angesehen, der nach seiner Auferstehung die wahre Kirche Gottes in Amerika gründen musste. Amerika gilt den Mormonen als heiliges Land, als "Land der Verheißung", denn: "Wir glauben an die buchstäbliche Sammlung Israels und die Wiederherstellung der Zehn Stämme, dass Zion auf dem amerikanischen Konitnent errichtet werden wird...
Das Abendmahl wird nicht als Sündenvergebung angesehen, sondern als reines Erinnerungsmahl.
Des weiteren ist die göttliche Offenbarung zum "Tempel bauen" wichtig, denn durch einen Tempel erhält man "Eintritt in den Himmel" und den "Zugang zum Vater". Ebenso Gebot ist der Glaube an das Buch Mormon als Wort Gottes.
Glaube und Sitte
Die Mormonen wollen einen Beitrag zum Glück der Menschen leisten. In vielen Mormonenfamilien kann man Tatkraft und Zufriedenheit, Fleiß und Freude erleben. Sie glauben an Gott den Vater, seinen Sohn Jesus Christus und den Heiligen Geist, an Schöpfung, Sündenfall und Erlösung. Dies klingt alles so, als sei ihr Glaube dem katholischer und evangelischer Christen sehr ähnlich. Aber hinter den gleichen Worten verbirgt sich oft ein ganz anderer Sinn. Dies können zwei Beispiele zeigen:
    Von Gott glauben die Mormonen: Der Vater und der Sohn haben einen Körper. Sie sind nicht unsichtbar, sondern leibliche Wesen. Darum können sie auch fühlen wie die Menschen. Nur der Heilige Geist ist körperlos. Von der Endzeit glauben die Mormonen, dass sie nahe bevorsteht. Aber einen bestimmten Termin setzen sie nicht fest. Das Reich Gottes wird bald auf dem amerikanischen Kontinent errichtet werden. Dann werden die Gerechten auferstehen. Christus selbst wird 1000 Jahre auf der Erde regieren und sie in dieser Zeit völlig erneuern. Es wird reiche Ernten geben, die wilden Tiere werden nicht mehr gefährlich sein, Katastrophen werden nicht mehr vorkommen. Danach muss der Schlußkampf mit dem Teufel ausgetragen werden, der mit der zweiten Auferstehung und dem Jüngsten Gericht endet. Die Menschen werden im Jenseits den Lohn ihrer Taten empfangen. Die Bösen werden ausgelöscht. Eine Hölle gibt es nicht. Die Mormonen nehmen ihre Pflichten im Alltag sehr ernst: Sie geben für ihre Gemeinschaft den Zehnten ihrer Einkünfte. An jedem ersten Sonntag im Monat halten sie ein strenges Fasten. Was sie dabei sparen, kommt den Armen zugute. Sie trinken auch keinen Alkohol. Die jungen Männer opfern vor dem Studium oder nach der Berufausbildung zwei Jahre, um für ihre Glaubensgemeinschaft zu missionieren.
Da sich die Mormonen als wahre und einzige Kirche Gottes sehen, können sie nicht zum Bereich der Kirchen, die in ökumenischer Zusammenarbeit stehen, gerechnet werden, da die Ökumene strikt abgelehnt wird. Die Säuglings - und Kleinkindertaufe wird von den Mormonen als Frevel vor Gott angesehen. Zum stark reglementierten Leben gehört auch die Befolgung der "Worte der Weisheit", der Verzicht auf Alkohol und "heiße Getränke", sofern nicht ärzlich als Anregeungsmittel empfohlen.
Organisation
Heutiger Leiter (seit 1992) der Mormonen ist der ehemalige amerikanische Landwirtschaftsminister Ezra Taft Benson, der als "Präsident, Prophet, Seher und Offenbarer von Gottes Wort" gilt. in der Hierarchie folgt der "Rat der zwölf Apostel", gefolgt vom "Ersten Quorum der Siebzig", die alle zusammen die Generalautoritäten dieser Kirche bilden.
Im Alter von 12 Jahren kann jedes männliche Mitglied der Mormonen nebenamtlich Priester werden. Frauen sind vom Priestertum ausgeschlossen.
Das vielstufige Priestertum unterscheidet sich in zwei Arten:
    das aaronische Priestertum ist zuständig für Besuchsdienst, Aufsicht, Predigt, Taufe und Abendmahl; das melchisedekische Priestertum besitzt die Schlüssel zu allen geistigen Segnungen.
Das Leben der Mormonen ist streng geregelt. Da 1890 die Göttliche Offenbarung der Polygamie aufgehoben wurde, sind möglichst viele Kinder Ziel der mormonischen Ehe. In einer besonderen Zeremonie, der sogenannten "Siegelung", wird eine Ehe zur "Himmlischen Ehe", die nach dem Tode fortbesteht. So werden auch Kinder an die Eltern "gesiegelt". Eine Besonderheit der Mormonen ist die Totentaufe. Für Verstorbene, die keine Möglichkeit hatten, mit der "wahren Kirche Christi" in Kontakt zu kommen, können sich die lebenden Mormonen stellvertretend - durch Untertauchen - taufen lassen. Die Ahnenforschung nimmt daher einen wichtigen Platz ein. So wird in der Zentrale in Salt Lake City der sogenannte "International Genealogical Index" geführt. In unterirdischen Bunkern sollen Namenslisten und Tauflistenkopien von etwa 2 Milliarden Menschen auf Mikrofilmen liegen. Zweigstellen der mormonischen Ahnenforschung gibt es in der ganzen Welt, so in Europa das Familiy History Centre der Church of Jesus Christ of Latter Day Saints in der Hyde Park Chapel, 64 - 68 Exhibition Road in London SW7 2PA in England.

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